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Jackass presents: Bad Grandpa

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Jackass presents: Bad Grandpa hat drei gravierende Probleme.
Erstens: Dieser im Stile der Sacha-Baron-Cohen Gagfeuerwerke Borat und Brüno gehaltene Mix aus fiktionaler Rahmengeschichte und teils abgeschmackt-vulgären, teils hintersinnig-satirischen Versteckte-Kamera-Streichen läuft unter dem Markennamen Jackass, obwohl Johnny Knoxville und einige seiner angestammten Crew-Mitglieder hier in eine durchaus andere humoristische Kerbe einschlagen als in der berüchtigten MTV-Serie und deren drei Ausflügen ins Kino. War Jackass eine juvenil-chaotische Angelegenheit, in der sich Schock-, Schmerz- und Ekelmomente mit reinem Irrsinn mischten, und mit der ich nicht im Geringsten etwas anfangen konnte, ist Jackass presents: Bad Grandpa in seinen schwächsten Momenten ein aufwändigeres Comedystreet und in seinen besten Sequenzen dank der obskuren Beobachtungen auf die US-Gesellschaft, die sich hier ermöglichen, ein sehr gutes Trostpflaster während der Wartezeit auf die nächste "Doku-Comedy-Satire" der Güteklasse Borat. Allerdings dürfte der Jackass-Markenname so manchen Kinogänger, der daran Gefallen finden könnte, aufgrund der Erinnerungen an frühere Machwerke mit diesem Titel abschrecken. Zumindest mir wäre es fast so gegangen.

Zweitens: Weil dieser Film als Teil des Jackass-Franchises vermarktet wird (durchaus zu Recht, da viele der Kreativen zurückkehren und auch die Titelfigur Fans der Jackass-Reihe bekannt sein dürfte), gaukelt er dem Liebhabern dieser Humormarke vor, ähnlich gestrickt zu sein. Trotz der klaren Positionierung als Ableger weckt dieser Film also eine gewisse Erwartungshaltung, die er gar nicht erfüllen möchte. Und so kann er nicht nur Leute abschrecken, sondern genauso auch enttäuschen. Hier werden keine Eier ausgekotzt, um sie dann zu einem Omelett zu verarbeiten. Hier lässt sich niemand von wilden Tieren angreifen, zu keinem Zeitpunkt werden Knallkörper in Körperöffnungen gesteckt. Bad Grandpa ist ein vergleichsweise harmloses Werk und dürfte manche Jackass-Fans daher langweilen. Auch hier kann ich aus Erfahrung sprechen: In meiner Kinovorführung wurde herzlich über die raren Pimmelwitze gelacht. Davon abgesehen herrschte fürstliche Langweile bei meinen Mit-Kinoinsassen. Und ich sah den Film vor nahezu ausverkauften Haus!

Drittens: Die mit Abstand beste Sequenz ist bereits aus Trailern und TV-Spots bekannt. Daher wartet das Publikum im Kinosaal vergeblich auf einen ihm unbekannten, frischen Höhepunkt.

Allerdings: All dieses Klagen ist nur bis zu einem gewissen Punkt relevant. Ja, ich fürchte, dass es Bad Grandpa etwas schwerer hat, das richtige Publikum zu finden, als man auf dem ersten Punkt glauben möchte. Und die große Überraschung bleibt dank der Trailer auch aus. Doch die saftige Abrechnung der Filmemacher mit dem widerlichen System der Kinder-Schönheitsewettbewerbe bleibt auch bei mehrmaligem Anschauen Gold wert und ist eine der bissigsten, zugleich coolsten Sequenzen, die Hollywood dieses Jahr zustande brachte. Und abseits dieses Highlights bietet Jackass presents: Bad Grandpa naiv-juvenile Streiche, gemixt mit überraschender, herrlich herber Vorführung der westlichen Gesellschaft.

Wie Peter zu Pan wurde ...

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Heute aus der Sparte "News, bei denen ich mich nicht entscheiden kann, wie ich sie einordnen soll":

Wie Deadline enthüllt, steht Anna Karenina-Regisseur Joe Wright kurz davor, sein nächstes Projekt auszumachen (yay!). Erneut nimmt sich Wright eines Literaturklassikers an (juche!), dieser Film wird allerdings die "bislang unbekannte Vorgeschichte" erläutern, und nicht etwa eine Adaption der Vorlage sein (och neee ...). Die Rede ist von einem Prequel zu Peter Pan (als gäbe es davon nicht genug ...), das unter dem Titel Pan bei Warner Bros. entwickelt wird und dessen Skript von Jason Fuchs stammt. Fuchs war unter anderem der Autor von Ice Age 4: Voll verschoben (ach du verflixte Scheiße ...).

Doch wenn jemand diese Geschichte visuell interessant erzählen kann, dann dieser Kostümfilm-Spezialist, der auch Ahnung von Actionarbeit hat (siehe: Wer ist Hanna?). Zudem stehen nun die Chancen groß, dass wir noch einmal Keira Knightley in einem Nimmerland-Film erleben dürfen (wuhuu!). Und wenn Wright seine Muse besetzt, dann wird sie gewiss besser zur Geltung kommen als in der passablen Miniserie Neverland ...

Die Eiskönigin – Völlig unverfroren

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Es ist einer der stärksten Momente in der Disney-Filmgeschichte:
Von ihrem eigenen Volk als Monster beschimpft und aus dem Lande verjagt stapft die junge Königin Elsa durch eine unwirtliche Schneelandschaft. Von der Ablehnung, die sie erfuhr, zutiefst verletzt und obendrein völlig verzweifelt, weil sie selbst bei ihrer Schwester keinen Rückhalt findet, rennt sie in die sie schützende Einsamkeit. Doch die mit schwer kontrollierbaren Kräften ausgestattete Elsa denkt nicht allein an sich. Weil sie mit ihrem Kältezauber mehrmals ungewollt ihre kleine Schwester Anna  in Lebensgefahr brachte, bestraft sie sich mit diesem Einsiedlertum. Aus Liebe zu ihrer Schwester muss sie die Distanz suchen, nur so kann Elsa sie beschützen, selbst wenn Anna dies nicht begreifen mag. Wut über den verständnislosen Hass ihres Volkes, edle Selbstaufgabe und die sie immer stärker vereinnahmende Sehnsucht nach einem ihr angepassten Rückzugsort kulminieren in Elsas Seele zu einem divenhaften Befreiungsschlag. Die einst so introvertierte junge Frau sprengt alle gedanklichen Fesseln und beschließt, während sie eine berührende Powerballade schmettert, ihr eigenes Eiskönigreich zu erschaffen. Ein Refugium, nur für sie allein, wo sie ganz sie selbst sein darf. Wo sie niemanden verletzen kann – und wo auch niemand fähig ist, sie zu verletzen. Elsas Beschluss ist von melancholischer Schönheit, sie gibt sich dem Schicksal geschlagen, doch sie erkämpft sich durch ihre Resignation eine nie dagewesene Freude. Diese bittersüße Wendung wird nicht bloß von einem kraftvollen, trotzdem zärtlichen Song begleitet, sondern auch von ästhetischen, prunkvollen Bildern. Solche Szenen sind es, dank denen die Walt Disney Animation Studios nicht bloß das Familienpublikum unterhalten, sondern mit ihren Werken ebenso als Produktionsstätte zeitloser Filmkunst gelten.

Kaum endete diese atemberaubende Songeinlage mit einem kecken Rausschmeißer, hoffte ich während meiner Erstsichtung von Die Eiskönigin (den völlig dämlichen Untertitel Völlig unverfroren werde ich nur an dieser Stelle und lediglich der Vollständigkeit halber nennen) einen Deal mit Disneys 53. offiziellen Meisterwerk eingehen zu können. Flehend bettelte ich in Gedanken: "Bitte, bitte, bitte halte diesen starken Moment in Ehren und verhau es jetzt nicht. Ist das machbar, Film? Dann verzeihe ich dir auch all deine bislang getätigten Sünden ..." Was danach geschah? Die Eiskönigin wiederholte all das, was mich vor der zentralen Gesangsnummer Lass jetzt los (im Original: Let It Go) verärgerte und fuhr sein erstaunliches Potential mit gewaltigem Anlauf gegen die Wand. Das Ergebnis: Einer der mich am meisten frustrierenden Einträge in den Walt-Disney-Meisterwerke-Kanon; ein Disney-Film, der mich erzürnte, statt mich zu verzaubern.

Ein Einstieg voller Ausrutscher
Die Regisseure Chris Buck (Tarzan, Könige der Wellen) und Jennifer Lee (Drehbuchautorin bei Ralph reicht's) eröffnen zu Beginn von Die Eiskönigin ihren Zuschauern, frei nach Motiven von Hans Christian Andersens Schneekönigin, in bruchstückhaften Vignetten einen Ausblick auf eine reizvolle Welt, in der sich eine sentimentale Geschichte anbahnt: Im nordischen Königreich Arendelle herrscht ein urban-rustikaler Alltag. Das mit einem großen Hafen ausgestattete Land führt einen regen internationalen Handel und stämmige Männer verdienen sich ihr Brot mit dem Kleinschlagen, Transportieren und Verkaufen von Eisblöcken. Im schmuckvollen Schloss führen indes zwei verspielte Prinzessinnen ein unbesorgtes Leben. Die jüngere, Anna, ist ein tollpatschiger, quirliger Springinsfeld, die ältere, Elsa, ist etwas zurückhaltender, dennoch weiß auch sie, wie man sich das Leben zum Vergnügen machen kann. Darüber hinaus ist sie seit Geburt an mit einer schwer fassbaren und schwerer zu kontrollierenden Gabe ausgestattet: Sie kann Kraft ihrer Gedanken und Gefühle Schnee und Eis erschaffen. Eine seltene, auch gefürchtete Fähigkeit, die Elsa aber gern dazu nutzt, ihrer Schwester Freude zu bereiten – bis eines Tages ein Unfall fast zu Annas Tod führt. Daraufhin verschließt sich Elsa mit Hilfe ihrer fürsorglichen Eltern vor Anna, die in Folge des einschneidenden Ereignisses einen Teil ihrer Erinnerungen verlor. Die Jahre ziehen ins Land, die Familie und das Königreich werden von Krisen gerüttelt, und so dauert es bis Elsas Krönung zur Königin, ehe die beiden Schwestern wieder ein gemeinsames Leben führen sollen.

So weit, so spannend. Zumindest auf dem Papier, denn die Ausführung dieser von einer stillen Tragik und Nachdenklichkeit geprägten Ausgangslage gerät Lee und Buck arg wankelmütig. Bis es zu Elsas Krönung kommt, hetzt das Regie-Duo (das nach einem Drehbuch Lees handelt, welches wiederum auf einem Storykonzept von Lee, Buck und Shane Morris basiert) durch die mit zahlreichen Randinfos gespickte Vogeschichte, wobei die Filmemcher ein sonderbares Rhythmusgefühl aufweisen. Wann immer sich ein atmosphärischer Gesamteindruck einstellt (ob verschneit-magisch, dunkel und dramatisch oder aufregend-fantasievoll), wechseln sie radikal die Ton- und Gangart ihres Films. Gewiss, Stimmungswechsel sind seit jeher ein Grundelement guter Disney-Meisterwerke, bloß müssen diese mit Fingerspitzengefühl und einem Blick fürs Gesamtbild umgesetzt werden. In Die Eiskönigin dagegen reihen sich im ersten Akt ausgedehnte Sequenzen aneinander, die aus gänzlich unterschiedlichen Disney-Filmen stammen könnten. Da endet mit einem Schlag das Intro eines "Rapunzel in Schnee und Eis", um Platz für ein besser animiertes TinkerBell – Das Geheimnis der Feenflügel zu machen, woraufhin sich ganz kurz ein erwachsener, semi-tragischer Film mit der Grundstimmung von Disneys Der Glöckner von Notre Dame einstellt, der aber all zu rasch von viel zu niedlichen, naiven Gesangsnummern unterbrochen wird.

Zwar fängt sich Die Eiskönigin zwischenzeitlich, um Elsas ambivalente Haltung zur anstehenden Krönung und die facettenreiche Beziehung zwischen den Schwestern auszuloten, bloß hält der Film diese Identität nur kurz bei. Etwas zu kitschige Versöhnungsgespräche der Schwestern und ein Song-Schlussgag, der mit seiner Disney-parodistischen Haltung eher Ein Königreich für ein Lama gekleidet hätte als einen Film mit dieser Grundthematik und Story, lassen sich noch verzeihen. Glatt einem miesen Disney-Kitsch-Abklatsch entsprungen scheint dagegen Annas hyperaktiv-fideler Liebessong während des großen Balls zu Ehren der jungen Königin, der zudem viel zu lang ist und so wieder die eigentliche Handlung sowie die zuvor erarbeitete Dramatik gänzlich zunichte macht.


Verwünscht und verquasselt
Ein jeder Disney-Film braucht seinen zentralen Konflikt, und im Falle von Die Eiskönigin kommt dieser ins Rollen, sobald Elsa mit Annas neuer Liebe konfrontiert wird. Fehlkommunikation und angespannte Gemüter führen dazu, dass Elsas eisige Gabe enthüllt und die Königin von ihrem Volk geächtet wird. Das gesamte Königreich wird von einem frostigen Wetter heimgesucht, Elsa entschwindet in ihre eigens erschaffene Zitadelle der Einsamkeit und Anna macht sich auf, den Tag, ihre Schwester und ihr Heimatland zu retten. Was kann schon schiefgehen?

Im Anschluss an Elsas preisverdächtigen, unvergesslichen Song ist es vor allem das Humor-Element des Films, das diese Produktion aufs Glatteis führt. Wer schon befindet, dass die Wasserspeier in Der Glöckner von Notre Dame deplatziert sind, läuft bei Die Eiskönigin Gefahr, zur Weißglut gebracht zu werden. Humorige Disney-Nebenfiguren sind Tradition, allerdings stellen sie wenigstens in den dramatischeren Disney-Filmen bloß ein ergänzendes Element dar. In Der König der Löwen, unter allen Disney-Meisterwerken eines der emotionalsten, sind Timon & Pumbaa, Zazu und die Hyänen kommentierendes Beiwerk oder wandelnde Verschnaufpausen. Das Comedy-Drumherum dieser komplexen Geschwistererzählung hingegen drängelt sich dermaßen oft in den Mittelpunkt, dass Die Eiskönigin fast schon als Disney-Komödie mit gelegentlich dazwischengeschaltetem, herzlichen Märchenfilm anmutet. Da wären die Dialoggefechte zwischen Anna und ihrem freundlichen, wenngleich exzentrischen Helfer in der Not, Kristoff. Da wären die einseitigen Gespräche zwischen Kristoff und seinem Gefährten Sven, einem Rentier, das sich wie ein Hund gebärt und allerhand Slapstickmomente beschert bekommt (Rapunzel-Hengst Maximus lässt grüßen!). Da wäre der ulkige Schurke, ein klappriger und amüsant schwafelnder Herzog. Und dann hätten wir da noch diverse singende, leicht weltfremde Zauberwesen und den dauerplappernden Olaf, einen lebenden, dummen, naiven und sich nach dem Sommer sehnenden Schneemann (der zudem eine ausgedehnte Comedy-Gesangsnummer darbieten darf). All diese Figuren erdrücken die eigentliche Handlung und rauben ihr jegliche dramatische, märchenhafte oder bezaubernde Ausstrahlung.

Doch es sind nicht allein die teils liebenswerten, teils unausstehlichen Nebenfiguren, die Lees und Bucks Regiearbeit in anstrengendem Maße schizophren scheinen lassen. Es gibt obendrein ein wiederkehrendes, parodistisches Element, mit dem das Regie-Duo sprunghafte Disney-Romanzen auf die Schippe nimmt. Es ist zwar begrüßenswert, wenn Disney sich selber durch den Kakao zieht und gerade diesen gern kontrovers diskutierten Aspekt des Studioerbes genauer betrachtet. Bloß ist dies wahrlich genügend Stoff für einen eigenen Film (siehe Verwünscht) und beißt sich in seinem flapsigen Tonfall mit der Haupthandlung, zumal sich beide Handlungsfäden mehrmals berühren und durch den juxenden Einstieg in Annas Liebelei auch ein grandios inszenierter Wendepunkt im dritten Akt an dramaturgischer Nachhaltigkeit verliert. Wenn eine Parodie auf eilige Disney-Beziehungen, dann bitte mit aller Kraft und in einem eigenen Film. Wenn eine spannende Geschichte über Selbstaufgabe und Familienbande im Märchenkleid, dann bitte ohne laut tönende Disney-Meta-Gags. In Der König der Löwen witzelt ja auch niemand "Oh, Simba, was für ein Zufall! Du begegnest in deiner schwärzesten Stunde zwei lebensfrohen Simpeln, die so lange deinen Lebensmut aufpeppeln können, bis Gras über die Sache gewachsen ist! Hach, das könnte Hollywood nicht besser schreiben!" ...

Disney, erkenne den Kern deiner Storys!
Nicht allein die Quantität der Blödel-Randfiguren und deren Präsenz im Film lässt Die Eiskönigin, allem brillanten Potential zum Trotz, im Schatten wahrer Disney-Meisterwerke verkümmern, sondern auch die Musik. Davon abgesehen, dass Robert Lopez & Kristen Anderson-Lopez mit Ausnahme von Lass jetzt los für diesen Film nur ziellose, überdehnte Lieder geschrieben haben, die nichts von der Tragweite oder Prägnanz großer Disney-Lieder haben, auch hier stört ein Übermaß an Komik. Im Regelfall haben Disney-Meisterwerke einen eindrucksvollen Comedy-Showstopper, ein rein vergnügliches Lied. Die Schöne & das Biest hat Sei hier Gast als Detour von der eigentlichen Handlung, Der König der Löwen hat Hakuna Matata, Tarzan hat Krach im Lager, Rapunzel atmet mit Ich hab 'nen Traum auf, und so weiter ...

Ausnahmen, also Filme mit mindestens zwei Spaßliedern, gibt es einige, diese sind normalerweise aber gut begründet. Küss den Frosch etwa hat eine Vielzahl an losgelösten Liedern, hat aber dank der vor Energie trotzdenden Tiana, dem Scherzkeks Naveen und der "Arbeite für dein Lebensziel!"-Botschaft eine sehr optimistische Grundausrichtung. Daher, und weil die Musiknummern gut in die Handlung eingebaut sind, ist dieser Zeichentrickfilm entschuldigt. Und dann wäre da Aladdin, ein Film, in dem das Comic Relief sich ebenfalls in den Mittelpunkt drängt und das blaue Ungetüm Dschinni gleich zweimal die Lachmuskeln des Publikums mittels einer Gesangseinlage kitzeln darf. Bloß ist dies keine Entschuldigung für Die Eiskönigin, ebenfalls mit witzigem Geträller von seinem eigentlichen Storykonflikt abzulenken. Denn zwischen Aladdin und Die Eiskönigin liegen Welten – nicht allein qualitativ, sondern ebenso in der Storyhaltung. Aladdin ist ein rein eskapistisches Werk, das von Wunscherfüllung handelt – sinnig für einen Film mit einem Flaschengeist, der seinem Meister drei Wünsche erfüllt. Disneys Meisterwerk von 1992 erzählt von einem Straßenjungen, der ein schöneres Dasein verdient hat, sowie von einer Prinzessin, die ob ihrer Lebenslage unglücklich ist. Liebe und Magie (sowie Kampfgeist) verbessern die Umstände beider Figuren. Es ist ein positive Story, die mit einem Missstand beginnt, der behoben wird. Die Handlung von Die Eiskönigin aber ähnelt nüchtern betrachtet eher dem Schema von Der König der Löwen: Anfangs ist alles in Ordnung, dann wendet sich das Schicksal mit großer Macht gegen die Hauptfiguren und das Ziel ist es, nach der desaströsen Lage, die im Mittelteil des Films geschildert wird, eine Verbesserung zu erreichen, so dass schlussendlich alles wenigstens wieder fast so gut wie zu Beginn ist. In einer solchen, etwas dunkleren Story, ist weniger Platz für handlungsunrelevante Albernheiten. Zumal Die Eiskönigin mit so großer Passion ernste Themen anreißt: Auf Unverständnis basierende Vorurteile, Liebe aus Distanz, Selbsteinschränkung, die Schattenseite von hinreißenden Talenten, Entfremdung ... All dies baut Die Eiskönigin liebevoll auf, bloß um es dann inkonsequent sowie mutlos zu Ende zu erzählen.

Mit seiner Furcht vor Konsequenzen und seiner unerklärlichen Liebe für ausschweifend-cartoonige Comedypassagen wiederholt dieses Meisterwerk alle Ärgernisse von Pixars Merida – Legende der Highlands, einem weiteren Film, der dramatisch und mystisch beginnt und seine komplexe Figurenzeichnung und ambivalente Gefühlsgrundlage irgendwann aus dem Fenster schmeißt, um sorgenfreies (sowie zahnloses) Familien-Entertainment abzuliefern. Allerdings erreicht Die Schneekönigin in seinen starken Phasen viel höhere Höhen, woraufhin wesentlich anstrengendere Tiefen folgen. Verliert Merida auf dem Weg zur Zielgeraden viel vom anfänglichen Charakter, legt Die Eiskönigin alle Ambitionen auf Eis und muss aufgrund seiner inflationären Blödeleien den Figuren im Schlussakt unentwegt Holzhammer-Dialoge in den Mund legen, damit die Moral der Kernhandlung auch bloß ankommt. Zeit, sie auszuleben, statt sie auszusprechen, ist ja bei all den laffen Pointen und blutleeren Spannungsspitzen nicht gegeben.

Wie eisig ist's denn nun?
Gibt es abseits von Elsas Powerballade gar nichts, was mein fröstelndes Herz im Bezug auf Die Eiskönigin zum Schmelzen bringt? Doch, ein paar weitere Stärken hat diese künstlerisch fehlgeleitete Disney-Produktion durchaus. Das 3D etwa ist phänomenal und nicht nur kristallklar, sondern von immenser Tiefenwirkung und mit toll ausgewählten, knackigen "Herausstecheffekten" aufgepeppt. Besseres 3D haben die Walt Disney Animation Studios bisher nicht vollbracht. Außerdem sind die Schnee- und Eislandschaften bildhübsch, Olaf sieht zugegebenermaßen knuffig aus und so manche Hintergrundgags (etwa die Gastauftritte einiger ansehnlicher Kunstwerke) sind willkommen. Zu größeren Lobeshymnen kann ich mich nicht aufraffen, ist das Design der Nebenfiguren doch arg uninspiriert (gleich zwei Pferde sehen aus, als hätte sich Maximus in diesen Film gemogelt!) und sieht die großäugige, pausbackige Anna wann immer sie lächelt aus größerer Distanz (wenn ihre Hautunreinheiten nicht mehr erkennbar sind) leider zu püppchenhaft aus, als dass ich Die Eiskönigin als visuelle Glanzleistung bezeichnen könnte. Christophe Becks Instrumentalmusik derweil ist im Filmverlauf effektiv, nicht aber denkwürdig oder eingängig.

Daher ist Die Eiskönigin ein Film, der mich zur Verzweiflung bringt. Mit Elsa präsentiert er uns eine der besten Disney-Figuren aller Zeiten, die obendrein einen neuen Disney-Evergreen zum Besten gibt, doch drumherum bietet dieses Machwerk nichts, was diesem Glanzlicht gerecht wird. Es ist so, als wäre das diabolisch-bombastische Das Feuer der Hölle der Schurkensong in Die Kühe sind los! oder der urkomische, dauerquasselnde Dschinni Teil des Figurenensembles vom wortkargen Disney-Kunstwerk Fantasia. Die Eiskönigin will sich nicht zu einem stimmigen Ganzen fügen und raubt dank seines verschenkten Potentials allerhand Gutwillen.

Die Zeit wird zeigen, ob ich dank Elsa und Lass jetzt los (aka Let It Go) Frieden mit den Schwächen des Films schließen und ihn insgesamt leidlich-akzeptabel finden werde oder ob der Frust über die Fehlleistungen obsiegt und die raren guten Aspekte von Die Eiskönigin für mich ewig die hoffnungsvollen Andeutungen eines verlorenen Meisterwerks bleiben ...

Disney und der Cell Block Tango

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Das sinnlich-verrucht-spaßige Musical Chicago zählt eh zum (großzügig) erweiterten Disney-Universum. Schließlich wurde es von Miramax auf die Kinoleinwände gebracht. Wen wundert es also, dass es seit Jahren zahlreiche Disney-Fans dazu inspiriert, es mit dem Disney-Meisterwerkekanon zu kreuzen. Besonders beliebt sind Zusammenschnitte zum Cell Block Tango, doch wieso Musikvideos zum Originalton zurechtschnipseln, wenn man mit etwas Einfallsreichtum eine neue Version erschaffen könnte, in der die Disney-Schurken eine ganz eigene Interpretation des Ohrwurms von sich geben ..?



Mehr vom Künstler!

Monty Python's Reunion und Gilliams Don Quixote

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Die Könige des britischen Humors sind zurück: Am Dienstag geriet die Information an die Öffentlichkeit, dass sich die fünf noch lebenden Mitglieder der unsterblich komischen Monty-Python-Truppe wieder zusammenraufen und einen Reunionauftritt hinlegen, nun, zwei Tage später, wurde diese Information durch eine offizielle Pressekonferenz der Pythons bestätigt. Am 1. Juli 2014 werden die fünf Briten in der Londoner O2-Arena einen Bühnenauftritt absolvieren, bei dem sie neues und altes Material aufführen. Der Ticketverkauf startet am 25. November (und wird meiner Prognose nach sicherlich am selben Tag enden, denn die Karten werden gewiss gut weggehen). Glücklicherweise wird das Special auch im (britischen) Fernsehen übertragen (und eine DVD-Auswertung wird garantiert auch nicht fern sein).

Wie Cleese auf der Pressekonferenz anmerkte, "wollen die Leute unbedingt die alten Kracher wiederhören, die wir in einer äußerst vorhersehbaren Weise nicht mehr machen möchten", außerdem gaben er, Eric Idle, Terry Gilliam, Michael Palin und Terry Jones zu verstehen, dass sie definitiv bloß diesen einen Auftritt planen ... eine Tour aber nicht ausgeschlossen werden darf. Erwartungsgemäß wird es hinsichtlich weiterer gemeinsamer Projekte noch allerhand Hin und Her geben, schließlich sind die Pythons recht wankelmütig und kommen immer nur zeitweise miteinander aus. Oder um den einstigen Produzenten der Gruppe, Martin Lewis, zu zitieren: "Sie sind die ganzen letzten Jahre übereinander hergezogen. Deswegen bin ich eigentlich ein bisschen enttäuscht, dass sie nun wieder zusammen auftreten wollen. Die einzige Hoffnung ist, dass sie sich sofort wieder an die Gurgel gehen, sobald sie mit den Proben anfangen. Das wäre dann wieder wie früher."

Seit Graham Chapmans Tod kam es zu zahlreichen Beinahe-Reunions der Gruppe. Der Kinofilm Der Wind in den Weiden vereinte vier der fünf Pythons (Terry Gilliam saß aus), Planungen für eine selbstironische Fortsetzung von Die Ritter der Kokosnuss wurden von John Cleese über den Haufen geworfen, dieser unterstützte dafür Eric Idles Musical Spamalot, dass die anderen drei Mitglieder eher belächelten. Das Comedy-Konzert Not the Messiah (He's a Very Naughty Boy) dagegen brachte Idle, Jones, Gilliam und Palin zusammen, während nun wieder Cleese mit Abwesenheit glänzte. Der Animationsfilm A Liar's Autobiography: The Untrue Story of Monty Python's Graham Chapman schlussendlich musste ohne Idle auskommen, während Chapman Archiv-Tonaufnahmen zum Dank sein Trickfilm-Ich vertonte.

2014 also nimmt eine Odyssee ihr Ende und die Pythons treten wieder zusammen auf ... und es könnte sein, dass sich eine weitere vermeintlich unendliche Geschichte ihrem Abschluss nähert. Terry Gilliam verriet Coming Soon nämlich, dass er sich schon wieder seinem mittlerweile legendären, unvollendeten Projekt The Man Who Killed Don Quixote widmen möchte. Und dies nur wenige Monate, nachdem er unmissverständlich klar machte, diesen Film für immer aufgegeben zu haben, weil er mittlerweile eh jede größere Idee zum Film in andere Projekte steckte.

Insofern ... wenn das ursprüngliche Konzept in allen anderen Gilliam-Filmen landete, wieso nicht The Man Who Killed Don Quixote als Python-Film reaktivieren? Hm, wie wär's?

Reingehört 77: Bully macht Buddy

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Bully macht Buddy enttäuschte die Quotenmeter.de-Podcast-Crew so sehr, dass sie sich direkt zusammensetzen und einen Podcast darüber machen musste. Und ihr dürft euch das Ergebnis meines Gesprächs mit Antje Wessels, Manuel Nunez Sanchez, Julian Miller und Jan Schlüter nun anhören. Viel Spaß!

Plot. Genre. Konzept.

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Wer gerne Filme sieht, muss auch, das liegt in der Natur der Sache, einen Weg finden, aus der unentwegt wachsenden Auswahl die Produktionen auszusieben, die er sehen möchte. Denn niemand überlässt es durchgehend und ausschließlich dem Zufall, welche Filme als Zeitvertreib dienen dürfen und welche ungesehen bleiben müssen. Auch die größten Sneak-Preview-Fans entscheiden üblicherweise bewusst, welche DVD sie einlegen und für welchen Kinofilm sie Geld hinblättern. Aber welche Kriterien sollen dabei herangezogen werden? Wie gilt es, Filme einzuordnen?

So mancher sieht sich primär als Liebhaber eines bestimmten Genres, schaut nahezu jeden Vertreter seiner geliebten filmischen Gattung, sofern er nur halbwegs brauchbar sein soll oder einen ansatzweise hinnehmbaren Trailer hat. Es gibt zum Beispiel sehr viele Horror-Freunde sowie einige Fans des Action-Genres, die sich mit großer Passion großen wie kleinen Filmen dieser Sparten widmen und teils auch völlig blind zugreifen. Der Streifen soll schaurig sein beziehungsweise voll mit rasanter Action? Gekauft!

Dies ist eine durchaus praktikable und daher respektable Grundeinstellung. Jedoch hat das Genredenken auch seine Probleme, selbst wenn man davon absieht, dass es nur für einen Bruchteil der Filmkonsumenten eine Option darstellt, weil die meisten dann doch mehr als nur eine Filmgattung verfolgen wollen. Die stete Genreeinteilung krankt etwa daran, dass die heutzutage übliche Liste an Genres nicht wirklich konsequent ist. Während manche Genres auf dem Tonfall einer Geschichte basieren (Drama, Komödie), beziehen sich andere aufs verwendete Setting (Science-Fiction, Western, Kostümfilm) und wieder andere auf der Erzählweise (Musical, Stummfilm) oder das grundliegende Thema (Kriminalfilm, Fantasyfilm, Slasher, Abenteuerfilm). Hinzu kommt, dass sich Filme häufig nicht ausschließlich in eine dieser Schubladen stecken lassen oder rein oberflächlich zwar passen, sie bei tiefer gehender Analyse aber vollkommen genre-untypisch sind. Ist Gravity nun ein Science-Fiction-Film? Immerhin spielt er im All ... auch wenn er wesentlich realistischer ist als die klar erkennbaren Science-Fiction-Filme Star Trek oder Tron, wobei dieser gar nicht im Weltall spielt. Inglourious Basterds spielt zwar im Zweiten Weltkrieg, hat aber keine Schlachtszenen und nimmt sein Thema ganz anders wahr als Der Soldat James Ryan. Sind dennoch beide Kriegsfilme? Oder ist Inglourious Basterds ein Western, weil er sich stilistisch deutlich mehr an diesem Genre bedient, ungeachtet seines Settings? Ist Fluch der Karibik eine Abenteuerfilm-Fantasykomödie oder eine Actionfilm-Fantasykomödie? Welches Genre haben Barton Fink, Fargo, No Country For Old Men oder sonstige Werke der Coen-Brüder?
Darüber hinaus sind Genre-Bezeichnungen dann doch wieder zu breit gefächert: Hangover ist ebenso sehr eine Komödie wie Oh Boy, aber das bedeutet nicht, dass sie das gleiche Publikum ansprechen.

Kurzum: Es hat schon seine guten Gründe, weswegen sich einige Filmfreunde, darunter meine werte Bloggerkollegin Ananke Ro, völlig gegen Genrebezeichnungen auflehnen und als der Filmkunst unwürdiges Schubladendenken bezeichnen.

Wer nun aber denkt, er sei auf der sicheren Seite, wenn er sich deswegen bei der Suche nach Filmfutter nicht weiter an Genres orientiert, sondern an Plotzusammenfassungen, der irrt sich. Plots können auf dem Papier äußerst irritierend sein, weil sie überhaupt nichts über die Inszenierung, die Stilmittel oder den Tonfall aussagen. "Ein Ermittler jagt einen Serienmörder" - ist dies nun so ein packender Horror-Psychothriller-Mix wie Sieben oder eher von einer lockeren Krimiserie wie The Mentalist? Wer würde in einer Welt, in der niemand von den genialen Pixar-Studios hörte, bei der Plotzusammenfassung "Ein Clownfischvater sucht seinen Sohn" erahnen, dass es sich beim entsprechenden Film nicht um einen dummen Kinderfilm handelt, sondern eine rührende, facettenreiche Animationsfilmkomödie namens Findet Nemo? Wie will man in einer Plotzusammenfassung den stylischen Look und den kernig-augenzwinkernden Tonfall von 300 oder Sin City erwähnen? Wie kann man anhand der Story Werke wie Fantasia würdigen oder verdeutlichen, dass A Serious Man je nach persönlicher Gemütsverfassung deprimierend oder urkomisch sein kann? Und ein weiteres Problem besteht mit der handlungszentrischen Filmauswahl: Wie vermeidet man in Plotzusammenfassungen gravierende Spoiler zu den zahlreichen Twist-Meisterwerken der Film-Geschichte?

Ich blicke daher aus einer anderen Perspektive auf die gigantische Welt der Filme und bevorzuge es, meine Auswahl an cineastischen Werken anhand des Konzepts zu treffen. Ich muss gestehen, dass sich mein Verständnis von "Konzept" in diesem Kontext etwas von der klassischen Definition abhebt, allerdings halte ich es für eine ganz handhabbare, gar intuitive Umdeutung des klassischen Konzept-Begriffs:
Mir kann man Filme anbiedern, ohne sich an Genre-Begriffen zu stoßen oder mühevoll die Handlung zusammenzufassen und dabei anstrengend um Spoiler herumzutänzeln. Frei nach Kommerz-Hollywoods "High Concept"-Begriff ("Stirb langsam ... in einem Kaufhaus!") bevorzuge ich es, handlungstechnisch nicht zu viel verraten zu bekommen und anhand weniger, meine Vorstellung eines Films anregende und so Neugier erzeugender Begriffe auf eine Produktion aufmerksam gemacht zu werden. So habe ich eine grobe Idee, was ich bei diesem Werk zu erwarten habe und kann abwägen, ob und wann ich es mir ansehen möchte, ohne dass mir zu viel verraten wurde oder der Film in die unflexiblen Genre-Begriffe gezwängt werden muss.

Inglourious Basterds etwa. Diesen Film inhaltlich zusammenzufassen, ohne Überraschungen zu nehmen oder falsche Erwartungen zu schaffen, ist nahezu unmöglich. Muss aber nicht: Mir könnte man den Film als "Quentin Tarantino erzählt im Stil eines Spaghetti-Westerns gepaart mit Comic-Logik und kunstvoller Dramatik davon, wie er sich den Zweiten Weltkrieg vorstellt" ankündigen. Ich wäre begeistert von dieser Beschreibung und würde so etwas erwarten, wie der Film letztlich auch aussah. Sweeney Todd? "Ein Tim-Burton-Musical", mehr muss man nicht sagen! Fluch der Karibik? Ich habe mich damals vor Kinostart nicht über die Story informiert, sondern war schon völlig gebannt bei "Disney trifft Bruckheimer trifft Piratenfilm". Bekanntlich wurde ich nicht enttäuscht. Tree of Life? "Terence Malick sinniert über den Platz des Menschen im Universum und Familienbande". In Blue Jasmine bin ich rein gegangen, obwohl ich nur wusste, dass es ein neues Woody-Allen-Drama ist. Und diese Konzeptvorstellungen funktionieren auch ohne Markennamen: Dann ist Gott des Gemetzels halt "eine still beobachtende Situationskomödie über Streitereien zwischen Erwachsenen", wer muss vorab denn schon wissen, warum diese Erwachsenen streiten?

Natürlich gehe ich nicht allein nach diesem Konzeptbegriff. Aber ich  persönlich finde, dass rudimentäre Filminformationen, die sich nicht an einem starren Genrekonzept oder schwafelige Plotinfos orientieren häufiger die Filmbeschreibung der Wahl sein dürften. Auf dass man Filme wieder mit offeneren Augen sieht.

Eisiger Hinweis in eigener Sache

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Als Kinokritiker lebt man nur für eine sehr begrenzte Zeit im luftleeren Raum. Denn wer sich passioniert mit der Filmkunst beschäftigt, kommt nicht umher, ebenso auf die vorherrschende Meinung über bestimmte Werke und Künstler zu blicken. Dies hat eine unumstößliche Auswirkung auf den eigenen Schreibprozess: Wer etwa einen Blog betreibt und einen großen Filmklassiker sieht, wird es sich zweimal überlegen, ob er eine eigene Kritik zu diesem Projekt verfasst, wenn er doch letztlich nur dem generellen Konsens zustimmt. Denn welche filminteressierten Leser werden sich schon um eine Citizen Kane-Kritik reißen, die bloß nur die allgemein bekannten Lobhuldigungen umfasst. Ein neuer Aspekt muss her. Eine abweichende Meinung, eine originelle Interpretation, eine ungewöhnliche Betrachtungsweise, der Versuch, den Film in einen atypischen Kontext zu setzen ...

Bei aktuellen Filmen, bei denen sich der Konsens noch bildet, gestaltet sich dies selbstredend etwas anders. Viele Rezipienten erwarten in diesem Fall eine klare Ansage: Lohnt sich der Kinogang?

Als ich Die Eiskönigin in der Pressevorführung sah, ging ich ohne jegliches Wissen hinein, wie diese Disney-Produktion von der Kritik oder dem zahlenden Publikum aufgenommen wird. Er war noch nirgends regulär gestartet und es galt zudem ein Presseembargo. Basierend auf dem, was sich auf der Leinwand abspielte, und meinen zwangsweise entstehenden Überlegungen, über die Gründe, weshalb dieses Märchenmusical mich vollkommen kalt ließ, formierte sich in mir eine feste Überzeugung. Oder eher eine sehr klare Prognose, wie die Rezeptionsgeschichte aussehen wird: Kritiker teilen sich wie bei Merida in zwei Lager auf. Gelegenheitskinogänger sind amüsiert. Und Disney-Fans dürften diesen Film (allgemein betrachtet, Ausnahmen gibt es ja immer) ungeheuerlich frustriert verlassen. Denn Die Eiskönigin hat unfassbares Potential, in eine bestimmte, aufregende stilistische Richtung zu gehen, steuert allerdings gewaltsam in eine komplett andere.

Mit dieser Geisteshaltung im Hinterkopf verfasste ich meine hier im Blog veröffentlichte Kritik. Und ich stehe noch immer zu meinen Beobachtungen. Die Eiskönigin missfiel mir aufgrund der darin geschilderten Elemente und Produktionsentscheidungen. Und je mehr ich mich an die in der Kritik erwähnten Aspekte zurückerinnere, desto wütender werde ich ob dieses Films.

Dann aber zeichnete sich nach und nach ein mir recht fremdes Bild ab: Ich schätzte die Reaktion der Disney-Fangemeinde voll und ganz falsch ein, lag meilenweit daneben. Erste US-Fanstimmen überschlugen sich. Dann gelangten die Zuschauerreaktionen bezüglich der deutschen Vorpremiere ins Netz, zuletzt erschienen dann die US-Profikritiken. Genereller Konsens: Eines der besten Werke der Disney-Geschichte. Mit Abstand.

Ich bin wahrlich niemand, der einknickt, weil seine Meinung unpopulär ist. Ich werde Lone Ranger trotz desaströsem US-Kritikerkonsens bei jeder Gelegenheit verteidigen und ebenso wenig jemals James Camerons Titanic vergöttern. Gleichwohl war mir bewusst, dass es sich angesichts dieses Die Eiskönigin umgebenen Klimas anbietet, an anderer Stelle eine neue Besprechung dieses Films zu veröffentlichen. Generell schreibe ich für meinen Blog und für Quotenmeter.de zwei eigenständige Texte (wenn ich denn zwei Artikel zum gleichen Film veröffentliche), allerdings unterscheiden sie sich generell eher durch Tonfall und Zielpublikum voneinander.

Zwischen meiner Blogkritik und dem Veröffentlichungstermin meiner Kinokritik zu Die Eiskönigin dagegen kam es zu einem gewaltigen Wechsel der Wahrnehmung, die Disneys 53. abendüllenden Animationsfilm in filminteressierten Kreisen zuteil kam. Selbstredend macht dies meine ursprüngliche Kritik nicht obsolet. Keinesfalls! Dessen ungeachtet ergab sich nun, nach der Entstehung eines Konsens rund um den Film, die Möglichkeit, meine Kritikpunkte vor einem neuen Hintergrund zu erläutern. Gleichzeitig verschob sich die Erwartungshaltung, die an eine Kritik gestellt werden könnte. Galt es zunächst, zu verraten, wie mir der Film gefiel und zu erläutern, worauf sich meine Empfindungen beruhen, sieht sich nun ein Verriss des laut vorherrschender Meinung besten Disney-Films der letzten zehn bis zwanzig Jahre direkt mit der Frage konfrontiert "Wie kann man nur diesen Film nicht mögen?"

Ich habe versucht, diese sich mir erbietende Gelegenheit zu nutzen und habe daher meine Zweitkritik dieses Animationsfilms im Hinblick auf diese Gesichtspunkte verfasst. Und da ich weiß, dass viele meiner Blogleser bloß dann bei Quotenmeter.de vorbeisurfen, wenn ich hier explizit auf einen Artikel von mir hinweise, möchte ich nun auf das Ergebnis meiner Bemühungen verlinken:

Am kommenden Wochenende schaue ich mir Die Eiskönigin erneut an. Denn anders als bei Cars 2, den ich sofort als hoffnungslosen Film erachtet habe, oder Merida, für mich ein ähnlich frustrierender Film, bloß wegen schwächerer Qualitätsschwankungen von mir mit weniger Passion verfolgt, ist es in diesem Fall so, dass ich in Die Eiskönigin Elemente finde, die ich außerordentlich liebe. Dass diese durch Faktoren an den Rand gedrängt werden, die ich als störend empfand, lassen mich diesen Film derzeit überaus ärgerlich wirken. Und ich kann daher schlicht nicht in den "bester Disney-Film seit X"-Jubel mit einstimmen. Auf persönlicher Ebene muss ich dagegen noch herausfinden, ob bei wiederholtem Sehen die Freude über die Stärken oder eher der Hass auf die Patzer obsiegt. Womit sich abzeichnen würde, ob Die Eiskönigin für mich eher ein Bambi wird (dem ich den großen Respekt der Kritiker eher missgönne) oder ein Schneewittchen und die sieben Zwerge (den ich niemals lieben könnte, dafür aber respektieren).

Weshalb ich es nun noch nicht vorhersehen kann, wo Die Eiskönigin in meinem ganz und gar objektiven Disney-Pantheon landet? Weil ich als Disney-Fan von Produktionen dieses Studios einen höheren Dauerspaßfaktor erwarte als andere Filmliebhaber es möglicherweise tun. Ich erwarte von Disney-Filmen, dass sie für die Ewigkeit gemacht sind. Sowohl filmhistorisch, als auch im Hinblick auf mein ganz eigenes Sehverhalten. Sogar Disney-Meisterwerke, die ich richtig mies finde, schaue ich in recht regelmäßigen Abständen. Und daher gelten da ganz andere Maßstäbe als bei einer einmaligen Beurteilung. Himmel und Huhn ist vielleicht für viele ein wahrer Kulturschock, was ich absolut nachvollziehen kann, aber auf Dauer nervt mich Die Kühe sind los! um ein Vielfaches mehr, während ich beim Hühnchen besser an den wenigen Qualitäten festhalten kann.

In diesem Sinne: Viel Spaß mit euer aller liebsten Disney-Film der neuen Ära. Ehrlich, ich gönne es euch und ich gönne Disney den Erfolg. Lieber wird ein mich frustrierender, aber gutes Potential aufweisender Film populär als ein künstlerischer Totalausfall wie Cars 2.

Ich halte euch derweil auf dem Laufenden, wie wenig mir das Wintermärchen nach der Zweitsichtung noch gefällt.

Waltz of the Caribbean

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Christoph Waltz, dieser beneidenswerte, talentierte Schlingel! Während viele andere deutschsprachige Schauspieler auch nach einer großartigen Hollywoodrolle nicht langfristig Fuß in der filmischen Traumfabrik fassen können, hakt Waltz einen großen Namen nach dem anderen ab. Er drehte bereits zwei Mal mit Quentin Tarantino, er trat gemeinsam mit Seth Rogen vor die Kamera, er taucht im nächsten Muppets-Film auf … und nun scheint es, als könnte er Teil der Pirates of the Caribbean-Saga werden!

Wie das britische Blatt Daily Mailberichtet, haben Verhandlungen zwischen Disney/Bruckheimer und Christoph Waltz darüber begonnen, dass der zweifache Oscar-Preisträger in Pirates of the Caribbean – Dead Men Tell No Tales eine zentrale Position übernehmen soll. Angeblich ist für Waltz die Schurkenrolle vorgesehen, die dieses Mal, in Gestalt eines Geistes daherkommt.

Ohne Bestätigung seitens Disney ist alles natürlich noch nicht als offiziell zu betrachten. Allerdings deckt sich diese Meldung mit dem seit Monaten kursierenden Gerücht, dass Käpt'n Jack Sparrow im fünften Teil der Kinosaga vom Geist eines nach Rache dürstenden Navy-Offiziers heimgesucht wird. Dieser, so behauptet die Gerüchteküche, kennt Jack noch aus seiner Zeit, bevor er eine wandelnde Seeräuberlegende war. Außerdem sollen Voodoohexen ein zentrales Element des Films sein.

Sofern diese Berichte stimmen und Waltz zusagen sollte, wäre dies ein erfreulicher Gewinn für das Franchise. Waltz ist nicht nur begnadet, sondern passt mit einem eloquent-theatralischen Stil perfekt ins Pirates-Universum, wo er sich perfekt neben den Figuren von Johnny Depp, Geoffrey Rush oder Bill Nighy einreihen könnte.


Darauf 'nen Apfelstrudel und 'ne Buddel voll Rum!

Disney-Filmvorschläge für all jene, die frisch von der Eisfläche schlittern

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Wohin man blickt, wird Die Eiskönigin als der Beginn einer neuen Disney-Renaissance bezeichnet, als ein Animations-Meisterwerk, das neue Wege wagt und die klassische Disney-Formel auf einem hohen Niveau weiterentwickelt. Dass ich in diese Lobeshymnen nicht mit einstimme, habe ich bereitsdeutlichgemacht. Und auch, wenn ich mittlerweile gelernt habe, zu sehen, weshalb der Film anderen gefallen kann (direkt nach meiner Erstsichtung war ich dagegen ja noch felsenfest davon überzeugt, dass sich Die Eiskönigin eine desaströse Konsensmeinung einfangen wird), so bleibe ich bei meiner kritischen Meinung und werde gewiss noch einige Chancen ergreifen, darauf rum zu reiten. Nicht um den Troll zu spielen, sondern um meiner Frustration mit dem Streifen Raum zu machen.

Anlässlich von Walt Disneys Geburtstag, der sich heute zum 112. Mal jährt, möchte ich an dieser Stelle aber nicht auf Disneys 53. Meisterwerk rumhacken, sondern all jenen, die in ihrer Eiskönigin-Euphorie Lust auf mehr Disney bekommen haben, weitere Produktionen ans Herz legen. Denn vieles, was dieses eisige Musical angeblich erstmals getan hat, ist bereits Teil des großen Disney-Erbes. Damit will ich nicht sagen, dass nichts von dem, was Die Eiskönigin leistet, gut ist. Keineswegs. Ich mag den Eiskönigin-Liebhabern einfach nur Lust bereiten, Disney-Filmen mit ähnlichen Elementen erstmals (oder erneut) eine Chance zu geben ...

Endlich steht keine Romanze im Mittelpunkt
Es stimmt, dass Die Eiskönigin aus den Prinzessinnen-Filmen heraus sticht, weil keine klassische Liebesbeziehung im Mittelpunkt steht, sondern Geschwisterliebe. All zu neu ist der Verzicht auf solche Romantik im Disney-Kanon aber nicht. Wer also gerne wieder einige Disney-Animationsfilme sichten will, jedoch keine Laune auf zu viel Beziehungskitsch hat, darf gerne das Meisterwerk aus dem vergangenen Jahr schauen: In Ralph reicht's dreht sich alles um einen Videospielschurken, der gerne als Held geachtet werden würde. Und auch in Winnie Puuh sowie dem Vorläufer Die vielen Abenteuer von Winnie Puuh gibt es keine Liebeleien. Lilo & Stitch kam in Sachen Geschwisterliebe der Eiskönigin um elf Jahre zuvor und erzählte nicht nur von einem chaotischen Alien, das auf der Erde lernt, brav zu werden, sondern auch von der komplizierten Beziehung der Schwestern Lilo und Nani, die nach dem tragischen Tod ihrer Eltern miteinander auskommen müssen. Und schon der zweite abendfüllende Disney-Trickfilm war völlig frei von Beziehungsgerede: Pinocchio stellte sich somit gegen ein populäres Disney-Klischee, bevor es überhaupt zum Klischee werden konnte!

Die Eiskönigin unterläuft Disney-Liebeskonventionen
Auch ohne zu spoilern kann man sagen, dass Die Eiskönigin sich mit Annas Romantik-Subplot nicht an die typischen Disney-Konventionen hält. Ich betrachtete es als hyperaktive Selbstparodie, andere sehen in dem, was die Regisseure Jennifer Lee und Chris Buck getan haben, eine dramatischere Spielweise von dem, was Disney üblicherweise in seinen Filmen treibt. Wahrscheinlich ist es beides in einem - was wiederum genial oder völlig daneben ist. So oder so: Es gab bereits eine brillante Disney-Selbstparodie in Sachen Romantik und eine sehr dramatische Antwort auf typische Disney-Liebesbeziehungen. Der Mischfilm Verwünscht zieht genüsslich die Albernheit überstürzter Romanzen durch den Kakao, während Pocahontas auf dramatische Weise zeigt, dass nicht alles so selbstverständlich ist, wie Disney es sonst so gerne darstellt ...

Olaf ist so toll: Sein Element sollte der Winter sein, aber er mag stattdessen den Sommer!
Okay, einen sich nach dem Sommer sehnenden Schneemann hat Disney sonst nicht zu bieten. Aber eine recht ähnliche Figur ist Teil von Drei Caballeros: In diesem verrückten, lebhaften Episodenfilm bekommen wir einen Pinguin vom Südpol zu Gesicht, der die Kälte nicht mag und viel lieber auf einer Südseeinsel leben würde. Und den Gedanken "dies ist einfach nicht mein Leben" gibt es auch in mehreren Kurzfilmen zu sehen, wenngleich mit ganz anderen Konzepten: Ferdinand, der Stier etwa zeigt einen Stier, der nicht kämpfen mag, und Lambert, der kleine Löwe handelt von einem Löwen, der sich wie ein Schaf verhält. Tim Burtons und Henry Selicks Stop-Motion-Film Nightmare before Christmas schlussendlich berichtet vom König von Halloween, der viel lieber Weihnachten feiern würde.

Endlich mal eine Prinzessin, die Dinge in die Hand nimmt!
Ahhh, das Klischee der passiven Disney-Prinzessin, die sich retten lässt. Während dies zweifelsfrei auf die Damen der Walt-Disney-Jahre zutrifft, haben Anna und Elsa tatsächlich herzlich wenig mit ihren dienstältesten Kolleginnen gemein. Während Elsa sich ihr eigenes Eiskönigreich errichtet, gibt Anna in ihrer Heimat mit großer Selbstverständlichkeit Befehle, schnappt sich ein Pferd und reitet ins Ungewisse, um den Tag zu retten! Wahrlich eine aktive, junge Frau, die in der Stunde der Not ihr Bestes gibt. Genauso wie die wehrhafte Rapunzel, die sich mit Kneipenschlägern und Palastwachen konfrontiert sieht. Oder die selbstbewusste Tiana aus Küss den Frosch, die sich niemals unterkriegen lässt. Und dann hätten wir da ja noch Mulan, die zwar nicht wirklich eine Prinzessin ist, vom Merchandising aber gelegentlich als eine bezeichnet wird und in ihrem Film den in ihrer Kultur vorherrschenden Sexismus in Frage stellt, um als Mann verkleidet am Kampf gegen eine Heerschar von wilden Hunnen teilzunehmen!

Disney sollte mehr Geschichten von Hans Christian Andersen verfilmen!
Einen Hinweis auf Arielle, die Meerjungfrau erspar ich mir, weshalb ich lieber auf Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern verweise. Diese traurige Kurzgeschichte diente als Vorlage für einen der rührendsten und schönsten Kurzfilme der Disney-Geschichte. Ursprünglich als Teil einer Fantasia-Fortsetzung geplant, landete diese Regiearbeit von Roger Allers letztlich als limitierter US-Start und Bonusmaterial auf der Platinum-DVD und -Blu-ray von Arielle eher am Rande der öffentlichen Wahrnehmung, ist aber ein wahres Kleinod, das man sich ansehen sollte!

In diesem Sinne: Viel Spaß beim (Wieder-)Entdecken, Anschauen und Schwärmen!

Oscars 2014: Die möglichen Kandidaten in der Kategorie "Beste Effekte"

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Die Academy of Motion Picture Arts & Sciences gab die Shortlist für die popcorntauglichste aller Oscar-Kategorien bekannt: Beste Effekte! 10 Filme stehen für die stimmberechtigten Mitglieder zur Auswahl, fünf von ihnen werden eine Oscar-Nominierung erhalten. Die Nominierungen basieren auf zehnminütigen Best-of-Clips der jeweiligen Filme. Mit im Rennen: Der Frontrunner Gravity, zwei Superheldengeschichten und Gore Verbinskis handwerkliches Bombastwerk Lone Ranger.

Die zehn Kandidaten sind ...

  • Elysium
  • Gravity
  • Der Hobbit: Smaugs Einöde
  • Iron Man 3
  • Lone Ranger
  • Oblivion
  • Pacific Rim
  • Star Trek Into Darkness
  • Thor: The Dark Kingdom
  • World War Z
Meine fünf Nominierten wären, dürfte ich darüber entscheiden, das CG-arme Stuntspektakel Lone Ranger, der wunderbar aufpolierte Iron Man 3, Joseph Kosinskis stylischer Streifen Oblivion, der ebenfalls recht habtisch umgesetzte Elysium sowie natürlich Gravity.

Meine Prognose sieht aber etwas anders aus: Die Transformers-Nominierungen haben gezeigt, das Riesenmonster und -roboter die Academy-Mitglieder beeindrucken, weshalb Pacific Rim dabei sein wird. Der Hobbit ist gewiss wieder mit dabei, Elysium holt sich durch das Design ebenfalls einige Stimmen, von den großen Sommerblockbustern wird es vermutlich Iron Man 3 treffen, womit die Liste komplett ist, denn Gravity wird eh nominiert und gewinnen.

Schade, dass Die fantastische Welt von Oz übergangen wurde und der Lone Ranger sicher auch noch übergangen wird ...

Das Jerusalem-Syndrom

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Copyright: SWR / Das Erste

Die Biologin Ruth Gärtner erfährt von ihrem Vater, dass ihre jüngere Schwester Maria in Israel in eine psychiatrische Spezialklinik eingeliefert wurde. Als Ruth ihre Schwester vor Ort besucht, erklärt ihr ein behandelnder Arzt, dass Maria am sogenannten Jerusalem-Syndrom erkrankte und glaubt, die Muttergottes zu sein, die kurz davorsteht den Messias zu gebären. Ruth ist besorgt und kündigt an, Maria zurück nach Deutschland zu fliegen, um sich dort um sie zu kümmern. Doch nur eine Nacht später ist Maria spurlos verschwunden.

Wie sich herausstellt, geriet Maria während ihrer Zeit in Jerusalem in die Fänge einer christlich-fundamentalistischen Sekte, die sie manipulierte, um als Schlüsselfigur in einem wahnsinnigen Kampf gegen andere Religionen zu dienen. Diese Sekte entführte Maria auch aus der psychiatrischen Klinik, ehe Ruth sie zu sich holen konnte. Nun muss sich Ruth an die Fersen der vom fragilen, doch größenwahnsinnigen Peter geleitete Sekte heften, um Ruth zu retten. Hilfe erhält sie dabei vom israelischen Psychiater Uri Peled, der sich für dieses Netz aus Glauben, Wissenschaft und Aberglauben fasziniert …

Was mir zu diesem Plot als erstes einfällt? Nun: „Simpsons Already Did It“! So lautete einst bei South Park eine Anspielung darauf, dass es schwer ist, Storys zu finden, die nicht bereits mit den chaotischen Knilchen aus Springfield erzählt wurde. Ein Stück weit trieben die South Park-Macher damit Selbstverteidigung, immerhin haben Die Simpsons schon einige Jahre Vorsprung und dennoch ein vergleichbares Publikum – natürlich ähneln sich da so manche Geschichten. Dennoch lässt sich die Beobachtung, dass Homer und Co. allerhand Storykonzepte vorweg gegriffen haben, sogar auf deutsche Fernsehfilme ausweiten: Eine Geschichte rund um das berüchtigte, nicht aber als psychologische Diagnose anerkannte, Jerusalem-Syndrom zu spinnen, ist eine spannende Idee. Bloß könnte sie zumindest so manchen Zuschauern bereits aus Die Simpsons bekannt sein, was den Innovationsbonus etwas schmälert.

Davon abgesehen hat die Existenz einer Simpsons-Folge, in der Homer von der einmaligen Atmosphäre Jerusalems beeinflusst durchdreht und glaubt, im Herzstück der drei Weltreligionen Christentum, Judentum und Islam zu einem neuen Heiland ernannt worden zu sein, selbstredend wenig Einfluss auf die Rezeption eines SWR-Fernsehthrillers. Es ist trotzdem amüsant zu sehen, dass die Lenker und Denker der ARD teilweise auf Fakten anspringen, die sich auch die Simpsons-Autoren vorknöpfen. Wie etwa aufdie Tatsache, dass bis zu 100 Touristen jährlich während ihres Jerusalem-Aufenthalts von dem Gedanken besessen sind, eine biblische Figur zu sein oder ihr geistiges Erbe anzutreten.

Dieses interessante Grundkonzept genügt den Verantwortlichen hinter dieser Oliver-Berben-Produktion jedoch leider nicht. Statt die kühle Wissenschaftlerin Ruth Gärtner schlicht auf ihre labile, jüngere Schwester Maria treffen zu lassen, die nach wenigen Monaten Arbeit als Touristenführerin in der Heiligen Stadt davon überzeugt ist, die Mutter eines neuen Messias zu sein, spinnen die Autoren dieses Familien- und Psychodrama in einen Verschwörungsthriller weiter. Das Konzept, eine streng rationale, ungläubige Naturwissenschaftlerin Hatz auf religiöse Fanatiker machen zu lassen, ist aber nicht nur abgedroschen, sondern vor allem schwer in die konventionelle ARD-Fernsehfilmlaufzeit von 90 Minuten zu pressen. Was ein Dan Brown in einen Roman mit dem Umfang eines Türstoppers packt oder Ron Howard in Brown-Kinoverfilmungen mit Überlänge verarbeitet, wird in Das Jerusalem-Syndrom in eineinhalb Stunden runter gebrochen. Klar, dass da kein Raum für Suspense erzeugende falsche Fährten, clever ausgetüftelte Rätsel und soghaft wirkende Verschmelzungen aus Fakt, Fiktion und Religion bleibt. Geschweige denn für runde Charakterisierungen.

Stattdessen ist die Protagonistin antireligiös eingestellt, weil ihr gläubiger Vater unfähig war, zudem sind die Motivationen der Sektenführer hauchdünn und obendrein bleibt das bei gelungenen Verschwörungsthrillern so essentielle Miträtseln aus, weil der Plot nahezu störungsfrei direkt vom Startpunkt zum durchgehend telegraphierten Finale marschiert. Inhaltlich ist Das Jerusalem-Syndrom daher recht mager ausgefallen. Jedoch überzeugt diese zwei Millionen Euro schwere deutsch-israelische Koproduktion wenigstens handwerklich. Triebel und Schick deuten in ihrem passionierten Schauspiel mehr Charakter an, als es ihre fadenscheinig geschriebenen Rollen auf dem Papier rechtfertigen würden, und der 54-jährige Regisseur Dror Zahavi fängt Jerusalem an Originalschauplätzen von seiner faszinierendsten Seite ein. Besonderes Lob verdient sich der Thriller zudem für seine natürliche Mehrsprachigkeit – Figuren müssen in diesem Projekt zwischen Sprachen hin und her wechseln, was sich auch inhaltlich auswirkt und dem etwas überdrehten Verschwörungsstoff eine reale Note verleiht.

Das Jerusalem-Syndrom läuft am 11. Dezember um 20.15 Uhr im Ersten.

Meine Golden-Globe-Prognose: Wer wird für 2014 nominiert?

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Langsam nähert sich der große Tag der Bekanntgabe der Oscar-Nominierungen 2014. Auf dem Weg dahin gilt es allerdings zunächst die Golden Globes abzuhaken. Die wilde, glamoursüchtige, weniger seriöse Schwester des Oscars. Hier sind Geglitzer und Gepose etwas wichtiger, im Gegenzug fallen die Globes aber auch weniger auf Pseudodramatik rein. Welche Filme werden diese Woche als Globe-Nominierte ausgerufen? Nun, hier sind meine Prognosen für die 14 Kino-Kategorien bei den 71. Golden Globes ...

Bestes Drama
  • Gravity
  • Blue Jasmine
  • Captain Phillips
  • Saving Mr. Banks
  • 12 Years a Slave
In dieser Kategorie bin ich mir ziemlich sicher. Einziger Wackelkandidat könnte Saving Mr. Banks sein, aber als sentimental-optimistischer Film über Filme ist dieser Streifen eigentlich ganz die Liga der Globes, erst recht aufgrund der tollen Besetzung.

Beste Komödie/Bestes Musical
  • American Bullshit
  • Wolf of Wall Street
  • Inside Llewyn Davis
  • Her
  • Das erstaunliche Leben des Walter Mitty
In dieser Sparte bin ich mir bereits wesentlich unsicherer als bei den Dramen. Die ersten drei Streifen sehe ich aufgrund der namenhaften Darstellerriege (bei den Globes nie als Kriterium zu unterschätzen) und des Kritikerhypes als sicher. Her bekommt nahezu täglich ein besseres Image und Walter Mitty könnte vom Look und Ben Stiller profitieren. Andererseits sind Im August in Osage County und Nebraska als Oscar-Favoriten nicht einfach so aus diesem Rennen zu tilgen ...

Bester Drama-Hauptdarsteller
  • Chiwetel Ejiofor - 12 Years a Slave
  • Matthew McConaughey - Dallas Buyers Club
  • Tom Hanks - Captain Phillips
  • Robert Redford - All is Lost
  • Forest Whitaker - Lee Daniels' The Butler
Auch hier denke ich, dass die ersten drei Namen gesetzt sein sollten. Aber ob Hugh Jackman für Prisoners oder einer der Rush-Stars oder Idris Elba als Mandela nominiert werden könnten? Ich bin tatsächlich unsicher ...

Bester Komödien-/Musical-Hauptdarsteller
  • Leonardo DiCaprio - Wolf of Wall Street
  • Christian Bale - American Bullshit
  • Oscar Isaac - Inside Llewyn Davis
  • Bruce Dern - Nebraska
  • Johnny Depp - Lone Ranger
Bevor ihr eure Kommentare in die Tasten hämmert: Ich rechne nicht wirklich mit einer Nominierung für Depp. Da die Globes aber gerne mal mit Glamour-Nominierungen überraschen, die bei den Kritikern durchfielen (Alice im Wunderland), an den Kinokassen untergingen (Bernie) oder komplett floppten (The Tourist), wäre eine Nominierung für Depp kein Wunder. Und wenn Lone Ranger eine Globe-Nennung einheimst, will ich sie wenigstens prognostiziert haben!

Beste Drama-Hauptdarstellerin
  • Sandra Bullock - Gravity
  • Cate Blanchett - Blue Jasmine
  • Emma Thompson - Saving Mr. Banks
  • Adele Exarchoupoulus - Blau ist eine warme Farbe
  • Judi Dench - Philomena
Schwere Kategorie. Da gute Rollen für Frauen leider noch immer selten sind, ist es auch schwer, auf wirklich preiswürdige Performances zu kommen, die obendrein dem typischen Geschmack der Preisjurys entsprechen ...

Beste Komödien-/Musical-Hauptdarstellerin

  • Meryl Streep - Im August in Osage County
  • Amy Adams - American Bullshit
  • Julie Deply - Before Midnight
  • Greta Gerwig - Frances Ha
  • Julia Louis-Dreyfus - Enough Said
Siehe oben.

Bester Nebendarsteller
  • Michael Fassbender - 12 Years a Slave
  • Jared Leto - Dallas Buyers Club
  • Tom Hanks - Saving Mr. Banks
  • Bradley Cooper - American Bullshit
  • Jake Gyllenhaal - Prisoners
Bei den ersten vier Namen bin ich mir sicher, aber Nummer fünf ..?! Gyllenhaal gewann bereits beim Hollywood Film Festival, aber Jonah Hill hat einigen Hype für Wolf of Wall Street, Daniel Brühl hätte eine Nominierung für Rush verdient und George Clooney macht zwar wenig in Gravity, aber er ist George Clooney und dies sind die promisüchtigen Globes ...

Beste Nebendarstellerin
  • Lupita Nyong’o - 12 Years a Slave
  • Oprah Winfrey - Lee Daniels' The Butler
  • Jennifer Lawrence - American Bullshit
  • Julia Roberts - Im August in Osage County
  • Jennifer Garner - Dallas Buyers Club
Sally Hawkins aus Blue Jasmine könnte sich in diese Liste mogeln, ebenso wie Nebraska-Darstellerin June Squibb.

Beste Regie
  • Alfonso Cuaron - Gravity
  • Steve McQueen - 12 Years a Slave
  • David O. Russel - American Bullshit
  • Martin Scorsese - Wolf of Wall Street
  • Paul Greengrass - Captain Phillips
Uff. An Regie-Kandidaten mangelt es wirklich nicht. Baz Luhrmann könnte eine Globe-Überraschung werden und gegen Joel & Ethan Coen für Inside Llewyn Davis sollte man eigentlich auch nicht wetten. Auch John Lee Hancock wäre eine typische Globe-Wahl dank Saving Mr. Banks ... 

Bestes Drehbuch
  • Woody Allen - Blue Jasmine
  •  Joel & Ethan Coen - Inside Llewyn Davis
  • John Ridley - 12 Years a Slave
  • Kelly Marcel & Sue Smith - Saving Mr. Banks
  • Billy Ray - Captain Phillips
Uff, das ist wie eine Tombola. Gravity, Her, Im August in Osage County, Nebraska, Wolf of Wall Street könnten genauso da hinein ...

Beste Filmmusik
  • Steven Price - Gravity
  • Hans Zimmer - 12 Years a Slave
  • Thomas Newman - Saving Mr. Banks
  • Randy Newman - Die Monster Uni
  • Henry Jackman - Captain Phillips
Ginge es nach mir, würden wir sogar drei Zimmer-Nominierungen bekommen ...

Bester Song
  • Let it Go aus Die Eiskönigin
  • Young and Beautiful aus Der große Gatsby
  • The Moon Song aus Her
  • I See Fire aus Der Hobbit: Smaugs Einöde
  • He Loves Me Still aus Black Nativity
Sicher bin ich nur bei den ersten dreien ...

Bester Animationsfilm
  • Die Eiskönigin
  • Die Monster Uni
  • The Wind Rises
  • Epic
  • Ich - Einfach unverbesserlich 2
Oder: Disney gegen den Rest der Welt!

Bester fremdsprachiger Film
  • Blau ist eine warme Farbe
  • Das Mädchen Wadjda
  • Le Passé - Das Vergangene
  • Die Jagd
  • Die große Schönheit
Oder: Frankreich und Saudi-Arabien gegen den Rest der Welt.

Ob ich wirklich richtig lag, erfahren wir am Donnerstag ...

Schwupps, Videos weg

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Kleiner Hinweis für die drei oder vier Leute, die sich hier im Blog gelegentlich meine alten Videos anschauen: Da Blip nur noch Internetgrößen hostet, wurde mein Account automatisch gelöscht. Ich konnte vorab zwar einige meiner Videos speichern (manche waren irgendwie bockig beim Runterladen), allerdings stehe ich nun vor dem Problem, dass ich aufgrund der etwas anders liegenden YouTube-Musikrechte nicht alle dort wieder hochladen kann. Daher habe ich vorläufig die Posts mit meinen Video-Gehversuchen runtergenommen, bis ich mich um eine schlüssige Lösung kümmern kann. Da meine Videos aber eh nicht zu den erfolgreichsten Artikeln hier zählen, glaube ich, es dürfte eh niemanden jucken, wenn es etwas länger dauert. ;-)


Frank Darabonts "Godzilla"-Trailer: F**k yeah, so sollten Monster-Filme aussehen!

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Ich war ja wahrhaftig kein Freund von Pacific Rim, aber kommendes Jahr könnte mich ein Monster-Zerstörungsstreifen schon wesentlich mehr begeistern. TV-Macher Frank Darabont lässt Godzilla von der Leine und baut um ihn herum eine majestätisch-erdrückende Atmosphäre auf.

Der Trailer braucht ein wenig, aber in der zweiten Hälfte nimmt er heftig an Fahrt auf. Und zollt auch dem Godzilla-Klassiker seinen Tribut! Super!



Tja, da bleibt einem wirklich die Spucke weg. Könnte einer der besseren Big-Budget-Filme 2014 werden. Was soll man sonst noch dazu sagen?

Vielleicht das noch:
Wer den Trailer in seiner wahren Form sehen will, klickt hier. ;-)

Entengeschnatter: Episodenhorror I

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Horror in kleinen Dosen: Zusammen mit meinem Entengeschnatter-Co-Moderator Stephan und unserer werten Stammgästin Antje Wessels schnattere ich in der neusten Ausgabe unseres munteren Podcasts über die Horror-Episodenfilme Trick 'r Treat und V/H/S.


Oscars 2014: Die sieben möglichen Nominierten für "Make-Up & Hairstyling"

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Hi-Ho Oscars, away! Nachdem der Lone Ranger bereits den Sprung in die Shortlist für die besten Effekte machte, ist Gore Verbinskis bildgewaltiges Actionspektakel nun auch ein möglicher Anwärter auf eine Nominierung in der Kategorie "Make-Up & Hairstyling". Sieben Filme wurden ausgewählt, drei davon werden schlussendlich um den Academy Award kämpfen. Wie schon in den vergangenen Jahren verzichtet diese Kategorie auch dieses Jahr auf ein Übermaß an den Filmen, die sonst in sämtlichen Sparten um Aufmerksamkeit kämpfen, und konzentriert sich stattdessen auf beeindruckende Leistungen, die Schauspieler visuell verwandeln.

Die sieben Anwärter auf eine Oscar-Nominierung sind:

  • American Bullshit
  • Dallas Buyers’ Club
  • Der große Gatsby 
  • Hänsel & Gretel - Hexenjäger
  • Die Tribute von Panem: Catching Fire
  • Jackass Presents: Bad Grandpa
  • Lone Ranger

Eine illustre Runde, bei der ich mir ziemlich sicher bin, dass Die Tribute von Panem keine Chance hat. Schon Teil eins wurde nicht nominiert, und auch wenn die Arbeit in Teil zwei bewundernswert ist, so ist sie nun nicht so viel stärker, dass nun überraschend eine Nominierung daherkommen müsste. Hänsel & Gretel verlässt sich etwas zu sehr auf CGI, dürfte daher bei der Prüfung der Stimmberechtigten durchfallen. Bad Grandpa hat Johnny Knoxville überzeugend in einen alten, perversen Knacker verwandelt, doch ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Film nominiert wird, der praktisch nur eine einzige Make-Up-Leistung beinhaltet. Da dürfte eher Lone Ranger drankommen, mit seinem stark gealterten Johnny Depp als Erzähler, einem unfassbar verunstalteten William Fichtner als Schurken sowie vereinzelten Schusswunden-Make-Up-Effekten, Tontos Kriegsbemalung und allerhand pompösen Frisuren, die bei Tontos und John Reids kurzen Ausflug in Reds Bordell zu sehen sind.

Dallas Buyers' Club hat neben Jared Leto als stolzem Transvestiten auch massenhaft unterstützendes Make-Up zu bieten, das Matthew McConaugheys Performance als AIDS-Erkrankten verstärkt. Um den dritten Platz streiten sich also American Bullshit und Der große Gatsby. Beide bestechen primär mit Frisuren, American Bullshit hat zudem einen stark gebräunten Bradley Cooper zu bieten, während Gatsby vor allem seinen Damen eine für das zeitliche Setting der Story angemessene, modische Blässe gibt. Ich tendiere hauchdünn zum Gatsby. Und klage zugleich an, dass Evil Dead nicht mit von der Partie ist!

Reingehört 78: Die Golden-Globe-Nominierungen

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Langsam wird es ernst in der Award-Saison 2013/2014. Die Nominierungen für die Golden Globes stehen fest und so manche Enttäuschung und auch manch positive Überraschung hat sich ergeben. Ich hatte das Vergnügen, im Quotenmeter.de-Podcast gemeinsam mit Antje Wessels und Manuel Nunez Sanchez darüber zu diskutieren. Außerdem nahmen wir uns die Zeit, über die momentane Lage von TV total und Elton zockt zu reden.

Gastkritik zu "Die Eiskönigin - Völlig unverfroren"

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Seit nunmehr zwei Jahren betreibt meine werte Kollegin Antje Wessels ihren Blog Buy a Movie.de, und anlässlich dieses Jubiläums sind wir einen kleinen Deal eingegangen: Ich veröffentliche eine Kritik zu einem Film ihrer Wahl bei Buy a Movie.de, dafür bereichert sie meinen Blog um eine Kritik, die ich mir wünschen durfte. Während man daher meine Meinung zu Trance an anderer Stelle lesen kann, gibt es nun hier Antjes Versuch einer Erklärung der Faszination hinter Die Eiskönigin. Viel Spaß beim Lesen!

Selten bekam ein Disneyfilm der letzten Dekaden ein derart positives Feedback wie es dieser Tage „Die Eiskönigin – Völlig unverfroren“ ereilt. Das auf einer Geschichte von Hans Christian Andersen basierende Musicalmärchen, das zu adaptieren sich der Disneykonzern bereits über Jahrzehnte immer wieder vornahm, wird mit Klassikern des Disneykanons wie „Der König der Löwen“ verglichen – und braucht sich dabei keine Sorgen zu machen, dass derartige Entsprechungen einzig und allein einer ausgeklügelten Marketingmasche entstammen. Von Seiten des Storyaufbaus, der Animationsqualität und sämtlicher Figurenzeichnungen kann sich „Frozen“ – so der schlichte Originaltitel – ohne Zweifel an der zeitlosen Geschichte des Löwenkönigs messen. Mehr noch: Gehört der für den Disneykonzern verhältnismäßig komplexe Stoff des „Lion King“ hauptsächlich zu den gefühlvollsten seiner Art, kann „Die Eiskönigin“ gleichsam auf Seiten tiefgehender Emotionen als auch im Humorbereich auftrumpfen. Kurzum: Disneys „Hamlet“-Variation „Der König der Löwen“ bleibt auch weiterhin der zeitlose Klassiker, der er vor Disneys 53. Meisterwerk war. Gleichwohl schafft es mit „Die Eiskönigin“ zum ersten Mal ein Disneybeitrag, am perfekten Image des Films zu kratzen. „Frozen“ bietet optisch heute das, was „Der König der Löwen“ zu Beginn der Neunziger tat. Mit seiner ausgeklügelten, zwischen melancholischer Emotionalität und spritzigem Optimismus balancierenden Geschichte liefert die Story (tief)sinnige Unterhaltung mit Köpfchen, die viele oberflächliche Disneyfilme der letzten Jahre meilenweit in den Schatten stellt. Gleichzeitig bewiesen die Macher eine gehörige Portion Mut – nahmen sich praktisch das Leitmotto ihres eigenen Films zu Herzen und vertrauen darauf, dass das Publikum positiv auf ihre vielschichtig und irgendwie „anders“ gezeichneten Charaktere reagieren wird.
Für das für den (Publikums-)Erfolg so wichtige Konstrukt aus Handlung, Inszenierung, Figurenzeichnung und, im Falle eines Musicals, Musik zeichneten hauptsächlich Chris Buck und Jennifer Lee in Position der Regisseure verantwortlich. Chris Buck schuf bereits 1999 das Disney-Meisterwerk „Tarzan“ und war für den Mäusekonzern bis 2013 nur noch einmal tätig, als er 2004 den Charakter Maggie aus „Die Kühe sind los“ animierte. Auch Jennifer Lee ist in Disney-Kreisen noch kein allzu beschriebenes Blatt, kann mit „Ralph reicht‘s“, für den sie 2012 das Drehbuch schrieb, jedoch bereits einen Oscar-nominierten Animationsfilm vorweisen. In „Die Eiskönigin“ sind nun also beide Herr über ihr eigenes Meisterwerk, für das sie auch das Skript schrieben. Ihnen zur Seite steht mit Christophe Beck kein typischer Disney-Komponist. Einzig für den 2011 erschienenen „Muppets“-Film sowie das Shortmovie "Im Flug erobert" - den Vorfilm zu "Ralph reicht's" - lieferte er den dazugehörigen Soundtrack. Seine letzten Arbeiten für Filme wie „Hangover 1-3“ oder „Pitch Perfect“ stammen dagegen nicht aus dem Familienfilm- oder Animationssegment.
Mit der Einführung in die Szenerie kosten die Verantwortlichen hinter den Kulissen sogleich sämtliche Stärken ihres Werkes aus. Die Eingangssequenz der „Eiskönigin“ erinnert in ihrem raubeinigen Auftreten an den nahezu epischen Musical-Prolog aus Tom Hoopers „Les Misérables“. Eine einige Dutzend Mann starke Truppe aus Arbeitern, die in klirrender Kälte Eisblöcke zurechtschneidet, singt in epochalem Einklang den Eröffnungssong „Kaltes Herz“. Schon in den ersten Minuten erschließt sich dem Zuschauer hierdurch nicht nur die musikalische Qualität des Films, sondern gleichzeitig auch die Bildgewalt, mit welcher „Die Eiskönigin“ in den kommenden eineinhalb Stunden daherkommen wird. Was für „Rapunzel“ vor einigen Jahren die revolutionäre Realitätsnähe in Sachen Haaranimation war, ist für „Frozen“ die Darstellung von Schnee und Eis. Wenn sich in den kristallklaren Eisblöcken das Licht bricht oder der Pulverschnee die Animation jeder einzelnen Schneeflocke erahnen lässt, setzen die Animatoren neue Maßstäbe auf Seiten der Winteranimation. Filme wie die Blue-Sky-Studios-Reihe „Ice Age“ oder der letztes Jahr in den internationalen Kinos gelaufene „Die Hüter des Lichts“ wirken dagegen fast schon antiquiert.
Nachdem in der Eingangsszene auch noch einer der, den Film noch um Einiges bereichernden Sidekicks Kristoff sowie sein Rentier Sven vorgestellt werden (dessen Aussehen zugegebenermaßen anfangs arg an „Nico das Rentier“ erinnert), geben uns die folgenden, in Form von Bildmontagen arrangierten Szenen einen Einblick in die Herkunft unserer beiden Hauptfiguren. Entgegen dem üblichen Disneyklischee sind dies in diesem Fall keine potentielle Liebenden. Vielmehr entschieden sich Chris Buck und Jennifer Lee für zwei Protagonistinnen und konzipierten mit dem Schwesternpaar Anna und Elsa zwei optisch reife, jedoch nicht übermäßig in menschlichen Details ertrinkende Frauenfiguren. Bis es soweit kommt, dass der Zuschauer in den optischen Genuss dieser beiden Grazien kommt, erzählt „Die Eiskönigin“ jedoch zunächst von dem schicksalhaften Unfall, als sich Elsas magische Kräfte im Kindesalter zum ersten Mal als Gefahr für ihre Umwelt entpuppen und sie ihre Schwester in unbedarfter Spielfreude schwer verletzt. Die Szenerie, ein gemeinsames Herumtollen in der gefrorenen Eingangshalle des elterlichen Schlosses, ist dabei von einer im Disneykanon nie dagewesenen Eleganz. Eisskulpturen und fluffige Schneemassen bestimmen das Bild, verschiedene Blautöne und Weiß in allen erdenklichen Nuancen verleihen den Bildern einen kühlen, aber nie unterkühlten Charme.
Während man bei der Darstellung der kleinen Mädchen zu Beginn noch auf das Kindchenschema vertraut, wachsen Anna und Elsa - wunderschön arrangiert in einer Bildmontage zum berührenden Song „Willst Du einen Schneeman bauen?“ – von Kindern zu Teenagern und schließlich zu jungen Frauen heran. Um ihre Schwester zu schützen, verschließt sich Elsa seit jeher vor Anna, was diese nicht versteht und in den Lyriczeilen des Songs zum Ausdruck bringt. Dies geht zugegebenermaßen alles ziemlich zügig vonstatten und erweckt bisweilen den Eindruck, die Macher hätten sich hier ein wenig mehr Zeit  lassen können, um dem Ganzen noch mehr Tiefgang zu verleihen. Der Inhalt des Textes und die stimmigen Übergänge innerhalb der Montage, machen diesen kleinen Minuspunkt jedoch insofern wieder wett, als dass man schnell erahnt, dass sich Buck und Lee schlicht nicht länger als nötig mit etwas aufhalten wollten, was sich nicht auch stimmig in einem Zeitraffer einfangen lässt. Detailliert erkennt man vor allem die innerliche Reifung beider Foguren auch in dem anfangs ziemlich schief dargebotenen „Willst Du einen Schneemann bauen?“-Strophen, wenn Anna im Laufe der Jahre immer besser die Töne trifft und das Lied der Situation entsprechend variiert.
Mit dem Tag der Krönung, ab welchem der Zeitraffer endet und die „richtige“ da für den Film aktuelle Handlung beginnt, hat Anna bereits ihr nötiges Profil gefunden. Sie ist klar erkennbar der unbedarft-naive, aber auch bestimmte Part. Sie liebt ihre Schwester, ist von deren Verschlossenheit ihr gegenüber jedoch verwundert. In „Zum ersten Mal“, einem Song in der Tradition großer Disneylieder wie „Einmal“ aus „Der Glöckner von Notre Dame“ oder der „Aladdin“-Powerballade „In meiner Welt“, bringt sie ihre Freude über diesen ganz besonderen Tag zum Ausdruck. Das leichtfüßige Arrangement dieser Szene und der beschwingte Tonfall des Lieds kündigen hier zum ersten Mal an, mit welchem Stilmittel die Macher „Die Eiskönigin“ offensichtlich ausstatteten: Viele Szenen finden aus der Sicht Annas statt. Wirken dadurch ab und an gehetzt, jedoch nicht unübersichtlich sondern vielmehr verspielt und manchmal unüberlegt. Dass sich „Die Eiskönigin“ dadurch nie hundertprozentig auf einen Tonfall festlegen kann (und will) sowie dramatische Szenen mehr als einmal von einem (scheinbar) überstürzten Gag beendet werden, ist hier nur konsequent. Derartige Dramaturgiewechsel zeugen dabei nicht etwa von einer Unausgegorenheit des Drehbuchs, sondern sind vielmehr Ausdruck davon, dass neben sämtlichen Figuren innerhalb des Films auch der Film selbst eine eigene Persönlichkeit besitzt. Auf das zufällige Kennenlernen von Anna und Prinz Hans, die sich beide auf dem ersten Blick ineinander verlieben, folgt das kindlich-naive „Liebe öffnet Türen“, welches zunächst den Anschein erweckt, die raschen Liebesentwicklungen anderer Disneyfilme persiflieren zu wollen. Stattdessen ist jedoch auch dieser Song eine aus den Augen von Anna wiedergegebene Situationsbeschreibung: Sie trifft auf ihre erste große Liebe und ist überwältigt von diesem Gefühl der Zuneigung und Vertrautheit, was schließlich in einem beidseitig gegebenen Heiratsversprechen mündet. Eine Parodie hierauf hätte lediglich in Form einer sich viel zu ernst nehmenden Powerballade, nicht aber in einem schmissigen Liedchen funktioniert. Somit bildet „Liebe öffnet Türen“ mit seinem tonal wenig eingängigen Refrain zwar den musikalischen Tiefpunkt des Films, in die Handlung fügt es sich jedoch perfekt.
Im Kontrast zu der überglücklichen Anna steht Elsa, die mit ihrer Unsicherheit und der Angst vor ihren nicht einschätzbaren Kräften zu kämpfen hat. In einem Streit, in welchem Elsa ihre jüngere Schwester davor warnt, einen Mann zu heiraten, den sie kaum kennt, hat sie schließlich ihre eigenen Mächte nicht mehr unter Kontrolle und wird von den Umstehenden als Hexe beschimpft. Ab sofort kommt Elsa eine höchst ambivalent gezeichnete Figur zu. Obwohl der von Dina Kürten hervorragend gesprochenen, von Willemijn Verkaik genauso gut gesungenen, Titelgeberin von Beginn an eine Protagonistenrolle zufällt, ist sie von nun an ein Wesen, vor dem es sich zu fürchten gilt. Anders als das Biest aus „Die Schöne und das Biest“ nimmt Elsa ihr Schicksal an, ohne sich dabei bewusst zu verstecken. Stattdessen lässt sie sich auf den Gedanken ein, von nun an ein Leben mit dieser Gabe zu führen. Sie lässt das sich zur Eiswüste verwandelte Königreich Arendelle hinter sich zurück und schmettert sich in einem der besten Disneysongs aller Zeiten – „Lass jetzt los“ – den Schmerz von der Seele. Dabei ist nicht nur das Lied selbst von einer herausragenden Qualität. Auch die Songdarbietung, in welcher Elsa einen funkelnden Eispalast kreiert, ist von geschliffener Perfektion, immenser Ausdrucksstärke und nicht zuletzt von atemberaubender Schönheit, welche alles bisher Gesehene noch einmal übertrifft.

Wenn nun das Abenteuer um Annas Reise zu besagtem Eispalast beginnt und sie unterwegs sowohl auf Kristoff als auch auf einen der wohl besten Disney-Sidekicks aller Zeiten – den Schneemann Olaf – trifft, wird aus dem hochdramatischen, von amüsanten Einwürfen geprägten Schwestern-Drama ein flotter Road-Trip mit einigen passenden, den Rhythmus nie störenden Action-Einlagen (Stichwort Wölfe). Dabei gelingt Jennifer Lee und Chris Buck der Spagat zwischen den vielen unterschiedlichen Tonfällen mühelos. Ihre Figuren sind durchdacht und jede ihrer Handlungen für den Zuschauer nachvollziehbar. So ist Olaf nicht etwa ausschließlich Stichwortgeber oder Pointenlieferant. Vielmehr ist er die schneemanngewordene Ausgeburt von Elsas Innerstem. Um es mit den Worten von Hape Kerkeling zu sagen, der dem tollpatschigen Schneemann in der deutschen Fassung seine Stimme leiht: Olaf hat ein reines Herz und besitzt in all seiner Naivität dennoch eine liebliche Form von Lebensweisheit sowie einen unermüdlichen Glauben an das Gute im Menschen („Hallo! Ich bin Olaf! Und ich liebe Umarmungen!“). So entpuppt sich Olaf nicht nur der Bespaßung wegen als perfekte Ergänzung des Trios aus Anna, Kristoff und Rentier Sven, sondern ist unbemerkt einer der wenigen Helden in „Die Eiskönigin“. Sein Satz „Manche Menschen sind es wert, dass man für sie schmilzt!“ steht dabei stellvertretend für das – Wortspiel! – Verschmelzen seiner Attribute unbedarft und aufopfernd-ehrlich. Einzig Olafs Solo „Im Sommer“ darf sich voll und ganz den Schwarzen Peter als Tiefpunkt des Films zuschieben lassen. Die äußerst cartoonesque gezeichnete Songeinlage passt vom Tonfall nicht einmal ansatzweise in den durch und durch realistisch gehaltenen Film und wirkt somit wie ein Fremdkörper – auch wenn die Botschaft des Lieds äußerst niedlich ist. Wann hört man schon mal einen Schneemann davon singen, wie er sich den Sommer herbeisehnt?
Kristoff und Sven bleiben gegen so viel Charisma fast blass, sind jedoch nicht weniger liebenswert als ihr karottennäsiger Kumpel. Neben der offenen Anna bildet Sven den zurückhaltenden, fast schüchternen Part. Zu ihm wiederum bildet schließlich auch Sven einen großen Kontrast, der ähnlich dem Pferd Maximus aus „Rapunzel – Neu verföhnt“ mehr Hund denn Rentier ist, dies jedoch nicht in solch einer aufdringlichen Weise zur Schau stellt, wie es sein Huftierkollege tat. Vielmehr ist Svens Art Ausdruck all der Eigenschaften, die sein Herrchen Kristoff nicht auszuleben vermag: Als Eislieferant lässt es sich eben schlecht verspielt und verschmust sein. Gleichzeitig ist Kristoff auch das krasse Gegenteil zu Hans, der großen Liebe von Anna.
Um Gegenteile und Gemeinsamkeiten geht es vor allem bei der Inszenierung der temporeicheren Szenen, allen voran einem Kampf zwischen Elsa und der sie als Hexe ansehenden Königsgarde. Warf man Disney in der Vergangenheit schon öfter vor, zu Gunsten einer FSK-0-Freigabe inszenatorisch einen solch großen Bogen um Gewalt zu machen, dass Kämpfe und körperliche Auseinandersetzungen schnell steril wirken, ist die Ausrichtung hier eine völlig gerechtfertigte. Die unsichere Elsa, die nach wie vor nicht weiß, wozu sie mit ihrer Magie fähig ist, steht gestandenen Männern gegenüber, die ebenfalls nicht in der Lage sind, die vermeintliche Gefahr einzuschätzen. Aus Angst vor der jeweils anderen Seite kann ein konsequenter, gar blutiger Fight nie so zustande kommen, wie man ihn aus Klassikern wie „Der König der Löwen“ kennt, in welchem Simba und Scar sich bis aufs Blut bekämpften. Zaghaft, nahezu übervorsichtig tasten sich Elsa und ihre Gegner einen Schritt vor, nur um anschließend wieder einen zurückzutreten. Vor der Kulisse der kristallblauen Eisburg wirken derartige „Spielchen“ schnell unentschlossen – das sterile Weiß des Eises tut sein Übriges. Mangelnde Konsequenz kann man den Machern hier jedoch nicht ansatzweise vorwerfen. Schließlich nehmen die immer wieder die Ansicht ihrer Protagonisten ein. Quirlige Einstellungen aus der Sicht von Anna, zurückhaltende Bilder, wenn Elsa im Mittelpunkt steht. Erneut sei festzuhalten: Nicht nur die Figuren selbst besitzen an Tiefe – auch „Die Eiskönigin“ selbst ist sein ganz eigener Charakter.
Der Hype um „Die Eiskönigin – Völlig unverfroren“ ist in allen Belangen gerechtfertigt. Das Regie-Duo aus Jennifer Lee und Chris Buck orientierte sich mit seinem Meisterwerk nicht etwa an üblichen Disney-Erfolgsmechanismen, sondern traut sich, auf für die Animationsfilmsparte neuen Pfaden zu wandeln. Ohne das klassische Gut-gegen-Böse-Schema zu verfolgen, erzählt die Geschichte von einer unzerstörbaren Liebe zwischen zwei Schwestern, die ummantelt wird von einer Inszenierung, die nicht nur optisch (vor allem in 3D) neue Maßstäbe im Animationsbereich setzt. Die detailverliebte Auseinandersetzung mit altbekannten Themen wie Liebe, Zuneigung und Vertrauen erhält mit der hier dargebrachten Aufbereitung und allerhand liebenswerten, vor allem aber multidimensionalen Figuren einen neuen Anstrich. Vor der verschneiten Kulisse einer skandinavischen Stadt und mit einem zauberhaft-unverkitschtem Ende ausgestattet, bringt „Die Eiskönigin – Völlig unverfroren“ somit so ziemlich jedes Herz zum Schmelzen.


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Die Quellen der Disneyfilme: Die Muppets Weihnachtsgeschichte

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Von Legenden zu historischen Ereignissen, von Märchen bis zu klassischer Literatur - die Zauberkünstler von Disney haben sich der vielfältigsten Quellen bedient, um Stoff für ihre Filme zu finden. Gemein haben sie jedoch alle, dass das Ursprungsmaterial nicht ohne Veränderung in den Disney-Kanon eingeflossen ist.

 

Diese Reihe von Im Schatten der Maus befasst sich mit dem Entstehungsprozess einiger dieser Meisterwerke:
Die Quellen der Disneyfilme

Charles Dickens hat mit seinen Romanen eine Menge von bis heute weltweit bekannten Klassikern geschrieben. Viele von ihnen wurden mehrfach verfilmt und für andere Medien umgesetzt, aber wohl keine nimmt eine solche Rolle in heutigem Bewusstsein ein wie Dickens Weihnachtsgeschichte (oder eigentlich „A Christmas Carol“, „Ein Weihnachtslied“).
Die Erzählung ist inspiriert von seinen eigenen Erfahrungen, von den harten Arbeitsverhältnissen, denen er als Kind ausgesetzt war, und von der Gestalt seines Vaters, einem strengen, doch beizeiten gütigen Mann, der als geistiges Vorbild für Scrooge gewirkt haben mag.
Es ist die Geschichte des alten Geizhalses Ebenezer Scrooge, der sein gesamtes Leben in den Dienst von Geldgier und Profit gestellt hat. Eines Heiligabends erscheint ihm der Geist seines verstorbenen Handelspartners Jacob Marley und warnt ihn vor den Folgen seiner Unbarmherzigkeit. In dieser Nacht besuchen Scrooge die drei Geister der vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Weihnacht, die ihm Szenen aus seinem Leben vorführen und ihm so die Fehler seines harten Lebenswandels bewusstmachen.
Dickens empfand, dass eine solche Erzählung die beste Möglichkeit sei, um die Menschen zu bewegen. Nicht mit theoretischen Schriften über die Armut, sondern über eine anrührende Weihnachtsgeschichte hoffte er, die Gefühle seiner Leser zu erreichen. Und das ist ihm ganz offensichtlich gelungen. Bei Dickens Weihnachtsgeschichte handelt es sich im heutigen Bewusstsein wirklich um die Weihnachtsgeschichte; eine Erzählung, die es in ihrer Bedeutung mit jeder säkularen und so mancher christlichen Tradition aufnehmen kann - so sehr, dass man sich unweigerlich fragen muss, warum gerade diese?
Ich denke, die Erklärung ist simpel: Die Geschichte stellt einfach ein perfektes weihnachtliches Märchen dar. Sie schafft einen „Geist der Weihnacht“, ohne dafür auf eine direkte Religiosität zurückzugreifen. Die helfenden Geister sind genau das, „Geister“, entsprungen aus einer Fantasy-Welt, die gerade festlich genug ist, um Weihnachtsstimmung zu verbreiten und mondän genug, um wirklich keinen Leser zu beleidigen. Und auch die Moral der Geschichte ist so offensichtlich, dass es kaum möglich scheint, daran Anstoß zu nehmen (auch wenn es durchaus Meinungen gibt, die Aussage sei zu unbarmherzig sozialistisch formuliert). Im Großen und Ganzen ist klar, Nächstenliebe ist der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich jede Leserschaft bereitwillig einigen kann. Und damit ist die Weihnachtsgeschichte perfekt geeignet, um ganz unabhängig von jeder persönlichen Einstellung als der Inbegriff heutiger „Weihnachtsstimmung“ zu fungieren. Dabei ist zu bemerken, dass das Buch selbst diese heutige Weihnachtsstimmung erst prägend eingeführt hat, zusammen mit dem heute ikonischen Ausdruck „Frohe Weihnachten“.

Es gibt zahllose Bearbeitungen dieses Werkes (eine große Menge davon hat Jim Hill hier aufgeführt), und da das Grundprinzip der Geschichte so wunderbar allgemein funktioniert, verfügen viele Serien und Franchises über ihre eigene Version. Dabei wird dann gewöhnlich eine der antagonistischeren Hauptfiguren zur Scrooge-Gestalt und darf für eine Folge die Fehler seines Handelns einsehen.

Im Speziellen fällt einem dabei sicher Mickys Weihnachtsgeschichte ein, wo Dagobert Duck, oder Scrooge McDuck im Original, passenderweise direkt nach dem alten Geizhals benannt ist. Und auch ein Sesamstraßen-Special existiert, in dem Oscar der Griesgram mit Hilfe dreier CGI-Geister und ein paar klassischer Sesamstraßen-Ausschnitte den Wert von Weihnachten erfährt.
Doch trotz dieser beiden Kurzadaptionen haben sich die Muppets und Disney 1992 nach dem Tode Jim Hensons für eine erneute Verfilmung zusammengetan, nicht nur um ein simples Weihnachtsspecial abzudrehen, sondern um mit Die Muppets Weihnachtsgeschichte eine vollwertige Neuverfilmung von Dickens Klassiker zu schaffen.



Natürlich hätte es die Möglichkeit gegeben, eine der etablierten Muppet-Figuren als Hauptdarsteller zu nehmen (vielleicht Miss Piggy?) und dieser Weg hätte sicherlich auch irgendwie funktioniert. Aber die Verantwortlichen haben wohl schnell erkannt, dass solch eine Lösung für einen wirklich tiefgreifenden Film nicht ideal wäre. Zum einen, weil sich keiner der Muppets für diese Rolle so richtig anbietet, aber vor allem, da eine so bekannte und vertraute Geschichte, um wirklich ernstgenommen zu werden, das Gewicht einer emotional stabilen Hauptfigur braucht. Auch wenn die Muppets die Geschichte alleine wohl irgendwie über die Bühne gebracht hätten, so funktioniert die - gegen Ende ja recht schmalzige - Geschichte nur, wenn wirklich alle Gefühlsebenen voll ausgenutzt werden. Nur wenn durchgehend Trauer und Tragik von Scrooges Leben durchdringen, ist die umfassende Freude am Ende wirklich „wahr“.
Also wird die Rolle von Scrooge im Film von einem realen Darsteller gespielt, und nicht von irgendeinem: Charakterdarsteller und Oscar-Preisträger Sir Michael Kain hat die Aufgabe übernommen, als Ebenezer Scrooge unter dem bunten Puppen-Gewimmel seine Positur zu halten. Und natürlich erweist sich Michael Kaine als der Profi, der er ist; er nimmt diese Aufgabe auf einmalige Weise wahr. Seine dunkle Gestalt, die harte Miene ist der perfekte Kontrapunkt zu den um ihn herumquirlenden Muppets.

Eine Folge dieser Besetzungswahl ist natürlich, dass die dunkle Seite des Geizhalses nun viel direkter herausscheinen kann. Jetzt reicht ein Blick von Scrooge, um klarzumachen, dass er von Grund auf anders ist als seine Umwelt, und keine Anstrengung der „lustigen“ Puppen um ihn herum könnte ausreichen, ihn umzustimmen - dafür braucht es mehr. Dies ist ein Thema, das sich durch den ganzen Film zieht: Bis auf wenige Ausnahmen sind es stets die Nicht-Muppet-Momente, die etwas an Scrooges Haltung bewirken können. Nicht die Geister der beiden Marleys, nicht der Geist der vergangenen Weihnacht überzeugen ihn, sondern die Bilder von seinem alten Selbst, und vor allem von Belle. Auf dieser Ebene finde ich es auch eine sehr gute Entscheidung, den Geist der zukünftigen Weihnacht nicht eigentlich als Muppet-Figur zu gestalten, und in dieser Szene auch Gonzo und Rizzo, die allanwesenden Erzähler, kurzfristig aus dem Bild zu schieben.
Die eine Ausnahme zu dieser „Regel“ ist offensichtlich: Tiny Tim, mit Robin dem Frosch von einer klaren Muppet-Gestalt gespielt, rührt Scrooge bis ins Innerste und zeigt somit, dass auch die Muppet-Figuren echt genug sind, um auf emotionaler Ebene etwas zu bewirken. So ist auch Haupt-Sympathieträger Kermit als Scrooges Untergebener Bob Cratchit wunderbar eingesetzt, gerade bei seinem eigenen großen Auftritt, wenn er stellvertretend für die Zuschauer eine allgemeine Weihnachtsstimmung verbreitet. Wenn er mit Frau und Kindern in seiner engen Küche Weihnacht feiert, dann wird mehr als klar, worum es bei dem Fest laut Dickens wirklich gehen soll.
Auch auf anderer Ebene wird der Geist des Buches perfekt aufgegriffen: Gonzo und Rizzo machen ihre Sache als Dickens-Ersatz wunderbar und zeigen nur zu deutlich, dass der Film seiner Vorlage trotz allem Spektakel wirklich gerecht werden will. Die beiden befinden sich immerzu im Zwischenspiel zwischen Komik und Witzeleien für die Kinder und ihrer Rolle als angemessene Geschichtenerzähler. Gerade durch diese Zweigleisigkeit bilden sie auch einen wirkungsvollen Avatar für die Zuschauer: Wenn die beiden weinen, nachdem sie sehen, wie Scrooge seine Belle verlässt, hat die Szene alleine dadurch auch auf das Publikum eine ähnliche Wirkung. Das ist wohl auch der einzige Grund, warum diese Szene in ihrer geschnittenen Version überhaupt funktionieren kann.

Was an dieser Stelle eigentlich kommen sollte (und auf einigen englischsprachigen DVD-Ausgaben auch wieder eingesetzt ist) ist ein geschnittenes Lied zwischen Belle und dem alten Scrooge: „When Love is Gone“ („Wenn Liebe vergangen ist“). Es ist das Abschiedslied, das Belle an den jungen Scrooge singt, der ihr erst eine Weile zuhört und sich dann ohne ein weiteres Wort von dannen macht. Was das Lied jedoch wirklich ausmacht, ist die Reaktion des alten Scrooge, der diese Szenerie mit ansehen muss, ohne dass er irgendetwas dagegen tun könnte. Er ist es, der schließlich in die Melodie einstimmt, er ist es, dessen Herz bricht - und der das Herz der Zuschauer brechen lässt.
Es ist eine Szene, wie sie tragischer kaum sein könnte und ein wunderbar passendes, zartes Abschiedslied. Nur wer diese Sequenz gesehen hat, wie sie eigentlich sein sollte, kann die Tiefe des ganzen Filmes meiner Meinung nach erst abschätzen. Und die (eigentlich geplante) Wirkung des Liedes zieht sich wirklich bis zum Ende des Films, wenn in der finalen Nummer „When Love is Found“ eine Reprise das Lied in Melodie und Text wieder aufgreift, und so als emotionale Auflösung noch um so viel stärker wiegen sollte. „When Love is Gone“ ist ein wunderbares Lied, das um seiner zu Herzen gehenden, leisen Stimmung willen gestrichen und erst für die Heimkino-Auswertung wieder eingefügt wurde - allerdings wird uns eine deutsche Nachsynchronisation wohl weiterhin verwehrt bleiben. Das Einzige, was in der geschnittenen Szene bleibt, ist die Reaktion der beiden Muppets auf das Lied, ihre Tränen, die die des gesamten Publikums sein sollten.


Doch geschnittene Szene hin oder her, dieser Faktor kann für den Wert des Filmes doch nur einen (wenn auch bedeutenden) Teilaspekt ausmachen. Michael Kaine ist in seiner Rolle genial, die Muppets machen ihre Sache wunderbar, und gemeinsam treffen sie den Ton von Dickens Geschichte perfekt. Es ist wohl eine Verfilmung der Gegensätze; Lachen und Weinen, gefühlvolle Szenen und Weihnachtskitsch, sie werden allesamt in extenso dargestellt - eben weil für alle Bereiche jeweils eine ideale Figurenriege vorhanden ist.
Über diese harten Kontraste könnte man sich nun vielleicht ereifern - aber warum? Gerade wegen dieser Vielfarbigkeit, dieses perfekten Gegensatzes der Gefühle (einem Gegensatz, der so wohl nur in dem noch unkonventionelleren Die Geister, die ich rief zum Tragen kam) ist die Geschichte wirklich ausgefüllt erzählt. Die Muppets Weihnachtsgeschichte stellt eine große Leistung dar, sie ist Brian Hensons gelungener Versuch, das große Erbe seines Vaters erfolgreich weiterzutragen.


Mehr von mir gibt es auf www.AnankeRo.com.
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