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Meine 25 Lieblingsfilme 2012 (Teil II)

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Der Märzen des Jahres 2013 findet unverhofft schnell sein Ende und wir können bereits erfolgreich auf meine Auswahl der 10 besten Film-Soundtracks 2012, die Oscar-Verleihung und meine Hassfilme 2012 zurückblicken. Aber meine Top 25 der Filme, die 2012 mein Herzen erobert haben, ist weiterhin inkomplett. Manche würden dies als Faulheit betrachten. Ich sehe es als ungezügelte Ehrfurcht. Ich habe nunmal große Schwierigkeiten, meine Lieblinge in eine Rangliste zu zwängen. Doch ich mache Fortschritte ...

Platz 19: Iron Sky (Regie: Timo Vuorensola)

Mond-Nazis greifen die Erde an. Klingt nach Exploitation-Trash oder einem verzweifelten Versuch, auf der Grindhouse-Welle des selbstironischen Retro-Filmmülls mitzuschwimmen. Stattdessen entstand eine überdrehte Komödie, die nach ihrem augenzwinkernden Exploitation-Einstieg völlig unerwartete Wege geht und zu einer dem Popkulturhumor der Web-2.0-Generation angepassten Politsatire voller knalliger Einfälle mutiert. Iron Sky ist bescheuert, aber viel smarter, als eine webfinanzierte Blödelkomödie sein dürfte. Es ist ein Nerdevent von einem Film - und auch wenn er keineswegs in ewige Filmbestenlisten gehört, so macht er mir auch bei wiederholtem Sehen zu viel Spaß, als dass ich ihn von dieser Liste fernhalten könnte.

Platz 18: Chronicle(Regie: Josh Trank)

Was passiert, wenn ein Außenseiter, dem das Unglück an den Fersen haftet und der einen unerträglichen Vater hat, gemeinsam mit zwei anderen Jungs an Superkräften gelangt und die danach aufkeimende Freundschaft auf Band festhält? Nun, die raue Realität lehrte uns, dass Menschen gerne immer und immer wieder auf ihre Lieblingsopfer draufhauen, also darf man sich für einen Superhelden-Found-Footage-Film über einen gepeinigten Jugendlichen keine all zu großen Hoffnungen auf gepflegtes Sozialverhalten machen ... Chronicle ist ein Superheldenfilm, wie man ihn sonst nicht zu sehen bekommt, und ein Paradebeispiel für durchdachte Verwendung des Found-Footage-Ansatzes sowie ein Film, der den Nerv so mancher treffen sollte, die während der Schulzeit auch mal alles andere als rosige Tage erlebten. Das Finale ist leider arg überzogen, weshalb der lebensnahe Subtext leidet, dennoch ist Chronicle ein überraschend starker, resonanter Film und mit seinen gelungenen Tonfallwechseln ungefähr das, was ich von Hancock erwartet hatte.

Platz 17: Skyfall (Regie: Sam Mendes)

Ich habe großen Respekt für die James Bond-Filmreihe übrig, ist sie doch alleiniges Elternteil des spaßigen Agentenkinos und einer der Taufpaten des modernen Blockbusters. Ein Fahnen schwingender Fan des Doppelnullagenten bin ich allerdings nicht, und die ersten beiden Craig-Bonds kamen bei mir trotz großartiger Grundideen nie herausragend weg. Casino Royal zerstörte mit einem elendig lang gezogenen Abschluss zweieinhalb sehr gelungene Akte und Ein Quantum Trost ging in einem Schnittgewitter und zu aufgezogener Action trotz toller Atmosphäre unter. Aber mit Skyfall stieg Craigs Bond in unverhoffte Höhen auf: Die Grundstimmung des Films vereint die düstere, Post-9/11-Blockbuster-Stimmung eines The Dark Knight mit Old-School-Bond-Spaß, sieht dank Kameramann Roger Deakins fantastisch aus und mit Javier Bardem bekam es 007 mit einem seiner stärksten Widersacher zu tun. Großes Unterhaltungskino, was sonst soll man über den Streifen sagen? Leider steigerte er sich in meinen Augen nicht bei wiederholtem Ansehen, sonst wäre vielleicht ein besserer Rang drin.

Platz 16: Dame, König, As, Spion (Regie: Tomas Alfredson)

Nach dem Popcorn-Agenten, kommt nun der Agentenfilm für das geduldige Publikum: George Smiley, ein aufrichtiger und geistig hellwacher Agent im gehobenen Alter, sieht sich mitten im Zeitalter der überdimensionalen Aktenschränke und staubigen Archive mit seinem kniffligsten Fall konfrontiert. Verhöre, nachdenken in verquarzten Zimmern, Aktenwälzen und auf das Stehlen von Akten ersetzen in diesem Agentenfilm Schießereien und Verfolgungen. Gary Oldman begeistert mit einer charakterstarken, coolen Performance, Regisseur Tomas Alfredson zelebriert den 70er-Jahre-Muff und der Fall ist nicht trotz, sondern dank der gelassenen Erzählung enorm spannend.

Platz 15: Gefährten (Regie: Steven Spielberg)

Steven Spielberg hat eine schwer zu verleugnende Neigung zum Kitsch. Nicht all seine Filme fallen dieser Angewohnheit anheim, doch genügend, um dem kommerziellen Regiegott eine sehr sentimentale Ader zuzusprechen, die er mit großem Brimbamborium feiert. Gefährten, die Geschichte des geliebten Pferdes eines Farmersjungen, das als Kriegspferd eingezogen wird und auf wundersame Weise gleich mehrere Stationen des Ersten Weltkrieges mitmacht, macht aus seiner Rührseligkeit nicht eine Sekunde lang ein Geheimnis. Gefährten ist ein lebensbejahendes, liebenswürdiges Gemälde, dass jedoch nicht in reiner Zuckeigkeit versinkt, sondern noch immer eine relativ plausible Geschichte voller interessanter Nebenfiguren erzählt. Die Melodramatik geht eine gesunde Balance mit dem geschichtlichen Hintergrund ein, was vor allem der generell sehr märchenhaften, teils allerdings mit rauer Realität gewürzten Bilder der Kameralegende Janusz Kaminski zu verdanken ist. Gefährten ist wahrlich nicht Spiebergs spaßigster, spannendster oder anspruchsvollster Film, aber visuell wie atmosphärisch ein Anwärter auf seinen schönsten.

Platz 14: John Carter (Regie: Andrew Stanton)

Pinocchio. Fantasia. Tron. Und nun: John Carter. Disney hat eine lange Historie an ambitionierten, ungewöhnlichen Filmen, die trotz passionierter Crew und aufwändigem Marketing (ob gut oder schlecht sei dahingestellt) eine satte Bauchlandung hinlegen. Vergessen werden diese Flops aber nicht. John Carter ist das jüngste Mitglied dieser langen, langen Reihe. Andrew Stantons mit Feuereifer und Herzblut erschaffenes Sci-Fi-Abenteuerepos ging an den Kinokassen baden und teilte die Kritiker. Aber ich sag es euch: Dieser Film wird sich sein Kultpublikum erarbeiten. Zu faszinierend die Mythologie, zu denkwürdig Michael Giacchinos Musik, zu malerisch die Bilder, zu zufriedenstellend das Ende. John Carter ist ein Big-Budget-Flop mit Nachspiel in Sachen Publikumsgunst. Ihr werdet es sehen ...


Siehe auch:

"Do the Harlem Shake!" -"Why Should I?" "Because!"

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Der Hype um den dank seines abstrusen Musikvideos zum Welthit avancierte, massenhaft parodierte Gangnam Style war noch nicht völlig abgeklungen, da riss schon der nächste Internethype die Aufmerksamkeit der webaffinen Bevölkerung an sich. Der Harlem Shake. Im Gegensatz zum koreanischen Rapsong von Psy, der immerhin einen ohrwurmtauglichen Refrain hatte, kommt der Harlem Shake mit einem ziemlich kakophonischen Elektro-Trap-Beat daher. Und statt eines in seiner gewollten Albernheit ikonischen Musikvideos, das inklusive seiner einprägsamen Tanzschritte imitiert und persifliert wurde, macht sich nun ungeordnetes Gezappel im weltweiten Web breit.

Für all jene, die ein ähnlich selektives Internetmediennutzungsverhalten hegen und pflegen wie ich und deswegen am Harlem Shake vorbeigeschlittert sind oder ihn aufgrund von Übersättigung längst wieder aus ihrem Erinnerungsvermögen verbannt haben, seien hier zur Illustrierung ein paar Beispiele vorgeführt:









Auf die Gefahr hin, meine Internet-Nerd-Karte zu verspielen, gestehe ich gerne, dass mich der Harlem Shake anfangs völlig kalt ließ. Nicht nur, dass die zuvor genannten Vorzüge (um das Wort "Qualitäten" zu vermeiden) des Gangnam Style fehlten, ich sah auch keine Pointe in ihm. Insbesondere die Massenvideos irritierten mich völlig. Sie erinnern zunächst aufgrund der Größe der Teilnehmerzahlen an Tanz-Flashmobs, unterscheiden sich aber in einem ganz wichtigen Aspekt: Solche Flashmobvideos sind entweder beeindruckend, weil zahlreiche Menschen einer exakt geplanten Choreographie folgen oder sie sind witzig, weil die eingeweihten Teilnehmer auf ahnungslose Passanten treffen und deren Reaktionen ebenfalls eingefangen werden. Beim Harlem Shake lässt sich nicht bestaunen, wie Amateure aufwändige Tanzschritte makellos und unisono abliefern, und gleichwohl mangelt es an irritierten, ratlosen Beobachtern.

Kurzum gesagt: Meine erste Reaktion glich der des Nostalgia Critics ...

Es ist nicht witzig! Es ist einfach nur dämlich!

Das aus dem Ruhestand zurückkehrte Alter Ego des Internetpromis Doug Walker dürfte für seine Ansicht nun wesentlich mehr Rückendeckung erhalten als zu Beginn des Hypes. YouTube bietet mittlerweile mehrere über eine Stunde andauernde Zusammenstellungen an Harlem Shake-Videos und die schnelllebige, sich in ihrer Exklusivität aalende Gemeinde an Internet-Trendsettern hat in Konsequenz dessen dieser Meme längst abgeschworen, weil sie "zu mainstream" geworden ist. Derweil ist der Durchschnittswebkonsument einfach nur von der Masse an Videos und Referenzen auf den Harlem Shakeübermüdet, und da nun mehr und mehr Fernsehsendungen diesen (wieder abflauenden) Trend für sich entdecken, nervt er zudem durch die größer werdende Unvermeidlichkeit, ihm zu begegnen. Da häufen sich rasch solche Kommentare wie "Es gibt nichts traurigeres auf der Welt als im Fernsehen Dinge aus dem Internet nach".

Zustimmung findet der sich ausbreitende Harlem Shake-Frust bei mir insofern, als dass es zahlreiche witzigere Memes gibt und Internet-Trends, die sich deutlich vielfältiger umsetzen lassen, weil bei ihnen überraschende Wendungen möglich sind. Der Harlem Shake dagegen ist eintönig, da er stets dem gleichen Muster folgt. Allerdings muss ich zu meinem eigenen Erstauen auch genau deshalb statuieren: Allmählich glaube ich zu wissen, weshalb sich der Harlem Shake wie ein Lauffeuer verbreitete und nicht nur die übliche Zielgruppe der Teenager in seinen Bann zog, sondern ein schichtenübergreifendes Phänomen wurde.

Was der Harlem Shake-Meme zugrunde liegt, ist ihr perplexes Regelwerk: Es wird stets der gleiche Songschnipsel verwendet, 15 Sekunden lang tanzt eine einzelne Person unbeachtet aus der Reihe, ehe daraufhin eine ganze Gruppe sich zum Hampel macht, mit unkontrollierten Bewegungen, skurrilen Verkleidungen oder Accessoires und einem generell schrillem Auftreten. Weitere 15 Sekunden später endet der Exzess. Mit dieser Template für ein Harlem Shake-Video stellt dieser Internet-Gag einen uniformierten Ausdruck von Individualität dar, oder anders ausgedrückt, einen durch Konformität modelierten, vermeintlich unkontrollierten Wahnwitz. Jeder Teilnehmer am Harlem Shake hat seinen eigenen Tanz, seine eigene extrovertierte Erscheinung – und dennoch verfolgt das Gesamtwerk einer gestrengen Regulierung.

Nicht bloß, dass dieses Paradox (wie nahezu jedes Auftauchen einer funktionierenden Widersprüchlichkeit) faszinierend ist, und somit die Popularität des Harlem Shake förderte. Es steht zugleich sinnbildlich für die Lage unserer sozialvernetzten Gesellschaft kurz nach der globalen Wirtschaftskrise, welche sich vom Ende der vergangenen Dekade bis in die Anfänge dieses Jahrzehnts zog und die noch immer nicht vollauf überwunden ist.

Arbeitsstellen sind härter umkämpft denn je, die Anforderungen an Ausbildungen, schulische sowie universitäre Leistungen und Praktikumsleistungen steigen ins Unermessliche, während weltweit die Mittelschicht wegbröckelt und Löhne ungerecht verteilt werden. Als wäre der Kampf um einen begehrenswerten Arbeitsplatz deshalb nicht wichtig und schwer genug, mutiert die (westliche) Gesellschaft zu einem Kollektivum aus gläsernen Bürgern. Soziale Netzwerke und Kommunikationstechnologien machen uns leichter erreichbarer und durchschaubarer. Sich Facebook, What's App und Co. zu verweigern, ist je nach sozialem Milieu und beruflichem Hintergrund unmöglich, da in kreativen Berufen der Umgang mit Social Media ebenso zu den Grundvoraussetzungen für eine Anstellung zählt wie die Fähigkeit, Textdokumente zu erstellen und eigene Ideen zu haben. Gleichermaßen wickeln zunehmend mehr Universitäten und Ausbildungsstätten ihre logistischen Fragestellungen über Facebook ab. Wer etwas auf sich hält, wird geradezu gezwungen, eine digitale Präsenz zu haben. Wer über die Kommunikationswege des Web 2.0 verfügt, diese allerdings nur sporadisch nutzt, gilt in manchen Kreisen gleich als suspekt. Die digitale Selbstinszenierung ist eine gesellschaftliche Grundübung geworden. Dessen ungeachtet darf diese Selbstdarstellung nicht zu weit reichen, da Personalchefs und andere Autoritätspersonen ebenfalls wissen, mit diesen Kanälen umzugehen und radikal jeden aussieben, der im Internet zu auffällig, zu eigen, zu ausgelassen daherkommt.

In den frühen 2010ern überlagert sich einerseits der Drang zur Individualisierung und Extrovertiertheit mit der Vorgabe, anpassungsfähig und massenkonform zu sein, anderereits. Die Gesellschaft zersplittert sich, obschon Unternehmen immer mehr darauf schielen, jeden abzudecken. Daher die Markenfixierung, der Franchise-Boom im Kino, der Trend zur Generalisierung. All dies trotz sich immer besser organisierender Subkulturen.

Der Harlem Shake nimmt diese widersprüchlichen Anforderungen an das zeitgenössische Mitglied einer Industrienation und zwängt diese in ein rundum abgeschlossenes Paket. Er erlaubt es, individuell, verrückt, schöpferisch zu sein, ohne auch nur gegen eine einzige Regel zu verstoßen. Schließlich hält sich all dieser Irrsinn an ein eng umfasstes Korsett von Grundbestimmungen, die für Harlem Shake-Videos gültig sind.

Bescheuert und eigensinnig sein, ohne Grenzen zu durchbrechen. Es ist der (nicht selbst auserwählte) Zeitgeist nicht bloß einer Generation, sondern ganzer Gesellschaftsschichten. Und darum machen wir den Harlem Shake. Egal, ob wir verstehen weshalb, oder nicht; ganz gleich, ob wir es möchten oder lieber sein lassen wollen.

DisneyWar 4: Das Erbe von Frank Wells

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1994 war der Disney-Konzern auf dem Höhepunkt seines Erfolges angelangt: Nach Hits wie „Die Schöne und das Biest“ sowie „Aladdin“ bescherte der neue Trickfilm „Der König der Löwen“ dem Studio riesige Einnahmen. Nicht nur war der Streifen selbst an den Kinokassen ein Megahit (und wurde zum bis dato erfolgreichsten Trickfilm aller Zeiten), auch im Merchandising-Geschäft brach man alle Rekorde. An der Wall Street wurde „Der König der Löwen“ als „profitabelster Film in der Geschichte Hollywoods“ gehandelt, wie im sechsten Kapitel von „DisneyWar“ zu lesen ist.

Doch dieses sechste Kapitel schreibt eine ganz andere Geschichte des Konzerns, der nach außen seine glorreichsten Zeiten seit Walt Disney erlebt. Doch innen tobt seit längerer Zeit schon ein Kampf zwischen CEO Michael Eisner und Filmstudio-Chef Jeffrey Katzenberg (siehe Kapitel 3 des Lesetagebuchs), der bisher in positive Energien umgewandelt werden konnte. Katzenberg und Eisner standen lange Zeit in einem fairen Wettbewerb, der positive Energien freisetzte. Zuletzt aber unterschieden sich die Meinungen zur strategischen Ausrichtung eklatant, wie das Katzenberg-Manifest veranschaulichte. Die bisher positiven Energien verwandelten sich in destruktive – und Katzenberg spielte mit dem Gedanken, das Unternehmen zu verlassen. Eisner wusste aber um die Kompetenzen seines Mannes, hielt ihm bei Disney, allerdings nur mit folgendem Versprechen: „Natürlich, wenn Frank [Wells, der Präsident von Disney, Anm.]aus irgendwelchen Gründen nicht mehr da ist […], dann bist du die Nummer zwei, und dann möchte ich, dass du den Job machst.“


Frank Wells starb bei einem Hubschrauber-Unfall am 3. April 1994. Die Situation eines vakanten Präsidentenpostens war viel schneller eingetreten, als Katzenberg und Eisner es sich wohl je erträumt hätten. Das Buch „DisneyWar“ führt es zwar nicht detailliert aus, aber offensichtlich ist, dass Eisner sich nun in einer Zwickmühle befand: Einerseits hatte er Katzenberg den Posten versprochen und hatte auch keinen wirklich geeigneten anderen
Quelle: disneydetail.me
Kandidaten, andererseits verabscheute er Katzenberg und fürchtete wohl innerlich auch um sein Amt in ferner Zukunft. Letzteres wird in „DisneyWar“ mit keiner Silbe erwähnt – ich aber denke, dass dieser Punkt eine entscheidende Rolle bei der Nachfolgeregelung gespielt hat. Eisner war mit den wortwörtlich wahnsinnigen Ambitionen von Katzenberg vertraut, führte beispielsweise in Briefen aus, dass er schon einen Tag nach Wells‘ Tod auf den Präsidentenposten zu sprechen kam. Eisner warf Katzenberg quasi Pietätlosigkeit vor – ob aus ehrlichen Gefühlen heraus oder aus einem Vorwand, um Katzenberg in ein schlechtes Licht zu rücken, kann nicht beurteilt werden. Ob bewusst oder unbewusst: Eisner scheute sich vor der Vorstellung, Katzenberg zur Nummer zwei im Unternehmen zu machen. Nicht nur wegen dessen Ambitionen, sondern auch wegen seiner großen Erfolge im Filmgeschäft, die den narzisstischen Charakter Eisner neidisch machten.

So kam es also nicht überraschend, dass Eisner von seinem einstigen Versprechen nichts mehr wusste und sich selbst ohne ein Zögern zum Präsidenten der Disney Company machte –zunächst übergangsweise. Damit war das Board of Directors auch insofern einverstanden, als Eisner deutlich bessere Kontakte dort hatte und Katzenberg im Board keine Macht besaß. Besonders das Verhältnis zum einflussreichen Roy Disney war unterkühlt. Katzenberg wahrte das Gesicht und gab sich mit dieser Lösung nach außen zufrieden – innerlich soll er zerstört gewesen sein, wie Autor James Stewart beschreibt. Weniger das verlorene Präsidentenamt sollen ihn enttäuscht haben, sondern eher die Art und Weise des Umgangs mit ihm: Er wurde bei allen Entscheidungen übergangen, nicht eingeweiht. Eisner ignorierte ihn, diskutierte nicht einmal über die Nachfolge von Wells.

Man wird nicht ganz schlau aus all den Konflikten, die Stewart in diesem Kapitel beschreibt. Gesicherte, wirklich wahrheitsgemäße Informationen ergeben sich meiner Meinung nach nur aus den vielen Briefen, die Eisner damals an seinen Vertrauten Irwin Russell geschrieben hat (und die Stewart ausführlich zitiert). Andere Informationen hat der Autor oft durch seine Interviews mit den Beteiligten erfahren, die dementsprechend durchaus zu hinterfragen sind. Auffallend ist, dass sehr viel über Katzenbergs vermeintliche Inkompetenz und seine menschlichen Schwächen geschrieben wird, allerdings sehr wenig über Eisners eigenen Charakter. Ein großer Teil der Berichte zu diesem Zeitraum ab 1994 ist zwangsweise aus der Sicht Eisners dokumentiert, weil kaum andere gesicherte Informationen vorlagen.


Karikatur von Jeffrey Katzenberg
Dementsprechend unklar scheint, wer hier nun der wirklich unfaire Spieler ist – ob Eisner oder Katzenberg. Beide sehen sich in der Opferrolle und für beide gibt es auch stichhaltige Argumente, doch wer letztlich die Schuld für das endgültige Zerwürfnis trägt, muss jeder Leser für sich selbst beantworten. Produzent Thomas Schumacher drückte die Ambivalenz des Charakterkopfes Katzenberg genial aus: „Jeffrey ist Schäferhund und Wolf. Als Schäferhund bewacht er uns, und als Wolf jagt er uns.“ Ähnliche Assoziationen ließen sich auch für Eisner finden, der einerseits das Wohl des Unternehmens und seiner Mitarbeiter im Blick hat, andererseits alles tut, um die unangefochtene Nummer eins zu bleiben.

Trotz aller öffentlicher Freundschafts- und Treuebekundungen riecht Hollywood die großen Spannungen, die bei Disney herrschen. Am 20. Juli 1994 veröffentlicht die „New York Times“ einen größeren Artikelüber das Thema und rückt es damit ins Licht der Medien. Eisner vermutete, dass Katzenberg den Text lanciert hatte; dieser leugnete es vehement. Vier Tage später folgt ein Artikel in der „L.A. Times“ mit Statements von Eisner, die die Sache herunterspielen sollten. Er selbst hatte kurz zuvor eine Notoperation am offenen Herzen überstanden und sollte sich nun vom Stress befreien – ein Zeichen für Eisner, den Konflikt mit Katzenberg endgültig zu lösen, wie auch immer.

Zunächst hoffte noch auf eine gütliche Lösung und stellte Katzenberg nun doch den Präsidentenposten in Aussicht, da er selbst nach seiner Operation kürzer treten musste und ohnehin keinen wirklich geeigneten Nachfolger abseits von Katzenberg fand. Doch der Burgfrieden währte nicht lange; das bereits oben angedeutete endgültige Zerwürfnis lässt sich meiner Meinung nach an einer vermeintlichen Lappalie festmachen: Im Sommer 1994 gingen die Arbeiten am Trickfilm „Pocahontas“ voran und Eisner bestand darauf, dass seine Änderungsvorschläge endlich umgesetzt werden. Katzenberg tat die Vorschläge als „Peanuts“ ab und versprach, sich darum zu kümmern. Eisner jedoch kommunizierte nun hinter seinem Rücken mit Trickfilm-Chef Peter Schneider, was Katzenberg schnell mitbekam. Dieser feindete Eisner nun offen und ohne Rücksicht an, sprach von einem großen Vertrauensverlust. Damit war das Tischtuch meiner Meinung nach endgültig zerschnitten, die Chance auf eine gütliche Lösung beigelegt. Disney-Großinvestor Sid Bass riet Eisner daraufhin: „Heute ist Freitag, ein guter Tag, das Unternehmen zu verlassen. Ruf Jeffrey an und sag ihm, er soll gehen.“

Die Dinge nahmen ihren Lauf, Katzenberg verließ das Unternehmen im Streit. Einerseits wegen eines Artikels im „New Yorker“, der die Geschichte aus Katzenbergs Sicht erzählte, andererseits wegen ausstehender Bonuszahlungen, die Eisner seinem Widersacher nicht mehr gewähren wollte.

In diesem Jahr 1994 löste sich das zehn Jahre so erfolgreiche Triumvirat durch Wells‘ Tod und Katzenbergs Ausscheiden quasi mit einem Schlag auf. In den folgenden Jahren sollte Eisner sehr viel mehr Macht im Unternehmen bekommen, doch den Erfolg dieser „Renaissance“-Jahre konnte er nicht mehr weiterführen. Verblüffend also, wie sich die kreative Aufbruchstimmung, die riesigen Trickfilm-Erfolge wie eine Blaupause über die internen Entwicklungen legen lassen: Nach dem einschneidenden Jahr 1994 ließ auch der Glanz des Disney-Trickfilms wieder nach, der phänomenale Siegeszug in Hollywood war gestoppt. Autor James Stewart überschreibt die Jahre nach 1994 mit dem Titel „Das entzauberte Königreich“. Mehr davon im nächsten Teil des Lesetagebuchs.

Reingehört 64: Medienrezeption, Bitch!

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Im jüngsten Quotenmeter.de-Podcast lassen wir die Branchenmitglieder Pierre-Auguste Kornfeld, André Begas und Poldine Steinbeker zu Wort kommen und über Theorien der Medienrezeption diskutieren, Wieso ist das Stimulus-Response-Modell wissenschaftlich ausgetrocknet, was macht komplexere Theorien so viel erregender? Erfahrt es im Podcast!

Zum Podcast

Das ist doch zum Fische melken ...

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Auch nach zehnmaligem Lesen wollte ich es nicht wahrhaben. Ich konnte es einfach nicht glauben, dass dieses Schreckgespenst der vergangenen Jahre nicht nur Gestalt annimmt, sondern sogleich auch eine der denkbar schaurigsten Formen, in denen es sich materialisieren konnte …

Disney und Pixar kündigten offiziell das lange gefürchtete Findet Nemo-Sequel an, und es hört auf den viel sagenden Namen Findet Dory. 2015 werden wir in diesem Werk erfahren, wieso Dory bei ihrem ersten Treffen mit Marlin alleine war und darüber hinaus verspricht Regisseur Andrew Stanton, dass Dory im Laufe des Films ihre Familie wiederfinden wird.

Für mich ist Findet Nemoeiner dieser Filme, die man schlichtweg nicht fortsetzen sollte. Ganz einfach deshalb, weil die Figuren so sehr mit den Plotmechanismen verschmelzen und am Ende des Films keine Story mehr für unsere Protagonisten übrig blieb. Sie bekamen eine Form des Happy Ends, auf die nur eine simple Wiederholung des ersten Teils oder eine das Original rekontextualisierende und so schädigende Story folgen kann. Und Findet Dory klingt so, als könnte es sogar beides werden – eine zweite „Ja, wo ist denn nur …?“-Story mit diesen Figuren stelle ich mir einfach öde vor, und dass das Geheimnis über Dorys Familie gelüftet wird, obwohl kaum jemand danach schrie, es zu lüften (ganz einfach, weil Dory als ein aus dem Nichts dahergeschwommener Engel interessanter ist), macht mir angst und bang.

Die einzige Situation, in der ich ein Findet Nemo 2 geduldet hätte, wäre eine, in der der etablierte Markenname ausgenutzt wird um eine schwer vermarktbare Geschichte durchzuboxen. Hätte Andrew Stanton zum Beispiel die Sehnsucht verspürt, einen Film über einen Wasservogel zu drehen, der an einer tödlichen Krankheit leidet und seine letzten Wochen auf hoher See und in den windigen Höhen des Himmels auskosten möchte … und hätte Andrew Stanton sich beschossen, Pelikan Niels zum Protagonisten dieser Geschichte zu machen, um diese schwere Kost so auf den kommerziell verwertbaren Wellen von Findet Nemoans Publikum heran- sowie an strengeren Studiobossen vorbeizuführen … ja, dann wäre ich gebannt auf diese Fortsetzung. Stattdessen befürchte ich nun ein großes Übel. Nicht ganz so katastrophal wie Cars 2, dafür erscheint mir Stanton zu talentiert, dennoch kann ich mir nicht vorstellen, dass wir einen Pixar-Geniestreich erwarten dürfen.

Robin Hood

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Von Legenden zu historischen Ereignissen, von Märchen bis zu klassischer Literatur - die Zauberkünstler von Disney haben sich der vielfältigsten Quellen bedient, um Stoff für ihre Filme zu finden. Gemein haben sie jedoch alle, dass das Ursprungsmaterial nicht ohne Veränderung in den Disney-Kanon eingeflossen ist.

 

Diese Reihe von Im Schatten der Maus befasst sich mit dem Entstehungsprozess einiger dieser Meisterwerke:
Die Quellen der Disneyfilme

Auch wenn sich die genaue Art seiner Darstellung stark gewandelt hat, stellt Robin Hood seit nunmehr über sechshundert Jahren eine denkwürdige Figur der englischen und später auch gesamteuropäischen Folklore dar.
Bereits in den ältesten überlieferten Berichten aus dem 14. Jahrhundert wird Robin Hood als im Sherwood Forest lebender Bandit und herausragender Bogenschütze gezeigt, der sich generell auf die Seite der unteren Klassen stellt. Auch Little John, Much, der Müllerssohn und Will Scarlet kommen hier bereits vor, so wie auch das allgegenwärtige Feindbild des Sheriffs von Nottingham.
Diese alten Erzählungen (in denen Robin generell als „Yeoman“, also wohl als Bürgerlicher, bezeichnet wird) sind durchaus realistisch gehalten, so dass es gut vorstellbar ist, dass sie ganz auf wahren Gegebenheiten fußen. Zwar sollen die Abenteuer in diesen Berichten zur Regierungszeit eines König Edwards spielen, was sie auf 1272 bis 1377 datieren würde, doch Erwähnungen in noch sehr viel älteren Dokumenten deuten an, dass Robin Hood (oder seine Legende) entweder doch schon aus der Zeit von Richard Löwenherz stammt, oder dass „Robin Hood“ damals eine Art traditionelle Bezeichnung für ähnliche Diebe oder Räuber war.

Auf jeden Fall haben sich die Erzählungen über den edelmütigen Gesetzesbrecher bald zu einer allgemein bekannten Volkssage entwickelt, die im 15. Jahrhundert in ganz England traditionell zu den Mai-Spielen aufgeführt wurde - aus dieser Zeit kommt auch die Ergänzung der Geschichten durch Maid Marian und Bruder Tuck. Ab dem 16. Jahrhundert wurden die Geschichten in die Zeit König Richards und der Kreuzzüge verlegt, und der „Earl von Huntington“ beziehungsweise „Loxley“ wurden zu zwei oft gebrauchten „wahren“ Namen für Robin Hood. Der Sänger Alan von Dale kam im 17. Jahrhundert zu den klassischen Gestalten hinzu, und aus dieser Zeit rührt auch der übergeordnete Grundsatz, „den Reichen zu nehmen und den Armen zu geben“, denn auch wenn Robin Hood von Anfang an als gütig und mitfühlend dargestellt wurde, kümmerte er sich zuvor doch vor allem um das Wohl von sich selbst und seinen Männern.
Ein bislang „endgültiges“ Bild von Robins Charakter, das seither alle Darstellungen des edlen Rebellen durchdringt, wurde 1820 in Sir Walter Scotts Roman Ivanhoe definiert. Robin Hood, der hier als Robin von Locksley eine wichtige Nebenrolle innehat, wird wie Ivanhoe als loyaler Anhänger des abwesenden Richard Löwenherz dargestellt und unter anderem der Robin-Hood-Schuss, bei dem Robin den Pfeil eines anderen mit seinem eigenen Pfeil spaltet, tritt hier zum ersten Mal in Erscheinung.


Dieses Bild des frohgemuten, durchweg königstreuen Geächteten ist es auch, das als Grundlage für Robin Hoods Charakter in der Disneyverfilmung von 1973 diente. Die für Disney-Meisterwerke eher ungewöhnliche Erzählweise der Geschichte mittels einer Welt von anthropomorphen Tieren ist vor allem darauf zurückzuführen, dass zur Planungszeit des Films eine Verfilmung von Reineke Fuchs im Gespräch stand; erst vergleichsweise spät in der Planungsphase wurde entschieden, dass der schlaue, aber hinterhältige und verlogene Reineke einen unpassenden Disney-Helden darstellen würde, so dass man stattdessen auf den legendären Sherwood-Forest-Banditen auswich. (Nebenbei bemerkt bei weitem nicht die einzige Wiederverwendung, die sich in dem eher kostensparend produzierten Film findet.)
Es ist wohl ein Erbe dieses ersten Anlaufes, dass auch in Robin Hood sich sämtliche Figuren vor allem durch die üblichen Charakteristika ihres jeweiligen Tieres definieren. Dazu kommt, dass die alten Robin-Hood-Sagen generell einen mittelalterlichen Charakter haben, der mehr auf Abenteuer und Kämpfe denn auf das Innenleben der Figuren ausgerichtet ist - so liegt es bei den moderneren Adaptionen der letzten zweihundert Jahre immer wieder stark am jeweiligen Autor, die Klischees zu durchbrechen und den klassischen Figuren echtes Leben einzuhauchen. Und ohne den Film zu beleidigen, kann man wohl sagen, dass sich Disney mit einer solchen Neu-Charakterisierung nicht allzu viel Mühe gegeben hat.
 


Robin Hood entspricht im Film ganz dem Bild des unbeschwert im Wald lebenden Geächteten, das seit der Errol-Flynn-Verfilmung und noch bis in die Neunziger Jahre im allgemeinen Bewusstsein der Zuschauer lebte. Natürlich wird er auch als idealistisch und hilfsbereit dargestellt, aber vor allem werden die lustigen und gewitzten Seiten des Fuchses betont, mit denen er Prinz John und dem Sheriff immer wieder ein Schnippchen schlägt.
Seine große Liebe, Maid Marian, hat daneben wirklich so gut wie keinerlei eigenen Charakter; sie ist der absolute Inbegriff der Prinzessin, die untätig auf ihren Liebsten wartet, der sie retten soll. Selbst als Robin vor ihren Augen hingerichtet werden soll, ist eine flehende Bitte um sein Leben alles, was sie zustande bringt, und als diese abgewiesen wird, gibt sie sich damit zufrieden, untätig zuzusehen. Zugegebenermaßen hätte eine frühere Version des Endes ihr noch eine gewisse Rolle im Finale zugedacht: In diesem alternativen Schluss sollte Marian den beinahe Ertrunkenen retten und vor dem drohenden Prinz John verteidigen - auch wenn es natürlich dennoch König Richard gewesen wäre, der beiden schließlich das Leben rettet.
Insgesamt ist es wohl ein Glück, dass Marian (die als Nichte des Königs, wenn auch nicht nach üblicher Disney-Logik, so doch reell mindestens eine Prinzessin sein muss) kein offizieller Teil von Disneys Princess-Line ist. Ihre Figur wäre Wasser auf die Mühlen all derer, die den Disney‘schen Prinzessinnen einen Mangel an Eigeninitiative und eine zu große Abhängigkeit von ihrem jeweiligen Helden vorwerfen.
Little John und Bruder Tuck sind ganz nach ihrem üblichen Klischee gestaltet und erfüllen ihren Zweck in der Geschichte; Alan von Dale nicht einmal das. Ähnliches gilt für den Sheriff von Nottingham und Sir Hiss, die ihre Rollen amüsant ausfüllen, aber neben einem generischen Antagonistentum kaum wirkliche Charakterzüge zeigen dürfen.

Die Figur, die - vielleicht abgesehen von Robin Hood selbst - am ehesten eine wirkliche Persönlichkeit aufweist, ist sicherlich Prinz John. Die Art und Weise, in der der „Königsclown von England“ von Szene zu Szene mühelos zwischen Habgier, erbarmungswürdiger Unfähigkeit und einer dennoch ernstzunehmenden Bedrohung wechselt, steht in Sachen Vielseitigkeit auf einer Stufe mit einigen der „großen“ Disney-Bösewichter wie Käpt‘n Hook oder auch Dschafar. Man könnte sagen, dass sich diese über das reine Klischee hinauswachsende Charakterisierung schon in Prinz Johns Darstellung als untypisch mähnenlosem Löwen widerspiegelt.
Es ist wohl zu einem großen Teil Sir Peter Ustinov zu verdanken, dass die Rolle des habgierigen Thronräubers zu einer so originellen Darbietung wurde, und dass es sogar gelingt, in die phantastische Tierwelt so reale Anspielungen wie die auf das Verhältnis von John zu seiner Mutter und auf König Richards Kreuzzüge komisch einzubinden.

Die Handlung des Films ist dagegen wieder so stereotyp wie der Großteil der Figuren. Statt sich auf die althergebrachten Abenteuer zu beziehen, oder selbst etwas wirklich Neues zu erfinden, bringt der Film nur eine nach der anderen all die Szenen, die in einer Robin-Hood-Verfilmung zu der Zeit erwartet wurden: pfiffige Diebstähle, das königliche Bogenturnier mit Robins Triumphschuss, und ein großes Finale inklusive Befreiungen und Verfolgungsjagd.

Wenn diese Zusammenfassung auch einigermaßen negativ klingt, so sollte man meiner Meinung nach etwas dennoch etwas weiter blicken, um die Qualität von Disneys Robin Hood zu beurteilen. Der Film entstand zu der Zeit kurz nach Walt Disneys Tod, als die Disney-Studios noch einigermaßen führungslos um eine neue (oder alte) Identität kämpften, und man sieht dem Ergebnis an, dass an keiner Stelle Risiken eingegangen wurden. Anders als die üblichen Disneyfilme hat er kaum den Anspruch, ein wirkliches Meisterwerk und ein „Film für die ganze Familie“ (also auch die Erwachsenen) zu sein - sieht man ihn dagegen als reinen Kinderfilm, so erfüllt er seine Rolle dagegen perfekt. Es ist eine Verarbeitung der klassischen Robin-Hood-Legenden, die dem Ursprungsmaterial kaum etwas Neues hinzufügt, aber gleichzeitig aus dem bereits Vorhandenen ein solides Stück Unterhaltung anfertigt. Den Film dafür anzugreifen, kommt in meinen Augen dem Versuch gleich, die Märchen der Gebrüder Grimm wegen mangelnder Charaktertiefe zu verdammen.
Und betrachtet man Robin Hood wirklich als an Kinder gerichtete Erzählung, so ist es wiederum höchst angenehm zu sehen, wie ernst der Film sein Zielpublikum doch zu nehmen wagt. Die Szene nach dem Bogenturnier, in der Robin Hoods Verkleidung gelüftet wird und er Prinz John für kurze Zeit hilflos ausgeliefert ist, bietet dafür ein wunderbares Beispiel.



Es ist nicht nur die Szene, in der sich Prinz John herausstellen darf und zum ersten Mal wirklich bedrohlich wirkt, sondern es ist gerade in Bezug auf Robin selbst ein aussagekräftiger Moment. Bislang hat der Zuschauer Robin nur in seiner üblichen, allen Gefahren überlegenen Rolle erlebt, und nun sitzt der sorglose Fuchs zum ersten Mal wirklich in der Klemme. Dabei könnte er sich aus seiner Lage höchstwahrscheinlich ohne größere Mühe herausreden; dass Prinz John für Schmeicheleien anfällig ist, wurde bereits klargestellt, und auch Marians Bitte gegenüber schien er beinahe schon nachzugeben. Aber stattdessen zieht Robin durch seine offene Treue zu Richard Löwenherz mutwillig noch weiteren Zorn auf sich; er hält zu seinen Idealen, auch wenn es ihn den Kopf kostet.
Bei dieser Szene handelt es sich um einen kurzen Augenblick, der auch durch die Erzählweise nicht weiter unterstrichen wird, doch es gelingt dadurch zweifellos, den Figuren und der Welt, in der sie leben, eine zusätzliche Tiefe zu verleihen. Natürlich ist Disneys Robin Hood kein großes Drama, das sich mit den epischeren Verfilmungen des Stoffes messen könnte - oder es auch nur versucht. Doch wenn man den Film wirklich als einen reinen Kinderfilm betrachtet und auch nach diesen Maßstäben wertet, so sehe ich in Momenten wie diesem einen Beweis dafür, dass es sich um einen guten und ja, einen tiefgreifenden Kinderfilm handelt, der sein Ziel voll und ganz erfüllt
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Christoph Waltz, Amy Adams und Tim Burton = Ich freu mich

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Nach einer Reihe von Remakes kehrt Tim Burton in die Welt der Originalprojekte zurück, und um sein kommendes Projekt besonders frisch zu halten, setzt er auch gleich auf zwei für ihn völlig neue Hauptdarsteller: Christoph Waltz und Amy Adams!

Das ungleiche Duo wird die Künstler Walter & Margaret Keane porträtieren, die in den 60ern zahlreiche Gemälde mit großäugigen Kinder- und Frauendarstellungen malten und so zwischenzeitlich die US-Populärkunst dominierten, da sich ihre Bilder in Krimskramsläden und Tankstellen als kleines Souvenir wahnsinnig gut verkauften. Der Film, geschrieben vom Ed Wood-Duo Scott Alexander & Larry Karaszewski, erzählt von der angespannten Dynamik zwischen den Beiden: Während Walter das Vermarktungsgenie und die öffentliche Repräsentantenfigur des Gespanns war, war Margaret die malerisch begabtere, was zu mehreren Auseinandersetzungen zwischen ihnen führte.

Burton mag sich auf visuelle Spektakel mit Fantasyeinschlag spezialisiert haben, aber wie Ed Wood bewies, ist er sehr wohl fähig, außergewöhnliche kreative Menschen und die Stolpersteine in ihrem Schaffen sehr gut auf die Leinwand zu bringen. Mit Waltz und Adams scheinen auch ideale Hauptakteure für so eine Geschichte gefunden und da zudem The Weinstein Company den Film auf den Markt bringt, könnte sich Burton tatsächlich einmal einem Oscar nähern oder zumindest stilistisch neue Töne finden, ohne sich selbst zu verraten. Ich bin enorm gespannt!

Joseph Kosinski hält Disneys Retro-Sci-Fi-Franchises weiter auf Trab

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Hallo und herzlich willkommen zurück bei unserem beliebten Artikelsegment "Disney-Realfilmregisseure, deren Nachnamen auf -ski enden, werden hier wahnsinnig gehypt, weil ihre Regiearbeiten angenehm aus dem üblichen Disney-Rahmen fallen". Heute im Fokus: Joseph Kosinski.

Vor US-Kinostart von Tron: Legacysah die Welt für den früheren Architekten großartig aus. Studiointern herrschte massives Vertrauen in die kommerziellen Aussichten des Films, Kosinski wurde als fähiger, umgänglicher Regisseur gelobt und deshalb mit weiteren Disney-Projekten anvertraut (darunter Tron 3 und einem Remake von Das schwarze Loch) und das Maushaus war auch sehr an einer raschen Adaption von Kosinskis Graphic Novel Oblivion interessiert.

Dann aber unterbot Tron: Legacy Disneys hoch gesteckte Erwartungen im Bezug auf das Einspielergebnis. Das Studio war nun plötzlich nicht mehr so komfortabel damit, Kosinski ausreichend Geld für einen atypischen, relativ düsteren Film ohne berühmte Vorlage zur Verfügung zu stellen, weshalb Oblivion zu Universal wanderte. Um Das schwarze Loch wurde es still und Tron 3 wurde vom Erfolg des Tron-Franchises auf dem Heimkino-, Fernseh- und Merchandising-Markt gemacht. Erst vor wenigen Monaten erlangte die Kinofortsetzung für Disney erhöhte Priorität und immerhin hielt man an Kosinski fest.

Aufgeschoben ist in diesem Fall jedoch wahrlich nicht aufgehoben: Wie Kosinski nun stolz verkündete, sind Das schwarze Loch und Tron 3 weiterhin wohl auf. Und stehen kurz davor, spruchreif für große Ankündigungen zu sein.

The Hollywood Reporter bestätigte bereits, dass Das schwarze Loch ein solides Skript hat, welches nun von Jon Spaihts aufgepeppt werden soll, was ein Novum für den Sci-Fi-Autor darstellt. Spaihts baute sich zuletzt eine Reputation als Drehbuchautor auf, dessen Skriptentwürfe für The Darkest Hour und Prometheus branchenintern gefeiert wurden und dann via Drehbuchüberarbeitungen aus fremder Hand, Studioentscheidungen und Regiebeschlüsse zu eher polasierenden Werken wurden. Kosinski selbst verspricht, dass sein Remake des Disney-Kultfilms das Potential voll ausschröpft und auch eine große, aufregende Ankündigung bevorsteht. Selbiges gelte für Tron 3. Titel und Story stehen, man wolle sich voll auf die Implikationen des Finales von Tron: Legacy stürzen und nach rund 30 Jahren Teasing endlich all das bieten, was die Tron-Welt ermöglichen würde.

Und mit einer baldigen Ankündigung soll uns einiges über den Film klar werden.

Viel heiße Luft oder erobert Kosinski bald neue cineastische Ebenen? Ich platze fast vor Neugierde ...

"Saving Mr. Banks" gehört einer raren Spezies Disneyfilm an

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Dass Disney uns in Saving Mr. Banks auf leicht fiktionalisierte Weise auf den Zwist zwischen Walt Disney und Mary Poppins-Autorin P. L. Travers blicken lässt, ist bereits außergewöhnlich. Zuletzt öffnete sich Disney mit einem Trio an selbstkritischen Dokumentationen, darunter die großartige Produktion Waking Sleeping Beauty über den Start der Disney-Renaissance und das dabei entstehende, böse Blut zwischen mehreren Disney-Schlüsselpersonen. Doch dass man Walt Disneys Auseinandersetzung mit einer Buchautorin und deren Unzufriedenheit mit einem gemeinhin beliebten Film behandelt, ist noch einmal eine andere Sache.

Nun ereilt uns aus den USA über das Drama mit Tom Hanks in der Hauptrolle des Studiobosses eine weitere ungewöhnliche Nachricht: Der Film wurde von der MPAA mit einer PG-13-Freigabe bewertet. Die Begründung dafür sind "thematic elements including some unsettling images", was die Frage aufwirft, welche beunruhigende Bilder es in einem Drama über die Verhandlungen zwischen Filmschaffenden und Buchautorin geben kann.

Saving Mr. Banks ist erst der zweite Disney-Realfilm, der eine solche Jugendfreigabe erhält und nicht von Jerry Bruckheimer produziert wurde. Der erste war John Carter, aus dem Hause Bruckheimer stammten die Pirates of the Caribbean-Filme und Prince of Persia: Der Sand der Zeit. Somit ist Saving Mr. Banks auch der erste Non-Abenteuerfilm Disneys, der sich diese Freigabe anhaften lässt.

Arielle erklingt mit alter Stimme

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Hartnäckigkeit macht sich manchmal bezahlt. Deutschsprachige Fans von Arielle, die Meerjungfrau dürfen aufatmen. Denn auch wenn Disney weltweit die 3D-Kinoneuveröffentlichung abgesagt hat, so findet der Film hierzulande wenigstens den Weg in die Heimkinos mit einem Klang, den man seit dem Zeitalter der Videokassette nicht mehr offiziell hören konnte. Um es mit den Worten von Disney Deutschland zu sagen:
Alle Schnecken tanzen und steppen: Macht Euch bereit für traumhafte Nachrichten! Ab dem 5. September werdet ihr bei der Diamond Edition von Arielle die Meerjungfrau neben der offiziellen Synchronfassung auch die Tonspur der ersten Sprachfassung von 1989 als Bonus auf der DVD und Blu-ray Disc finden! Da uns Eure Wünsche immer sehr am Herzen liegen, freuen wir uns ganz besonders, Euch dieses Geschenk machen zu können. Wer freut sich mit uns?
Somit tut uns Disney einen längst überfälligen Gefallen. Endlich kommt die erste Synchronfassung zurück und endlich kann man deutschsprachige Disney-Fanforen besuchen, ohne dass sämtliche Diskussionen im Keim erstickt werden, weil sich alle User einzig und allein dafür interessieren, die alte Arielle-Synchro zurückzuholen. Großartig! Ein Gewinn für alle!

Meine 25 Lieblingsfilme 2012 (Teil III)

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2013 setzt seinen Streifzug als äußerst bescheidenes Jahr fort. Doch uns bleibt ja noch immer der Blick in die Vergangenheit ...




Platz 13: Life of Pi (Regie: Ang Lee)
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass LiIfe of Pi einer dieser Filme ist, die mich vorab absolut kalt ließen. Und dies trotz Regisseur Ang Lee und zahlloser begeisterter Kritiken. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass aus dieser Geschichte ein packender Film entstehen würde. Doch ich wurde eines Besseren belehrt: Von den ersten Minuten an, in denen der durch und durch ruhige Pi einem ihm interviewenden Autoren seine märchenartige Vorgeschichte erzählt, mit all den verschrobenen Anekdoten, über das mitreißend gefilmte Schiffsunglück hin zur spannenden Schifffahrt mit dem im deutschen Titel genannten Tiger und bis zum philosophischen Schluss verfolgte ich gebannt das Leinwandgeschehen. Ang Lee und die Kamera- sowie Effektecrew schufen eine malerische visuelle Odyssee schufen eine dichte, nachdenklich-träumerische Atmosphäre. Weshalb der Film trotzdem nicht höher in meiner Gunst steht? Das ist schwer zu erläutern – so sehr ich Ang Lees Kinomärchen auch genoss, es scheiterte daran, den Clou der Erzählung mit so viel Nachhall zu vermitteln, wie ich es gern gehabt hätte. Das Buch hält sich länger an der Wende auf und das ist fürs literarische Medium auch in Ordnung, auf Film wiederum musste es rascher gehen – aber dennoch hätte es, im strengeren Wortsinne gesehen, effektreicher sein dürfen.






Platz 12: The Cabin in the Woods (Regie: Drew Goddard)

Ich als Liebhaber des gepflegten Metafilms komme einfach nicht umher, diesen witzigen und durchdachten Kommentar auf den Stand des Horrorgenres in meine Jahresbestenliste zu packen. Drew Goddards und Joss Whedons gewiefte Horrorsatire preist das Genre und stellt zugleich die Denkweise von Studiobossen und Zuschauern in Frage und erhöht den Schaffungsprozess eines Horrorfilms zu einem mythologischen Prozess. Der Film dekonstruiert seine Gattung und konstruiert zugleich sein eigens, humoriges und dennoch elaboriertes Universum. Das Ende, und damit meine ich wirklich den letzten Twist und nicht etwa den kompletten dritten Akt, ist, je nach Sichtweise, zu gemein oder nicht konsequent genug und vielleicht könnte The Cabin in the Woods noch ein wenig nervenaufreibender sein, aber alles in allem ist dieser Überraschungstreffer eine klare Empfehlung für alle Metafillm- und Slasherfreunde.



Platz 11: The Dark Knight Rises (Regie: Christopher Nolan)


So können die Erwartungen mit einem spielen. Ich war mir vor Kinostart des Finales von Christopher Nolans Batman-Trilogie sehr sicher, dass sich das Regiegenie einen Platz in meinen Top 5 des Filmjahres erkämpfen wird. Mir schwebte sogar schon eine Zusammenfassung vor, die ich, sollten meine Erwartungen erfüllt werden, in meiner Jahreslieblingsliste anbringen könnte, um auch den Wettstreit der Superheldenblockbuster anzureißen. „Die Superhelden-Filmhighlights des Jahres sind schwer zu vergleichen. Marvel's The Avengers ist das Geekfilmpendant dazu, beim Abschlussball mit der zuckersüßen Ballkönigin nach Hause zu gehen. The Dark Knight Rises dagegen ist eine jede Traumfantasie übertreffendes, psychologisch herausforderndes Date mit schockierendem, letztlich aber erfüllendem Verlauf. Das erste ist schön, das zweite kaum auszumalen … und erwies sich diesen Kinosommer als die atemberaubende Alternative zur ersten Option.“ Tja … schlussendlich war The Dark Knight Risesdann doch nicht das düstere, überdramatische Traum-Rendezvous, das ich mir erhofft hatte. Auch wenn mir Bane, die Dramaturgie des Films und die sich durch ihn durchziehende Atmosphäre wesentlich mehr gefielen als einigen anderen Zuschauern, so gab es unterm Strich im Jahre 2012 doch zehn Produktionen, die ich befriedigender fand, die ausgereifter erschienen und die ich etwas mehr ins Herz geschlossen habe. Allerdings traue ich es The Dark Knight Riseszu, dass er mit der Zeit wächst. Nolan rekontextualisiert seine Batman-Mythologie auf selbstbewusste Weise, weshalb ich diesen Bombastfilm beim zweiten Ansehen auch mehr mochte als beim ersten Mal. Die dritte Sichtung erfolgte etwas zu rasch, so dass mir einige der im Web vielfach zerrissenen Kleinigkeiten ebenfalls störend auffielen, selbst wenn ich etwa die Sprünge in der Dynamik zwischen Bruce Wayne und Selina Kyle oder die unebene Performance von Marion Cotillard noch immer auf eine vergleichsweise leichte Schulter nehme. Dennoch riss diese Sichtung den dritten Einsatz von Nolans Batman aus den Top 10 raus. Ich bin mir sicher, dass ich ihn in Zukunft wieder höher ansiedeln würde, allerdings kann ich nicht sagen wo und ich mag diese Rangliste nicht auf Spekulationen ergründen. Von daher: Sorry, Bruce. Keine Platzierung in den Top 10 für dich, dieses Mal ...


Platz 10: Auf der Suche nach einem Freund fürs Ende derWelt (Regie: Lorene Scafaria)
      

Lorene Scafaria lässt die Welt untergehen – und in ihrem Gesellschaftsbild zieht die Nachricht des garantierten Endes unser aller Tage eine ungeheuerliche, niemals endende Party mit sich. Koks, Gewalt und Rudelbummsen – wo es kein Morgen gibt, gibt e nichts zu bereuen. Aber nicht alle ticken so. Steve Carrell vertritt in dieser melancholischen Indie-Komödie den Schlag Mensch, der angesichts des nahenden Todes statt anonymen und oberflächlichen Spaß lieber die Suche nach erfüllender Liebe in Angriff nimmt. Und so rennt er seiner Jugendliebe nach, deren romantisches Geständnis, dass sie ihn zurück will, viel zu spät erreicht hat. Begleitet wird er von einer liebenswürdig-verpeilten jungen Frau, gespielt von Keira Knightley, die nach einem Streit mit ihrem Lebensgefährten lieber im Beisein ihrer Familie sterben möchte. Melancholisch, warmherzig, liebenswert und humorvoll – für mich der bislang schönste Weltuntergangsfilm, der aus dem aktuellen Boom rund um dieses Thema entstanden ist.


Platz 9: Argo (Regie: Ben Affleck)

Kann man sich enorm über den Oscar-Sieg eines Films freuen, obwohl er nicht sein Lieblingsfilm des Jahres ist? Natürlich! Argo belegt zwar „nur“ den neunten Rang in meiner persönlichen Favoritenliste des Jahres 2012, dennoch gehöre ich zu denen, die Ben Afflecks Thrillerdrama als gute Wahl der Academy ansehen. Argo ist einer dieser Filme, die beweisen, dass das Zusammenspiel aller einzelnen Elemente mehr wiegen kann als eine einzelne herausragende Leistung. Argo hat nicht die beste Musik, die besten Zitate, die besten darstellerischen Leistungen oder die beste Kamera des vergangenen Kinojahres zu bieten. Jedoch greifen alle guten Elemente dieses Films so zusammen, dass ein sehr gutes Ganzes entsteht. Affleck erzählt unaufgeregt und mit liebevollem Auge für Kleinigkeiten die Geschichte einer absonderlichen, doch wahren CIA-Rettungsaktion. Seine dritte Regiearbeit ist spannend, witzig und handwerklich grandios. Beim wiederholten Ansehen nutzt sich Argo in meinen Augen ein wenig ab, da es nicht viel zu entdecken gibt, das nicht auf Anhieb bewusst wird, dennoch ist es die Art von „Smart Popcorn“, die es bitte wieder häufiger im Kino zu bewundern geben sollte.



Platz 8: Drive (Regie: Nicolas Winding Refn)


Wenn Quentin Tarantino sich vornehme, einen The Transporter
-Abklatsch zu inszenieren, nachdem er sich Lost in Translationansah und aufgrund dessen beschloss, sich stilistisch etwas stärker an Sofia Coppola zu orientieren, dann würde wohl so etwas wie Drive dabei herauskommen. Ein Charakterdrama von einem B-Actionthriller mit schwelgerischem Retroflair, vielen ruhigen Momenten und derber Gewalt. Drive wird in den kommenden Jahren sicherlich sehr häufig kopiert, aber ich bezweifle, dass all die zu diesem Werk aufsehenden Newcomer etwas erschaffen können, das an die Klasse dieses Werks heranreichen wird. Dieser Ausnahmefilm ist, wie man im Englischen so schön sagt, „Lightning in a bottle“.


Platz 7: Young Adult (Regie: Jason Reitman)

Jason Reitman und Diablo Cody feierten mit Juno einen gigantischen Kritikererfolg und auch beim Publikum kam die sarkastische, doch auch optimistische Teenie-Dramödie sehr gut an. Ich jedoch finde viel mehr Gefallen an der zweiten Kooperation des Duos. In Young Adult kehrt die gescheiterte Autorin Mavis Gary, hervorragend gespielt von Charlize Theron, in ihre alte Heimatstadt zurück, um ihren Jugendfreund aus seiner erdrückenden Ehe zu retten. Was folgt ist eine deprimierende, rabenschwarze und rücksichtslos-freche, zugleich sehr wohl lebensnahe Erzählung des Chaos, des Selbstbetrugs und der Unbelehrbarkeit. Theron gefällt mir hier mehr denn je und legt nie weniger als mindestens drei Gefühle gleichzeitig zu Tage, die Dialoge sind messerscharf und die findige Charakterisierung in dieser tristen Komödie sorgt für ins Schwarze treffende Selbsterkenntnis sowie für hübsche Fremdscham. 



Platz 6: Marvel's The Avengers (Regie: Joss Whedon)

Marvels E-Ticket-Ride: Dies ist eine höchst vergnügliche Achterbahnfahrt unter den Popcorn-Blockbustern. Spaßige, denkwürdige Charaktere spielen einander die Bälle zu, die Action ist rasant und spannend und alle Beteiligten glühen vor Ambition. Entertainment der obersten Güteklasse. 


Siehe auch:

Reingehört 65: Senderimages

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Es kehrt wieder Normalität ein im Quotenmeter.de-TV-Podcast. Was aber nicht bedeuten soll, dass Julian Miller, Antje Wessels, Sebastian Lätsch, Glenn Riedmeier und meine Wenigkeit keinen Spaß daran hatten, über die Images deutscher Fernsehsender zu diskutieren.

Und auch euch sei viel Spaß beim Anhören gewünscht!

Meine 25 Lieblingsfilme 2012 (Das Finale!)

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Endlich können wir mit 2012 abschließen. Am liebsten würde ich im selben Atemzug auch 2013 hinter mir lassen, aber das ist mir nicht vergönnt. Also widme ich mich einfach noch einmal freudig lächelnd den Filmen, die ich vergangenes Jahr am meisten ins Herz schloss. Lange musste ich mit mir hadern, welche Rangfolge zutrifft, doch ich stehe hinter diesen Platzierungen. Sie sind schwer erkämpft und wie ich finde auch schwer korrekt!

Platz 5: Anna Karenina (Regie: Joe Wright)

Joe Wright nahm Tolstois Bollwerk eines Adels-Liebesromans und verwandelte den russischen Literaturklassiker in einen opernartigen Sinnesrausch mit der Grazie eines Ballettstücks. Wrights Anna Karenina besticht damit, dass er die Geschichte eines Liebesdreiecks in der oberen russischen Gesellschaft nicht mit dem üblichen Bilderrealismus klassischer Literaturverfilmungen abbildet, sondern in ein heruntergekommenes, dennoch prunk- und stilvolles Theater verlagert. Die so entstehenden, innovativen Bilder kommentieren und rekontextualisieren die Handlung, in deren Mittelpunkt Keira Knightley steht, die als die titelgebende Anna Karenina eine der besten Leistungen in ihrer Karriere abliefert. Für mich ist es eine Schande, dass dieser Film nicht mehr Aufsehen erregte und ich hoffe, dass er mit der Zeit als kleines Kunstwerk von mehr und mehr Filmliebhabern entdeckt wird.

Platz 4: The Artist (Regie:Michel Hazanavicius)

Michel Hazanavicius' Liebeserklärung an die Magie des Stummfilms und den Findungsreichtum der Traumfabrik ist vergnüglich, auf herrlich nostalgische Weise melodramatisch und zudem ein ausgeklügeltes Beispiel für einen unaufdringlichen Metafilm. Mit diesem Stummfilm kommentiert Hazanavicius die Geschwätzigkeit des modernen Kinos und verweist auf Macken des tonlosen Kinos, ohne diese Beobachtungen in den Mittelpunkt der Erzählung zu drängen. Hinzu kommen Charmebolzen Jean Dujardin und Ludovic Bources eingängige, spaßige Filmmusik – und fertig ist der smarte, geballte Filmspaß.

Platz 3: Die Muppets (Regie: James Bobin)

Regisseur James Bobin, das Autorenduo Jason Segel & Nicholas Stoller und Songkomponist Bret McKenzie gelang mit dem einfallslos betitelten Die Muppets etwas, von dem wohl jeder halbwegs kreativ denkende Fan träumt: Sie brachten ihre aus dem Fokus der Medienwelt entschwundenen Idole zurück! Sie würdigten die filzige Muppet-Truppe mit einem witzigen, lebensfrohen und sich so manchen Seitenhieb auf Disney erlaubenden Film, der den Geist dieser Figuren besser versteht als alles andere seit deren Schatzinsel-Adaption. Der gute, alte Muppet-Witz, fantastische Songs und ansteckend gute Laune. Wundervoll!

Platz 2: Ralph reicht's(Regie: Rich Moore)

In einem Jahr, in dem sich Pixar die zweite künstlerische Schlappe in Folge erlaubte, war es ein Simpsons-Regisseur, der den Disney-Fans zu einem durch und durch gelungenen Animationsfilm verhalf. Das in der faszinierenden Welt der Videospiele angesiedelte Meisterwerk nahm eine Idee, aus der auch eine sich auf Popkulturhumor ausruhende Blödelkomödie hätte werden können, und formierte sie zu einer erfrischenden Komödie mit liebenswürdigen Figuren, deren Schicksal zu berühren weiß. Ob der an Arbeitsunlust zerbrechende Randale-Ralph oder die von ihrem Umfeld ausgestoßene Vanellope: Es fällt schwer, diesen neuen Disney-Helden nicht zu verfallen. Walts altes Kredo, dass es für jeden Lacher auch eine Träne geben sollte, fand nicht nur Berücksichtigung, sondern ging auch völlig auf: Man kommt für die hübsche Idee, einen entnervten Videospielschurken zu sehen und bleibt, weil der Film ganz beiläufig Alltagsfrust behandelt und mit Witz auflöst. Außerdem wissen die toll animierten, neu erschaffenen Welten zu gefallen sowie Henry Jackmans ohrwurmverdächtige Hintergrundmusik. Mit seiner Mischung aus Disney-Zutaten, atypischen Ideen, Witz und Herzlichkeit stellt Ralph reicht's für mich das Lilo & Stitch von Disneys CG-Zeitalter dar. Und das ist ein sattes Kompliment (so lange es nicht von John Lasseter kommt, dem alten Anti-Stitch-Sauertopf)!

Platz 1: Moonrise Kingdom (Regie: Wes Anderson)

Ich saß 2012 exakt einmal mit weit offenem Mund im Kino, während mir ein wohliger Schauer den Rücken herunterlief, der auszudrücken versuchte, wie wenig ich die sich vor meinen Augen erbreitende filmische Qualität fassen kann. Nur einmal vergaß ich völlig, dass ich in einem Kino sitze und verschwand völlig in den Eindrücken, die der gerade laufende Film über mein staunendes Ich ausschüttete. Dieser güldene Moment, der ein Jahr zuvor geschah, als ich erstmals die Laternensequenz in Rapunzel sah, ereignete sich, als Wes Andersons obligatorische Zeitlupenkamerafahrt von einem quirligen Marsch aus der Feder Alexandre Desplats untermalt wurde und ein verliebtes Kinderpärchen triumphierend aufbrach, um ein neues Leben zu beginnen, fernab von den piefigen (und bedrohlichen) Regularien der Erwachsenenwelt. Wes Anderson, trotz meiner Probleme mit Rushmore einer meiner Lieblingsregisseure, verbindet in dieser dramatischen Nostalgiekomödie seinen visuellen Puppenhausstil so gut mit dem Filminhalt, wie seit Die Royal Tenenbaums nicht mehr und lässt das Gefühl einer andersweltlichen Jugendliebe so intensiv wieder auferleben, dass Moonrise Kingdom sie letztlich ausgereifter und umfassender wiedergibt, als sie jemals waren. Verrückter, still vermittelter Humor, denkwürdiges Produktionsdesign und zwei der besten Kinderdarsteller, die ich seit Ewigkeiten auf der Leinwand gesehen habe sowie eine dramaturgisch furios abgestimmte Story – dies könnte mein neuer Lieblingsfilm von Anderson werden und ist zweifelsohne mein Lieblingsfilm 2012!

Siehe auch:

Der dritte "Lone Ranger"-Trailer kommt dahergeritten

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Disney veröffentlichte den dritten und letzten Kinotrailer zu seiner mindestens 250 Millionen Dollar teuren Westernproduktion The Lone Ranger. Nachdem der neuste Film des Fluch der Karibik-Traumteams Gore Verbinski, Jerry Bruckheimer, Johnny Depp, Hans Zimmer Ted Elliott & Terry Rossio in den erstenbeiden Trailern mit einer Mischung aus Action-Bombast und Wahnsinn verkauft wurde, kommt der dritte Trailer leider etwas konservativer daher. Helena Bonham Carters Waffen ihrer Wahl lassen weiter spüren, dass Verbinski keinen Standardwestern zusammenschusterte, allerdings will Disneys Marketingabteilung im neusten Werbefilmchen die Aufmerksamkeit auf die Story und die Produktionswerte des Films lenken.

Und so gut es auch zu wissen ist, dass The Lone Ranger Inhalte zu bieten hat, so fehlt dem Trailer einfach etwas an Schwung.

Aber um nicht weiter den Trailer zu bewerten, sondern das, was er über den Film mutmaßen lässt: Schatzsuche, Rachegelüste, ein Normalo, der unter der Leitung einer torkelnden Depp-Figur zum Ganoven wird, um so etwas Gutes zu tun und flotte Sprüche? Hey, es wird also wirklich Pirates of the Wild West!

Edit: Der neue deutsche Trailer geht eine etwas andere Richtung und bietet etwas mehr Spaß, Dynamik und Irrsinn!

James Bond 007 – Im Geheimdienst Ihrer Majestät

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Nach Man lebt nur zweimal, einem denkbar schlechten, für mich allerdings auch erschreckend kurzweiligen Bond-Film, folgt mit Im Geheimdienst Ihrer Majestät im inflationsbereinigt erfolgreichsten Kino-Franchise der Geschichte der Eintrag, der das Qualitätsruder komplett umreißt. Ich wage zu behaupten, dass diese 1969 veröffentliche Produktion der Bond-Film ist, den selbst energische Bondgegner lieben können. Und ausgerechnet dieser Film ist der einzige 007-Auftritt des unberühmtesten Doppelnulldarstellers: George Lazenby.

Aber alles der Reihe nach: Da Sean Connery der Rolle des britischen Topagenten und dem sie begleitenden Presserummel überdrüssig wurde, stieg er aus der Filmreihe nach, woraufhin die Produzenten händeringend nach einem Ersatz suchten. Für sie war Bond eine überlebensgroße Rolle, die nicht an ein Gesicht gebunden ist, zudem war der bereits eingefahrene Erfolg zu verlockend, nun einfach aufzugeben. Und so wagten sie, was sich seither nur wenige große Franchises trauten und suchten nach einem neuen Darsteller für die bereits etablierte zentrale Rolle. In der engeren Auswahl befanden sich unter anderem die späteren Bond-Schauspieler Roger Moore und Timothy Dalton, die jeweils aus terminlichen Gründen absagten oder sich nicht als reif genug für 007 hielten, sowie TV-Kult-Batman Adam West, Roy Thinnes, Hans De Vries und nunmal das Männermodel George Lazenby. Der Australier überzeugte die Produzenten Harry Saltzman & Albert R. Broccoli damit, dass er auch im Alltag eine an Bond erinnernde, selbstsichere, galante und dennoch kernige Ausstrahlung bewies und dem jungen Connery recht ähnlich sah, wovon man sich erhoffte, dass dies dem Publikum den Übergang zwischen beiden Schauspielern erleichtern würde. Als Lazenby zudem bei einer Action-Testszene dank seiner Modelerfahrung die Kampfchoreographie rasch lernte und dabei eine natürlich wirkende Aggression darstellte, war der Deal perfekt. Je nach Quelle soll der ihm angebotene Vertrag fünf bis sieben Filme umfasst haben, aber Lazenbys damaliger Agent misstraute der Zukunft des Chauvi-Geheimagenten, da die Siebziger vor der Tür standen und in den Augen von Lazenbys Agenten nach einer Welle an Hippie-Filme schrieen, während archaiche Männlichkeitssymbole der Vergangenheit untergehen würden. Außerdem soll er Lazenby geraten haben, seine schauspielerische Unerfahrenheit durch großes Selbstbewusstsein und eine gesunde Schroffheit am Set zu kompensieren, um sich so mehr Achtung zu verschaffen. Kurzum: Lazenby war noch während der Dreharbeiten davon überzeugt, das Schiff verlassen zu müssen und seitens der Filmemacher gab es zwar keinen Hass auf den Novizen, allerdings sah man ebenso wenig einen nennenswerten Anlass, ihn umzustimmen. Und so blieb Im Geheimdienst Ihrer Majestät ein einmaliger Blockbuster-Ausflug für das Ex-Model.

Der sechste offizielle Teil der großen James-Bond-Kinoreihe ist jedoch aus zahlreichen weiteren Gründen ein einmaliges Seherlebnis. Nicht nur innerhalb des James Bond-Subgenres, sondern im Segment des Actionfilms überhaupt. Zu verdanken ist dies zu großem Teil Regisseur Peter Hunt, der die ersten vier Bond-Filme schnitt und ihr Tempo sowie ihren Actionstil mitprägte, weshalb er sich als Strippenzieher hinter dem fünften Kinoeinsatz von 007 empfahl. Als er übergangen wurde, erlaubte er sich einen ausführlichen Urlaub, während dem er aber Frieden mit Broccoli & Saltzman schloss und als Second Unit Director und leitender Cutter bei Man lebt nur zweimal einstieg, womit er sich endgültig den Platz auf dem Regiestuhl für Bond No. sechs sicherte. Dort setzte er durch, sich mehr vom abgehobenen, mehr durch spaßiges Sci-Fi inspirierten Stil von Feuerball und Man lebt nur zweimal zu entfernen und wieder das bodenständigere, dramatischere Spannungsverständnis von Liebesgrüße aus Moskau anzustreben. Die Produzenten unterstützten dies und so konnte Hunt den Bond-Drehbuch-Veteranen Richard Maibaum mit einer buchnahen Adaption des von den Franchisemachern schon länger ins Auge gefassten Ian-Fleming-Romans Im Geheimdienst Ihrer Majestät beauftragen. Dieser 1963 erstveröffentlichte Roman war eine damals noch leicht sturköpfige Antwort Flemings auf die wilde, unrealistische Bond-Filmreihe und betonte die Dramatik und Tragik des Agentenlebens besonders stark. Hunt strebte an, diese Handlung respektvoll auf die Leinwand zu bringen, weshalb er auch den Literaturkritiker und Schriftsteller Simon Raven bat, mehrere Dialogstellen anspruchsvoller, intellektueller zu gestalten.

Eingangs wird der Zuschauer über den Gesamtplot im Unklaren gelassen und bekommt eine Reihe von miteinander verbundenen Vignetten unterbreitet, die keinerlei Agentenhintergrund aufzuweisen scheinen: James Bond wird, während er eine portugiesische Straße entlangfährt, von einer unbekannten Frau überholt, die mit ihrem schnittigen Wagen zum Strand fährt und dort gewillt ist, sich in die Fluten zu stürzen, um sich das Leben zu nehmen. Als 007 die anonyme Schönheit rettet, wird er von zwei Männern angegriffen, die er schließlich überwältigen kann, wenngleich unterdessen die Unbekannte flieht, ehe Bond sie in ein Gespräch verwickeln kann. Bald darauf begegnet er der Frau im Casino seines Hotels und erfährt ihren Namen: Contessa Teresa "Tracy" di Vincenzo. Die Tochter eines Unternehmers und Mafia-Oberhaupts gerät beim Kartenspielen in Zahlungsnot und erhält vom Kavalier mit der Lizenz zum Töten einen Notgroschen, um ihre Spielschulden zu zahlen. Auch wenn Tracy weiterhin braucht, um sich Bond zu öffnen, lernt sie letztlich, im zu vertrauen. Am kommenden Morgen wird Bond von den Handlangern von Tracys Vater entführt und auf eines seiner Anwesen gebracht, wo er dem Agenten das Angebot macht, die seelisch mehrfach gebrochene Tracy zu heiraten – der Gangsterboss glaubt, so seiner Tochter emotionale Stabilität zu verschaffen. Bond lehnt ab, schlägt aber einen Kompromiss vor, sollte ihm der Mafioso den Aufenthaltsort von SPECTRE-Oberhaupt Blofeld verraten, dem 007 erfolglos auf der Spur ist. Exakt deswegen erhält der Spitzenagent auch eine harsche Ermahnung durch seinen Vorgesetzten M, woraufhin Bond entnervt mit Kündigung vom Dienst droht. Stattdessen geht es jedoch auf einen bezahlten Urlaub, in dessen Verlauf sich Bond und Tracy näher kommen. Ihr Vater gibt Bond deshalb einen wertvollen Tipp, der 007 in ein Skiparadies führt, wo Blofeld angeblich einen weltumspannenden Terrorangriff ausheckt ...

Bereits in den ersten Minuten macht Im Geheimdienst Ihrer Majestät ein klares und deutliches Statement, indem sich Lazenby mit einem rauen, intensiv choreographierten Faustkampf vorstellt, durch den er sich mühevoll durchschlägt, um eine ihn fremde Frau zu beschützen. Regisseur Hunt und Kameramann Michael Reed zeigen diese Strandszene in unterbeleuchteten, bläulich schimmernden Licht, nur wenige Schatten fallen und dennoch wird eine ambivalente, ernste Stimmung erzeugt. Diese wird von der anschließenden Vorspannsequenz mit ihren surrealen Bildern zum Thema "Das Vergehen der Zeit" und John Barrys eingängigen, mitreißenden, trotzdem auch gedämpft-verschrobenen Instrumentalstück verstärkt und daraufhin von der gewählten Erzählweise fortgetragen. Denn so lange man Im Geheimdienst Ihrer Majestät aus der Perspektive betrachtet, dass es sich dabei um einen 007-Film mit der klassischen Bond-Formel handelt, wird man von den Filmemachern sehr lange bewusst hadern gelassen. Bond hat keine klare Mission, will sogar bei MI-6 kündigen und auch der Beziehung zwischen ihm und Tracy lässt Hunt viel Raum zum Atmen, ohne direkt eine Deutung zu forcieren, wer von den Beiden aktiv hinter dem Anderen her ist. Die typischen Elemente der Filmreihe sind allesamt vorhanden, wohl aber in gedrosselter und dramatischer Form. Bond flirtet nicht überzeichnet mit Moneypenny, sondern behandelt sie würdevoll, das übliche Gezeter mit M ist giftiger, ... Sogar der eröffnende Barrel-Shot zeigt Bond, wie er zu Knien geht, was eine wundervolle, subtile Vorausdeutung für die generelle Stimmung des Films darstellt.

Sobald sich langsam der geheimnisvolle Plan Blofelds entfaltet, der wegen eines überzogenes Hypnoseelement nicht völlig frei des Bond-Irrsinns ist, positioniert sich Im Geheimdienst Ihrer Majestät gleichwohl als kerniger Agentenactionfilm. Ein erbittertes Mann-gegen-Mann-Duell in einer Kanzlei übertrifft den Eröffnungskampf in Sachen Härte und spürbarer Wucht, der ausführliche Schlussakt in den Schweizer Alpen wiederum ist gepackt mit aufregenden Verfolgungsjagden, die durch imposante Aufnahmen der Alpen, ein Minimum an schlecht gealterten Effekten und dank einer engen Bindung zu den Figuren zu den besten der Bond-Reihe gehören. Der Humor dagegen ist in Im Geheimdienst Ihrer Majestät stark zurückgefahren, obwohl die Mitte des Films bei der sehr gemächlichen Erzählweise etwas Auflockerung vertragen hätte. Die wenigen Gags sitzen dafür aber, etwa wenn sich Bond mit staubtrockenen Kommentaren als an Frauen desinteressiert ausgibt, er ausnahmsweise derjenige ist, der dreist angegraben wird oder Bond einen Bernhardiner befielt, nicht weiter rumzutollen, sondern endlich den Alkohol zu bringen. Umstritten unter Bond-Fans bleibt dagegen die bisher einzige, unverblümte Illusionsbrechung zu Beginn des Films. Da man Lazenbys Kommentar "This never happened to the other fellow!" jedoch auch werkimmanent als Anspielung auf Aschenputtel verstehen kann und ein Kommentar auf die erste Bond-Umbesetzung unvermeidlich ist, finde ich diesen Spruch ganz passend.

Womit sich Im Geheimdienst Ihrer Majestät weiter vor den restlichen Bonds (zumindest der Pre-Craig-Ära) hervorhebt, ist die schauspielerische Stärke des zentralen Bondgirls Tracy di Vicenzo, gespielt von Fernsehstar Diana Rigg. Rigg erhält die Gelegenheit, eine verletzliche, gebrochene Seele zu spielen, die trotzdem nicht ins übliche Bond-Beuteschema fällt, sondern noch immer in Notsituationen auf sich selbst aufpassen kann. Lazenby wird von ihr regelrecht an den Rand gespielt, was allerdings nicht so negativ aufzufassen ist, wie es zunächst klingt. Denn auch wenn seine Darbietung als Bond nicht so denkwürdig ist wie die des Charmebolzens Sean Connery, so steht seine natürliche, vorsichtige Art voll im Dienste dieser dramatischen, charaktergestragenen Agentengeschichte. Und auch wenn Connery insgesamt der überzeugendere Darsteller ist, so könnte ich mir den letzten Akt dieses Films mit ihm nie so mitnehmend vorstellen wie unter dem "Jedermann" Lazenby.

Auch wenn Im Geheimdienst Ihrer Majestät aufgrund seiner wiederkehrenden Thematik der Risse hinter der Fassade von Gut und Böse und mit seiner verletzlichen Liebesgeschichte (die leichte Anleihen zu Shakespeares Widerspenstigen Zähmung aufweist) wohl gleichauf mit dem "Hitchcock-Bond" Liebesgrüße aus Moskau das dichteste Skript aufweist, zeigt es vereinzelte Mäkel, die den Gesamteindruck trüben. Dass der freundlichere, romantischere Lazenby-Bond dennoch feiste Ohrfeigen verteilt oder sich durch ein ganzes Skiressort voll Frauen schläft riecht nach faulen, hier fehlplatzierten Überbleibseln aus der Connery-Ära. Mit vereinzelten Anspielungen auf die ersten Filme, so summt ein kleinwüchsiger Hausmeister das Goldfinger-Leitthema, komme ich dagegen besser klar, da sie diesem bodenständigeren Film durch diese Verweise auf das Bond-Erbe ein Gefühl der Grandeur geben, ohne von der Handlung abzulenken.

Schlussendlich definiert sich Im Geheimdienst Ihrer Majestät aber am meisten durch das Finale, das mit simplen Mitteln sehr ikonische Momente kreiert. Leider nahm das damalige Kinopublikum den Schlussakt des Films, sowie den ersten Darstellerwechsel der Bondreihe, nicht so gut auf, wie die Produzenten erwarteten. Zwar ist es nicht mehr als bloß ein Mythos, dass diese Produktion an den Kinokassen scheiterte (in den USA stellte Im Geheimdienst Ihrer Majestät mehrere Startrekorde auf, im Vereinigten Königreich wurde er der erfolgreichste Film des Jahres, in Deutschland brachte er es auf rund vier Millionen gelöste Tickets), allerdings stimmt es, dass dieser Bond-Einsatz kommerziell weit hinter Man lebt nur zweimal zurück blieb. Deshalb zogen die Produzenten die Notbremse und kehrten für den nächsten Leinwandeinsatz des britischen Spitzenagenten zu Connery und einem weniger gefühlvollen Tonfall zurück. Als der einzige Film mit einem One-Bond-Wonder geriet Im Geheimdienst Ihrer Majestät beim breiten Publikum in Vergessenheit und viele geben ihm nicht einmal eine Chance, weil sie sich denken, dass der Film einfach nicht gut sein kann, wenn ja nur der "Lückenbüßer" für Connery mitspielt. Die Produzenten und die EON-Studioleitung dagegen feiern Im Geheimdienst Ihrer Majestät als ihr Magnum Opus und Meisterregisseur Christopher Nolan würdigt ihn als einen seiner größten Einflüsse auf sein Blockbusterschaffen.

Mittlerweile erlebt Im Geheimdienst Ihrer Majestät dank ihn preisender Filmkritiker eine Renaissance, und ich kann mich nur in diesen Chor einreihen: Ambitionierter, menschlicher und dramatischer konnte man Bond (vielleicht abseits von Skyfall) nie mehr sehen. Es ist vielleicht nicht der spaßigste Bond-Film, wohl aber eine der auch ohne 007-Bonus stärksten Geschichten des Franchises.

Brennendes Interesse (Die Rückkehr der Jedi-Ritter)

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Vorfreude. Manche nennen sie die beste Freude unter allen Freuden. Ich bin mir da weniger sicher, dennoch ist die Vorfreude eine essentielle Gefühlsregung. Sie lässt uns nach vorne schauen und sehnsüchtig danach hadern, ein anvisiertes Datum zu erreichen. Als Filmliebhaber ist die Zeit der Vorfreude auf einen Film die Zeit der Spekulation, des Hoffens und auch des begierigen Bangens. "Hoffentlich wird der Film so gut wie ich ihn mir ausmale! Hoffentlich weiß er zu überraschen!"

Vorfreude. Sie ist der Schlüssel zu dieser Hitliste. Es geht nicht darum, von welchen Filmen ich die höchste Qualität erwarte, sondern auf welche ich vorfreudig und sehnsüchtig blicke, welche mich zu einem ungeduldigen Nervenbündel machen.

Platz 30: Inside Out
Nachdem Pete Docter eine bunte Monsterwelt schuf und einen alten Mann mit seinem Haus nach Südamerika reisen ließ, zeigt er in seinem nächsten Pixar-Film, wie es im Kopf eines jungen Mädchens aussieht. Viel mehr weiß man nicht. Trotzdem warte ich gebannt auf diese neue Geschichte aus Emeryville. 2015 kann kommen!

Platz 29: Kick-Ass 2
Kick-Ass begeisterte mich 2010 als eine wilde Mischung aus Superhelden-Dekonstruktion und -Rekonstruktion, aus Comicfilmparodie und Gesellschaftssatire gepaart mit viel Blödelhumor. Die Comicadaption stellte somit einen starken Cocktail dar und Teil zwei deutet an, dem Original in kaum etwas nachzustehen.

Platz 28: Elysium
So ganz hat mich der Hype um Neill Blomkamps zweiten Sci-Fi-Streifen nicht gepackt, doch ich sehe die Qualität im bislang veröffentlichten Material und hoffe, dass das Gesamtwerk an die Hoffnungen der Mehrheit heranreicht.

Platz 27: Clerks III
Kevin Smith beendet seine Karriere als Filmregisseur dort, wo er sie angefangen hat: Mit Dante und Randel im Quick Stop. Smith feiert das Skript zu seinem Schwanengesang als sein bestes Werk. Selbst wenn es schlussendlich halb so gut wird, steht uns eine tolle Indiekomödie bevor.

Platz 26: Thor - The Dark Kingdom
An und für sich habe ich meine Zweifel, wie gut ein zweiter Thor sein kann, andererseits finde ich den ersten Teil mit jedem Ansehen gelungener und freu mich auf das Wiedersehen mit Chris Hemsworth, Natalie Portman und Kat Dennings.

Platz 25: Hangover III
Der erste Trailer zum Abschluss der Trilogie über Zerstörung und schlechte Entscheidungen ließ mich auf einen mutigen Genrewechsel hoffen, auf eine selbstbewusste Dekonstruktion der ersten beiden Teile. Trailer zwei drosselte meine Vorfreude ein wenig, da wir wohl doch mehr vom selben bekommen werden. Trotzdem freue ich mich auf ein letztes Wiedersehen mit den Chaosjungs.

Platz 24: Crank 3
Crank 2 war wesentlich durchgeknallter, böser und rasanter als der erste Teil, und ich hoffe, dass der dritte Teil dieser verrückten Filmreihe noch schlimmer, krasser, bescheuerter wird.


Platz 23: Der große Gatsby
Baz Luhrmann taucht wieder in einen neuen Filmrausch ab und widmet sich einem ganz großen Klassiker der Literaturgeschichte. Das 3D packt bereits in den Trailern, der Look des Films ist eine Wucht und wenn die Musik funktionieren und auch die ruhigeren Momente aufgehen sollten, dann dürfte dies ein überwältigender Kinobesuch werden!

Platz 22: Ich - Einfach unverbesserlich 2
Die Minions sind spitze, Gru und seine Adoptivtöchter knuffig, die Trailer sehen gut aus. Passt!

Platz 21: Das schwarze Loch
Über die zwischenmenschliche Komponente in den Drehbüchern der Filme Joseph Kosinskis kann man sich streiten, auf jeden Fall aber hat Kosinski ein Auge für faszinierend aussehende Sci-Fi-Welten und ein Gespür für die unterkühlte, magnetische Atmosphäre, die Sci-Fi-Kultfilmen aus den 70ern und 80ern zumeist innewohnte. Tron führte er bereits auf interessante Weise ins neue Jahrtausend und ich erwarte nicht weniger von seinem Remake des schwarzen Disney-Schafs Das schwarze Loch. Zudem verspricht Kosinski eine gigantische Ankündigung für diesen Film, die uns bald ereilen soll. Nur was kann es sein?

Platz 20: Captain America – The Winter Soldier
Mein liebster Pre-Avengers-Film des Marvel Cinematic Universe findet eine Fortsetzung und wechselt mal eben das Genre? Von Weltkriegsaction mit Indiana Jones-Feeling zu Politthriller in Superheldenverkleidung? Klingt interessant. Black Widow und der Winter Soldier mischen mit? Und Robert Redford übernimmt eine nicht unwichtige Rolle? Immer her damit! Die Captain America-Reihe ist auf dem besten Wege, frischer und abwechslungsreicher als die Iron Man-Saga zu werden, und ich bin sehr gespannt, wie viele Kinogänger mir 2014 gewillt sein werden, da zuzustimmen.

Platz 19: Saving Mr. Banks
Ein sich an realen Gegebenheiten orientierendes Drama über Walt Disney? Eigentlich würde ich sagen "immer her damit!", und mit Walts Auseinandersetzung mit P. L. Travers, der Autorin von Mary Poppins, pickte sich Drehbuchautorin Kelly Marcel ein spannendes Unterthema heraus. Dennoch kann ich noch recht geduldig auf diesen Film warten. Regisseur John Lee Hancock ist mir gleichgültig, Tom Hanks sehe ich auf Standbildern einfach nicht in der Rolle und genauso habe ich (noch) Probleme mit Jason Schwartman und B. J. Novak als Sherman-Gebrüder. Aber dennoch bleiben eine spannende Story und das überraschende PG-13-Rating. Und wenn Disney sich in diese Gefilde traut, bin ich stets vom Ergebnis überzeugt. Und somit bin ich dann doch gespannt auf Saving Mr. Banks ...

Platz 18: Pain & Gain

Michael Bay macht endlich wieder Spaß? Die Pressereaktionen auf Pain & Gain sprechen jedenfalls für ein begeistertes "Fuck Yeah!": Schwarzer Humor im Bay-Hochglanzlook mit einem enorm engagierten Dwayne Johnson und einem spaßigen Mark Wahlberg in den Hauptrollen sowie illustren Nebendarstellern um sie herum. Bays "kleiner Film" zwischen Transformers 3 und 4 könnte dem Krachbummregisseur neue Fans einbringen (die er mit seinem nächsten Film womöglich wieder verliert), und ich werde mit Naschereien bewaffnet im Kino sehr gerne als Augenzeuge antreten.


Platz 17: Iron Man 3
Nun gut, die Wartezeit auf diesen Film ist wirklich nicht mehr lang. Trotzdem (oder gerade deswegen?) würde es mich tierisch nerven, würde Iron Man 3 plötzlich um mehrere Monate verschoben. Ich erwarte keinen ganz so mitreißenden Popcorn-Kinoritt wie bei Avengers und auch wenn das Promomaterial einen etwas düsteren Film vermuten lässt, glaube ich nicht, dass uns eine völlig neue Seite von Marvels Kinowelt bevorsteht. Ich rechne schlicht mit einem pompösen, kurzweiligen Superheldenspektakel, das ein paar finstere Zwischentöne hat. Und ich freu mich sehr auf das Triple Feature mit Freunden.

Platz 16: Interstellar
Christopher Nolan dreht einen Film über Wurmlöcher. Mehr weiß man nicht, außer dass Anne Hathaway mitspielt, und mehr muss ich nicht wissen, um auf den Film gebannt zu warten.

Platz 15: Tron 3
Zwischenzeitlich sah es düster aus für die Zukunft von Tron, aber aus dem Nichts erhielt eine Fortsetzung von Tron: Legacy für Disney erhöhte Priorität. Ob man vielleicht endlich die Handlungsfrage geknackt hat? Regisseur Joseph Kosinski jedenfalls verspricht für seinen zweiten Tron-Film eine düstere Atmosphäre und dass inhaltlich die größten Konsequenzen aus Tron: Legacy gezogen werden. Was eigentlich in einen äußerst dramatischen und intellektuellen Sci-Fi-Thriller münden müsste ... gepaart mit großen Actionsequenzen, denn woher sonst zieht Kosinski den Vergleich zwischen Tron 3 und Das Imperium schlägt zurück? Ganz egal ... 2015 kann kommen!

Platz 14: The Muppets ... again!
Mehr Muppets? Mit Christoph Waltz, Tina Fey und Ricky Gervais? Her damit!

Platz 13: The World's End
Edgar Wright hat bislang keinen einzigen enttäuschenden Film abgeliefert und wenn Simon Pegg, Nick Frost und Rosamund Pike sowie Martin Freeman während des Weltuntergangs auf Sauftour gehen, dann kann da nur eine verrückte, frische Komödie bei rausspringen, oder?

Platz 12: Viel Lärm um nichts

Shakespeares vergnügliche Verwechslungskomödie, inszeniert von Joss Whedon, mit Whedon-Stammmädel Amy Acker, dem "Marvel Cinematic Universe"-Paten Clark Gregg und Alexis Denisof in den Hauptrollen? Ein düsterer, zynischer und vor allem visueller, filmischer Blick auf Liebe soll diese Adaption durchsetzen? Wie soll das schon schiefgehen?

Platz 11: Big Eyes
Tim Burton hat mich in den vergangenen Jahren zu häufig enttäuscht, als dass ich mich weiterhin voller Überzeugung als Freund des Schaffens Burtons bezeichnen könnte. Aber vielleicht kann sich Burton von seiner Reihe mieser Filme erholen, indem er mit Amy Adams und Christoph Waltz die wahre Geschichte eines zerstrittenen Künstlerduos verfilmt. Ich mag Adams und Waltz, Burton nun mal außerhalb seiner Komfortzone zu sehen kann auch nicht schaden ... Ach, reden wir nicht drumherum: Ich hoffe, dass dies ein neues Ed Wood wird.

Platz 10: The Zero Theorem
Während ich Tim Burtons Stil momentan nicht mehr über den Weg traue, stärke ich Terry Gilliam liebend gerne weiterhin den Rücken. Und wenn Gilliam einen Film über den Sinn des Lebens machen möchte, in dem Christoph Waltz ein exzentrisches Computergenie spielt, dessen Arbeit von einer verführerischen Frau (Mélanie Thierry) aufgehalten wird und in dem Matt Damon das verkörperte Management darstellt, dann schmeiß ich mich dem Monty Python-Mitglied liebend gern zu Füßen!

Platz 9: Transcendence
Kameragenie Wally Pfister feiert sein Regiedebüt mit einem Sci-Fi-Thriller über zwei Computergenies, die zu verhindern versuchen, dass unsere Technologie in eine Ära abgleitet, in der Computer die Denkfähigkeiten des menschlichen Verstands erhalten. Johnny Depp, Morgan Freeman, Kate Mara, Rebecca Hall, Cillian Murphy sind vor der Kamera an Bord, ich mit Sicherheit vor der Kinoleinwand!

Platz 8: Star Wars - Episode VII
J. J. und Michael werden das Ding schon schaukeln! 2015 kann kommen!

Platz 7: Sin City 2
Das Unglaubliche wird wahr. Jahre der zerstörten Hoffnung liegen hinter uns, aber diesen Herbst führen uns Robert Rodriguez und Frank Miller tatsächlich zurück nach Basin City. Eva Green als "Dame To Kill For", Mickey Rourke, Joseph Gordon-Levitt, Clive Owen, Josh Brolin, Bruce Willis, Rosario Dawson, Jamie King und Ray Liotta kehren ihre beste Film-noir-Seite heraus, während Robert Rodriguez seine Spielereien ausnahmsweise zur Seite legt und mehrere kernige, dreckige Comicgeschichten auf die Leinwand zaubert. Nach der langen Wartezeit ist die Erwartungshaltung gigantisch und es bleibt abzuwarten, ob Rodriguez fähig ist, zu liefern. Aber es wird eine Wonne, angespannt ins Kino zu gehen und sich selbst davon zu überzeugen.

Platz 6: Machete Kills
Obwohl mir Sin City um ein Vielfaches besser gefiel als Machete, freu ich mich derzeit deutlich mehr auf die Fortsetzung des Mexpolitation-Spaßes als auf die neuen Geschichten aus Frank Millers Sündenpfuhl. Machete Kills kommt mit einem gigantischen Cast angewalzt und setzt auf eine so hanebüschene Story, dass ich nicht weniger als den hirnverbranntesten "Nachos und Tequillabier rausgeholt und mit Freunden laut losgelacht"-Kinospaß des Filmjahres erwarte. Sin City 2 könnte scheitern, aber dass Machete Kills besser wird als sein Vorgänger ist in einem Film mit Mel Gibson als Schurken und Charlie Sheen als US-Präsidenten sowie Lady Gaga in einer Nebenrolle nahezu garantiert. Hoffentlich nervt Zoe Saldana nicht zu sehr ...

Platz 5: Pyongyang

Gore Verbinski kann ankündigen, was er will, ich bin auf Anhieb gespannt! Es gibt "Journeyman"-Regisseure, also Filmer, die in jedem Gebiet wildern und nirgends zuhause sind, da sie keinen eigenen Stil haben. Dann gibt es Regisseure, die eine sehr dicke Handschrift haben und sich deshalb nur für eine fest vorgeschriebene Art von Filmen eignen. Und dann gibt es Verrückte wie Steven Soderbergh oder nunmal Gore Verbinski, die einen erkennbaren Stil haben und trotzdem von der Kinderkomödie über den Horrorfilm bis hin zum Megawestern alles drehen können. Nachdem Verbinski nun schon drei (sehr unterschiedliche und trotzdem klar einer durchgehenden Reihe angehörige) Piratenfilme und zwei sehr verschiedene Western drehte, wendet er sich mit dieser Comicadaption (wieder) der tiefschwarzen Komödie zu. Ganz so kinderfreundlich wie in Mäusejagd wird es dieser Geschichte eines Comickünstlers, der nach Nordkorea fährt, um dort die in Sweatshops produzierte Trickadaption seines Spitzenwerks zu bewachen, allerdings sicher nicht zugehen. Und wenn man bedenkt, dass schon Mäusejagd nicht gerade die kinderfreundlichste Komödie war, rechne ich mit sehr viel bösem Humor.


Platz 4: Tomorrowland
Die Internetbeiträge "Die Story von Brad Birds und Damon Lindelofs Top-Secret-Sci-Fi-Film endlich gelüftet!" und da ich ungespoilert bleiben will, beachte ich sie schon gar nicht mehr weiter. Allerdings lässt sich dem Web entnehmen, dass sie sich allesamt widersprechen. Und das gefällt mir sehr. Wie genial wäre es, wenn wir endlich wieder einmal ahnungslos in einen großen Film gehen könnten? Ich zumindest brauche nicht mehr als folgende Personalien, um mich zu freuen: Brad Bird, Damon Lindelof, George Clooney, Hugh Laurie, Michael Giacchino. Also, ich will's sehen!

Platz 3: Die Monster Uni
Wie auch Tim Burton, so befindet sich Pixar in großer Bringschuld. Die Traumfabrik aus Emeryville vollzog einen fabelhaften Durchmarsch voller Qualitätsfilme und fiel dann mit Cars 2 gewaltig auf die Schnauze. Im Folgejahr spaltete Pixar mit Merida die Geister - in meinem Fall schuf das Trickhaus mit seinem Schottenmärchen einen mittelmäßigen Film, der von Sichtung zu Sichtung schlechter wird. Vor allem zeichnete sich nach Toy Story 3 der Trend zum Blödelhumor ab. Die Monster Uni kündigte mit seiner Marketingarbeit an, ebenfalls ein bunter Filmspaß zu werden, da die Figuren jedoch sehr sympathisch sind, hoffte ich stets darauf, wenigstens eine amüsante Kinokomödie zu erhalten. Und dann kamen die ersten Reaktionen auf den kompletten Film. ZACK! Meine Erwartungen und meine Vorfreude schossen in neue Höhen. Peter Sciretta von /Film spricht von einer sehr witzigen Komödie mit einem ans Herz gehenden, überaschenden letzten Akt und einer "mutigen Botschaft", Perri Nemiroff nennt den Film "amüsant, mitreißend und herzerwärmend" und Eric Eisenberg von Cinema Blend beschreibt ihn als "beeindruckend". Könnte Die Monster Uni das beste Prequel aller Zeiten werden? Auf jeden Fall wird es wohl der (für mich) beste Pixar seit eine Rostkarre das Niveau nach unten riss.

Platz 2: Pirates of the Caribbean 5
Seit Terry Rossio auf seiner Webseite angibt, dass er weiterhin am Drehbuch zu Teil fünf beteiligt ist und Jeff Nathanson (Catch Me If You Can, Indiana Jones und das Königreich der Kristallschädel) nicht alleine die Handlung des kommenden Piratenfilms verantwortet, bin ich wieder ein gutes Stück zuversichtlicher. Trotzdem mangelt es mir noch an einer Bekanntgabe, wer Regie führt. Die bisherigen Gerüchte schwanken ja von "Super!" ("Gore kehrt zurück!", "Rob Marshall bleibt dabei!", wobei mir erstes immer in den Kram passt und zweites je nach Story genauso sehr oder einen Hauch weniger) über "Jo, mal schauen!" (Sam Raimi) bis zu "Bitte nicht!!!" (Shawn Levy, Christ Weitz) und deswegen mischen sich in meinem Kopf Freude und Angst zu einem betäubenden Cocktail. 2015 kann kommen?!

Platz 1: The Lone Ranger
Ich wiederhole es gerne: So sehr ich Disney auch liebe, ich freue mich jedes Mal wie bescheuert, wenn jemand daherkommt und der Studioleitung gekonnt die lange Nase zeigt. The Lone Ranger ist praktisch "Leck mich, Disney! - Der Film!", denn hier treffen Johnny Depp, Gore Verbinski, Jerry Bruckheimer und Ted Elliott & Terry Rossio zusammen, um einen Western auf die Beine zu stellen, der mehrfach die Budget-Obergrenze durchbrach, garantiert ein PG-13-Rating erhält und pompös, dreckige Bilder auf die Riesenleinwand schmeißt. Die Filmmusik von Hans Zimmer und Incubus-Gitarrist Mike Einziger dürfte ebenfalls rebellisch werden und auch wenn die Lone-Ranger-Werdegeschichte in den Trailern noch was trocken daherkommt, klingt sie auf Papier ganz ansprechend. Action und Humor ("Großer Dachschaden bei Pferd!") überzeugen mich schon in den Trailern und bislang hat mich die Handlung im fertigen Film auch immer gepackt. Ich hoffe nur, dass Gore auch wieder was rumspinnen durfte. Es muss ja nicht ganz auf Am Ende der Welt-Niveau sein, doch ein wenig Ballaballa muss einfach sein! Immerhin sagt Verbinski übers Geschichtenerzählen und seine Einstellung zum Filmemachen: "Man muss sich trauen, einige Leute anzupissen", denn wer jedem gefallen will, ist schlussendlich nur öde. Unter allen Regisseuren, die mit solchen Unsummen hantieren wie Verbinski, ist einer der mutigsten in Sachen "Mir egal, wenn manche mich hassen, so lange mich genug Leute trotzdem mögen, finde ich weiterhin Arbeit!", und wer mit dieser Einstellung einen 250-Millionen-Dollar-Western dreht, wird auf jeden Fall etwas sonderbares abliefern. Verbinskis Absonderlichkeiten gefielen mit bisher, wieso sollte sich das nun ändern?

Entengeschnatter: Die teuersten Filme aller Zeiten

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Hollywood hat Geld. Viel Geld. Hollywood hat so viel Geld, dass für Filme wie Duell der Magier 150 Millionen Dollar ausgegeben werden. Und der Film war noch vergleichsweise billig. Im neusten Entengeschnatter sprechen Donalds Erben und Podcastgast Kevin über Battleship, Pearl Harbor, Titanic, Rapunzel und Co.. Denn über das Geld anderer Leute zu reden macht Spaß!

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Mehr vom Entengeschnatter

Zach Braff plant seine zweite Kino-Regiearbeit

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Seit Garden State sind mittlerweile neun Jahre ins Land gezogen, und noch immer lässt Scrubs-Star Zach Braff seine Fans auf eine neue Regiearbeit warten. Hat Braff das Interesse am Regieführen verloren, hat er dem Kino abgeschworen oder hat er einfach nur Furcht, der durch die Klasse von Garden State erzeugten, massiven Erwartungshaltung nicht standhalten zu können?

Braff öffnet sich endlich all diesen brennenden Fragen und kommt so gleich mit einer großartigen Neuigkeit daher. Gemeinsam mit seinem Bruder erarbeitete er ein neues Drehbuch mit dem Titel Wish I Was Here, das er mit sich selbst in der Hauptrolle sowie als Regisseur umsetzen möchte. Der Haken an der Sache, und zugleich die Erklärung für seine jahrelange Abstinenz vom Regiestuhl: Ihm gelingt es nicht, das notwendige Geld für seine filmischen Visionen aufzutreiben.

Nachdemdie Köpfe hinter der Krimiserie Veronica Mars via Kickstarter endlich den seit langer Zeit von Fans herbeigesehnten Kinofilm absichern konnten, wirft nun auch Braff seinen Hut in den Ring. Um Wish I Was Here seinen Vorstellungen entsprechend umsetzen zu können und keine Kompromisse bei der Handlung, der Rollenbesetzung sowie den technischen und logistischen Aspekten machen zu müssen, bittet Braff die Kickstarter-Gemeinde um Mithilfe, den Film ohne Finanziers von außen zu verwirklichen und den Final Cut behalten zu können.

Das anvisierte Kickstarter-Finanzierungsziel beträgt sich auf zwei Millionen Dollar und wie es bei diesem Modell üblich ist, verspricht Braff seinen zahlenden Fans allerlei Entschädigungen für ihre Gönnerhaftigkeit. Das reicht, je nach Höhe der Spende, von einer Kopie des Drehbuchs und einer Nennung im Abspann bis hin zur Teilnahme an der Weltpremiere (und der Aftershowparty) als Zach Braffs Ehrengast.

Die von Braff angerissene Story ("Ein gescheiterter Schauspieler mit großem Vorstellungsvermögen kann sich nicht weiter die Ausbildung seiner zwei Kinder leisten und nimmt sie kurzerhand selbst in die Hand, was zu allerlei Chaos führt, ihm aber letztlich die Augen öffnet, worauf es im Leben ankommt") klingt zwar nicht sonderlich revolutionär, aber schon Garden State ("Ein erfolgloser, emotional verkühlter Schauspieler kehrt nach dem Tod seiner Mutter in seine Heimatstadt zurück, wo er versucht, die Beziehung zu seinem Vater zu kitten und von einer quirligen, jungen Frau aus seiner Apathie gerissen wird") lebte klar mehr von der Umsetzung als von dem grob umrissenen Plot. Braff verspricht eine "Fortführung des Geistes von Garden State", und die sollte ihre zwei Millionen Dollar ja wohl wert sein.

Mehr über das Projekt erfahrt ihr in Braffs mit Gaststars gespickten Video sowie auf der Kickstart-Projektseite.



Mehr über das Projekt

Die Quellen der Disneyfilme: Cinderella

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Von Legenden zu historischen Ereignissen, von Märchen bis zu klassischer Literatur - die Zauberkünstler von Disney haben sich der vielfältigsten Quellen bedient, um Stoff für ihre Filme zu finden. Gemein haben sie jedoch alle, dass das Ursprungsmaterial nicht ohne Veränderung in den Disney-Kanon eingeflossen ist.

 

Diese Reihe von Im Schatten der Maus befasst sich mit dem Entstehungsprozess einiger dieser Meisterwerke:
Die Quellen der Disneyfilme

Das Märchen vom Aschenputtel ist, soweit wir es feststellen können, eines der ältesten Märchen überhaupt. Es existieren verschiedene Versionen, die bis in die Antike zurückreichen, wobei es bei diesen alten Erzählungen meistens darauf hinausläuft, dass der König (beziehungsweise sein Equivalent) das junge Mädchen nicht einmal kennt - alles was er besitzt ist der zentrale Schuh und die feste Absicht, diejenige zu finden, an dessen Fuß er passt. Natürlich sagt es einiges über das damalige Menschenbild aus, dass nicht - wie in unserer „Märchenzeit“ - der bloße Anblick einer Frau für die ewige Liebe ausreicht, sondern gar allein der Anblick ihres Schuhes ...
Wie im Falle von Dornröschen gibt es auch hier in unserem Kulturkreis zwei Versionen, die sich die allgemeine Bekanntheit teilen: Aschenputtel oder das gläserne Pantöffelchen („Cendrillon ou le petite pantoufle de verre“) von Charles Perrault und Aschenputtel aus den Hausmärchen der Gebrüder Grimm. Doch anders als bei Dornröschen sind die Unterschiede in diesem Fall eindeutig genug, dass sich jede weitere Adaption eindeutig für eine der beiden Fassungen entscheiden muss. Im englischen Sprachraum ist die Perrault-Fassung mit Sicherheit die bekanntere, während es sich bei uns eher die Waage hält - während Grimms Aschenputtel wohl das Märchen ist, das die Kinder häufiger in Büchern und auf Kassetten finden werden, so sind die meisten Filmadaptionen eher Perrault-orientiert und haben zumindest den gläsernen Schuh und die zwölf Schläge der Turmuhr ganz in das hiesige Gedächtnis eingebrannt. Und das, obwohl die Natur des Schuhs (oder eher Pantoffels) bis heute nicht eindeutig erklärt ist: Der ähnliche Klang von „Verre“ (Glas) und „Vair“ (das Fell des Eichhörnchens) legt nahe, dass hier zu irgendeiner Zeit eine folgenschwere Lautverschiebung stattgefunden haben dürfte.

Generell kann man sagen, dass die Grimmsche Version der Geschichte eine größere Betonung auf den himmlischen Beistand legt, während Perrault die Fantasy-Aspekte des Märchens betont. Schon der Prolog der deutschen Version berichtet von Aschenputtels Mutter und ihrem Versprechen, ihrer Tochter immer beistehen zu wollen.
Dann folgt das immer gleiche Grundkonzept: Die Mutter stirbt und Aschenputtels Vater heiratet eine neue Frau, die gemeinsam mit ihren hässlichen und faulen Töchtern beginnt, dem Mädchen das Leben zur Hölle zu machen; sie muss arbeiten verrichten und in der Asche schlafen, was ihr schließlich auch ihren Namen einbringt. An dieser Stelle betont Perrault noch einmal, wie gütig Aschenputtel trotz der derben Behandlung bleibt und dass sie ihren Stiefschwestern auch bei den Vorbereitungen für das Fest des Prinzen nach bestem Gewissen helfen will.
Die spätere Hilfe wird bei Grimm von Anfang an durch den Baum angedeutet, den Aschenputtel auf dem Grab ihrer Mutter pflanzt und auf dem ihr der Geist der Mutter in Gestalt eines Vogels erscheint und kleinere Wünsche erfüllt. Auch als die Stiefmutter ihr mit dem Verlesen der Erbsen eine unmöglich erscheinende Bedingung stellt, um auf den Ball zu gehen, sind es die Tauben, die ihr treu beistehen. Und der Baum der Mutter schenkt ihr schließlich die prächtigen Kleider, mit denen sie drei Tage lang auf dem Ball glänzen kann, ehe sie sich jeden Abend übereilt auf den Heimweg macht.
Bei Perrault handelt es immerhin um ihre Patin, die aber vor allem in ihrer Rolle als Gute Fee handelt, wenn sie für Aschenputtel einen Kürbis in eine Kutsche, Mäuse, Ratten und Eidechsen in Diener und Pferde und ihren Kittel in ein Ballkleid inklusiver gläserner Pantoffeln verwandelt. Doch hier ist der ganze Zauber nur bis Mitternacht wirksam und Aschenputtel hat somit gute Gründe, beide Tanzabende vor dem zwölften Glockenschlag zu verlassen, das zweite Mal in solcher Eile, dass sie einen ihrer Schuhe verliert.
Bei Grimm dagegen ist es der Prinz selbst, der die Treppe mit Pech bestreichen lässt und sie so ihres (hier goldenen) Pantoffels beraubt - man höre und staune, Seine Königliche Hoheit zeigt ein Mindestmaß an Eigeninitiative. Er verfolgt sie zu ihrem Heim und lässt dort speziell die Damen des Hauses den Schuh anprobieren, anders als bei Perrault, wo sich alle Damen des Königreichs dieser Übung unterziehen müssen.
Neben den penibleren Unterschieden stellt nun das Schicksal der Stiefschwestern einen Punkt dar, in dem sich Grimm und Perrault auf wirklich tiefgehende Weise unterscheiden. Nicht nur schneiden sich die Schwestern selbst respektive Zehen und Fersen ab, um in den Schuh zu passen - jeweils offenbart durch das Gurren der Tauben - sondern auf dem Weg zu Aschenputtels Trauung werden den beiden auch noch beide Augen ausgepickt. Damit ist es erklärtermaßen nicht die Heldin selbst, die sich an ihren Peinigerinnen rächt, sondern eine buchstäblich von oben erfolgende Strafmaßnahme.
Bei Perrault kommen die Stiefschwestern nicht nur straflos davon, sie bekommen durch Aschenputtels Hilfe auch noch eigene Ehemänner vermittelt. Somit liegt bei Perrault definitiv eine stärkere Betonung auf der Güte des Mädchens selbst, während die Gebrüder Grimm ihren Aufschrieb mit einer bewussten Strafandrohung beenden, die allen bösen Taten folgen muss.



Die Verfilmung von Aschenputtel oder Cinderella, die 1950 als zwölftes Disney-Meisterwerk erschien, beruht natürlich vor allem auf Perraults Erzählung, und es ist wohl speziell diesem Film zu verdanken, dass diese - bei uns meist als Cinderella titulierte - Version der Geschichte sich auch in unserem Land im allgemeinen Bewusstsein verankert hat. Der Disneyfilm hangelt sich vergleichsweise nah an den Zügen von Perraults Erzählung entlang und nutzt die Grimmsche Fassung nur hin und wieder als Inspirationsquelle, zum Beispiel wenn er Cinderella zusätzlich zu ihren Mäusen auch Vögel als Gefährten gibt, oder wenn die Stiefmutter dem Mädchen ein falschzüngiges Versprechen macht, verbunden mit einer unlösbar erscheinenden Aufgabe. Und auch die Bank, auf der Cinderella weinend zusammenbricht, um dann von ihrer Guten Fee getröstet zu werden, erinnert mit ihrem im Hintergrund stehenden Baum an eine Grabanlage, wie sie bei Grimm für Aschenputtels Mutter beschrieben ist.

Es heißt, Cinderella sei Walt Disneys Lieblingsmärchen gewesen und schon 1922 hat er die Geschichte als letztes Stück seiner Laugh-O-Gram-Serie verfilmt. Die simple Moral, dass ein guter Lebenswandel belohnt wird und dass man niemals an seinem Unglück verzagen, sondern an seinen Träumen festhalten sollte, hat in der Tat einiges für sich, um als übergeordnetes Lebensmotto zu fungieren.

Nun kann man sich fragen, ob die Botschaft des Filmes wirklich mit dem Leben Disneys vergleichbar ist. Schließlich ist der häufigste Vorwurf, den Cinderella erhält, der, dass sie selbst nichts für ihr Glück unternimmt und sich auf die Hilfe anderer verlässt - ein Vorwurf den Disney selbst sicher niemand machen könnte. Doch diese Sicht ist dem Film gegenüber nicht ganz gerecht. Cinderella befindet sich in einer mehr als problematischen Situation und sie bemüht sich, all ihren Schwierigkeiten so positiv wie nur möglich entgegenzutreten. Natürlich beinhaltet die Entwicklung der Geschichte einen essenziellen Anteil von fremder Hilfe, doch diese „Belohnung“, ob man sie nun als Glück oder göttliche Fügung interpretiert, ist auch in der Realität etwas, das für jeden Erfolg unverzichtbar scheint. Was außerdem im Disneyfilm im Vergleich zu beiden Märchenversionen noch betont wird, ist Cinderellas eigener Wunsch nach einem besseren Leben, der ihr eine zusätzliche Charakterisierung abseits des fügsamen Haussklaven gibt. Dabei scheint es erwähnenswert, welche unterschiedliche Konnotation die verschiedenen Namen der Hauptfigur heute erhalten haben: Während die Bezeichnung „Aschenputtel“ bei uns so etwas wie ein Mauerblümchen bedeutet, liegt die Betonung bei „Cinderella“ auf ihrem raschen und unerwarteten Aufstieg und der Erfüllung ihrer Träume.
Unabhängig davon ist es eigentlich unverständlich, dass man den Namen in unserer Synchronisation nicht genau wie in Schneewittchenübersetzt hat, ist „Cinderella“ doch eine quasi wörtliche Übertragung von „Cendrillon“ oder „Aschenputtel“. Anders als bei Dornröschen stimmen Name von Hauptfigur und Märchen hier in beiden Sprachen überein und in den Fünfziger Jahren hatte der englische Name bei uns auch nicht die Bekanntheit, die er heute - gerade auch wegen des Disneyfilms - innehat. Außerdem wäre uns in diesem Fall auch die eher fragwürdige Neusynchronisation des Vorspannes erspart geblieben, die für die Videoveröffentlichung schließlich wegen verspäteter Sorgen des Verleihs als Erklärung eingefügt wurde.

Vom Inhalt her ist bei dem Film eine starke Zweiteilung spürbar zwischen dem eigentlichen, stringent erzählten Märchen und den zusätzlich eingefügten Nebenschauplätzen. Während in Schneewittchen die Haupthandlung immer wieder „angehalten“ wird, um Raum für episodenhafte Zwischenszenen zu bieten, kommt in diesem Film einfach ein anderer Erzählstrang dazu: Immer wieder wechselt die Szenerie von Cinderellas Geschichte zu den Mäusen und ihrem ewigen Kampf mit Luzifer, der, wenn überhaupt, dann nur grob in die Haupthandlung eingegliedert ist. Man könnte all diese Slapstick-Szenen aus dem Film herausschneiden, ohne den Handlungsfaden zu stören und bekäme eine kurze, auf den Punkt gebrachte Verfilmung des Märchens heraus.
Diese konstruierte Aufblähung der Geschichte ist wohl die logische Konsequenz der Bemühung, sich trotz aller Erweiterungen an die genaue Märchengeschichte zu halten. Es sollten noch an die vierzig Jahre vergehen, ehe es Disney gelang, ein kurzes Märchen wirklich überzeugend in eine filmfüllende Geschichte zu verwandeln.



Die Zweiteilung zwischen ernsthafter Dramatik und simplem Humor findet sich auch in der Figurengestaltung wieder: Während Cinderella, ihr Prinz und Lady Tremaine von Charakter und Aussehen her einem eher realistischen Bild folgen, folgen die Stiefschwestern, der König, der Großherzog und die Gute Fee einem eher karikaturhaften Bild. Besonders deutlich wird dieser Unterschied im Zusammenspiel von Stiefmutter und -schwestern: Anastasia und Drizella entsprechen mit jeder Faser dem typischen Märchenbild der hässlichen Schreckensbilder, während sich ihre Mutter anders als in den meisten Adaptionen als elegante und intelligente Dame von Stand zeigt. Gerade die Tatsache, dass Lady Tremaine mit ihrer kühlen Ruhe und ihrer nicht überzogenen Handlungen einen der wenigen wirklich realistischen Disney-Schurken darstellt, macht sie so gefährlich und verleiht ihr eine Ausstrahlung allgegenwärtiger Überlegenheit. Und schließlich ist sie mit einer winzigen Bewegung ihres Stockes am Ende in der Lage, Cinderellas Happyend um ein Haar aufzuhalten.
Die Rolle von Aschenputtels Vater hat im Märchen immer einen seltsamen Beiklang, denn während er bei Grimm immerhin noch bereit ist, seiner Tochter einen Wunsch zu erfüllen, steht er bei Perrault vollkommen unter der Fuchtel seiner neuen Frau - insofern spricht es nur zu seinen Gunsten, dass er im Disneyfilm durch einen frühzeitigen Tod aus der Handlung ausscheiden darf. Man hat nun beinahe den Eindruck, Disney hätte bei Prinzen am liebsten dasselbe gemacht: Cinderellas unbenannter Traumprinz zählt definitiv nicht als eigenständige Figur und hat nur die Rolle inne, als MacGuffin und schließlich als glückliche Belohnung für die Hauptfigur zu fungieren. Eigentlich war wohl in ersten Handlungsentwürfen etwas mehr Charakter für den Prinzen geplant; er sollte eine eigene Einführung erhalten und Cinderella am Ende persönlich als seine Braut willkommen heißen. In der jetzigen Fassung bleibt er allerdings so farblos wie nur irgendmöglich und der Zuschauer erhält bei weitem mehr Gelegenheit, König und Großherzog kennenzulernen als den ominösen Thronfolger.
Dazu kommt das fundamentale Logikproblem des Märchens, dass der Prinz selbst offensichtlich unfähig ist, seine eigene Braut von Angesicht zu Angesicht zu erkennen. Während mehrere Adaptionen versuchen, diese Schwachstelle durch einen Maskenball oder Ähnliches zu übertünchen, greift der Disneyfilm zu dem eher unromantischen Mittel, dass es nicht der Prinz selbst ist, der die Bedingung festsetzt, und dass folglich die Schuh-Erkennungsszene von der Gestalt des Großherzogs überwacht wird.



Während der Produktion von Cinderella befand sich Disney in beträchtlichen finanziellen Schwierigkeiten und die Produktion eines derartigen Filmes stellte ein enormes Risiko für das Überleben des Studios dar. Gerade wie bei Schneewittchen setzte Disney alles auf eine Karte und wie damals wurde sein Mut durch einen enormen Kassenhit belohnt.
Vergleicht man die beiden Märchenfilme, so ist klar, dass das Studio in der Zwischenzeit eine gewisse Entwicklung durchgangen hat, aber auch dass viele der alten Schwierigkeiten immer noch vorhanden sind. Cinderella ist als Geschichte besser durchkomponiert und lässt nicht mehr das eingeschobene Silly-Symphony-Gefühl aufkommen, doch stattdessen sind viele Comedy-Momente integriert, die eben eher dem derzeitigen Publikumsgeschmack entsprechen. Und was die Charakterisierung des Prinzen oder gar der Liebesgeschichte angeht, ist man womöglich noch einen Schritt zurückgegangen. Natürlich ist es immer wieder schwierig, eine Märchenverfilmung an ihrer Geschichte zu messen - in Fällen, in denen das Quellmaterial gleichzeitig derart beliebt und dennoch eindeutig problembehaftet ist, bleibt der Adaption nur die Wahl zwischen dem Vorwurf der Original-Untreue und dem der schwachen Charakterisierung.
Cinderella ist sicherlich als ein durchweg bezaubernder Film geraten, und wenn er auch kein ideales eigenständiges Kunstwerk darstellt, so bietet er doch eine würdige Umsetzung des alten Märchens. Er stemmt seine Hürden problemlos und erzählt die Geschichte mit solchem Charme, dass man ihm seine Probleme allzu gerne verzeiht. Außerdem bietet der Film bis heute das vielleicht beste Beispiel für reinen Disneyzauber, und in diesem Sinne passt es vollkommen, wenn Cinderella wirklich Disneys Lieblingswerk war
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Johnny Depp zieht es "Into the Woods"

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Johnny Depp wird aller Wahrscheinlichkeit wieder Lieder aus der Feder Stephen Sondheims von sich schmettern. Dieses Mal jedoch nicht für Tim Burton, sondern für Walt Disney Pictures und Depps zweiten Pirates of the Caribbean-Regisseur, Rob Marshall. Wie Deadline berichtet, befindet sich der Frauenschwarm und wandelnde Goldesel der Disney-Studios in den letzten Phasen der Vertragsverhandlungen für eine zentrale Rolle in der Filmadaption des Sondheim-Bühnenmusicals Into the Woods. Das Musical ist eine an ein älteres Publikum gerichtete Geschichte voller Referenzen auf klassische Märchen, die auf ungewöhnliche Weise weitererzählt und umgedeutet werden.

Pläne für eine Disney-Verfilmung des Stücks wurden erstmals im Januar 2012 bekannt, als das Studio auch verlautbarte, dass sie der erste Film in einer längeren Phase der Zusammenarbeit zwischen Disney und Rob Marshall werden soll. Im Oktober 2012 folgten Meldungen, dass Disney Meryl Streep für eine Rolle anheuern möchte, ein Deal, der sich nun gemeinsam mit dem Vertragsabschluss mit Depp erfüllt.

Marshall, der sich mit Chicago und Nine bereits einen Namen im Musicalgenre machte, steigt somit in die Riege jener Regisseure auf, die Johnny Depp mehrmals anleiten durften. Zuletzt inszenierte der sechsfache Tony-Award-Nominee Pirates of the Caribbean – Fremde Gezeiten und übernahm die stilistische Führung der Piratensaga somit von Gore Verbinski, der seit Fluch der Karibik fleißig daran arbeitet, Tim Burton in Sachen Kollaborationen mit Depp zu überholen.
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