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Reingehört 66: Der Aufstieg des Eventkinos (Teil I)

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Die faszinierende Welt des Kinos übernimmt wieder das Zepter beim Quotenmeter.de-TV-Podcast, in dem sich dieses Mal alles um den Trend "Eventkino" dreht. Meine Quotenmeter.de-Mittäter Antje Wessels (Buy-a-Movie.de) und Julian Miller und meine Wenigkeit sprechen gemeinsam mit Thomas Hofmann, Alex Gajic (Real Virtuality) und Kai Krösche über verschiedene Formen von Kinoevents. Ein Thema, so packend, dass es nicht in eine einzelne Podcastausgabe reinpasst!

In Teil eins widmen wir uns Marathonvorstellungen mit mehreren Filmen am Stück, Filmvorführungen mit philharmonischer Begleitung und den guten, alten Autokinos -– wir stellen diese Events vor und diskutieren darüber, woher der Eventboom auf dem Kinomarkt kommt und welche cineastischen Ausnahmeveranstaltungen wir als lohnenswert betrachten. Außerdem komme ich nicht umher, von Pirates of the Caribbean und meinen Erfahrungen mit dem Herr der Ringe-Triple zu schwärmen.


Filmhistorische Fußspuren: Reale Sprechblasengeschichten

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Comicverfilmungen sind mittlerweile nicht mehr aus dem Kinosommer wegzudenken. Seit 2008 eröffnen sie pünktlich wie ein Uhrwerk die US-Blockbustersaison und schon seit rund einem Jahrzehnt gehört auch regelmäßig mindestens eine Comicadaption zu den besten Spektakeln, die in den heißen Kinomonaten veröffentlicht werden. Aber bis es dazu kam, war es ein sehr langer Weg. Comicverfilmungen sind zwar seit vielen Jahrzehnten Bestandteil der Filmwelt, jedoch waren sie äußerst selten sowohl denkwürdige Publikums-, als auch Kritikerlieblinge. In Konsequenz dessen waren sie über einen Großteil ihrer Historie hinweg nur obskure Randnotizen der Kinogeschichte, und wenn sie einmal glückten, dann galten diese Fälle als rare Ausnahmen.

Anlässlich des Starts der zweiten Phase von Marvels vereinigtem Kinouniversum möchte ich mit euch den Pfad entlang wandern, der von den trashigen Anfängen hin zu The Avengers, The Dark Knight Rises und nun auch Iron Man 3 führte.

Der Beginn: Comic-Strips und kurze Filmchen
Bereits als der Film in seinen Kinderschuhen steckte, nutzten die Pioniere dieser Kunstform andere Medien als Inspiration. Oder es wurde umgekehrt ein Schuh daraus, und sie nutzten ihr Medium, um andere Kunstformen neu zu transportieren. Jedenfalls kamen mit dem Aufgang des Films bereits die ersten Adaptionen, und das nicht nur von Büchern und Theaterstücken, sondern auch von Zeitungscomics.

Einer der allerersten Zeitungscomics ist die vom in die USA immigrierten Deutschen erschaffene Reihe The Katzenjammer Kidsüber Streiche spielende Zwillingsbuben. 1898 wurden diese bebilderten Witzgeschichten in Form realer Stummfilme adaptiert, was man durchaus als Geburtsstunde der Comicverfilmung betrachten kann.


Die Wurzeln der Comicadaption sind zudem eng mit den Anfängen des Zeichentrickfilms verbunden. Der Cartoonist Winsor McCay erschuf 1905 den surrealen Comic-Strip Little Nemo, der zu den einflussreichsten und am höchsten angesehenen seiner Art gehört. Noch bevor McCay mit dem legendären Gertie the Dinosaur dem Zeichentrickfilm zum Durchbruch verhalf, adaptierte er im Jahre 1911 seinen eigenen Zeitungscomic in Form eines zehnminütigen Kurzfilms. Dieser bestand jedoch hauptsächlich aus einer Realfilmhandlung über McCay, der seine Kollegen von der Idee eines Little Nemo-Zeichentrickfilms überzeugen will und versucht, seinen Zeichnungen das Laufen zu lehren. Nur die letzten Minuten bestehen aus bewegten Zeichnungen der Little Nemo-Figuren, dennoch war es ein wichtiger Fortschritt im Bereich des Zeichentricks.

Nachdem der Zeichentrick aus seiner überaus kruden Form in Winsor McCay, the Famous Cartoonist of the N.Y. Herald and His Moving Comics herauswuchs, folgten gleich mehrere Stummfilm-Cartoonreihen auf Basis von Zeitungscomics. Die Katzenjammer-Kids fanden im Dezember 1916 in gezeichneter Form den Weg zurück in die Kinos, bis die Cartoons trotz hoher Beliebtheit im August 1918 eingestellt wurden. Die Produzenten spürten aufgrund des Ersten Weltkriegs in der Bevölkerung eine steigende Animosität gegenüber den Deutschen und befürchteten, sie könne auf die Cartoonfiguren überschwappen. Zur gleichen Zeit wurden auch animierte Kurzfilme des damals sehr beliebten Zeitungscomics Bringing Up Father veröffentlicht. Diesem gelang in den 20er-Jahren dann der Sprung ins Realfilmsegment: 1920 bis 1921 entstanden drei jeweils zwei Filmrollen umfassende Realkurzfilme und 1928 folgte ein abendfüllender Spielfilm über den neureichen, irischen Immigranten Jiggs, der seinen früheren Lebensstil nicht ablegen kann, während sich seine Frau Maggie anzupassen versucht. Der Stummfilmkomödie folgten 1939 eine Tonkomödie aus Finnland und 1946 eine rund einstündige US-Komödie des Studios Monogram Pictures, die aufgrund ihres kommerziellen Erfolgs vier Fortsetzungen spendiert bekam.

Weitere nennenswerte Zeitungsstrip-Adaptionen waren Ella Cinders von 1926, eine Komödie mit zahlreichen Gastauftritten der damaligen Stars des den Film vertreibenden Studios First National Pictures sowie des populären Komödianten Harry Langdon (seinerzeit galt er als ärgster Mitbewerber von Charlie Chaplin, Harold Lloyd und Buster Keaton), sowie Harold Teen und Little Annie Rooney.

Der Strip Harold Teen startete am 4. Mai 1919 in der Chicago Tribune und war der erste, in der es weder um Streiche spielende Kinder, noch um Erwachsenenproblemchen, sondern um das Leben als Jugendlicher ging. Autor und Zeichner Carl Ed erhielt große Anerkennung für seine treffende Darstellung des Jazz Ages, weshalb Harold Teen zu einer subkulturellen Ikone aufstieg. Der 1928 veröffentlichte Stummfilm, der sich der beliebten Figur annahm, gehört zu den allerersten von Filmkritikern enthusiastisch aufgenommenen Comicverfilmungen, Hauptdarsteller Arthur Lake (der später die männliche Hauptrolle in den zahlreichen Verfilmungen der Blondie-Comics übernahm) wurde für seine treffende, originalgetreue Darbietung der Titelfigur gefeiert und der Film selbst wurde dafür gelobt, alles zu beinhalten, was den Comic groß machte. 1934 folgte ein Filmmusical mit dem legendären Stepptänzer Hal Le Roy in der Titelrolle.

Zuvor wuchsen Comicverfilmungen mit Little Annie Rooney erstmals aus der reinen Comedysparte heraus: 1925 spielte Stummfilmlegende Mary Pickford, damals schon 32 Jahre alt, die zwölfjährige Waise in einer stummen Tragikomödie, die zu einem der kommerziell erfolgreichsten Filme ihrer Karriere werden sollte.

Obwohl die Adaptionen von Zeitungscomics also gewisse Erfolge verbuchen konnten, waren die Machtverhältnis zwischen den Medien Kurzfilm und Comicstrip spätestens ab dann klar verteilt, als mit Walt Disneys berühmtester Schöpfung der Zeichentrickfilm zu einem weltweiten Massenphänomen aufstieg: Am 13. Februar 1930 wurde der erste Teil einer ausführlichen Comic-Strip-Adaption des Micky-Maus-Cartoons Plane Crazy veröffentlicht, und dieses Modell machte schnell Schule. Von da an waren die Comicseiten der Zeitungen gefüllt mit gedruckten Varianten beliebter Cartoons sowie neuen Geschichten populärer Cartoonhelden (bevorzugt witzige, anthropomorphe Tiere wie Micky, Donald und Co.). Dabei gab generell das Kinogeschehen den Takt an, und die Comics zogen nach. Nur ab und an stießen die Zeitungscomics voran, so etwa mit der von Entenzeichner Al Taliaferro und Comicautor Ted Osborne vorgeschlagenen Einführung dreier Neffen in Donald Ducks Alltag. Ab dem 17. Oktober 1937 trieben Tick, Trick und Track in gedruckter Form ihren Schabernack, das Licht der Leinwandwelt erblickten sie erst am 15. April des Folgejahres.

Serials und die Geburt der Superhelden
Parallel dazu, wie die Cartoonproduktion das Gesicht der Zeitungscomics einhergehend veränderte, formierte sich auch eine gesonderte Form des filmischen Mediums neu. Serials, rund zwanzigminütige Fortsetzungsfilmchen, waren durch die zunehmende Verbreitung des Tonfilms auf Basis der bloßen Verleihgebühren nicht mehr so rasch profitabel, wie noch zu Stummfilmzeiten. Da jedoch Stummfilm-Serials neben den klingenden Abenteuerreihen der größeren Konkurrenz nicht bestehen konnten, gingen zahlreiche kleinere Studios in den früheren 30ern bankrott.

Die meisten frühen Serials waren aufgrund der niedrigen Kosten für Requisiten, Sets und Kostüme im Western-Genre angesiedelt, sie deckten allerdings eine weite Spanne an Genres und Settings ab – von Ganoven- und Detektivgeschichten über Dschungel- hin zu Agentenabenteuern. Auch die Inspirationsquellen waren breit gefächert, originale Ideen reihten sich an Adaptionen von Groschen-, Fortsetzungs- und Abenteuerromanen (unter anderem Tarzanund Die drei Musketiere) oder Radio-Hörspiele und gelegentlich auch Zeitungscomics. Rückblickend wirken Serials aufgrund ihrer episodenhaften, in jedem Kapitel nach einem Spannungshöhepunkt zusteuernden Erzählweise und der überholten Effektarbeit auf viele Betrachter unfreiwillig komisch. Doch für das zeitgenössische Publikum boten gelungene Serials schnelle, aufregende Abenteuer im Sinne vieler heutiger Popcorn-Blockbuster, weshalb Filmemacher wie Steven Spielberg in leichtfüßigen Abenteuerfilmen diesen Stil zu adaptieren versuchen.

Aber schon gegen Ende der Stummfilmzeit kam es zu ersten Abnutzungserscheinungen: Nachdem sich in den frühen bis mittleren 30ern insbesondere bei älteren Kinogängern aufgrund der Vorhersagbarkeit der sich erzählerisch und optisch immer stärker ähnelnden Serials ein sinkendes Publikumsinteresse abzeichnete, nahmen sich die finanzstarken Universal Studios im Jahr 1936 des Science-Fiction-Comicstrips Flash Gordon an, um ein Serial von Ausnahmegröße auf die Beine zu stellen und verlorene Konsumenten zurück zu gewinnen.

Kosteten Serials üblicherweise zwischen 100.000 und 150.000 Dollar, verschlang das aufwändige Sci-Fi-Abenteuer die damalige Unsumme von geschätzt 350.000 Dollar. Für den Kinobetrachter sah Flash Gordon aufgrund der ausschweifenden Ausstattung sogar noch teurer aus – die Verantwortlichen werteten ihre Produktion auf, indem sie großzügig in den Archiven Universals plünderten. Der Wachturm aus Frankenstein (1931) wurde ebenso wiederverwertet, wie das Labor aus Frankensteins Braut (1935), das ägyptische Götzenbild aus Die Mumie (1932), die Raumschiffe aus Just Imagine (1930) sowie Musik, Weltraum-, Tanz- und Effektaufnahmen aus älteren Produktionen und sogar aus alten Wochenschauen. Insofern war Flash GordonHollywoods erste Big-Budget-Comicverfilmung, inklusive enormer Promotionarbeit. In zahllosen Zeitungen, ganz gleich ob sie den Comicstrip regulär abdruckten oder nicht, schaltete Universal Anzeigen, die drei Viertel einer Zeitungsseite abdeckten. Diese beinhalteten Flash Gordon-Geschichten, Zeichnungen des originalen Comickünstlers Alex Raymond sowie Standbilder aus dem Serial.

Da sich die Vorlage, die ihre Leser in actionreichen Geschichten quer durch atemberaubende Welten voller kurioser Monster, romantisch-verführerischen Situationen und gigantischen, futuristischen Städten entführte, zu dieser Zeit auf der Höhe ihrer Popularität befand, hielten sich die Serial-Macher auch sehr nah am Tonfall und Inhalt der Zeitungscomics.

Während andere Serials oft nur den Titel und das Setting mit ihrer Vorlage gemein haben (ein Musketier-Serial verstieß sogar gegen letzteres und verlegte das Geschehen in den Wilden Westen), nahm Flash Gordon sein überdrehtes, fiktives Universum inklusive der handelnden Figuren ernst, inklusive ihrer erotischen Verwicklungen. Die Erzählform der Serials war mit einem Schlag wiedererstarkt, Universals Risikofreude machte sich bezahlt und es folgten zwei weitere Serials mit dem futuristischen Comichelden.

Einige kleinere Produktionsfirmen fusionierten derweil zu Republic Pictures, ein Unternehmen, welches daraufhin ebenfalls eine zentrale Rolle im Goldenen Zeitalter der Serials spielen sollte. Eine der ersten und erfolgreichsten Republic-Pictures-Serials war die 1937 veröffentlichte Adaption des Zeitungscomics Dick Tracy. Im fünfzehnteiligen Serial wurde aus dem Kriminalpolizisten des Mittleren Westens ein G-Man aus San Francisco, außerdem wurde die Comicgalerie an Helden und Schurken nahezu komplett gegen Originalfiguren für das Serial ausgetauscht. Comicschöpfer Chester Gould soll diese Änderungen jedoch abgesegnet haben, Kinopublikum sowie Kritiker waren sogar geradezu begeistert von Dick Tracys Kinoableger, da trotz neuer Figuren und leicht geändertem Setting der Tonfall des Zeitungscomics adäquat für die Kinoleinwand umgesetzt wurde.

Dick Tracy wurde zu jener Zeit von Lesern sehr wegen des kernigen Titelhelden, den knallharten Kriminalgeschichten mit hoher Spannung und ehrlichen, dramatischen Beziehungen zwischen den wichtigsten Figuren geachtet. Das Dick Tracy-Serial schließlich wurde in Sachen Action als unerreichbar beschrieen und zudem für den gelungenen Versuch gelobt, ehrliche zwischenmenschliche Emotionen in diese filmische Erzählform einzuarbeiten, wofür besonders Hauptdarsteller Ralph Byrd hervorgehoben wurde. 1938, 1939 und 1940 folgten drei weitere, ebenfalls hervorragende Zuschauerreaktionen erntende Serials mit Dick Tracy, die auch zu zusammenhängenden Kinofilmen umgeschnitten wurden. Republic Pictures positionierte sich mit weiteren immens gefragten Serials, unter anderem auf Basis des Groschenromanhelden Zorro und der Hörspielfigur Lone Ranger, endgültig als einer der bedeutendsten Produzenten von Serials. Während Flash Gordon eine der größten Inspirationsquellen für Star Wars war, gehört Dick Tracy zu den zahlreichen Serials, an denen sich die Indiana Jones-Filme orientieren.

Währenddessen nahm auch das Comic-Medium neue Gestalt an. Dienten diese anfangs vornehmlich, um Zeitungsstrips gebündelt nachzudrucken, führte National Allied Publications (später: DC Comics) am 18. April 1938 das Comicgenre der Superhelden ein: Superman hatte in Action Comics #1 seinen legendären ersten Auftritt und läutete schlagartig das Goldene Zeitalter des US-amerikanischen Comichefts ein. Kreiert wurde er von Jerry Siegel und Joe Shuster, die einen mythologischen Helden nach den Vorbildern Samsons oder Herkules erschaffen wollten, der es allerdings mit den Übeln der Gegenwart aufnimmt. Sein Aussehen wurde nach dem Vorbild der Hollywoodstars Douglas Fairbanks und Harold Llyod gestaltet, sein Kostüm nach denen der Figuren in den Flash Gordon-Strips sowie den typischen Anzügen von viktorianischen Zirkus-Muskelmännern, die üblicherweise eine enge, kurze Hose über in Kontrastfarben gehaltenen Strumpfhosen trugen. Das Cape wiederum ist dem aktuellen Stand der popkulturellen Forschung in dieser Verwendungsweise eine originale Idee von Shuster & Siegel, deren ursprünglicher Zeichenstil sehr stark von den Dick Tracy-Comics geprägt war, verlegt in eine Großstadt mit einer wie aus Fritz Langs Metropolisentsprungen Architektur.

Ein Jahr nach seinem ersten Comicauftritt erhielt Superman eine eigene, nach ihm benannte Heftreihe, ungefähr ein weiteres Jahr später feierte der stählerne Blitz auch sein Leinwanddebüt. Dem von den Fleischer Studios im Auftrag des Mutterkonzerns Paramount Pictures produzierte Superman-Cartoon ging eine ungewöhnliche Entstehungsgeschichte voraus: Nachdem Paramount im Frühjahr 1941 die Filmrechte an den Superman-Comics erwarb, konfrontierte die Studioleitung im Mai des selben Jahres Dave Fleischer mit dem Wunsch nach einer Kurzfilmreihe über den Superhelden, doch dieser stand dem Projekt sehr kritisch gegenüber. Bislang produzierten die Fleischer-Studios bloß in Schwarzweiß gehaltene, hauptsächlich komödiantische Cartoons mit Cartoontieren und karikierten Menschen. Eine sich ernst nehmende, actionreiche Cartoonreihe mit einem in eher realistischen Proportionen gehaltenen Titelhelden schreckte ihn aufgrund des erwarteten Aufwands ab, so dass er das bombastische Budget von 100.000 Dollar verlang – damit ließen sich sechs Popeye-Cartoons produzieren.

Wider Erwarten wurde Fleischer nicht achtkantig aus dem Büro geworfen, sondern bekam ein Budget von 50.000 für den ersten und 30.000 für jeden weiteren Superman-Cartoon gestattet. Mit seinen aufwändigen Schattierungen, einem selbstbewussten Einsatz von Technicolor, ikonischen Art-Deco-Hintergründen und mühevoller (teils rotoskopierter) Animation des Titelhelden erntete der im September 1941 veröffentlichte Superman eine Oscar-Nominierung als bester animierter Kurzfilm. Paramount ließ bis 1943 sechzehn weitere Cartoons mit Superman folgen, die spätere Generationen von Trickkünstlern zum Design der erfolgreichen 90er-TV-Cartoonserien rund um Superman und Batman inspirierten, sowie den Look von Brad Birds Der Gigant aus dem All und des effektlastigen Realfilms Sky Captain and the World of Tomorrow beeinflussten. Der zweite Superman-Cartoon, The Mechanical Monsters, bildete sogar die Vorlage zu einer Kernsequenz von Hayao Miyazakis Das Schloss im Himmel.

Die Figur des Superman war darüber hinaus auch in Radio-Hörspielen zugegen, trieb ein florierendes Merchandisinggeschäft an und darüber hinaus wurde er, als Motor der Comicheft-Branche, auch als Zeitungscomic adaptiert. Selbstredend herrschte auch reges Interesse seitens der Serial-Produzenten, sich Amerikas ersten und größten Superhelden anzunehmen. National Comics eröffnete Ende 1940 Gespräche mit dem Platzhirsch Republic Pictures, wo man sofort mit der Entwicklung eines Serials begann. Doch während der Geschäftsverhandlungen stieg der Comicverlag aus den Gesprächen aus (letztlich erteilte man Paramount Pictures die Exklusivrechte), weswegen das Drehbuch hastig umgeworfen werden musste- So entstand das keine offizielle Vorlage nennende Serial Mysterious Doctor Satan, welches von Filmhistorikern als ausschlaggebend dafür beschrieben wird, dass das beliebteste Serial-Setting von der Prärie in die Großstadt wanderte.

Diesem Lizenzpoker rund um Superman war es zu verdanken, dass sein damals populärster Mitbewerber im Comicmarkt sogar noch einige Monate vor ihm auf die Leinwand preschte: Im Frühjahr 1941 startete die Republic Pictures seine Reihe Adventures of Captain Marvel, wodurch dieser heutzutage vergleichsweise unbedeutend gewordenen Figur die Ehre zu Teil kam, der erste verfilmte Superheld zu sein.

Die Figur des Captain Marvel wurde vom Texter Bill Parker und Zeichner Charles Clarence Beck erschaffen und feierte ihre Premiere im Februar 1940 im Rahmen der Heftserie Whiz Comics. Die Comics rund um den Waisenjungen Billy Batson, der sich durch das magische Wort "Shazam" in den ausgewachsenen, starken Helden Captain Marvel verwandelt, erreichten in kürzester Zeit eine derartige Nachfrage, dass sie den Superheldencomic-Urvater Superman in Bedrängnis brachte. So sehr, dass die Superman-Herausgeber 1941 eine Plagiatsklage einreichten, um sich Captain Marvel vom Hals zu schaffen. Auch wenn das Grundkonzept etwas anders war, entschied das Gericht nach einem jahrelangen Rechtsstreit, dass die Geschichten tatsächlich eine große Ähnlichkeit aufweisen, weshalb der Klage stattgegeben wurde. Erfolglos blieben dagegen die Versuche des Comicverlags, gegen die Produktion des Serials zu klagen.

Und so baute die Superheldenfigur ihre Beliebtheit zunächst einmal enorm aus: Nach Start des zwölfteiligen Serials Adventures of Captain Marvel stiegen die Verkaufszahlen der Comicvorlage noch einmal stark an, so dass sie die von Superman sogar für einige Zeit überflügelten. Auch die Filmadaption selbst erwies sich als sehr beliebt und hinterließ bei ihrem Publikum einen bleibenden Eindruck. Filmhistoriker bezeichnen sie geschlossen als eines der gelungensten Exemplare ihres Mediums und bis in die 80er-Jahre hinein wurde Tom Tylers Darbietung in der Titelrolle als eine der besten Darstellungen eines Serial- oder Superhelden beschrieben. So reüssierte zum Beispiel Filmkritiker William Cline: "Tylers vorzügliche Performance [...] bleibt in den Köpfen die des bei Weitem denkwürdigsten Serialhelden".

Das Serial erzählt eine eigens entworfene Geschichte, in der Captain Marvel einen mysteriösen, maskierten Superschurken bekämpfen muss, der unter dem Namen The Scoripon eine magische, goldene Skorpion-Statuette an sich gerissen hat. Diese dient ihm als fürchterliche, tödliche Laserwaffe. Der Film dient zugleich als neue Originstory Captain Marvels, da Billy Batson von einem weisen Magier die Fähigkeit verliehen bekommt, sich in einen Superhelden zu verwandeln, damit er dessen Aufgabe übernehmen kann, die magische Statuette davor zu bewahren, von den falschen Händen missbraucht zu werden.

Die Flugszenen wurden mittels aufwändig hergestellter Puppen, die an Drähten entlang gezogen wurden, und schnellen Schnitten zu einem springenden oder landenden Stuntman umgesetzt. Es war für diese Zeit die gelungenste Illusion vom Fliegen, während andere Serials oft darauf zurückgriffen, Menschen im Flug als Zeichentrickfigur darzustellen.

Nachdem Adventures of Captain Marvelden Studios bewies, dass sich Superhelden im Kino rentieren, folgte ein Boom an Comicadaptionen. Und wie es sich in der Geschichte der Filmindustrie stets zeigen sollte, variierte die Qualität der kommerziellen Trittbrettfahrer enorm. 1943 veröffentlichte Columbia Pictures ein (auch für Serial-Verhältnisse) mit außerordentlich niedrigem Budget realisiertes Batman-Serial. Als Batmans erste Filmadaption, welche noch dazu von sehr vielen Menschen gesehen wurde, führte das Serial einige Elemente in die Batman-Mythologie ein, an der sich auch zukünftige Geschichten mit dem maskierten Helden orientieren sollten: Der in den Comics ursprünglich glatt rasierte, kleine und übergewichtige Alfred wurde zu einem großen, schlanken älteren Herr (meist mit Schnurrbart) und Batman erhielt sein legendäres Versteck, die Bat-Höhle.

Die Filmzensur forderte allerdings, dass aus dem maskierten Vigilanten der Comics auf der Leinwand ein vom Staat beauftragter Geheimagent wurde. Außerdem beeinflusste die während des Zweiten Weltkriegs herrschende, gesellschaftliche Stimmung den Filminhalt: Batman nutzt zahlreiche fremdenfeindliche Beschimpfungen, die vor allem Deutsche und Asiaten zur Zielscheibe hatten.


Auch davon abgesehen war Batman, trotz kommerziellen Erfolgs, ein qualitativer Abstieg gegenüber die zuvor genannten Comic-Serials: Die für Serials typischen Cliffhanger waren zumeist lächerlich überdramatisch und erhielten konsequent einfache Auflösungen. Ein Kapitel der Reihe endet mit einem Flugzeugabsturz, zu Beginn des nächsten Kapitels kraxelt Batman ohne den kleinsten Kratzer aus dem Wrack. Hauptdarsteller Lewis Wilson spielte den Part von Bruce Wayne zwar mit Würde und Ernsthaftigkeit, erwies sich in den Actionszenen allerdings als unkoordiniert sowie als schwer aus der Form für so eine Rolle. Auch den Stuntmännern lässt sich nur wenig Grazie attestieren, ebenso wie den Kostümen, in die das Ensemble gesteckt wurde.

Viele der Serials von Columbia Pictures boten qualitativ das, was der unbedarfte Filmkonsument heute einfach pro forma von allen Serials erwartet. Zu den wenigen Ausnahmen gehört die Verfilmung des Abenteuer-Zeitungscomics The Phantom, auf die zwar ebenfalls die sehr cartoonesquen Faustkämpfe und ulkigen Versuche zutreffen, das niedrige Budget zu vertuschen (so versucht man die Hollywood Hills als tiefsten Regenwald zu verkaufen). Doch Tom "Captain Marvel" Tyler nahm auch dieses Mal seine Rolle ernster und konnte sie besser ausfüllen, als sonstige Columbia-Serial-Hauptdarsteller und der Tonfall entsprach klar den Comics.

Republic Pictures widersetzte sich hingegen dem Spartrend bei der Serial-Produktion und veröffentlichte am 5. Februar 1944 mit dem ersten Teil seiner Captain America-Verfilmung das teuerste Serial seiner Studiogeschichte. Das anvisierte Budget von 182.623 Dollar wurde massiv überzogen, letztlich kostete das von Kinogängern enthusiastisch verschlungene, patriotische Serial 222.906 Dollar. Rückblickend betrachtet markiert dieses 15-teilige Superheldenabenteuer den Zenit des Goldenen Serial-Zeitalters, denn nach dem Zweiten Weltkrieg ließen sowohl Zuschauerakzeptanz als auch der Enthusiasmus der Produzenten (und somit die durchschnittliche Qualität) enorm nach.

Ursprünglich war das Drehbuch für eine andere Hauptfigur konzipiert, allerdings ist nicht weiter überliefert, wer sich mit den mysteriösen Mächten hinter einer Suizidwelle anlegen sollte. Die Filmhistoriker Jim Harmon und Don Glut mutmaßten, dass dieses Maya-Kinoabenteuer ursprünglich als Fortsetzung zu Mysterious Doctor Satan verfasst wurde, sich das Studio dann aber die zur Zeit boomende Captain America-Lizenz krallte. Das führte jedoch zu zahlreichen Abweichungen von der Comicvorlage: Captain Americas wahre Identität ist nicht die des U.S. Army Privates Steve Rogers, sondern die des Staatsanwalts Grant Gardner, der auch nicht erst durch ein Supersoldatenserum so stark wurde. Statt eines Schilds verwendet er eine handelsübliche Pistole, und weder kommen Nazis vor, noch Captain Americas bester Freund Bucky. Timley Comics, der damalige Rechteinhaber des Captain, legte während der Produktion erfolglos Beschwerde ein.

Wie bereits erwähnt, ging es nach Captain America mit dem Film-Serial als solchem bergab. Um Kosten zu sparen, wurden zum Beispiel auch wieder vermehrt Western-Reihen gedreht, außerdem wurden alte Serials neu zusammen geschnitten und wiederveröffentlicht oder mit einem Minimum an neu gedrehten Szenen als frische Ware verkauft. Unter der dadurch sinkenden Akzeptanz und somit auch Rentabilität von Serials litten selbst die Produktionswerte der weiterhin sehr erfolgreichen Superhelden-Serials: 1948 musste man selbst bei der lang erwarteten, ersten Realverfilmung des beliebten Superman auf Zeichentick-Flugeffekte zurückgreifen, außerdem mussten zahlreiche Aufnahmen mehrfach wieder verwendet werden. Dennoch buchten selbst angesehene Kinos das Serial, die sich sonst von dieser Filmform fernhielten. Batman and Robin von 1949 erfüllte letztlich mit zahllosen Logikfehlern, schlecht vertuschten Kostüm- und Budgetproblemen sowie sehr kindlicher, unaufregender Action sämtliche Klischeevorstellungen, die das moderne Publikum von Serials hat.

Werden sich Comicadaptionen von diesem qualitativen Absturz erholen? Wohin verschlägt es Superman und Batman als nächstes? Wie lange dauert es bis zur nächsten originalgetreuen Superheldenverfilmung? Erfahrt es in der nächsten Ausgabe von ... Filmhistorische Fußspuren!

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John Carter and the Gods of Hollywood

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Im Frühjahr 2012 hatten Filmjournalisten und Berichterstatter über das Kinogeschäft ein unbestrittenes Lieblingsthema: Die wirtschaftliche Bauchlandung, die Andrew Stantons monumentale Sci-Fi-Buchadaption John Carter in den USA hinlegte. Branchenblätter überstürzten sich mit Artikeln, die den großen Misserfolg auseinander nahmen und den Schuldigen suchten.

Doch all dies waren nur Momentaufnahmen. Jeder, der sich eine ausführliche Aufschlüsselung des furiosen Kinoflops ersehnt, wird dagegen in John Carter and the Gods of Hollywood fündig. Indie-Filmer und Edgar-Rice-Burroughs-Experte Michael D. Sellers hält in dieser Mischung aus einer Chronik des Scheiterns und einem Pamphlet für Disneys Verfilmung der von Edgar Rice Burroughs geschriebenen Mars-Abenteuer jedes einzelne Stolpern fest, das sich die Geschäftsführung und Marketingabteilung leistete. Und so skizziert er ein in seiner Masse an unglücklichen Entscheidungen, Zufällen und Unfällen faszinierendes Bild eines Kinofilms, der sich auf seinem Heimatmarkt unmöglich zu einem gewinnbringenden Projekt hocharbeiten konnte. Als Fan der literarischen Geschichten John Carters und Anhänger der Interpretation durch Andrew Stanton zieht Sellers aber keinen Genuss aus dieser Anti-Erfolgsgeschichte, sondern fungiert als kenntnisreicher, baffer Zeitzeuge, und zuweilen auch als Kämpfer für diesen Underdog von einem Film, wobei er seine Pro-John Carter-Seite weitestgehend von den Fakten trennt.

Das als E-Book und gedruckte Ausgabe erhältliche Werk besteht zwar nicht ausschließlich aus der Analyse der John Carter-Werbekampagne in den Vereinigten Staaten, allerdings ist dies ganz klar das Hauptverkaufsargument für John Carter and the Gods of Hollywood. Nachvollziehbar führt Sellers aus, wieso Disneys kurzlebige Marketingchefin MT Carney den Entschluss fasste, den Filmtitel John Carter of Mars um das "of Mars" zu erleichtern (es klingt so weniger spezifisch und erfährt somit in Marktforschungsumfragen weniger Ablehnung), und weshalb sich diese Entscheidung letztlich als fatal herausstellte. Denn so trat Carney einen Schneeballeffekt des Misstrauens gegenüber der 250-Millionen-Dollar-Produktion in den meinungsbildenden Medien und bei der Geek-Zielgruppe los, der sich letztlich auf das gesamte Publikum ausbreitete. Sellers beleuchtet auch die viel debattierten Trailer und TV-Spots zum Film und erschüttert mit den Hintergründen zum desaströsen Superbowl-Spot jegliches Vertrauen in die millionenschweren Marktetingexperten im Maushaus.

Ermüdender ist unterdessen Sellers ausschweifende Liebeserklärung an Burroughs und sein Werk, die die ersten Kapitel ausmacht. Zwar ist ein kleiner Exkurs sinnvoll, um so den Kontext, vor dem John Carter entstand und vor dem der Film eine Fanbase erhielt, die dem ähnlich gefloppte und ähnlich ansehnliche Prince of Persia verschlossen blieb, zu erklären, allerdings holt Sellers zu weit aus. Auch stört in diesem Part Sellers hölzerne Schreibweise mehr als im erhellenderen Hauptteil des Buchs, an den ein zum Kampf für eine Fortsetzung aufrufender, mit vielen Wiederholungen gestreckter Schluss anschließt.

Auch wenn John Carter and the Gods of Hollywood wegen manch kleineren inhaltlichen Schnitzern (laut Sellers erschien z.B. Ratatouille nicht unter dem Disney-Markennamen) und dem schlichten sprachlichen Stil Lichtjahre von Standardwerken wie Disney War zurückbleibt, die ihren Blick hinter die Kulissen Disneys zu einer packenden Kunst erheben, so ist diese Analyse einer vollends misslungenen Marketingkampagne für jeden Fan des Films und alle, die sich für die Mechanismen des modernen Hollywoods interessieren, durchaus einen Blick wert.

Kleiner Tipp für die Multimedia-Hasen unter euch: Die Kindle-Version ist regelmäßig für einen roten Heller zu haben.

Reingehört 67: Der Aufstieg des Eventkinos (Teil II)

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Die faszinierende Welt des Kinos hält beim Quotenmeter.de-TV-Podcast weiterhin das Zepter in der Hand! Im zweiten Teil des epochalen Podcasts über Kinoevents führe ich mit meinen Quotenmeter-Mitschuldigen Antje Wessels und Julian Miller die erhellende Diskussion mit Thomas Hofmann, Alex Gajic und KaiKröschefort, wobei wir uns nun sehr aufwändigen und exklusiven Eventveranstaltungen widmen: Dem Future Cinema und dem Secret Cinema! Worum handelt es sich bei diesen immersiven Veranstaltungen, und drängt sich bei ihnen der Wahn zu sehr in den Vordergrund? Oder sind sie Würdigungen der Filmkunst?

Als Antithese zu diesen pompösen Veranstaltungen, bei denen Filmsichtungen mit Rollenspiel vor aufwändigen Kulissen verbunden werden, behandeln wir außerdem das in Wien und New York beheimatete Invisible Cinema nach Peter Kubelka. Und für den nötigen Schuss Travestie sorgt ein munteres Gespräch über die unvergessliche Rocky Horror Picture Show!

Als Special Guest Stars mit an Bord: Manuel Nunez Sanchez und natürlich auch "Die Stimme"!

Iron Man 3: Fünf Probleme und weshalb sie gar keine sind

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Achtung! Der nachfolgende Artikel enthält zahlreiche, unerbittliche Spoiler für Iron Man 3!


Marvels Feldzug, die Krone der Filmwirtschaft an sich zu reißen, verläuft derzeit beeindruckend erfolgreich. Nachdem vergangenes Jahr Marvel's The Avengers zahllose Einnahmerekorde brach und sich bequem auf dem dritten Rang der weltweiten Kino-Bestenliste breit machte, ist nun Iron Man 3 auf bestem Wege, es dem Superhelden-Stelldichein gleich zu tun. Innerhalb von weniger als zwei Wochen sackte die zweite Regiearbeit von Lethal Weapon-Autor Shane Black mehr als 680 Millionen Dollar weltweit ein, die Kritiken sind generell betrachtet gut bis euphorisch und das breite Publikum verteilt beim IMDB und Co. jubelnd sehr gute Benotungen.

Wieso sollte solch ein Film einen Verteidigungsartikel in diesem Blog nötig haben? Nun, so sehr Kritiker und Durchschnittskinogänger Iron Man 3 mit offenen Armen empfangen, kristallisiert sich eine laute Minderheit heraus, die den Superhelden-Actionfilm auseinander reißt. Diese mäkelnde Truppe besteht weitestgehend aus eingeschworenen Comicfans. Also aus eben jenen, die jahrzehntelang berechtigterweise Hollywood-Studios verteufelten, weil sie mit den Sprechblasenhelden respektlos umgingen und die, weitestgehend, Marvel Studios lobpreisten, weil sie endlich den Geist der Comics einfingen und ihn treffend fürs Kino emulierten. Was hat Marvel seinen Fans nur angetan?

Ganz einfach. Marvel gab ihnen das Geschenk des Unerwarteten. Was in Kindstagen noch die Liebe zu Comics aufbaute ("Was passiert nur als nächstes?!" *Atem anhalt* *umblätter*!) verschwand in den Jahren, in denen Marvel sein Kinouniversum aufbaute, und wich dem Luxus der Überlegenheit. Hielt Otto Weißnichtbescheid den Atem an, sobald Tony Stark als erster Superheld der Geschichte arrogant seine Geheimidentität rausposaunte, kicherte der gebildete Fan zufrieden, weil der Film den Comickanon mit idealem Timing und Schauspiel umsetzte. Kratzte sich der Ahnungslose während des Avengers-Abspanns den Kopf, wer denn der lila Kerl da auf der Leinwand ist, konnte sich der wissende Fan stolz auf die Schulter klopfen. Die Qualität der Marvel-Filme bestätigte das lesende Publikum in seiner Anerkennung der Comics, verzog dieses jedoch zugleich, hielten sich Überraschungen für große Comicliebhaber doch in Grenzen. Marvel-Filme erhalten keine Jubelschreie unter ihnen, weil sie so unerwartet verlaufen, sondern weil sie endlich "genau so" sind, wie sie schon immer sein sollten. Nun taucht Iron Man 3 auf und will wieder überraschen. Doch das fruchtet nicht mehr bei allen comicgebildeten Kinogängern. Was ich sehr bedauerlich finde. Kommen wir also explizit auf das Urproblem aller Iron Man 3-Probleme zu sprechen:

Das ist nicht der Mandarin, wie ich ihn kenne!
Man muss den Marvel Studios einfach mal den verdienten Respekt zollen: In Zeiten, in denen Fans anhand des Promomaterials bereits acht Minuten eines Films zusammenschneiden können und sich Filmblogs damit überschlagen, früher als alle anderen die relevanten Infos über Story und Figuren eines Blockbusters zu haben, gelang es Studioboss Kevin Feige und den Untertanen seines Filmreichs, einen massiven Plottwist geheim zu halten. Sie bauten Ben Kingsleys Interpretation des Mandarin als ominösen, unerbitterlichen Über-Terroristen auf, der die markantesten Eigenschaften realer Diktatoren und Terroristen vereint. Gaddafis Sonnenbrille, Osama bin Ladens Bart und Videobotschaften, die Kleidung setzt sich aus altchinesischen Roben und den überdimensionalen Hosen südamerikanischer Guerillakrieger zusammen, und so weiter ... Eine moderne, Amerikas heutigen Ängsten angepasste Interpretation einer Figur, die in ihren frühen Tagen allein der "gelben Bedrohung" Ausdruck verlieh. Auch im fertigen Film schüchtert der aus der Ferne handelnde Terrorfürst das Publikum mit düsteren, martialischen Videobotschaften ein, die er zur Weihnachtszeit ins US-Fernsehprogramm einspeist, sowie mit doppelbödigen, zynischen "Lektionen", die er dem Volk und der Regierung erteilt.

Als Tony Stark dann in das neuste Versteck des Mandarin eindringt, spülen die Marvel Studios, Regisseur und Autor Shane Black sowie sein Co-Autor Drew Pearce jegliche zuvor aufgebaute Erwartungshaltung das Klo hinunter. Wie unser sarkastischer Multimillionär (unter dem lauthalsen Lachen des breiten Kinopublikums) erfährt, ist der Mandarin bloß eine Kunstfigur, dargestellt von dem mit Drogen zugedröhnten, nie erwachsen gewordenen, dennoch heftig alternden, ungeheuerlich naiven Theaterschauspieler Trevor Slattery. Die Figur des Mandarin wird, wie sich zeigt, vom Großkonzern AIM genutzt, um seine wirtschaftspolitischen Ziele durchzusetzen und nebenher die bombastische Fehlfunktion seiner Topentwicklung zu vertuschen. Ein Plottwist, den niemand kommen sah und der dank des fantastischen, komödiantischen Spiels Ben Kingsleys allerhand Lachtränen erzeugt. Sowie offenbar auch Tränen der Wut bei einigen Comicliebhabern.

Und meine einzige Erklärung ist wirklich: Sie wollen auf der Leinwand nur noch das Futter, das sie bereits kennen. Wäre es ein fader Plottwist, der in sich zusammenfällt, wenn man zu sehr über den Film nachdenkt, würde er auch bei anderen Zuschauern und insbesondere den Kritikern durchfallen. Aber das tut er nicht. Denn es ist eine inhaltlich wie thematisch runde Sache. Sie ist köstliche Politsatire auf Blockbuster-Niveau, überspitzt sie doch, von welchen Maulhelden sich die Industrienationen alle ins Bockshorn jagen lassen (schönen Gruß an Nordkorea!) und skizziert zugleich in spaßigem Licht, dass finanzstarke, in zahlreichen Bereichen aktive Großkonzerne für unsere Gesellschaft die deutlich ernstzunehemendere Bedrohung darstellen. Vielen Dank, lieber Disney-Konzern, für diesen Hinweis!

Außerdem ist die Enthüllung der wahren Identität des Mandarin ein Zerrbild des Handlungsfadens um Tony Stark. Während dieser lernen muss, ob der Iron-Man-Anzug den Helden macht oder er vom wahren Heldenmut ablenkt, zeigt sich, dass auch auf der anderen Seite des Spektrums von Gut und Böse vieles nur Schall und Rauch ist, eine Ablenkung von der wahren Boshaftigkeit.

Was an diesem Plottwist stören kann, ist einzig und allein, dass er ein Plottwist ist, der für Comicfans sogar doppelt oder dreifach so effektiv ist wie für andere Zuschauer. Und statt dieses Geschenk anzunehmen (wie oft können Comicfans in Marvel-Filmen schon völlig kalt erwischt werden?), fühlen sie sich betrogen. Ja, es ist ein außerordentlich mutiger Umgang mit der Figur, die in den Comics Iron Mans Erzrivalen darstellt, aber müssten nicht gerade Comicfans mit unterschiedlichen Interpretationen leben können? Da dieses Medium, mehr als alle anderen, auf regelmäßige Neuerzählungen und Umdeutungen setzt, haben die großen Verlage DC und Marvel ihre Multiversen erschaffen. Und Marvel hat das Filmuniversum bereits nahtlos in diesen "Kanon" eingegliedert. In einem Universum holt sich Tony Stark seine lebensverändernde Verletzung in Vietnam, in einem anderen entwickelt sein Vater die Iron-Man-Rüstung, im Filmuniversum wird Stark in Afghanistan erstmals zum Iron Man. Der Mandarin war einst einfach nur "Fu Manchu mit Zauberkräften", später gab es Versionen von ihm, die die Macht des alten chinesischen Reichs wieder auferstehen lassen wollten und in Marvel Adventures wurde der Mandarin selbst zu einem Geschäftsmann. Kontinuität gilt in der multiplen Comicwelt nur in groben Pinselstrichen. So lange die Geschichten funktionieren und der ungefähre Geist des Originals bestehen bleibt, wird dies akzeptiert. Und es ist enttäuschend, dass manche Fans den Filmen nicht mehr die selbe Freiheit erlauben. Denn auch wenn der Mandarin nicht als Zauberer auftritt, bleibt er auch in Iron Man 3 eine Karikatur US-amerikanischer Ängste. Alle Herausforderungen, ihn in seiner neusten Reinkarnation zu akzeptieren, sind gegeben. Also beruhigt euch, Leute!

Zudem: All das Coole, was eine originalgetreuere Adaption versprochen hätte, ist nicht für immer aus dem Marvel-Filmuniversum verbannt. Das Thema "Irdische Wissenschaft vs. Magie / Außerirdische Technologie" befindet sich in den Marvel-Filmen weiterhin in der Expansion und es kann noch immer jemand die zehn mächtigen Ringe des Mandarin entdecken. Es könnte sogar Ben Kingsleys Trevor Slattery sein, so dass der Anti-Mandarin wegen einer Überdosis an Macht zum "echten" Mandarin korrumpiert. Für Iron Man 3 hat man aber darauf verzichtet. Und ich bin froh drum. Iron Man 3 bot mehr handgemachte Action und so urige Momente wie den Low-Tech-Iron-Man. Wir brauchen ja keine vier Filme über Iron Man hintereinander, in der CG-Powerstrahlen auf CG-Roboterrüstungen gefeuert werden. Eine kleine Pause darf schon sein.

Wo sind eigentlich die anderen Avengers?
Eine Pause brauchen wir natürlich auch von den anderen Superhelden aus dem Marvel Cinematic Universe. Dies bestreitet auch (nahezu) niemand. Häufig findet man im Internet jedoch die kritische Frage, weshalb sich Iron Man 3 nicht darum bemüht, uns zu erklären, wo sich die anderen Avengers denn bitte aufhalten und was ihr Grund ist, nicht einzugreifen. Zunächst einmal: Diese Frage darf man dann auch bei zahllosen Comicheften stellen. Zweitens: Es ist nicht die Aufgabe von Iron Man 3, uns darüber aufzuklären. Haben wir nicht alle kollektiv gejammert, dass Iron Man 2 zwischendurch vom Iron-Man-Film in "Marvels bunte Werbeparade für The Avengers" mutierte? Genauso, wie sich The Avengers nicht mehr um die Ursprungsgeschichten seiner Helden kümmern musste und auch niemals darum hätte kümmern sollen, ist es nicht Sinn der Solofilme im Marvel Cinematic Universe, andauernd von anderen Hauptfiguren des Filmuniversums zu erzählen. Der Titelheld steht im Vordergrund und die Geschichte soll nur beiläufig einen Sinn dafür erzeugen, dass die Filme allesamt in Verbindung stehen. Iron Man 3 würde an Schwung verlieren, hätte uns Marvel eine Zwei-Minuten-Montage den Rachen hinunter geschoben, in der Tony Stark all seine Superfreunde anzurufen versucht und nur eine Mailbox rangeht. Captain America wäre natürlich die Ausnahme. Cap hat kein Handy. Und Tony Stark ist zu cool, um ein Telegramm aufzugeben.

Das einzige, was Iron Man 3 hinsichtlich der Frage "wo sind die anderen Superhelden?" liefern muss, ist, den restlichen Marvel-Einzelfilmen nicht zu widersprechen. Unserem jetzigen Wissensstand nach kann die ultimative Antwort auf die "Wo sind sie?"-Frage schlicht lauten: "Sie sind beschäftigt, verdammt!" Thor hängt in Asgard rum, Captain America durchlebt gerade den Plot seines eigenen Sequels, Hawkeye und Black Widow tauschen womöglich Cupcake-Rezepte aus und der Hulk ist auf der Flucht vor kurzsichtigen Dorfbewohnern, die ihn mit Lametta und Lichterketten schmücken wollen. Was wissen wir schon? Shane Black schmeißt ja sogar ein paar Erklärungsansätze in den Raum. Tony Starks posttraumatisches Stresssyndrom wurde zum Teil auch davon beeinflusst, dass die Existenz anderer Superhelden sein Wissen überstieg. Seine Begegnung mit den Avengers führte dazu, dass sich der Großkotz erstmals klein vorkam. So einer wird nicht rumtelefonieren und um Hilfe bitten. Und ehe Starks Villa in Malibu zerstört wird, wird keiner der Avengers Not gesehen haben, einzuschreiten. Danach hielten alle Tony Stark für tot. Was sollen sie schon tun?

Da ist aber wenig Iron Man in Iron Man 3
Stark wird für tot gehalten, JARVIS hat sich abgeschaltet, der letzte verfügbare Iron-Man-Anzug ist kaputt. Zeit für Shane Black, aus einem Superheldenspektakel einfach Mal den ultimativen Shane-Black-Film zu machen. Schnee, ein neunmalkluges Kind (das vom Helden zünftig verarscht wird), ein Schönheitswettbewerb mit dämlichen Namen, prunkvolle altmodische Herrenhäuser und ein findiger Held, der mit einem Bruchteil seiner üblichen Ausrüstung an den Schurken vorbeizieht. Genial?

Ich finde schon. Das aus filmischer Sicht größte Problem an der Figur des Iron Man ist, dass sie schnell computeranimierte Materialschlachten mit fliegenden Metallanzügen provoziert. "Transformers light" wenn man so mag. Deshalb war schon die denkwürdigste Actionszene des zweiten Films nicht das große Finale (Iron Man und War Machine gegen Kerl im Iron-Man-Abklatsch-Anzug und seine Armee an Iron-Man-Drohnen), sondern die Sequenz in Monaco (Kerl mit High-Tech-Peitschen zerdeppert Formel-eins-Boliden und haut auf Iron Man drauf). Tony Stark aus seinem Anzug rauszuholen, ist allein schon für die Varianz in den Actionszenen aufregend. Und im Gegensatz zu beispielsweise Spider-Man 3, in dem Raimi ununterbrochen Spider-Man und Venom demaskiert, damit niemand im Publikum jammert, nicht die Gesichter der sie darstellenden Buben bestaunen zu dürfen, baut der dritte Iron Man das Element der fehlenden Rüstung zu einem handlungsrelevanten Thema auf. Nach den Geschehnissen von The Avengers fühlt sich Tony Stark fehlbar und verletzlich. Daher arbeitet er an Methoden, sich fernab der Powerrüstung aufzuhalten und sie dennoch zu steuern. Gleichwohl fühlt er sich ohne sie ebenfalls hoffnungslos, weshalb er in Stresssituationen dann doch in eine Rüstung stürmt. So funktionieren Traumata: Man will Dinge, die sich widersprechen. Stark will weg von der Rüstung, aber stets von ihr beschützt werden. Daher arbeitet er in den Monaten zwischen beiden Filmen an so vielen Prototypen, dass Shane Black gleich doppelt mit den Erwartungen spielen kann: Stark ist kaum in der Rüstung zu sehen, dennoch gibt es massenhaft Iron-Man-Anzüge in Aktion zu erleben.

Als Stark von seinem Labor und fähigen Computer getrennt wird, und sich zu seiner eigenen Sicherheit so lange bedeckt hält, bis wenigstens ein Anzug wieder fähig ist und sich JARVIS zurückmeldet, wird er mit dem unerwünschten Extrem seiner Überlegungen, Mann und Maske zu trennen, beschert. Er ist nun völlig auf sich und seinen Verstand gestellt. Dies lässt ihn zunächst noch tiefer fallen, gibt ihm dann aber die Möglichkeit, mittels einiger improvisierter Spielereien dem Kinopublikum und auch sich selbst zu beweisen: Es war doch nicht der Anzug, der ihn zum Helden werden ließ, sondern das Einfallsvermögen, dass ihn den Anzug bauen ließ. Stark erkennt seine Fähigkeiten wieder und überwindet so sein Trauma. Oder kann zumindest die ärgsten Symptome abschalten.

Wieso nutzt Tony Stark nicht viel früher sein gigantisches Lager voller Iron-Man-Anzügen?
Erstens: Weil die bombastischste Actionszene an den Schluss gehört. Zweitens: Ich möchte an das Stichwort "abschalten" erinnern. Starks Haus lag bis kurz vor dem Finale des Films in Schutt und Asche und JARVIS musste sich rebooten. Wie soll Stark seine Anzüge rufen? Indem er auf den Kirchturm von Chattanooga, Tennessee klettert und "Shazam!" brüllt? Natürlich ist Tonys technologische Dürreperiode dramaturgisch praktisch geraten, aber sie ist ebenso plausibel.

Und wieso verrecken die Extremis-Patienten nur, wenn die Helden sie wirklich dringend töten müssen?
Klar, ein bisschen spielt Iron Man 3 nach den klassischen Actionfilm-Regeln, nach denen manche Verletzungen tödlich sind und andere, ähnlich martialisch aussehende, leicht zu verschmerzen. Aber davon abgesehen, dass Oberschurke Killian zweimal in die Luft gejagt werden muss, ist der Film nach den Gesetzen seiner eigenen Story logisch: Extremis verbessert das Heilungsvermögen des menschlichen Körpers. Wenn ich mir die Fingernägel schneide, wachsen sie nach. Wer mit ein Bein abhackt, kann nicht damit rechen, dass ich dennoch zwei Wochen später beim Staffellauf in seinem Team mitrenne. Extremis-Typen in Iron Man 3 dagegen verschmerzen schwere Verbrennungen und ihre abgehackten Gliedmaßen wachsen nach. Aber "nachwachsen" und "ohne Herz und Hirn überleben" sind unterschiedliche Dinge. Das Hitzezentrum der Extremis-Patienten liegt im Herzbereich und wie Stark JARVIS anweist, soll er genau auf dieses Hitzezentrum zielen. Nie wurde Extremis im Film als Möglichkeit bezeichnet, unbezwingbar zu sein. Und in der Filmgeschichte gab es schon schwer besiegbare Gegner mit viel dämlicheren Achillesfersen als "lebenswichtige Organe".

Die Achillesferse des Hypes um Iron Man 3 scheinen mir überempfindliche Fans zu sein. Womöglich gehe ich auch zu hart mit ihnen ins Gericht, kann sein. Aber mir geht es ja nicht darum, mich über sie zu mokieren, sondern darum, sie daran zu erinnern, was uns an so aufregender Pop-Unterhaltung wie Comics und Actionfilmen alles gefällt. Und neben ihrer komfortablen Familiarität ist es halt, dass diese Form der Unterhaltungs uns im Idealfall dennoch überraschen kann. Das Marvel Cinematic Universe nimmt niemandem den Comic-Mandarin weg und verfeuerte auch nicht sämtliches Pulver, denn was der Comic-Mandarin in Sachen Action drauf hat, dazu wird in den noch anstehenden dreiundzwölfzigtausendundfünf Marvel-Filmen schon noch irgendjemand anderes kommen.

Nun aber bescherte uns Marvel mit einer saftigen Überraschung in einem dynamischen, spaßig-spannenden Actionfilm, der nie anhält, um sein Universum zu erklären. Daher meinen manche Zuschauer, Plotlöcher zu finden, die es nicht gibt. Aber wer genug Zeit hat, um diese "Probleme" zu entdecken, der wird auch genug Zeit haben, den Film nochmal zu gucken und genauer zuzuhören. Tut es. Ich finde, es lohnt sich. Denn Iron Man 3 hat ein sehr hohes "Replay Value".

Siehe auch:

Die fünf dämlichsten deutschen Filmtitel im "Walt Disney Meisterwerke"-Kanon

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Disney. Ich liebe diesen Konzern. Er erschafft denkwürdige Figuren und unvergessliche Filme. Aber er zwängt seinen Fans zuweilen qualvolle Entscheidungen auf. So beweist die deutsche Dependence hin und wieder ein sehr unglückliches Händchen bei der Lokalisierung der Original-Filmtitel.
Zu Ehren der dümmlichsten Einfälle deutscher Vermarktungsexperten küre ich nun die fünf dämlichsten Filmtitel, die der Kanon der Walt Disney Meisterwerke über sich ergehen lassen muss.

Ihr dürft gerne mitschaudern.

Platz 5
(Ralph reichts, 2012)
Originaltitel: Wreck-It RalphDeutsche Alternativen: Crash-It Ralph, Smash-It Ralph, Randale-Ralph

Platz 4
(Himmel und Huhn, 2005)
Originaltitel: Chicken LittleDeutsche Alternativen: Hühnchen junior, Der Himmel stürzt ein!, Mein Vater, die Außerirdischen und ich, Liebling, die Konzernbosse haben uns jegliche Seele geraubt

Platz 3
(Küss den Frosch, 2009)
Originaltitel: The Princess and the Frog Deutsche Alternative: Die Froschprinzessin

Platz 2
(Rapunzel – Neu verföhnt, 2010)
Originaltitel: TangledDeutsche Alternative: Rapunzel

Platz 1
(Die Eiskönigin – Völlig unverfroren, 2013)
Originaltitel: FrozenDeutsche Alternative: Die Eiskönigin (So simpel kann es sein!)

Kein weiterer Kommentar. Zumindest von meiner Seite aus.

Jack Sparrow ... 1, 2 oder 3, du musst dich entscheiden ...

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Lone Ranger ist im Kasten, Johnny Depps Terminkalender platzt vor Filmen, die gedreht werden wollen ... Wo bleibt Pirates of the Caribbean 5? Autoren und Drehbuch haben wir, bislang fehlt allerdings jemand auf dem Regiestuhl. Laut Deadline könnte sich dies aber bald ändern, denn die Shortlist der möglichen Strippenzieher hinter PotC 5 reduzierte sich nunmehr auf drei Optionen. Da sich Rob Marshall Into the Woods widmet und Gore Verbinski ebenfalls andere Verpflichtungen hat, wird das fünfte Leinwandabenteuer von Käpt'n Jack Sparrow von jemandem inszeniert, der bislang piratenfremd ist.

Dies sind die angeblichen drei Kandidaten:

Fredrik Bond (Der Stylische): Der 1970 geborene Schwede machte in der Filmwelt durch den romantischen Actioner The Necessary Death of Charlie Countryman auf sich aufmerksam und schliff seine Inszenierungstalente zuvor durch Werbefilme und Musikvideos zurecht. Im Rennen um den Regieposten soll der für seine aufwändigen Werbespots mehrfach polierte Regisseur Bruckheimers Favorit sein.

Joachim Rønning and Espen Sandberg (Die seefesten Anspruchsvollen): Das norwegische Duo erhielt für das Historiendrama Kon-Tiki eine Oscar-Nominierung in der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film" und sammelte dabei auch viel Erfahrung beim Drehen auf hoher See. Bis vor kurzem planten die Filmemacher einen übernatürlichen Thriller namens Spectral für Legendary Pictures.

Rupert Sanders (Der Geldbringer): Sanders ist hauptsächlich dafür bekannt, mit Kristen Stewart rumgemacht zu haben, nebenher drehte er außerdem einen gewissen Film namens Snow White and the Huntsman, der zwar teuer aussah, aber keinerlei Seele hatte und sterbenslangweilig war. Zuvor drehte er preisgekrönte Werbefilme.

Eine Ankündigung soll in den kommenden Wochen anstehen. Und dann wissen wir mehr: Will Disney keinerlei Risiken eingehen und nimmt den Blockbuster-erfahrenen Sanders oder überlässt das Studio die künstlerischen Zügel zum Piraten-Franchise kühnen Nordeuropäern?

Wartet, WER ist der neue Regiefavorit für die Kinoadaption von "50 Shades of Grey"?

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Ich hätte nie erwartet, in diesem Blog tatsächlich einmal etwas über den zum internationalen Bestseller mutierten Erotik-Liebesroman 50 Shades of Grey oder seine anstehende Verfilmung zu schreiben, aber nun hat sich das Regiekarussell in eine Richtung gedreht, die meine Aufmerksamkeit verdient hat: Ausgerechnet Joe Wright, der Regisseur hinter den anspruchsvollen Literaturverfilmungen Abbitte, Stolz und Vorurteil und Anna Karenina, soll der Favorit der Produzenten Michael De Luca & Dana Brunetti sein. Und somit hat mir nicht nur erstmals eine Meldung zur Adaption des unerklärlichen Phänomens eine Regung entlockt, sondern mich gleich in einen inneren Gewissenskonflikt gestürzt.

Mein erster Gedanke war ein schockierter Aufschrei. Man kann doch nicht solch ein inszenatorisches Talent wie Joe Wright, jemanden, der einige der wertvollsten Einträge in den literarischen Kanon auf Leinwand bannte, nun an solch einen Schrott verschwenden. Wright darf seinen Namen nicht durch so etwas schmälern, besonders nicht, da er derzeit auch mit einer Verfilmung von Neil Gaimans The Ocean at the End of the Lane liebäugelt, was nicht nur der inhaltlich reichhaltigere Stoff ist, sondern auch eher nach jemanden wie Wright schreit. Es ist eine übernatürliche Geschichte über die dunklen Seiten einer jeden Person und über unweltliche Wesen sowie eine Familie, die behauptet, einen Ententümpel von den Ausmaßen eines Ozeans sein Eigen zu nennen und einen Augenzeugen des Urknalls unter sich zu haben. Ein weiteres Projekt in Wrights Pipeline ist ein biographisches Drama über Houdini. Nicht ganz so spannend wie die Gaiman-Adaption, jedoch ungleich interessanter als 50 Shades of Grey. Wobei sich der Houdini-Film und 50 Shades immerhin das Thema des Fesseltricks teilen ...

Nach meinem Ablehnungsgedanken hatte ich jedoch noch einen zweiten Impuls. Dass Wright vielleicht doch keine so dämliche Wahl wäre. Denn man muss es sich mal so durch den Kopf gehen lassen: Joe Wright nimmt sich einer berühmten Romanvorlage an, in der eine Frauenrolle vorkommt, über die sich Gelehrte und Gelegenheitsleser den Kopf einschlagen könnten? Damit hat sich doch auch die Suche nach der Hauptdarstellerin erledigt, nicht wahr ..?

Lack und Leder stehen schon bereit

Und plötzlich klingt Joe Wright's 50 Shades of Grey gar nicht mehr so schrecklich, oder? Keira Knightley ist zweifelsohne viel talentierter als die meisten verzweifelten Newcomerinnen ohne Schamgefühl, die man sonst in einem 50 Shades-Film erwarten dürfte. Und anders als auch viele ihrer erfahrenen Kolleginnen in der Altersspanne der 50 Shades-Hauptrolle ist sie fähig, oben ohne weiterhin eine Figur zum Leben zu erwecken, statt in den "Ich bin jung, sehe gut aus und bin nackt, ihr dürft mich angaffen"-Modus zu schalten. Was für diese Geschichte nicht von Nachteil wäre. Gut, bahnbrechende schauspielerische Leistungen kann man bei der Vorlage nicht erwarten, doch wenn ein Körnchen Figurenzeichnung sich hinein verirrt, dann wird wohl niemand klagen.

Außerdem: Wenn wir jetzt schon über Keira Knightley, Sexszenen und Joe Wright nachdenken ... Was wäre, wenn Wright 50 Shades of Grey ähnlich wie Anna Karenina verfilmen und durch das Produktionsdesign und eine elaborierte Kamera- und Schnittechnik die Künstlichkeit der Handlung offenlegen würde? Anders gesagt: Sollte jemand fähig sein, 50 Shades of Grey für mich reizvoll zu gestalten, dann ist es Wright.

Trotzdem. Es wären Perlen vor die Säue. Können wir uns nicht einigen, und geben Rupert Sanders mit seiner Hauptdarstellerin Kristen Stewart 50 Shades of Grey, während Wright und Knightley Pirates of the Caribbean 5 erhalten?

Reingehört 68: Zehn Jahre "Die ultimative Chart Show"

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Moin, moin, hallo, hallöchen! Tach auch, willkommen beim Quotenmeter.de-TV-Podcast. Tja, hach, meine Lieben, heute rede ich zusammen mit der Antje und dem Manuel Nunez über die besten Chart Show-Themen aller Zeiten. Aber ohne Lästereien macht das ja überhaupt keinen Spaß, also ziehen wir auch über die dusseligsten Themen und die größten Probleme dieses Ranking-Dauerbrenners.

Jo, ich wünsch euch dann mal viel Spaß beim Anhören, ne?

Eurovision 2013: Das erste Halbfinale

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Ich weiß nicht, wann ich zuletzt so desinteressiert am Eurovision Song Contest war. Aber es ist eine Fernsehtradition für mich, den Musikwettbewerb zu verfolgen und eine Blogtradition, vorab die Teilnehmersongs anzuhören und meine Einschätzung loszuwerden. Also ab, rein ins Getümmel des ersten Halbfinales:

1) Natália Kelly - Shine (Österreich)

Einer der besten österreichischen Beiträge seit ich jährlich zuschaue. Kein Klassiker für die Ewigkeit, aber guter, vorwärtstreibender Pop mit starker Stimme. Und eingängig ist das Stück auch.

2) Birgit Õigemeel - Et Uus Saaks Alguse (Estland)
 
Dröge 08/15-ESC-Nummer.

3) Hannah - Straight Into Love (Slowenien)

Nicht meine Musikrichtung, aber von den ganzen "Oh, eine Elektro-Dancenummer hat vergangenes Jahr gewonnen, lasst es uns dieses Jahr ebenfalls mit sowas versuchen"-Versuchen einer der besseren, da die Sängerin eine ganz gute Röhre hat und das Stück nicht all zu eintönig ist. Dennoch nichts denkwürdiges.

4) Klapa s Mora - Mižerja (Kroatien)

Dröger Schlager aus dem Osten Europas. Wäre es auf Deutsch, könnten die Jungs bei Helene Fischer und Florian Silbereisen auftreten. Und würden dort wegen der flachen Dramaturgie des Songs keinen Eindruck hinterlassen.

5) Emmelie De Forest - Only Teardrops (Dänemark)

Eine Stimme wie Shakira (die ja stimmlich nichts anderes ist als der weibliche, südamerikanische Grönemeyer, nur mit weniger Persönlichkeit im Stimmorgang) und eine sonderbare Mischung aus Standardpop, der unter einem stotternden Tempo leidet, und minimalistischen Folk-Anleihen. Irgendwie viel Halbes und nichts Ganzes.

6) Dina Garipova - What If (Russland)

Klingt wie eine dieser gierig auf eine Oscar-Nominierung zugeschnittenen Abspannballaden aus teuren Hollywoodproduktionen der späten 90er und frühen 00er. Inspirierender, nichtssagender Text über eine gute Zukunft, eine stabile, nicht aber mitreißende Frauenstimme und ein einschläfernd vorhersehbarer Songaufbau. Aber da er die üblichen emotionalen Knöpfe drückt, wird er sehr gut abschneiden.

7) Zlata Ognevich - Gravity (Ukraine)

90er-Kaugummipop, 10 Prozent langsamer abgespielt, um anspruchsvoller zu klingen, dargeboten von einer überengagierten, sich überschlagenden Sängerin, die somit sich selbst und der Nummer schadet. Live tut sowas üblicherweise noch viel mehr weh ... Mir graut es jetzt schon.

8) Anouk - Birds (Niederlande)

Was anderes und man merkt, dass die Interpretin mit Herzblut rangeht, doch es ist die Marke Musik, die mich völlig kalt lässt. Sorry. Vielleicht live auf der großen Bühne?

9) Who See - Igranka (Montenegro)

Wenn die Bühnenperformance so seltsam wie das Musikvideo ist, wird dies jedenfalls eine der denkwürdigsten ESC-Nummern des Jahres. Es ist so kakophonisch, dass man sich das Lied keinesfalls im Radio wünscht, aber als Eurovision-Albernheit ist es unterhaltsam.

10) Andrius Pojavis - Something (Litauen)

Sehr dünnes Stimmchen vor austauschbarer Musikbegleitung.

11) Alyona Lanskaya - Solayoh (Weißrussland)

Seltsam abgehackte Melodie, die Interpretin ist mehr Model denn Sängerin, aber es bleibt hängen und nervt nicht. Für den diesjährigen ESC schon eine Leistung ...

12) Aliona Moon - O Mie (Moldawien)

Der Stimme fehlt für diese Nummer an Volumen, musikalisch reißt das dringlichere letzte Drittel nur minimal etwas raus. Lahm.

13) Ryan Dolan - Only Love Survives (Irland)

Eintöniger, langweiliger, sich wiederholender Dance-Pop. Zu einem Ohr rein, zum anderen wieder raus.

14) Despina Olympiou - An Me Thimáse (Zypern)

Lässt mich völlig kalt.

15) Roberto Bellarosa - Love Kills (Belgien)

Eingängig, aber flach. Kein Feuer in der Musik, keine Emotion in der Stimme.

16) Moje 3 - Ljubav je svuda (Serbien)

Und wieder Mal ein Versuch, eine epochale ESC-Ballade aus dem Boden zu stampfen, der letztlich nur in Radiogedudel mündete.

Wer sich diese Lieder nochmal auf der großen Bühne ansehen will, schaltet am Dienstag, dem 14. Mai, um 21 Uhr EinsFestival ein.

Eurovision 2013: Das zweite Halbfinale

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Das erste Halbfinale liegt hinter uns, doch bekanntlich folgt auf den ersten stets der zweite Streich. Das heutige ESC-Halbfinale bietet eine weitere bunte Mischung aus verstaubter und zeitgemäßer Musik, Mainstream, Nischenmusik und reinem Eurovision-Wahnsinn. Shall we begin?

1) PeR - Here We Go (Lettland)

Die Komposition ist solider 90er-Style-Boyband-Pop mit Mitmachfaktor und die Jungs tragen das Stück mit ansteckender Freude vor. Allerdings ist ihr "synchroner" Gesang doch sehr ... asynchron und schief. Wenn es auf der großen Bühne in Malmö harmonischer abläuft, könnte das obere Mittelfeld drin sein. Ansonsten wird's vermutlich ein Flop.

2) Valentina Monetta - Crisalide (San Marino)

Das winzige Land mit den starken Briefmarken bemüht sich in den vergangenen Jahren mit handwerklich starken Liedern um Anerkennung im Eurovision-Zirkus. Doch es fehlt wahlweise an Irrsinn, Bombast oder Seele, um San Marino zu einem ernstzunehmenden ESC-Land zu machen. Dieses Jahr kann man sich nicht ganz zwischen Eurovision-Herzschmerz und -Dancefloor entscheiden, und fällt so zwischen zwei Stühlen.

3) Esma & Lozano - Pred Da Se Razdeni (Mazedonien)

Dieses Duo bleibt auf jeden Fall in Erinnerung. Dick, schrill, laut, volumenhafte Stimme gegen drahtig, mit Radiopop-Stimme und unaufdringlicher. Die Elektrobeats sind mir etwas zu aufdringlich, aber ich habe da so ein Gefühl im Bauch, dass sich das Stück inmitten der Show zu einem kleinen Kuriositätenjuwel aufschwingen könnte ...

4) Farid Mammadov - Hold Me (Aserbaidschan)

Ein weiteres auf Spitzenwertungen durchkalkuliertes Pop-Nümmerchen, das handwerklich wenig falsch macht, mich aber durch seine gekünstelte Art abstößt. Doch beim Televoting-Publikum wird diese "Ach, komm doch her zu mir!!!!"-Popballade ankommen.

5) Krista Siegfrids - Marry Me (Finnland)

Wo wir von Berechenbarkeit reden: Die in Rockerklamotten gekleidete Finnin, die sich ein Stück aus Avril Lavignes Archiv bislang unveröffentlichter Songs bedient und die Nummer mit einer extra Dosis ESC-Glückseligkeit aufpeppt schafft es natürlich unter meine Favoriten des Jahres. Es ist ein quietschiges Stück Kaugummipop mit Pseudo-Girlie-Poprock-Elementen und nichts für meinen Musikalltag, aber beim europäischen Songwettbewerb gefällt es mir natürlich ungemein. Ja, ich kann vorhersehbar sein ...

6) Gianluca Bezzina - Tomorrow (Malta)

Ebenso kann man davon ausgehen, dass mir die "Ich bin ein schüchterner, gut gelaunter, verknallter weißer Typ mit Akustikgitarre"-Nummer für die Dauer von einer Minute wegen ihrer ehrlichen Leichtigkeit zusagt, ehe mir die restlichen zwei Minuten die dauernden Wiederholungen auf den Geist gehen und ich feststelle, dass in meinen Ohren alle Lieder dieses Subgenres gleich klingen.

7) Elitsa & Stoyan - Samo Shampioni (Bulgarien)

Grauenvolle Stimmen (wer hat die Siamkatzen aus Susi & Strolch hinters Mikro gelassen?), die eine spaßige Euro-Folklore-Popnummer zerstören, die enormes Potential hätte, im Rahmen des ESC ungeheuerlich abzuräumen. Seltsame Dudelsäcke, Elektrobeats, heftige Percussion? Klappt. Heulbojen? Weniger toll ...

8) Eyþór Ingi Gunnlaugsson - Ég á Líf (Island)

Schnarch. Aber immerhin klingts authentisch und ehrlich,

9) Koza Mostra & Agathon Iakovidis - Alcohol Is Free (Griechenland)

Ein Beitrag der Marke "Eigentlich scheiße, aber irgendwie kurzweilig."

10) Moran Mazor - Rak bishvilo (Israel)

Solide ESC-Ballade.

11) Dorians - Lonely Planet (Armenien)

Nichts, das hängen bleibt, aber für drei leicht pop-rockige Minuten mit mitwippbarer Melodie ist's gut. Gefällt mir. Der Tempowechsel am Ende reißt's noch ein wenig raus.

12) ByeAlex - Kedvesem (Zoohacker Remix) (Ungarn)

Fällt für mich in die Kategorie "Hintergrundrauschen".

13) Margaret Berger - I Feed You My Love (Norwegen)

Die Stimme ist mir etwas zu sauber und mit zu viel Echo-Filterspielerei versehen für diesen Song, der zumindest meiner Ansicht nach eigentlich mehr eine dreckige, drückende Powerröhre verlangt. Aber auf Dauer kann ich mich mit dieser "cleanen" Version auch anfreunden. Ist ein Lied, das mit Wiederholungen zulegt.

14) Adrian Lulgjuraj & Bledar Sejko - Identitet (Albania)

So klingt also albanischer Chartrock. Interessant, sehr interessant. Ungewöhnliche Instrumentierung, für meinen Geschmack könnte es bei der Lautstärke und dem Tempo gerne etwas weniger popharmonisch zugehen, aber alles in allem eine starke Nummer. Mein Favorit (und somit wohl leider zum Untergang verurteilt).

15) Nodi Tatishvili & Sophie Gelovani - Waterfall (Georgien)

Bei solchen Liedern hole ich mir immer neue Snacks oder neue Getränke. Kennst du eins, kennst du alle.

16) Takasa - You And Me (Schweiz)

Ich wechsle alle 30 Sekunden zwischen "Find ich erschreckend eingängig und gut" und "Geh mir weg!" ... Hm ...

17) Cesar - It's My Life (Rumänien)

Von allen Liedern, die diesen Titel tragen und mir bekannt sind, ist diese schlecht aufgehende Mischung aus Operettengesang und WummsWummsWämms-Elektromucke mit Abstand das mieseste. Autsch.

Wer sich live von den ESC-Beiträgen überzeugen möchte, schaltet heute am besten um 21 Uhr den Informationssender Phoenix ein, denn ausgerechnet dort hat die ARD das Halbfinale, bei dem deutsche Zuschauer abstimmen dürfen, geparkt. Weshalb auch immer.

Gore Verbinski präsentiert: Der fantastische Lone Ranger aus dem Wunderland

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Disney veröffentlichte ein neues Banner für die zirka 250 Millionen Dollar teure Jerry-Bruckheimer-Produktion The Lone Ranger, und es ist ein wirklich sonderbares Bild, das die "Schmeiß alles drauf, was wir gerade haben"-Methode von Disneys Bannern zu Alice im Wunderland und Die fantastische Welt von Oz kopiert, aber noch eine grobe Wild-West-Gemälde-Struktur dazu schmeißt. Auf dem ersten Blick: Überfrachtet, aber schon irgendwie beeindruckend.

Da hätten wir William Fichtner als Schurken, Johnny Depp und Armie Hammer als das Helden-Duo, Helena Bonham Carter als die Dame in Rot ...


... jede Menge Hühner, weil Gore es ja liebt, wenn in seinen Filmen Tiere herumwuseln ...


... noch viel mehr Krähen, weil Tonto ja einen ihrer Artgenossen auf dem Kopf hat ...


... verflucht viele Leute, die sich auf einem Zug versammelt haben ...


... ein Pferd mit Dachschaden auf besagtem Zug ...



... und .... WAS ZUR HÖLLE IST DAS FÜR EIN KERL?! In den Trailern kam der aber nicht vor! Hat der die knöchrigen Überreste eines Geißbocks auf den Schultern?!


WA-WA-WAAAS?! Was suchen Chuckys mörderpuppenmäßige Cousinen in diesem ultrateuren Disney-Western?! Naja, man kann nahezu alles in diesem Film erwarten, denn die MPAA-Jugendfreigabe ist nicht gerade kurz gehalten: "PG-13 for, intense sequences of action violence and peril throughout, some frightening images and moments, brief sensuality and mild language." Wenn man bedenkt, wie knapp noch das PG-13 für Fluch der Karibik ausfiel, so nähern wir uns ganz langsam den höheren Freigaben.

Kurzum: Meine Fresse, wird das ein verrückter Film! Ich freu mich wahnsinnig!

Die Quellen der Disneyfilme: Das Dschungelbuch

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Von Legenden zu historischen Ereignissen, von Märchen bis zu klassischer Literatur - die Zauberkünstler von Disney haben sich der vielfältigsten Quellen bedient, um Stoff für ihre Filme zu finden. Gemein haben sie jedoch alle, dass das Ursprungsmaterial nicht ohne Veränderung in den Disney-Kanon eingeflossen ist.

 

Diese Reihe von Im Schatten der Maus befasst sich mit dem Entstehungsprozess einiger dieser Meisterwerke:
Die Quellen der Disneyfilme

Rudyard Kiplings Dschungelbuch ist eine 1894 erschienene Sammlung von sieben Kurzgeschichten, die zuvor in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht wurden. Davon sind vor allem die drei im allgemeinen Gedächtnis verankert, die von dem Menschenjungen Mogli und seinen Abenteuern im Dschungel erzählen:
Die erste Geschichte Moglis Brüder handelt von Moglis Ankunft bei den Wölfen, nachdem der Tiger Shir Khan seine Eltern verjagt hat. Durch die Fürsprache vom Bären Balu und dem Panther Baghira wird Mogli im Wolfsrudel aufgenommen und verbringt dort die nächsten Jahre als Bruder der Wölfe. Als Mogli zehn Jahre alt ist, wenden sich die jüngeren Wölfe unter Aufstachelung von Shir Khan gegen ihn. Er holt sich das Feuer aus dem Menschendorf, um Shir Khan und die Wölfe abzuwehren und macht sich schließlich auf den Weg zurück zu den Menschen.
Kaas Jagdtanz spielt drei Jahre zuvor, während Mogli von dem strengen Lehrer Balu für das Leben im Dschungel unterwiesen wird. Die führerlose Affenbande erkennt Mogli als ein ihnen ähnliches Wesen und entführt ihn, um ihn zu ihrem Anführer zu machen. Um den Jungen zu retten, wenden sich Balu und Baghira an den Felsenpython Kaa, um ihnen im Angriff auf die Affenbande beizustehen. Am Ende hypnotisiert Kaa, der den „bösen Blick“ hat, die Affen mit seinem Tanz und auch Balu und Baghira wären ihm gefolgt, wenn nicht der gegen den Schlangenzauber immune Mogli sie zur Vernunft bringen würde.
In Moglis Siegeslied wird Moglis Leben im Menschendorf geschildert, wobei sich die Eingeborenen für den Jungen als „beinahe so töricht wie die Affen“ herausstellen. Als er schließlich endgültige Rache an Shir Khan nimmt (er fängt den Tiger in einer Schlucht mit steilen Wänden und hetzt mit Hilfe der Wölfe eine Büffelherde in die Schlucht, wo der Tiger zu Tode getrampelt wird - womöglich Inspiration für ein anderes Disney-Meisterwerk?) will ihm ein Bauer seinen Erfolg streitig machen. Mogli wendet sich von den Menschen ab und kehrt in den Dschungel zurück, wo er nun abseits sämtlicher Rudel alleine leben will.
Dazu beinhaltet das Buch vier Einzelgeschichten über andere Tierschicksale, bei denen immer wieder dasselbe Thema heraussticht: der Kontrast zwischen dem tüchtigen Einzeltier und der dummen und vorurteilsbehafteten Masse.



Die Verfilmung Das Dschungelbuch, die 1967 als letztes wirklich von Walt Disney überwachtes Meisterwerk erschien, nutzt nur die ersten beiden Geschichten des Buches (und Kiplings Fortsetzung Das zweite Dschungelbuch wurde quasi überhaupt nicht beachtet). Von Disney selbst stammte die Anweisung an sein Team, das Buch nicht zu lesen und sich bewusst vom Original abzukoppeln - da kaum einer der Zuschauer das Buch gelesen haben wird, meinte er, dass auch der Film das nicht nötig hat.
Dabei unterscheiden sich Buch und Film weit weniger, als man es bei diesem Ansatz erwarten könnte. Kiplings Buch ist ein Episodenroman, der an sich nicht allzu viel Material bietet, und so ist eine Überarbeitung der Geschichte nicht zu vermeiden, doch entfernt sich die Verfilmung nicht weiter vom Original als beispielsweise schon seinerzeit für Pinocchio. Ein Großteil des gefühlten Unterschiedes liegt wohl auch hier in der allgemeinen Stimmung des Filmes, der weit freundlicher und „familientauglicher“ erscheint als der eher düstere Roman.

Doch noch größere Bedeutung liegt in der Frage der Figurenzeichnung. Mehr als in bisherigen Filmen wurde den Schauspielern von Disney Gelegenheit gegeben, ihre Figuren selbst zu charakterisieren, auch wenn das dem Ursprungsmaterial teilweise geradezu entgegenläuft. Gerade Phil Harris hat Balu so sehr seinen eigenen Stempel aufgedrückt, dass er die gestrenge Darstellung des Bären im Buch völlig in Vergessenheit geraten lässt. Auch wenn Baghira sich in Film und Buch nicht stark unterscheidet - er stellt in beidem eine Art liebevollen, doch vernünftigen großen Bruder für Mogli dar - rutscht er durch Balus Veränderung im Film in die Rolle des Spielverderbers, der einen Kontrast zu dem freundlichen Tunichtgut des Bären darstellt.
Ansonsten liegt der größte Unterschied wohl in der Figur von Kaa, der im Buch eine zwar unheimliche, aber Mogli eindeutig wohlgesonnene Rolle innehat und ihm ohne zu zögern das Leben rettet. In Film ist Kaa ein Bösewicht, der mehrfach versucht, das Menschenjunge zu fressen, aber gleichzeitig zeigt er sich (wohl gerade durch Sterling Holloways Stimme) sehr viel leichtherziger, freundlicher und weit weniger beängstigend, als man es von einer Würgeschlange erwarten könnte. Sogar seine Hypnosefähigkeit, die Mogli im Buch nichts anhaben kann, hilft hier eher, die Stimmung zu lockern, als sie zu verschärfen.
Generell liegt im Buch durchgehend weit mehr Betonung auf Moglis Überlegenheit den Tieren gegenüber. Es ist nicht nur Kaa, dem er alleine widerstehen kann, auch die anderen Tiere können den Blick des Menschenjungen nicht erwidern. Im Film ist es nur die fehlende Angst vor dem Feuer, der Roten Blume, die Mogli von den Tieren unterscheidet, doch dafür zieht sich dieser Punkt weit mehr durch die gesamte Geschichte, vom Angriff der Affen bis zu Shir Khans allgegenwärtigem einzigen Schwachpunkt. Diese Angst ist es auch, die die animalische Seite des Tigers betont, denn ansonsten benimmt er sich weit distinguierter und menschlicher als sein brutal-raubtierhaftes Buchvorbild.
Die Geier und Colonel Hathi, die im Buch nur angerissen werden, bekommen im Film einen eigenen Charakter, während der Affenkönig Loui vollkommen neu erfunden ist.



Doch die größte Freiheit, die sich der Disneyfilm mit Kiplings Buch nimmt, liegt nicht in dem, was er hinzufügt, sondern darin, was unterschlagen wurde. Im Buch gibt es drei Geschichten über Mogli, aber die Verfilmung endet mit seiner Rückkehr ins Menschendorf, ohne die dortigen Probleme auch nur anzudeuten. Zwar ist Mogli im Film weit zögerlicher, zurückzugehen und es braucht erst das Mädchen, das ihn zu den Menschen lockt, aber insgesamt wird seine Rückkehr doch als perfektes Happyend dargestellt.
In der Geschichte Moglis Siegeslied wird ein anderes Licht auf die Menschensiedlung geworfen: Die Einwohner sind einfältig, arrogant und von ihrer Halb-Zivilisation verdorben und es braucht nicht lange, ehe Mogli flieht und zu seinem alten Leben im Dschungel zurückkehrt. Von dieser bemerkenswert naturverbundenen Aussage ist im Film nichts mehr vorhanden - auch hier zeigt sich die Disneyversion um einiges leichtherziger als das beinahe tragische Buchende.

Es ist unzweifelhaft, dass der Film Das Dschungelbuch eine sehr viel freundlichere Adaption von Kiplings Buch darstellt, gerade wie es Walt Disney beabsichtigt hatte. Am Vorspann mit seiner schwermütigeren Musik lässt sich vielleicht absehen, wie eine andere, originalgetreuere Richtung der Verfilmung hätte aussehen können, und auch diese Version wäre sicher interessant geworden. Aber trotz aller Abweichungen stellt der Film so wie er ist eine in sich schlüssige Darstellung von Kiplings ersten beiden Geschichten dar, die von der Komposition der Handlung her dem episodenhaften Original sicher überlegen ist.

Eurovision 2013: Die gesetzten Finalteilnehmer

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Und schon nähert sich der Eurovision Song Contest 2013 seinem Ende. Die Lieder, die sich im Halbfinale behaupten mussten (und es in 20 Fällen auch konnten), habe ich euch bereits vorgestellt und kommentiert. Nun wird es Zeit für die Beiträge mit garantiertem Finalplatz.

Amandine Bourgeois - L'Enfer Et Moi (Frankreich)

Ich wäre glücklicher, folgte die Explosion aus Minute zwei bereits nach einer Minute und wäre der Song nach Minute zwei noch einen Tacken energischer, dennoch: Tolle Stimme, gute Melodie, klare Struktur, Ohrwurpotential und "gefährlich" sowie "wütend" auf Eurovision-Weise. Sagt mir sehr zu und steigert sich beim zweiten und dritten Anhören massiv.

ESDM - Contigo Hasta El Final (With You Until The End) (Spanien)

Auch wenn am Ende des französischen Musikvideos jemand gefesselt dasitzt: Die Interpreten des spanischen Beitrags nennen sich ESDM, nicht BDSM, aller Verwechslungsgefahr zum Trotz! Nachdem ich mir nun weitere Google-Suchtreffer gesichert habe: Das Lied fängt viel versprechend an und verliert dann allen folkloristischen Seefahrer-Geschmack, um in normale Massenmusik abzugleiten.

Cascada - Glorious (Deutschland)

Nicht meine Musik, eine an den Euphoria-Erfolg angelehnte Tanznummer ohne mich ködernde Melodie und schlichtweg nichts, was ich hören muss, aber durchaus was, das meine Ohren nicht bluten lässt. Das Lied ist mir einfach völlig egal.

Bonnie Tyler - Believe In Me (Vereinigtes Königreich)

Tolle Stimme (ist halt Bonnie Tyler), allerdings hat der Song nicht so viel Power, wie er haben müsste, um ihre stimmliche Stärke voll auszuspielen. Nette Ballade mit Durchsetzungsvermögen.

Robin Stjernberg - You (Schweden)

Ach herrje. Ist ja mal eine interessante, gleichermaßen zitternde wie volumenreiche Stimme, doch die Gesangsmelodie passt meinen Ohren nach zu urteilen ja gar nicht zum Sänger. Die langen Töne klingen versemmelt, statt gewollt geknödelt. Nein, ich will's mögen, quäl mich schlussendlich trotzdem nur durch.

Marco Mengoni - L'Essenziale (Italien)

Klingt für mich wie jede andere dieser Fummel-Italo-Kuschelnummern, die ich sterbenslangweilig finde. Hat sicher seine Fans. Ich zähle nicht dazu.

So weit reichen also meine lahmen Kommentare zu den diesjährigen Beiträgen. 2014 bin ich vielleicht wieder mehr engagiert. Warten wir es ab. Ich wünsche so lange viel Spaß mit der heute um 21 Uhr losgehenden Musikparty im Ersten.

Entengeschnatter: Scary Movie 1 - 5

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Was geht aaaaaaaaaaaaab? Stephan, Antje und ich killen unsere Kritiker-Kompetenzen und reden tatsächlich in warmen Tönen über die Scary Movie-Reihe. Nicht durchgehend, wohlgemerkt, denn selbst wir sind nicht verblendet genug, um zu erkennen, wie mies diese Filme zwischendurch sein können. Bei welchem sind die Qualitätsprobleme am gravierendsten? Welcher gefällt dagegen auch noch viele Jahre später? Und wieso will niemand Scary Movie 5 im Kino sehen?

Das alles und viel mehr im neuen Entengeschnatter. Wir quaken los, auf der anderen Seite dieses Links.

Reingehört 69: Glorious, but Only Teardrops

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Die Punkte wurden verlesen, der letzte Glitter ist verlesen, der Eurovision Song Contest liegt hinter uns. Deutschland wähnt sich wieder in einer Sympathiekrise und einer musikalischen Depression, die skandinavische Mafia reibt sich wieder die Hände, dass niemand ihre Arbeit bemerkt, sondern über den bösen Ostblock herzieht und im Quotenmeter.de-TV-Podcast wird wieder fachgesimpelt: Julian Miller, Manuel Nunez Sanchez, Antje Wessels und ich tratschen über den ESC und präsentieren außerdem einen neuen Exklusivtrailer für ein revolutionäres TV-Format von ZUÖ II.

Viel Spaß beim Anhören!

James Bond 007 – Diamentenfieber

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Eigentlich hatte Diamentenfieber nie eine faire Chance. Bekanntlich quittierte George Lazenby seinen Dienst als 007 und die Produzenten grämten darüber, dass Im Geheimdienst Ihrer Majestät zwar viel Geld einspielte, jedoch hinter den Erwartungen zurückblieb. Somit war praktisch vorprogrammiert, dass Bonds nächster Leinwandeinsatz nicht weiter den dramatischen und ambitionierten Ansatz von Lazenbys Film verfolgen wird. Wer sich von Diamantenfieber also einen menschelnden, von Rachemotiven getriebenen, mehrdimensionalen Agententhriller verspricht, steuert hilflos einer Enttäuschung entgegen. Aber auch Freunde des überdrehten, kunterbunten Bonds, die sich mit der Rückkehr Sean Connerys einen neuen Agentenspaß der Marke Goldfinger oder Man lebt nur zweimal erhoffen, sollten nicht zu viel erwarten. Damit Sean Connery nämlich wieder in die Rolle schlüpft, derer er überdrüssig wurde, mussten die Produzenten die eine damalige Rekordgage abdrücken, um ihn zu überzeugen. Connery investierte einen Großteil seiner Gage in eine von ihm gegründete gemeinnützige Organisation und schleppte sich lustlos vor die Kamera.

Ein Goldfinger (begeisterter Connery) war somit ebenso unmöglich wie ein Man lebt nur zweimal (vollkommen absurd und irrsinnig aufwändig), denn um die Ausgaben an Connery zu kompensieren, sparten die Filmemacher an allen Ecken und Kanten. Somit entstand ein "kleiner" Bond-Film mit einem überschaubaren Plot, der sich somit eher für eine engagierte, ernstzunehmende Performance und einen spannenden inszenierten Film eignen würde. Stattdessen wurde diese simple Handlung mit vielen kleinen Albernheiten geschmückt, die aber nur selten die Grenze ins Reich des begeisternden Wahnsinns leisten. Kurzum: Diamantenfieber bleibt in einer drögen Grauzone hängen.

Dabei sind die ersten Filmminuten noch ganz gelungen: Bond befindet sich auf einem wütenden Streifzug durch die Welt, verbissen sucht er nach dem Aufenthaltsort Blofelds. Unausgesprochen bleibt seine Motivation (wer mag, kann eine Verbindung zum Ende von Im Geheimdienst Ihrer Majestät herstellen, wer es nicht will, kann so tun, als sei Lazenby nie geschehen), schlussendlich macht Bond seinen Erzfeind aber ausfindig und scheint ihn auch zu besiegen. Mit einer visuell unaufregenden Titelsequenz mit einem meiner Ansicht nach überbewerteten Bond-Song (die Tempiwechsel erscheinen mir einfach zu unausgegoren und klingen eher nach Werbung) beginnt allerdings die Abwärtsspirale: Bond wird vom MI6 mit einem neuen Auftrag bedacht, der ihm aber wegen seiner Simplizität stinkt. Eine Vielzahl südafrikanischer Diamanten wird zwar von den Minenbesitzern gestohlen, nicht aber weitergeschmuggelt. Der Spitzenagent soll sich der Sache annehmen. Dabei begegnet er zwei Auftragskillern, die jeden erledigen, der mit dem Diamantendiebstahl zu tun hat, sowie der Diamantenschmugglerin Tiffany Case, der er sofort schöne Augen macht. Einige Verwechslungen später deckt 007 auf, was mit den gestohlenen Diamanten wirklich geschehen soll ...

Ich weiß kaum, wo ich anfangen soll, denn es gibt wirklich kaum etwas, das mir an Diamantenfieber gefällt. Es geht schon bei Bonds Sprüchen gegenüber Frauen los, die in diesem Film die Grenze von "spaßig-augenzwinkernd machohaft" zu abstoßend-tolldreist überschreiten. Die deutsche Synchro rettet (entschärft?) dies ein wenig, so dass zum Beispiel sein (inhaltlich irrelevantes) Treffen mit der von Lana Wood gespielten Plenty O' Toole (im Original: hölzern, in der Synchro: spaßiges Fräulein) doch ein paar Schmunzler zu entlocken weiß, generell macht mit die "Wir müssen uns diesen ekligen, romantischen Nachgeschmack von Im Geheimdienst Ihrer Majestät auswaschen!"-Darstellung Bonds in Diamantenfieber aber aggressiv. Ebenfalls durch negative Stereotypisierung schlecht gealtert und aufgrund der dick aufgetragenen Darbietung auch dessen ungeachtet einfach lästig: Die Schurken-Handlanger Mr. Kidd und Mr. Wint, zwei schleimige Schwulen-Klischeefiguren, die so angelegt sind, dass ihre sexuelle Orientierung Teil dessen ist, was das Publikum von ihnen abschrecken soll. Zwei Kampflesben namens Bambi und Klopfer, die Bond im weiteren Verlauf das Leben schwer machen, runden das Paket ab, welches ebenfalls einen radikalen Kompetenzzerfall des Haupt-Bond-Girls Tiffany Case (eine schlafwandelnde Jill St. Claire) umfasst: Anfangs energisch, kompfgesteuert und Bond gegenüber immun, im Finale strohdoof und ein wandelnder Klotz an jedermanns Bein.

Wenn gerade keine schalen oder ignorante Gags gerissen werden, zimmert Regisseur Guy Hamilton (Goldfinger) mit seinem vergleichsweise mageren Budget langweilige Actionszenen zusammen, die einem Bond-Film keineswegs gerecht werden. Sei es eine gemäßigte Auto-Verfolgungsjagd, die durch zweieinhalb Straßen von Las Vegas führt, eine Verfolgungsjagd, bei der Bond in einem Moon Buggy (!) durch eine Wüste kurvt (!!) hin zu einem antiklimatischen Finale, das urplötzlich stoppt, obwohl der ursprüngliche Auftrag Bonds nicht angemessen erfüllt wurde – es mag einfach kein Thrill entstehen.

Nach Diamantenfieber suchten die Produzenten erneut nach einem neuen Hauptdarsteller. Mit ihm sollte erneut ein tonaler Richtungswechsel folgen. Nach dem "Einfach nur unterkocht"-Feeling von Diamantenfieber wahrlich keine miese Idee ...

Filmhistorische Fußspuren: Reale Sprechblasengeschichten II

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Die Qualität der späteren Filmserials machten Superhelden im Kino trotz anfänglicher Einträglichkeit zunehmend unattraktiv. Allerdings entdeckten Fernsehmacher die Comichelden für sich – mit ihren kurzen Geschichten schienen sie für dieses Medium prädestiniert, auch wenn das Budget einige Kompromisse erforderte ...


Zwei Legenden erobern das Fernsehen
Im November 1951 startete in den US-Kinos der einstündige Film Superman and the Mole-Man, dessen Zweck es war, die geplante Superman-Fernsehserie Superman – Retter in der Not (Originaltitel: The Adventures of Superman) zu bewerben. Deren Ausstrahlung begann jedoch erst im September des Folgejahres, nachdem der Cornflakes-Hersteller Kellogg's als Sponsor gefunden wurde. Sowohl die Produktion, als auch der Tonfall der ersten zwei Staffeln glich Abenteuer-Serials und gelegentlich auch Noir-Kriminalmelodramen, wenngleich in familienfreundlicherer Form. Superman ist in diesen Episoden eine durch und durch ernsthafte, keinerlei Scherze machende Figur und die Storys behandelten ebenfalls ernst gemeinte Themen, selbst wenn die Durchführung sehr milde und aus heutiger Zeit betrachtet plakativ-naiv war. Der als Zweiteiler wiederverwertete Kinofilm zum Beispiel erzählt, wie die Bürger von Metropolis eine schrecklich aussehende Rasse von Maulwurfsmenschen entdecken, denen sie böse Absichten unterstellen und deswegen auslöschen wollen. Superman ahnt aber, dass es sich um friedliche Wesen handelt. Es war eine gut gemeinte, eine Aussage beinhaltende Botschaft zur Zeit der Kommunistenhatz, jedoch auch simpel.


Dennoch gingen einige Episoden auch mutigere Wege und beinhalteten für damalige Fernsehverhältnisse harte Actionsequenzen. Zudem muteten die Serienmacher dem Familienpublikum auch On-Screen-Todessequenzen zu. Die Schurken, die Superman bekämpfte, waren in der ersten Staffel ausnahmslos Räuber, hinterlistige Geschäftsmänner und Agenten, in der zweiten Staffel wurde auch ein Sci-Fi-Element eingeführt. Supermans populäre Erzschurken kamen in der Serie aber nicht vor.


Im Laufe der zweiten Staffel übernahm ein neuer Produzent, Whitney Ellsworth, die Leitung der Serie, woraufhin der generelle Tonfall und insbesondere der Gewaltgrad der Serie stark verharmlost wurde. Ab 1954 wurden die Episoden bereits in Farbe gedreht, um den Wert der Serie nachhaltig zu steigern. Vorerst strahlte der Sender ABC die Episoden aber nur in Schwarzweiß aus, erst Wiederholungen nach Beendigung der Serie waren in Farbe.


Mit dem Umstieg zum Dreh in Farbe kamen jedoch auch noch engere Budgetbegrenzungen hinzu. Oftmals konnte man es sich nicht mehr leisten, mehrere Takes einer Szene zu machen, so dass sich auch öfters Versprecher oder andere Pannen in die fertigen Folgen einschlichen. Außerdem ging die zuvor thematisch ambitionierte Serie den selben Weg, wie Superhelden-Comics generell: Das so genannte Silver Age nahm seinen Anfang, das aus den spannenden Heldenabenteuern sehr knallige, komödiantische und mit verrückten Sci-Fi-Spielereien ausgestattete Geschichtlein machte. Hauptgrund war die stark regulierte Zensur (im Namen des Jugenschutzes), wodurch Autoren gezwungen waren, brenzlige Situationen durch fantasievolle bis alberne Einfälle auszutauschen. In Superman – Retter in der Not resultierte dieser Stimmungswechsel dazu, dass Waffengewalt nahezu komplett ausgeklammert wurde, statt bedrohlicher Schurken bekämpfte Superman (teils ironisch gemeinte, teils alberne) Karikaturen und auch Superman selbst durfte nun öfters lockere Sprüche vom Stapel lassen.


Superman-Darsteller George Reeves, der seit Beginn der Serie landesweit nur noch als Superman wahrgenommen wurde und sich von den dünner werdenden Episodenhandlungen unterfordert fühlte, bemühte sich zu dieser Zeit weitestgehend erfolglos darum, ernstere Rollen zu ergattern. Außerdem übernahm er bei drei der letzten Superman – Retter in der Not-Episoden Regie, wo er wieder ernstzunehmendere Gefahren zeichnete und die Dramatik erhöhte.


Der mit ihm befreundete Filmproduzent Bill Walsh arrangierte für Reeves eine Rolle im Disney-Western Zug der Furchtlosen mit dem ebenfalls außerordentlich populären Davy Crockett-Darsteller Fess Parker. Es sollte Reeves letztes Engagement werden. Am 16. Juni 1959 starb Reeves im Alter von 45 Jahren durch eine Schussverletzung. Die näheren Umstände blieben ungeklärt, es gibt sowohl die Theorie, dass er von Kriminellen erschossen wurde, als auch, dass Reeves Suizid begann, weil er mit seiner Karriere unzufrieden war. 2006 thematisierte das Neo-Noir-Drama Die Hollywood-Verschwörung Reeves' Tod. Gespielt wurde die Fernsehlegende von Ben Affleck, der damit seine Rückkehr nach dem Fünffach-Flop von Daredevil, Gigli, Paycheck, Wie überleben wir Weihnachten? und Jersey Girlsowie der ganzen "Bennifer"-Krise gab. Affleck, den sehr viele Kinogänger zuvor nicht als fähigen Schauspieler betrachten konnten oder wollten, gewann bei den Filmfestspielen in Venedig für seine Performance den Preis als bester Darsteller.


Beeinflusst durch den anhaltenden Erfolg der Wiederholungen der farbigen (und leichtfüßigeren) Superman – Retter in der Not-Episoden sowie der gleichermaßen kindlich-unbeschwerten Lone Ranger-Serie auf CBS, sowie weiter inspiriert durch die aufgrund ihrer Vorführungen in Playboy Clubs einen Kultstatus erlangenden Batman-Serials, formierte sich in den frühen 60er-Jahren die Idee, dass der Fledermaus-kostümierte Held für eine ähnlich geartete Serie ins Fernsehen gehievt werden sollte.


Obwohl Batman ursprünglich bei aller Knalligkeit noch als ironiefreies Projekt angedacht war, änderte sich dies radikal, als der Sender ABC den Produktionsauftrag an 20th Century Fox reichte, welche ihn wiederum dem bekennenden Comichasser und Produzenten William Dozier erteilte. Unabhängig von der tonalen Neuausrichtung der Batman-Comics, welche kurz danach ebenfalls ins Blödelnde abgleiten sollten, beschloss Dozier, eine Camp-Show zu machen, die das Superheldengenre bewusst ins Lächerliche zieht. Dozier traf, zumindest anfänglich, den Nerv der Zeit: Die erste Staffel war immens erfolgreich, die zweite Staffel verstieß durch ihre repetierenden Handlungsabläufe und Gags die Kritiker, welche zudem bemängelten, dass jegliche Spannung aus den Drehbüchern entfleucht sei. Zu Beginn der dritten Staffel gingen dann auch massiv Zuschauer verloren, weshalb ABC die Anzahl der Folgen kürzte (von zwei neuen Sendungen wöchentlich zu einer), und dann auch drastisch das Budget reduzierte. Darüber hinaus beschlossen die Serienmacher, weitestgehend auf Cliffhanger zu verzichten. Ein verzweifelter Versuch, die Zuschauerzahlen zu verbessern, war die Einführung Batgirls, von der man sich versprach, weibliche Fernsehende anzulocken. Als dies misslang, zog ABC noch vor Ende der dritten Staffel den Stecker.


Es wäre beinahe zu einer vierten Staffel gekommen, weil NBC trotz gesunkener Einschaltquoten Interesse an der Serie hatte und den Produzenten mehr gestalterische Freiheit anbot. Die Bedingung war, dass NBC die alten Sets nutzen kann – diese wurden jedoch schon von ABC verschrottet. So hinterließ die von Januar 1966 bis März 1968 laufende, 120 Episoden (und einen Kinofilm) umfassende Serie zahllose Parodien, Generationen von Zuschauern, die die Reihe missverstanden und als seriös gedachte, Batman völlig fehl interpretierende Produktion auffassten sowie die Darsteller von Batman und Robin: Adam West und Burt Ward arrangierten sich, anders als George Reeves, mit ihrer beispiellosen Popularität in ihren Heldenrollen und spielten seither in unzähligen Serien sich selbst oder Hommagen/Parodien ihres jeweiligen Serien-Ichs.


Supermans Rückkehr ins Kino
Auf eine geglückte Reihe an Cartoons folgte für Superman eine beschämende Serial, gefolgt von einer ambitioniert gestarteten, jedoch heruntergewirtschafteten TV-Serie. Batmanrammte dann die Seriosität von Comicverfilmungen völlig in Grund und Boden. Wie konnten sich die Comics aus diesem Sumpf retten?

Mit der Figur des Superman, dem geistigen Urvater aller Sprechblasensuperhelden, versuchte sich Produzent Ilya Salkind zusammen mit seinem Vater Alexander und Geschäftspartner Pierre Spengler an einer Rekonstruktion des Genres. Anders als einige Jahrzehnte später, wo sich die Comicverleger selbst ins Getümmel der Filmindustrie stürzen sollten und eine Verfilmung ihrer Lizenzen vorantreiben, haderte DC in den 70ern jedoch, Superman fürs Kino freizugeben. Als die Produzenten angaben, dass man als mögliche Darsteller des Capeträgers Muhammad Ali, Al Pacino, James Caan, Steve McQueen, Clint Eastwood Robert Redford und Dustin Hoffman ins Auge fasste, gab man jedoch vom Staraufgebot überzeugt seine Zustimmung. Auch bei der Wahl der Autoren klotzte man: Sci-Fi-Autor Alfred Bester wurde nach einer Ideenfindungsphase durch Der Pate-Autor Mario Putzo ersetzt (letzten Endes beteiligte sich allerdings eine Heerschar an Drehbuchschreibern am Projekt). Zu den Regisseuren, nach denen die Produzenten griffen, gehörten ein Pre-Star Wars-George-Lucas und Steven Spielberg.


Ein Deal mit Warner Bros., der einen Back-to-back-Dreh von Superman und einer Fortsetzung festlegte, ließ die Arbeiten am Drehbuch in die Höhe schnellen, zwischenzeitlich umfasste das Skript zu beiden Teilen über 500 Seiten. 1976 konnte man es auf 400 Seiten runterkürzen, zugleich fügten die Studiobosse und Geldgeber jedoch den Wunsch nach einer knalligeren Camp-Note ein und bestand darauf, Telly Savalas eine Gastrolle als Kojak zu geben. Als Retter in der Not engagierten die Filmemacher Tom Mankiewicz, Autor einiger James Bond-Filme, der eine neue Version des Putzo-Buchs, nun wieder 550 Seiten und ernster im Tonfall, komplett umschreiben sollte. Derweil begann ein Run auf die Rolle des Superman. Nachdem einige Größen wie Redford ablehnten, weil sie sich als zu berühmt für eine Rolle in einem Comicfilm hielten, und sich Leute wie Sylvester Stallone in beidseitig interessierten Gesprächen befanden, sich dennoch nie eine Einigung ergab, bewarben sich über 200 Stars, Sternchen und Amateure für die Titelrolle. Sehr viele Muskelpakete, darunter Arnold Schwarzenegger, wurden aufgrund mangelnden darstellerischen Talents abgelehnt, andere Darsteller hatten zwar das Talent, nicht aber das passende Aussehen.


Christopher Reeves kam in die engere Auswahl, allerdings bemängelte der mittlerweile als Regisseur gewonnene Richard Donner seine nicht ausreichend definierten Muskeln. Man überlegte, ihm einen Anzug mit Muskelpolstern zu geben, ähnlich wie ihn George Reeves in der Superman-Fernsehserie trug, was der Newcomer aber ablehnte, weshalb er innerhalb kürzester Zeit mittels intensivem Training enorm an Muskelmasse zulegte, was ihm wiederum die Rolle seines Lebens sicherte. Am 24. März 1977 begannen die Dreharbeiten für Superman I & II und sollten laut anfänglichem Drehplan noch im selben Jahr beendet werden, zahllose Produktionsprobleme dehnten die Produktionszeit jedoch auf 19 Monate aus. Dies wiederum ließ die Kosten in die Höhe schnellen, so dass Supermanzusammen mit Die drei Musketiere& Die vier Musketiere nicht nur ein Vorreiter für Back-to-Back-Dreharbeiten (später ahmten dies Zurück in die Zukunft II & III, die Matrix-Fortsetzungen, PotC II & III und die Herr der Ringe-Trilogie nach) wurde, sondern auch der damals teuerste Dreh aller Zeiten. Aufgrund des außer Kontrolle geratenen Drehplans und Budgets gerieten Richard Donner und die Produzenten mehrfach aneinander, was letztlich dazu führte, dass man das Ende von Superman umschrieb und die Arbeiten am zu 80 Prozent vollendeten Superman II einstellte.

Anfangs war vorgesehen, Supermanauf einem Cliffhanger enden zu lassen, der zeigt, wie die Oberschurken General Zod, Non, und Ursa auf die Erde zufliegen. Unsicher, ob er jemals Superman II fertig stellen könne, ohne den Produzenten vor Wut an die Gurgel zu springen, und ob ein Cliffhanger funktionieren würde, sah Donner von diesem Ende ab. Sollte Superman im Kino gut ankommen, käme er zurück um die Fortsetzung zu drehen, anderweitig hätten die wenigen Kinogänger wenigstens ein rundes Ende.


Donner sollte nur teilweise Recht behalten: Superman war ein finanzieller Erfolg, aber der gegen Ende der Produktion hinzugezogene Assistenzregisseur Richard Lester erhielt von den Produzenten den Auftrag, den Film fertig zu stellen und ihm, ihren Wünschen entsprechend, eine leichtherzigere Gangart zu verleihen. Dies führte dazu, dass Gene Hackmans Präsenz als Supermans Rivale Lex Luthor um einige Szenen runtergekürzt werden musste, da sich der Oscar-Preisträger aus Loyalität weigerte, für Lester vor die Kamera zu treten.


Dass Superman zu einem Erfolg wurde, dürfte aus qualitativer Sicht kaum überraschen. Verfolgt man die Entwicklung der Comicverfilmungen von Anfang bis heute, statt vom jetzigen Zeitpunkt auf die frühen Versuche herabzublicken, so war es zwar keineswegs die erste ernstzunehmende Adaption eines Comichelden, zumindest aber die bis dahin durchdachteste. Auch manche Serials fügten Dramatik in ihren von Action bestimmten Handlungsfluss, aufgrund der episodenhaften Erzählweise und der generellen Erwartungshaltung an diese Filme, sowie wegen der Limitationen durch Budget und Effekttechnik, waren sie im Vergleich zu "normalen" Kinofilmen dennoch eher Stückwerk. Supermanüberbot die stärkeren Momente üblicher Serials und ließ sie somit noch älter aussehen.


Daran lässt sich allerdings auch der Kreislauf ablesen, den Comicverfilmungen lange durchlebten: Für ihre Zeit ambitionierte Werke unternahmen manche Fehler, die schlecht gealtert sind (etwa frühe Serials wie die Dick Tracy-Reihe oder die erste Superman – Retter in der Not-Staffel). Es folgten weniger liebevolle, aus Kommerzgier raus gehauene Produktionen, welche die Schwächen der Vorgänger überbetonten (etwa die späteren Superman – Retter in der Not-Folgen oder zuvor die Serial-Auftritte von Superman und Batman), und so nicht nur den finanziellen Durchmarsch, den Comicverfilmungen genossen, jäh unterbrachen, sondern spätere Zuschauer stärker auf die Mängel der gelungeneren Filme hinweisen. Donners Superman war seinerzeit ein Machtwerk, die Fortsetzung entzweite das Publikum in die üblichen "Besser als das Original" und "Komödiantischer, größer, mieser"-Lager, wurde insgesamt jedoch noch immer sehr gut aufgenommen.

Auch in Rückblicken erhalten diese zwei Filme häufig nostalgisch-warme Besprechungen, allerdings zeigen sie bereits ein gewisses Alter. So gewannen schon die ersten beiden Superman-Filme viel ihres Humors auf Kosten der Figuren oder der Situation. Die jüngsten Marvel-Filme und selbst Nolans Batman-Filme haben ebenfalls Humor, doch dieser wächst stark aus den Figuren heraus oder zwinkert liebenswert der Absurdität der Lage zu. In den ersten zwei Superman-Filmen wird die Gefahr hingegen völlig untergraben, etwa wenn in der Kinofassung von Teil 2 während einer Schurken-Sturmattacke einem Mann das Haarteil weggeweht wird und ein Regenschirm im Wind herumtänzelt. Auch wird das Heldentu in diesen Filmen noch recht einseitig gezeichnet, Sätze wie "I'm here to fight for truth, justice, and the American way" sind aus heutiger Sicht doch ziemlich schmalzig.

1983 erhielt das Superheldengenre nach den respektierten Superman-Filmen auch bereits seinen (damals unvermeidlichen?) Knacks in der glänzenden Fassade: Superman III von Richard Lester teilte mit seiner immens größeren Dosis kindischeren Humors die zeitgenössischen Fans und verstieß die der Reihe bis dahin wohl gesonnenen Kritiker. Erst 1987 folgte der vierte Teil, nun ohne Lester und die Salkinds. Christopher Reeves, der den dritten Film missachtete und als Beleidigung an die Fans betrachtete, wurde davon überzeugt, in seiner Paraderolle zurückzukehren, indem man ihm versprach, bei einem etwaigen fünften Teil Regie führen zu dürfen, und dass die neuen Produzenten (Menahem Golan & Yoram Globus) ein Projekt nach Reeves' Wahl gemeinsam mit ihm produzieren würden. Reeves wusste zum Zeitpunkt seiner Zusage aber nicht, dass für Superman IV an allen Ecken und Kanten gespart werden musste. Zusammen mit einer hastig zusammengeschusterten Story führten die grottigen Produktionswerte zu einer drastischen Ablehnung des Films seitens Kritiker und Kinogänger.

Zur gleichen Zeit, auf dem Fernsehschirm ...
Ein kleiner Sprung zurück, denn abseits von Superman waren die Siebziger für Comicadaptionen ein ziemlich unrühmliches Jahrzehnt. 1977 bis 1979 etwa lief auf CBS eine 13 Episoden und einen Pilotfilm umfassende, schäbige Fernsehserie zu The Amazing Spider-Man, die keine bemerkenswerte Schurken aufbrachte, ein lächerliches Spider-Man-Kostüm auf die Welt losließ und nur wenig mit der Vorlage gemein hatte. Trotzdem holte die Serie gute Quoten, da CBS aber fürchtete, als "Superhelden-Sender" verschrien zu werden, nahmen die Senderbosse das Format aus dem Programm. Neben The Amazing Spider-Man setzte CBS unter anderem auf einen TV-Film über Doctor Strange sowie auf die nach einer Staffel von ABC übernommene Wonder Woman-Serie. Diese konnte durch Hauptdarstellerin Lynda Carter immerhin einen Kultstatus erlangen, was die TV-Filme rund um Captain America und Co. nicht von sich behaupten können, weshalb diese nur aufgrund sarkastischer Reviews von Internetpromis wie dem Nostalgia Critic und The Spoony One heute ein Minimum an Bekanntheit aufbringen.

Qualitativ zwischen den Welten schwebte wiederum die von 1978 bis 1982 produzierte Serie Der unglaubliche Hulk mit Bill Bixby als Dr. David Banner [sic!] und Bodybuilder Lou Ferrigno als Hulk. Die Serie zeigt, wie Banner inkognito von Ort zu Ort reist, während er nach einer Möglichkeit forscht, seine Mutation rückgängig zu machen, wobei ihm ein Sensationsjournalist ständig auf den Fersen ist. Auf der Flucht diente gewissermaßen als Inspiration, die Plots der Episoden waren schnell repetitiv, allerdings attestieren viele, die mit der Serie aufwuchsen, ihr einen bodenständigen und ehrlichen Charme, weshalb Ferrigno für viele bis heute DIE Stimme des Hulks ist.


Die peinlichen Kinojahre
Im Kino lief es für Comicverfilmungen parallel zur Superman-Reihe und in den Jahren nach dem qualitativen Untergang des stählernen Mannes noch einmal ein gutes Stück mieser. 1984 sollte das Superman-Spin-Off Supergirldie Geldkuh noch einmal richtig melken, doch die 35-Millionen-Dollar-Produktion mit Helen Slater in der Titelrolle und Faye Dunaway als die prominenter beworbene Schurkin Selena nahm nicht einmal 15 Millionen an den US-Kassen ein. Dass Kritiker die Superheldenfarce belächelten, dürfte wohl kaum überraschen.

Ein Jahr später fand eine weitere Comic-Kämpferin den Weg auf die Leinwand: Red Sonja, eine Marvel-Schöpfung für die Comic-Adaption der Conan-Romane. Richard Fleischers komplett in Italien gedrehter Film gehört zu den aufwändigen 80er-Jahre-Flops des Fantasygenres: Das Magie-und-Schwert-Abenteuer kostete 17,9 Millionen Dollar, nahm allerdings bloß weniger als 7 Millionen innerhalb der USA ein, auch im Rest der Welt wurde der schleppend erzählte Streifen kein Erfolg. Aufgrund seiner zahllosen Klischees, fragwürdigen Charakterisierungen und der Abwesenheit jeglicher internen Logik ist Red Sonja allerdings mittlerweile Kult. Und Arnold Schwarzenegger betrachtet ihn als schlechtesten Film seiner Karriere. Eine ansehnliche Leistung.


Sanftes Aufatmen in Sachen Comicverfilmungen ermöglichte L.I.S.A. – Der helle Wahnsinn(Originaltitel: Weird Science). Die John-Hughes-Komödie über zwei schüchterne High-School-Nerds, die mittels Computertechnik und einem übernatürlichen Gewitter ihre Traumfrau erschaffen, schied die Geister der Filmkritiker, traf beim jugendlichen Publikum aber einen Nerv und wird gerade in den USA bis heute als Kult-Geheimtipp gehandelt. Die Geschichte ist eine lose Adaption und Modernisierung der Geschichte "Made of the Future" aus dem 50er-Comicmagazin Weird Science und war mit einem Einspiel von 23,86 Millionen US-Dollar in den USA ein Genre-Achtungserfolg. Ein Jahr später betrat dann erstmals Marvel die Bühne der Kinoadaptionen (vom Captain America-Serial abgesehen), und niemand geringeres als Star Wars-Schöpfer George Lucas nahm sich mit seinem Produktionsstudio LucasFilm dem Projekt an. Was bei diesen Startvoraussetzungen ein Blockbuster besonderen Ausmaßes hätte werden können, wurde stattdessen ein historisches Desaster: Howard – Ein tierischer Held!


Howard gehört zu den Spitzenanwärtern auf den Titel der schlechtesten Comicadaption, die Hollywood jemals verbrochen hat, weshalb auf diesem Film bereits unzählige Mal rumgehackt wurde und es schwer ist, etwas Neues über ihn zu schreiben. Deshalb sei kurzerhand erwähnt: Er macht alles falsch, was er hätte falsch machen können. Er wurde im falschen Medium umgesetzt (mit einer antropomorphen Ente in der Hauptrolle hätte man auf Zeichentrick zurückgreifen sollen, entweder komplett oder für die Titelfigur), aber da Universal dringend einen großen Sommerfilm wollte und Lucas die Fähigkeiten seiner Effektleute überschätzte, wurde Howard als Realfilm verwirklicht. Die Autoren warfen die Charakterisierung der Comic-Ente sowie den Noir-Ansatz der Vorlage aus dem Fenster, sie verloren den Überblick wer ihr Zielpublikum sein sollte, und schrieben letztlich völlig kindische Humorplattitüden, und dies nur wenige Drehbuchzeilen neben absurder, artübergreifender Erotik. Die Story? Kaum vorhanden. Der hintergründige Anspruch der Comics? Ersetzt durch misslungene Spezialeffekte. Nur von der Absurdität der Comicvorlage lassen sich vereinzelte Spurenelemente in der George-Lucas-Produktion finden. Nur längst nicht in nennenswert kreativer Form.


Die Rechnung folgte sofort: Kritiker verachteten den Film, das Publikum blieb den Kinoaufführungen fern und mit gleich sieben Nominierungen für die Goldene Himbeere gab es gleich noch eine kleine Quittung obendrauf. 

Ein weiteres Mal hat sich die Kunstform der realverfilmten Comicadaption in ein tiefschwarzes, qualitatives Loch manövriert. Werden Comicverfilmungen für immer und ewig als minderwertiger Dreck betrachtet? Oder können sie sich retten? Wie werden sie sich retten? Wer hilft ihnen dabei? Und steht etwa schon der nächste Ärger bevor?! Antworten auf diese Fragen erwarten euch, demnächst bei Filmhistorische Fußspuren!

Freitag der Karibik #1

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"Meine Frau ist mit meinem Hund durchgebrannt. Und ich bin seit einem Monat betrunken. Und es kümmert mich einen Scheißdreck, ob ich lebe oder sterbe!"

"My wife ran off with my dog and I'm drunk for a month and I don't give a ass rat's if I live or die."

Sagt mal: Bin ich eigentlich der Einzige, der diese Stelle stets als Anspielung auf Sodomie deutet?

Wann immer ich Des Toten Truh' / Die Truhe des Todes / Fluch der Karibik 2 / Wieauchimmerwirdenfilmnunnennenwollen schaue und dieses Zitat komme, schmunzle ich schmutzig vor mich hin. Wenn ich Pirates of the Caribbean – Dead Man's Chest in Gesellschaft gucke, wundere ich mich dann wohlfein, weshalb ich ganz alleine so dreckig amüsiert bin. Und offenbar wundert sich auch mein Umfeld über meinen Spaß an diesen Zeilen, denn zuletzt wurde ich äußerst verwirrt angeblickt. Weshalb ein Gespräch über diese Seemannsbeichte entstand. Wodurch mir klar wurde: Offenbar bin ich mit meinem Verständnis dieser Worte in der Unterzahl.

Für all jene, mit denen ich über dieses Zitat sprach, ist es selbstredend, dass die Frau dieses bedauernswerten Säufers mit einem fremden Mann durchbrannte und ungefragt den geliebten Hund des gehörnten Gatten mitnahm. Ich aber höre ganz klar raus: "Meine Frau betrügt mich mit meinem Hund und nun lassen es sich diese zwei Verräter woanders gut gehen!"

Und für mich kommt auch keine andere Deutung in Frage. Es heißt ja schließlich "Meine Frau ist mit meinem Bruder durchgebrannt" oder auch "My wife ran off with my best friend and took my dog", wenn eine Gattin der Liebe oder Körperlichkeit wegen mit jemand anderem davonlief ... und gegebenenfalls das Haustier davonschleppte.

Dieser Mann, diese Disney-Figur, dagegen spricht davon, dass seine Frau mit dem Hund durchbrannte, womit der Kläffer die Position der Affäre einnimmt. Es ist ein sehr schmutziger Witz, den die Filmschaffenden an der MPAA und den Disney-Bossen vorbeigeschmuggelt haben. Ohne Frage!

James Bond 007 – Leben und sterben lassen

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Es wäre nicht einmal sonderlich übertrieben, wenn man urteilt, dass die James Bond-Reihe in den 60er-Jahren den Tonfall des modernen Action-Blockbusters erfunden hat. Um frisch zu bleiben, musste sich der Agent mit der Lizenz zum Töten bereits vor Roger Moores Einstand mehrmals neu erfinden. Mal wurde der Humor aufgedreht (zu unterschiedlichen Ergebnissen), mit Lazenby wurde das dramatische Element stärker betont (zu einem großartigen Ergebnis).

Zwei Jahre nach Connerys letztem offiziellen Bond nahmen sich die Köpfe hinter der 007-Marke erstmals dem aktuellen Trend in Sachen Action-Unterhaltungskino ein und spendierten Roger Moore 1973 einen Rahmen, wie er nie zuvor bei Bond zu sehen war: Um mit dem aufkeimenden Blaxploitation-Kino mitzuhalten, pflanzten die Produzenten Saltzmann & Broccoli den britischen Spitzenagenten mitten in einen für jene Zeit typischen, mit Humor und ironisch aufgeladenen Figuren gespickten Thriller über Drogenhandel und afro-amerikanische Subkultur. Bond spaziert durch das New Yorker Schwarzenviertel Harlem, sein CIA-Kollege Felix Leiter ordert ein "Pimpmobil", in New Orleans dienen jazzige Beerdigungen für die Schurken als Ablenkungsmanöver und um das Paket noch absurder zu machen, wird in einem fiktiven karibischen Inselstaat Voodoo betrieben. Auf dem Papier klingt das alles ungeheuerlich seltsam und nach Diamantenfieber hat man gutes Recht, besorgt zu sein. Doch der engagierte neue Hauptdarsteller und ein den Tonfall recht gekonnt ausbalancierender Guy Hamilton auf dem Regiestuhl machen Leben und sterben lassen zu einem Kuriosum der Bond-Reihe, das man problemlos goutieren kann.

Die Handlung setzt nach einem der raren Bond-Openings an, in denen 007 nicht zu sehen ist. Stattdessen bekommt das Publikum drei kreative Morde an MI6-Agenten zu Gesicht, mit deren Aufklärung Bond beauftragt wird. Die Spur weist auf den afroamerikanischen Gangsterboss Mr. Big hin, der in Verbindung mit dem dubiosen Diplomaten Dr. Kananga steht. Der Drogenbaron Mr. Big schüchtert Bond mit seinen Handlangern, darunter den mit einer Kralle als Armprothese ausgestatteten Tee Hee, ein, allerdings weckt Mr. Bigs privates Medium Solitaire das Interesse Bonds. Der Spitzenagent setzt es sich zum Ziel, die grazile Hellseherin näher kennenzulernen, was sich aber als schwierig erweist, denn nicht nur ist Solitaire dem Agenten abgeneigt, Mr. Bigs Assistenten versuchen auch mit allerlei Tricks, 007 umzulegen. Die nervöse CIA-Agentin Rosie Carver ist Bond auch eher eine Last als eine Hilfe. Dennoch kommt Bond dem Vorhaben Mr. Bigs näher: Er stößt auf die riesigen Mohnfelder Bigs, die vom Voodoopriester Baron Samedi bewacht werden und dem Überganoven helfen sollen, die Konkurrenz vom Markt zu fegen ...

Die Anpassung Bonds zum 70er-Actionhelden in einem zeitgemäßen Film voller kurzer Thrills, kecker Karikaturen und feschem Humor beginnt schon mit dem Titelsong: Statt einer großen, blechbläserlastigen, sinnlich geschmetterten Powerballade ist die von Linda & Paul McCartney geschriebene Nummer Live and Let Die ein eingängiger, dunkler Rocksong mit frenetischen Instrumentalparts und mitreißenden Tempowechseln. Spätestens sobald Bond durch Harlem stapft und lässig redenden Afro-Amerikanern begegnet, die ihre flotten, stylischen Schlitten fahren und in dubiosen, mit Neon beleuchteten Bars und Clubs arbeiten, istLeben und sterben lassen völlig zur Antwort auf das Blaxpolitation-Genre mutiert. Die charismatisch gespielten Schurken und das grundlegende Komplott könnten 1:1 aus einem Shaft-Trittbrettfahrer stammen, nur dass hier halt ein Weißer den Fall löst. Die Gefahr, einen unbeabsichtigt rassistischen Film zu produzieren, wenn man ein Genre der filmischen Schwarzenbewegung nimmt und einen blassen Briten in die Hauptrolle packt, haben die Filmemacher vergleichsweise gut gelöst. Heutzutage kämen solch ein Drehbuch und solche Besetzungsentscheidungen zwar gewiss an keinen Major-Studioboss vorbei, in den weniger paranoiden 70ern sind die Entscheidungen der Bond-Macher dagegen annehmbar: Zwar sind nahezu alle gezeigten Ganoven schwarz, jedoch lässt sich dies mit dem Setting (Harlems Untergrund, eine fiktive karibische Insel) erklären, zudem sind Mr. Big, Dr. Kananga und Baron Samedi alle eloquent und Bond zumeist einen Schritt voraus und keine ungebildeten Tölpel, was ja ein Stereotyp manch anderer weißer Antworten auf das Blaxploitation-Genre ist. Man spürt dem Film einfach durch solche und ähnliche Elemente an, dass er kein Widerwort auf  Blaxploitation-Werke ist, sondern er deren Format übernimmt, um 007 relevant und aktuell zu halten.

Damit verhalfen die Filmemacher auch ihrem neuen Hauptdarsteller zu einem Schnellstart, sich von Connery zu differenzieren und dennoch beim zeitgenössischen Publikum zu landen. Dabei hat Moore diese Starthilfe gar nicht nötig. Moores Bond ist zugleich gesottener und längst nicht so raubeinig wie Connerys, gleichwohl ist er auch kühler, was aber durch den süffisanteren Humor ausgeglichen wird, der ihn umgibt. Es ist ein spaßigerer Bond, obwohl er sich um mehr Contenance bemüht, was eine ansprechende Mischung ist, die Moore in seinem Debüt auch mit viel Charisma und Spielfreude aufgehen lässt.

Oberschurke Yaphet Kotto und Jane Seymour als grazile, zerbrechliche Solitaire spielen ebenfalls toll, während Gloria Hendry als unfähige CIA-Agentin sehr hölzern spielt und schnell nervt. Clifton James, der einen lahmen, genervten Südstaaten-Sherrif spielt, bietet während des größten Actionmoment des Films willkommene humorige Abwechslung und hat in meinen Augen den ganzen Hass, den er von Bond-Fans erhält, nicht verdient. Mir scheint, dass sein längerer Auftritt im nächsten Bond rückwirkend auch sein erstes Erscheinen abgewertet hat. Heimlicher Star des Films ist jedoch eh Geoffrey Holder als der furiose Baron Samedi, der sicherlich auch eines der Vorbilder für Doktor Facilier in Küss den Frosch war.

Was die Actionszenen angeht, ist Leben und sterben lassen ein massiver Aufstieg von den steifen und uninteressanten Actioneinlagen aus Diamantenfieber. Es gibt sehr ausführliche, dynamische und einfallsreiche Verfolgungsjagden zu Lande, zu Wasser und in der Luft, die Fahrzeuge reichen vom Doppeldeckerbus hin zu schnellen Motorbooten, die munter auch an Land für Chaos sorgen. Diese Szenen sind alle dynamisch inszeniert und sind spannend sowie amüsant, eine weitere denkwürdige Szene ist ein Stunt, bei dem Bond (von einem Krokodilzüchter gedoublet) über die gefräßigen Reptilien hinüberstapft.
Zwischen den Actionszenen kommt auch nie Trägheit auf, allerdings ist der Spannungsbogen dennoch nicht all zu straff, dafür sind die Übergänge zwischen den Actionmomenten im zweiten und letzten Drittel zu lose und die Pläne der Schurken zu durchschaubar.

Das ungewöhnliche Setting und die vielen Blaxploitation-Elemente lassen bei Leben und sterben lassen das Bond-Feeling stärker in den Hintergrund treten als etwa beim sehr hitchcockhaften Liebesgrüße aus Moskau, auch die fehlende Enttarnung der Voodoomagie als Humbug lässt Moores Erstling etwas seltsam aus dem restlichen Bond-Franchise herausstechen. Auch die Instrumentalmusik ist etwas ungewöhnlich: John Barry wird hier durch Beatles-Produzent George Martin ersetzt, der eine rockigere, leicht düsterere Mentalität mitbringt, die aber super zum Geschehen anpasst.

Kurzum: Leben und sterben lassen ist zwar ein atypischer Bond-Film, der minimal gestrafft werden könnte, alles in allem ist er aber auch ein spaßiger und toll inszenierter Start für Roger Moores 007-Karriere.
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