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Gastkritik zu "Sleeping Beauty"

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Seit nunmehr drei Jahren betreibt meine werte Kollegin Antje Wessels ihren Filmblog, der mittlerweile unter dem Namen Wessels-Filmkritik.com ein stolzes Dasein führt. Zur Feier dessen tauschen sie und ich Kritiken aus. Jeder von uns suchte dem jeweils anderen einen Streifen aus, den er zu besprechen hat. Sie wünschte sich von mir eine Kritik zu Free Birds, ich bat Antje um ihre Kritik über Sleeping Beauty. Hier könnt ihr die Meinung meiner geschätzten Kollegin zu Julia Leighs Erotik-Charakterdrama lesen. Viel Vergnügen!


Mit Dornröschen, unter welchem Namen das Märchen Sleeping Beauty hierzulande bekannt ist, hat die erste und bislang einzige Regiearbeit der Filmemacherin und Autorin Julia Leigh nichts gemein und doch steht im Mittelpunkt der lose neuinterpretierten Vorlage Das Haus der schlafenden Schönen eine krude Form der Prinzessin, die am Ende jedoch nicht etwa auf den lang ersehnten Traumprinzen trifft, sondern der einzig und allein ein böses Erwachen bleibt. Aurora heißt hier Lucy, gespielt von einer uneitlen Emily Browning, die durch das Fantasy-Actionspektakel Sucker Punch auch einem breiten Publikum bekannt wurde und zuvor vornehmlich in Genrefilmen der Marke Ghost Ship zu sehen war. Ähnlich ihrer vielen Kolleginnen, die sich nach dem schnellen Geld in wenig kritikerfreundlichen Durchschnittsstreifen mit dem Engagement in Kunstfilmprojekten endlich das notwendige Ansehen erhoffen, um ab sofort auch in namhafteren Filmen besetzt zu werden, erweist sich die Castingentscheidung von Emily Browning für beide Seiten als lohnenswert, wenngleich aus der Sicht der Darstellerin als umso berechnender. Doch sei es drum: Als ebenso schwer zugängliche wie wunderschöne Protagonistin funktioniert die bei den Dreharbeiten 21-jährige Blondine ganz hervorragend. Auch deshalb, weil ihr Gesicht dato noch nicht allzu oft auf der großen Leinwand zu sehen war. Browning gibt sich sichtlich Mühe, der Mischung aus voyeuristischer Softerotik und hartem Psychogramm das notwendige Leben einzuhauchen, um das Publikum an dieser ganz persönlichen Lebens- und Leidensgeschichte teilhaben zu lassen. Doch mehr als ein oberflächlicher Einblick in das Leben einer fehlgeleiteten, jungen Frau vermag Julia Leigh vor allem deshalb nicht zu gelingen, weil Sleeping Beauty weder dramaturgisch ausgereift, noch mit interessanten Figuren bestückt ist.

Aufgrund der bewusst karg-minimalistischen Inszenierung von Sleeping Beauty mag Leighs Regiearbeit vielleicht immer noch Kunst sein; trotzdem erzählt ihr Film weder eine Geschichte, noch gibt sie preis, was in den oberflächlichen Charakteren überhaupt vorgeht. Der Plot über eine nicht näher charakterisierte Frau, die zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel hat, sodass sie dazu übergeht, die absurdesten Nebenjobs anzunehmen, hat per se genug Substanz, um den anstehenden eineinhalb Stunden genug Unterbau zu bieten, um anhand diesem den psychischen Verfall, respektive vielleicht sogar ein Überdenken der Lebensumstände zu erzählen. Was der Zuschauer jedoch erfährt, ist nicht genug, um ein Interesse an den durchgehend blass bleibenden Figur aufzubauen. Schon in der ersten Szene sehen wir Lucy in einem Labor, wo sie sich eine medizinische Sonde zu Testzwecken einführen lässt. In den nächsten Szenen werden wir Zeuge ihres tristen Alltags, der aus allerhand Arbeit besteht und sie immer wieder in die Arme eines merkwürdigen Herren namens "Birdman" führt. Auch dessen Identität bleibt unklar und beschränkt sich auf zusammenhanglose Dialogfetzen, die dieser mehrmals mit seiner (platonischen oder festen) Freundin Lucy austauscht. Licht bringen diese in das Dunkel dieser merkwürdigen Beziehung jedoch nicht – und selbst für eigene Interpretationen benötigt der Zuschauer mehr Anhaltspunkte, als die Informationen, dass Birdman und Lucy sich hin und wieder zum gemeinsamen Fernsehschauen treffen. Die Tatsache, dass Lucy bei mehreren Treffen unvermittelt in Tränen ausbricht, verleiht dieser Szenerie zusätzlich etwas Lächerliches, da aufgrund seiner schier nicht vorhandenen Sinnigkeit so etwas wie eine spürbare Pseudointellektualität spürbar wird.

Julia Leigh versucht merklich, ihrem Werk ein ambitioniertes Erscheinungsbild einzuverleiben. Stellenweise lässt das Spiel mit der Versuchung des unwissenden Zusehers auch Anleihen an Stanley Kubricks Meisterwerk Eyes Wide Shut erkennen. Doch während sich Kubrick in seinem erotischen Ehepsychogramm auch genug Zeit dafür nimmt, die Gesinnung seiner Hauptfiguren zu erläutern, um anhand dieser die notwendige Spannung aus der Unsicherheit des Publikums zu ziehen, weicht das Unwissen über die Einordnung des Plots bei Sleeping Beauty alsbald der Gleichgültigkeit. Gewiss: Leighs Werk verschließt sich ganz bewusst einer klassisch narrativen Form und versteht sich als Lebensabschnittsstudie ohne Prolog, erzählerischem Höhepunkt und Happy oder Sad End. Doch die Regisseurin traut ihrer Vorlage zu viel Substanz zu; die Zugkraft der Prämisse wird es schon richten. Allein dieser Gedanke genügt aber nicht. Was es braucht, sind fesselnde Charaktere und so etwas wie ein Ziel. Doch nicht nur an ersterem mangelt es. Allen voran das unkonzentrierte Dahinplätschern lässt den Zuschauer alsbald kalt. Auf spannende Szenerien, etwa dann, wenn Lucy erstmals auf die geheimnisvolle Leiterin eines exklusiven Clubs trifft, die ihr ein lukratives Angebot für erotische Dienste verspricht, folgen dröge Minuten, die einmal mehr die Tristesse in Lucys Alltag hervorheben sollen. Das bremst aus und verhindert immer wieder, dass das aufkeimende Interesse des Publikums mit einer Highlightszene belohnt wird.


Das visuelle Erscheinungsbild tut sein Übriges, um Sleeping Beauty unrühmlich zu unterstreichen. Kameramann Geoffrey Simpson (Sessions – Wenn Worte berühren) kleidet das Erotikdrama in ein unauffälliges, allenfalls fernsehtaugliches Grau-in-Grau und möchte damit offenkundig unterstreichen, wie nah Lucys vermeintlich eleganter Sexjob an der Perspektivlosigkeit ihres Alltags befindlich ist. Ausgerechnet dieser Ansatz gelingt dem Bilderkünstler auch ganz vortrefflich. Leider ergibt sich dem Zuschauer dadurch gleichsam ein wenig ästhetisches Bild. Ohne automatisch den Anspruch eines geleckten Lack-und-Leder-Looks zu erheben, untermauert Sleeping Beauty mit einem solchen Auftritt seinen Anspruch, weg von einem geschichtenliebenden Zuschauer, hin zum Genießer abgehobener Kunstprojekte. Julia Leigh hat sich hier ganz eigen dafür entschlossen, einen Film zu kreieren, der vermutlich nur einem Bruchteil seiner Zuschauer zusagt. Denn vermutlich braucht es eine gewisse Aufgeschlossenheit derartigem Stoff gegenüber, um die Faszination einer Figur zu begreifen, die dem Zuseher keinerlei Gründe an die Hand gibt, ihr Leben interessant zu finden. Wenn das Finale darüber hinaus mehr Fragen aufwirft, als sämtliche aufgekommene vorab zu beantworten, erweist sich Sleeping Beauty als kurioses Sammelsurium vieler Ideen, aus dem sich vermutlich jeder das herausziehen muss, was für ihn selbst interessant ist. Ob etwas Kunst ist, oder weg kann, liegt ohnehin zumeist im Auge des Betrachters. 

Mehr von Antje Wessels findet ihr auf Wessels-Filmkritik.com!

Memory 2.0

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Musikvideo-Regisseur Dugan O'Neal blickt in diesem Kurzfilm mit Die Tribute von Panem-Nebendarstellerin Jena Malone in eine Zukunft, in der Menschen davon besessen sind, ihre Erinnerungen durch virtuelle Simulationen wieder aufzuleben zu lassen.  Der Kurzfilm ist Teil eines Wettbewerbs um einen Filmdeal mit New Regency Productions. 

USA 2014. Regie: Dugan O'Neal. Mit: Jena Malone, Wilson Bethel. Drebuch: Wilson Bethel, Dugan O'Neal. Kamera: David Myrick. Schnitt: Luke Lynch. Musik: Ry X & Eskmo.

Entengeschnatter: Die Golden-Globe-Nominierungen 2015

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So läuft es halt beim Entengeschnatter: Erst kommt eine halbe Ewigkeit lang gar keine neue Folge, und dann: ZACK ZACK ZACK! In der jüngsten Ausgabe schnattere ich mit Antje und Stephanüber die Kino-Nominierungen der nächsten Golden Globes. Wo stimmen wir überein, was regt uns auf und was überrascht uns? Außerdem: Running Gags, wo das Ohr nur hinhört!

Oscar 2015: Die Anwärter in der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film"

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Die Kategorie "Bester fremdsprachiger Film" sorgt wieder einmal für Überraschungen. Denn in der heute veröffentlichten, neun Filme umfassenden Shortlist aus möglichen Nominierten fehlen einige der großen Favoriten aus dieser Sparte. Wie etwa Zwei Tage, eine Nacht, der in Cannes prämierte Mommy und das türkische Mammutwerk Winterschlaf.  Stattdessen können aber fünf der nachfolgenden Filme auf die Oscar-Nominierung hoffen:

  • Argentinien, "Wild Tales"
  • Estland, "Mandariinid"
  • Georgien, "Corn Island"
  • Mauritius, "Timbuktu" 
  • Niederlande, "Lucia de B."
  • Polen, "Ida"
  • Russland, "Leviathan,"
  • Schweden "Höhere Gewalt" 
  • Venezuela, "Libertador"
Und diesen fünf Filmen traue ich eine Nominierung zu:

  • Argentinien, "Wild Tales" (nominiert für die Goldene Palme, Gewinner diverser Festival-Publikumspreise)
  • Mauritius, "Timbuktu" (in Cannes prämiert, berüchtigt dafür, auch hartherzige Kritiker zum Weinen zu bringen)
  • Polen, "Ida"(räumt alle Preise ab, die nicht festgenagelt sind)
  • Russland, "Leviathan," (bestes Drehbuch in Cannes, Globe-nominiert, bester Auslandsfilm bei den Münchener Filmfestspielen)
  • Schweden "Höhere Gewalt" (Jury-Preis in Cannes, bester Film bei den europäischen Filmfestspielen von Seville)
Was sind eure Tipps?

Voice Over

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Ein Kurzfilm, wie kaum ein anderer: In Voice Over dreht sich alles darum, wie ein, sagen wir mal, engagierter Off-Sprecher versetzt den Zuschauer in die Rolle eines Astronauten. Dieser ist auf einem fremden Planeten gestrandet und in brenzliger, lebensbedrohlicher Lage. Und bevor sich das Publikum auch nur ansatzweise mit dieser Szenerie vertraut gemacht hat, haut ihm der Erzähler neue Schreckensnachrichten um die Ohren ...

Geschrieben vom Autor des Found-Footage-Hits REC, auf zahlreichen Filmfestivals mit Preisen überhäuft. Und ganz klar ein Kurzfilm, den man erlebt haben muss:


ES 2011. Regie: Martín Rosete. Drehbuch: Luiso Berdejo. Musik: Jose Villalobos. Schnitt: Fernando Franco. Kamera: Jose Martin. Mit: Jonathan D. Mellor.

Stanley Pickle

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Unter anderem als bestes Kurzfilmexperiment auf dem L.A. Shorts Fest prämiert: Ein modernes Märchen über das zurückgezogen lebende Genie Stanley Pickle, das in einer selbstgeschaffenen, durchgeplanten Welt gefangen ist. Dort herrscht die Präzision eines Uhrwerks. Bis eine unachtsame Frau an Stanleys Fenster für Unruhe sorgt ...


UK 2010. Regie: Victoria Mather. Drehbuch: Victoria Mather, Orhan Boztas. Mit: Drew Caiden, Haruka Abe, Nadia Morgan, Gareth Brierley. Musik: Jean Marc Petsas. Kamera: John Lee. Schnitt: James Griffiths.

Reingehört! 83: Der tolle Trilogien-Talk

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Derzeit erobert das Finale der Hobbit-Trilogie die Kinos dieser Welt. Oder gibt es gar keine Hobbit-Trilogie, sondern eine Mittelerde-Hexalogie?

Gemeinsam mit Antje und Stephan breche ich anlässlich dieses Kinoevents bei Quotenmeter.FM ein, um darüber zu reden, was überhaupt eine Trilogie ausmacht. Sind alle Franchises mit drei Teilen automatisch Trilogien? Und sämtliche Filmreihen mit mehr als drei Teilen als Tetralogie, Pentalogie oder sonstwas zu bezeichnen? Wie sinnig ist das Konzept einer thematischen Trilogie wie die Cornetto-Trilogie und Lars van Triers Depressions-Trilogie?

Viele Fragen, drei Gesprächsteilnehmer, ein Podcast. Hört. ihn. euch. an!

Tell-Tale

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Der angesehene Fotograf Greg Williams schwingt sich hinter die Filmkamera und liefert mit seinem Regiedebüt Tell-Tale eine beachtenswerte Spielart des Film-noirs ab, die sich frei an Edgar Allen Poes Das verräterische Herz bedient. In der Hauptrolle dieses sinnlichen Thrillers: Carla Gugino (Watchmen) als archetypische Femme Fatale.


USA 2010. Regie: Greg Williams. Drehbuch: Seastian Gutierrez. Mit: Carla Gugino, Adam Arkin, Jesse Spencer. Musik: Mike Smith. Kamera: Stephen J. Nelson, Greg Williams. Schnitt: Amir Heshmati.

The Bloody Olive

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Morgen ist Heiligabend! Zeit, sich endlich auf das Fest der Liebe einzustimmen. Mit einem belgischen Film-noir-Kurzfilm voller Mord, Intrigen und einem Ehepaar, das eigentlich nur endlich Weihnachten begehen will ...


BE 1997. Regie und Drehbuch: Vincent Bal. Basierend auf dem Roman Imbroglio von Lewis Trondheim. Mit: Veerle van Overloop, Frank Focketijn, Gene Bervoets, Guy Dermul. Musik: Hans Helewaut. Kamera: Philippe van Volsem. Schnitt: Ewin Ryckaert

Filmblog-Adventskalender 2014: Türchen #23

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Alex Matzkeit lädt auch dieses Jahr zum Filmblog-Adventskalender, und erneut habe ich die Ehre, das Türchen #23 zu bestücken. Sinn der Sache ist es, Film- und Fernsehfans Geschenkideen für Gleichgesinnte zu geben. Und da einige meiner Ideen, die man selbst am 23. Dezember noch problemlos erwerben kann (etwa im gut sortierten Buchhandel) bereits von anderen Bloggern vorgestellt wurden, gehe ich halt den Weg des Offensichtlichen ...

Liebe Leute, walzt heute doch euren Weg in den Medien- respektive Elektronikmarkt eures Vertrauen, geht zum Regal mit den Neuerscheinungen des Monats oder zur Auslage mit Serien-Komplettboxen und krallt euch dieses Monstrum von DVD-Set:


Ich als großer Fan der Serie bin Capelight Pictures ungeheuerlich dankbar dafür, eine deutsche Die Dinos-Gesamtbox auf den Markt gebracht zu haben. Endlich konnte ich meine zerbröselnden Videokassetten aufgeben. Und meine durchwachsen digitalisierten Kopien eben dieser. Und ich bin mir sicher, dass es noch viele andere Nostalgiker gibt, die an diesem Set ihre Freude haben werden.

Wobei auch klar gesagt werden muss: Dieses Set ist explizit für Liebhaber der ARD-Erstausstrahlung gemacht. Es existieren nämlich zwei deutsche Bildbearbeitungen der frechen Kultserie, und Capelight nahm als Ausgangsmaterial das "Original". Wer auf englische Bildtexte besteht (etwa, weil er partout alles in englischer Sprache sieht), dürfte sich darüber ärgern, da Capelight laut eigenen Angaben auf das Multi-Angle-Verfahren und ähnliche Tricksereien verzichtete, um Fans der hiesigen Fassung die bestmögliche Qualität zu bieten, statt bei zwei möglichen Bildinformationen einen ruckelnden DVD-Player zu riskieren.

Wer sich also über deutsches Bild und deutschen Ton freut, erhält mit diesem Set die weltweit beste Auswertung der Serie. Die US-Sets haben die Episoden in falscher Reihenfolge und quetschen zudem sehr viele Episoden auf die Discs, hier hingegen holte man das Optimum aus dem Ausgangsmaterial.

Aber genug Technikgerede. Kommen wir zum Inhalt: Der ist saurierstark! Die Dinos mischt bunte Sitcom-Persiflage mit knalliger Gesellschafts- und Politkritik. Da wird auch mal der Irak-Krieg durch den Kakao gezogen (sowie pathetische Eventserien), oder der Sinn und Unsinn von publikumsorientierter TV-Programmgestaltung. Oder Disneyland. Oder sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz.

Die Dinos hat kultige Figuren, unvergessliche Zitate und einen ganz eigenen, spritzigen Humor. Obwohl Disney zahlreiche tolle Serien bietet, ist diese meine liebste. Und wenn ihr jemanden kennt, der sie ebenfalls mag, ja, was hält euch davon ab, ihm dieses DVD-Set zu schenken?

Duet

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Nachdem Disney-Legende Glen Keane das Mäusestudio verließ, arbeitete er an diesem traditionell animierten Kurzfilm, der zugleich sein Regiedebut darstellt. Ausgewählte Smartphones erlauben es sogar, das Projekt auf einer App in interaktiver Version zu bestaunen. Doch auch diese klassische Fassung ist umwerfend!


USA 2014. Regie: Glen Keane. Musik: Scot Blackwell Stafford. Produktionsdesign: Max & Claire Keane.

Frohes Fest!

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Liebe Leserinnen und Leser,

euch ein schönes Fest. Ganz gleich, wie ihr feiert, wo ihr feiert und warum. Genießt die Zeit, macht euch schöne Stunden und besinnt euch ein wenig auf all das, was euer Herz erwärmt.

Frohe Weihnachten!

Die schlechtesten Filme des Jahres 2014

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Oder, wie diese Flopliste eigentlich betitelt sein müsste: "Die Filme, die mir dieses Jahr durch meiner Ansicht nach aggressive Idiotie, magere Drehbücher, schwache Performances, verschenktes Potential oder quälende Langeweile besonders stark missfielen". Bloß wäre dieser Titel längst nicht so griffig, so leicht über Google zu finden und auch nicht so gut darin, Aufmerksamkeit zu erregen. In dieser Liste geht es nicht vorrangig um Filme, die von vorne bis hinten stümperhaft gemacht sind. Unterfinanzierte Studentenfilme, die einen Alibikinostart erhielten und sich kaum als Film qualifizieren, müssen nicht weiter geschunden werden. Nein, hier dreht sich alles um Filme, die mich ganz persönlich frustrieren, verärgern oder nerven. Wer an ihnen Gefallen findet, darf es gerne tun. Jedem Tierchen sein Pläsierchen, vielleicht übersehe ich ja auch Qualitäten. Gerade bei den höheren (äh ... niedrigeren?) Platzierungen fällt es mir nur zunehmend schwerer, nachzuvollziehen, was zum Henker an diesen Filmen unterhaltsam, interessant oder spannend sein soll.

Und, na gut. Ein unprofessioneller Unfall, bei dem doch kaum jemand gedacht haben konnte, dass er so reif für eine Kinoveröffentlichung ist, hat sich sehr wohl hier eingeschlichen. Da er allerdings stolz als 3D-Kinoerlebnis positioniert wurde, haben sich die Macher meinen Hohn selber eingebrockt. Aber nun genug der Vorrede! Auf ins Abenteuer!

Platz 15: Rio 2: Dschungelfieber (Regie: Carlos Saldanha)

Es bestand eine nicht völlig zu verachtende Möglichkeit, dass mir Rio 2 gefällt. Inmitten dieser von unnötigen und/oder schlechten Musiksequenzen in die Länge gezogenen Trickfilmkomödie gibt es eine Reihe an Sketcheinlagen, die mir auch Monate nach Kinostart in Erinnerung geblieben sind. Ein Beispiel: Die musikbegeisterten Vögel Pedro, Nico und Rafael laden die tierischen Bewohner des brasilianischen Dschungel zu einem Casting ein, um die perfekte Urwald-Karnevalsshow auf die Bühne zu bringen. In dieser kurzen Passage beweist der Film Timing, Einfallsreichtum und eine gesunde Prise Verrücktheit. Nahezu alles drumherum? Klischeebeladen, unambitioniert und teilweise anstrengend. So, wie hier die sympathischen (wenn auch wenig denkwürdigen) Figuren aus Teil eins zu Dummbatzen herumkommandiert werden, macht das einfach keinen Spaß!

Platz 14: Pompeii 3D (Regie: Paul W. S. Anderson)

Nicht wenige Filmkritiker machen einen Sport daraus, auf Paul W. S. Anderson (alias "Der Trash-Anderson") einzuprügeln. Und es fällt schwer, es ihnen zu verdenken. Schließlich werden in seinen Filmen "Logik" und "Respekt vorm Ursprungsmaterial" klein geschrieben. Ach, reden wir uns nichts ein: Diese Dinge werden bei Paul W. S. Anderson höchstwahrscheinlich sogar falsch geschrieben. Aber, verdammichnocheins, gerade daher können seine Filme extrem unterhaltsam sein. Die drei Musketiere landete aus exakt diesem Grund 2011 sogar in meiner Jahresbestenliste. Poppig, peppig, deppert! Pompeii 3D dagegen übernimmt die flache Figurenzeichnung von Die drei Musketiere, verzichtet allerdings auf den Drive dieses verrückten Spektakels. In jeder einzelnen Minute wird deutlich, dass Anderson hier glaubt, die Quadratur des Kreises gefunden zu haben. Eine ach-so-schwelgerische, ständeübergreifende Romanze, ein nahendes, tödliches Schicksal und Einblicke in das schlimme Leben eines Gladiators treffen zusammen und wollen somit jede mögliche Demographie ansprechen. Nur versagt Anderson in sämtlichen Belangen. Sein "Gladiator trifft Titanic trifft Geile trashige 3D-Action"-Experiment ist zu oberflächlich und unsinnig, um auch nur als Popcorn-Bespaßung ernst genommen zu werden, jedoch zu dröge und geerdet, um die Trash-Fun-Faktor-Karte spielen zu können. Schlussendlich bleibt so nur steinerne Langeweile.

Platz 13: Honig im Kopf (Regie: Til Schweiger)

Ich schwöre hoch und heilig: Ich wollte diesen Film mögen. Ich wollte zeigen, dass ich nicht blind in die Kerbe der Schweiger-Abneigung haue. Doch diesen Beweis müssen dann wohl weiterhin meine Positionen zu Eisbär und barfuss liefern. Denn Honig im Kopf ist einfach nur ein weiterer Eintrag in die wachsende Liste der Schweiger-Wohlfühl-Kitschproduktionen, die sich selbst den Boden unter den Füßen wegziehen. Generell hätte ein akzeptabler "Crowdpleaser" aus dem Konzept von Honig im Kopf entwachsen können: Dieter Hallervorden spielt (hingebungsvoll und mit der richtigen Balance aus Tragik und einer bis ins schwere Krankheitsstadium reichenden humorigen Ader) einen demenzkranken Großvater. Während er seinem Sohn (Til Schweiger) und dessen Frau (Jeanette Hain) durch seine Erkrankung zur Last wird, macht es sich seine Enkelin zur Herzensaufgabe, sich um ihn zu kümmern. Erzählt mit Situationskomik und einem netten Maß Rührseligkeit hätte Schweiger vielleicht an das Niveau seiner früheren Filme anknüpfen können. Doch weit gefehlt: Eine Vielzahl an Schwachpunkten nimmt der Geschichte ihre Wirkung. Sie lassen sogar die gelegentlich vorkommenden, auf den Punkt genau ausbalancierten, tragikomischen Höhepunkte von Honig im Kopf verblassen.

Ärgstes Problem ist das Casting: Dadurch, dass der Regisseur, Co-Autor, Co-Cutter und Produzent seine Tochter Emma in der zentralen Rolle der Enkelin besetzt, begrenzt er die Möglichkeiten seines Werks. Zwar spielt sie deutlich besser als noch in den Kokowääh-Filmen, trotzdem hat sie schlicht noch?) nicht die darstellerische Bandbreite und Intensität, die es für einige ihrer Szenen benötigt. Ein weiterer Aspekt, der Honig im Kopf außerordentlich schadet, ist das Übermaß an ausschweifenden, Lust an Zerstörung zeigenden Slapstick-Passagen, welche so inszeniert sind, dass sie von einem möglichst breiten Publikum deftige Lacher ernten. Sie stellen der unentwegt einen schwierigen Tanz zwischen den Tonlagen versuchenden Atmosphäre immer und immer wieder ein Bein und nehmen den Figuren passagenweise ihre Menschlichkeit,. Zahllose Unfälle und Peinlichkeiten lassen sie zu polternden Cartoon-Pappkameraden verkommen. Darüber hinaus stört Schweiger den von seinem Werk beabsichtigten Familienfrieden, indem der Regisseur schon wieder ein fragwürdiges Frauenbild zelebriert. Schweiger, der in seiner Mittelalter-Blödelkomödie 1 1/2 Ritter propagierte, dass nur erfahrene Weiberhelden gute Ehemänner sein können und diese ihre ideale Frau in sexuell unerfahrenen Partnerinnen finden sollten, tritt dieses Mal gegen berufstätige Frauen. Schon recht zu Beginn des Films wird etabliert, dass beide der zentralen Eheleute berufstätig sind. Schweigers Figur ist selbstständig und kann jederzeit frei seine Arbeitstage planen, seine Frau dagegen ist fest angestellt. Die Gehälter beider Partner sind auf Augenhöhe. Als sich die Familiensituation beider verschlechtert, kennt Schweigers Drehbuch nur eine Lösung: Die Frau muss ihren Job hinschmeißen, wofür ihr in der abschließenden Montage auch (sinnbildlich) brav die Schulter geklopft wird. Ja, schönen Dank auch!

Als wäre dies nicht genug, vermiest ein dilettantischer Schnitt selbst einige der schöneren Filmmomente: Frenetisch schneiden Schweiger und Constantin von Seld in intimen, dramatischen Gesprächen innerhalb von Sekundenbruchteilen zwischen allen Anwesenden hin und her, bis einem schwindlig wird. Harte Übergänge zwischen einzelnen Sequenzen, ab und an aufkommende Phantombilder und das Fehlen eines wirklichen Erzählflusses degradieren Honig im Kopf dann endgültig zu einer wahren Enttäuschung. "You're kidding me?!" - "I'm not!"

Platz 12: Nicht mein Tag (Regie: Peter Thorwarth)

Der Bankangestellte Till (Axel Stein) ist von seinem öden Job und seiner wenig verständnisvollen Frau genervt. Als der Kleinkriminelle Nappo (Moritz Bleibtreu) Tills Bank überfällt, nimmt er ihn als Geisel. Anfangs gehen sich die zwei Männer gegenseitig gehörig auf die Nerven, aber nach und nach zeigt sich, dass sie gar nicht so unterschiedlich sind. Womöglich ist Till sogar der wildere Kerl?
Abgesehen von Axel Steins Hauptfigur sind alle Charaktere unausstehlich, und Steins Rolle wird vom Skript ungeheuerlich mies behandelt, indem ihr ein völlig inkonsequentes Handeln angetextet wird. Die Gags in dieser Komödie bestehen aus den Puzzlesteinen "niedriger Soziolekt trifft auf hohen Soziolekt" und "der Macho-Gangster hat Ahnung von Autos, Till nicht, Till ist kein Mann", die schnell eintönig werden. Gelungen ist einzig ein perfekt sitzender Cameo und der Soundtrack, der ganz angenehm ist.

Platz 11: Winter's Tale (Regie: Akiva Goldsman)

Hinsichtlich des Skripts und der kreativen beziehungsweise tonalen Gesamtleitung müsste Akiva Goldsmans Regiedebüt sogar noch schlechter abschneiden, denn dieses in Pathos getränkte Romantikdrama ist mehr Wust denn Film. Westentaschenphilosophie, Kostümfilm-Liebesstory, Fantasy und gegenwärtiger Mysteryherzschmerz wechseln sich hier ohne eine kohärente Vision ab. Die Dialoge sind zuckrig, nehmen sich aber spürbar wichtig und die Nebendarsteller sind grausam: Russell Crowes Akzent in der englischen Originalfassung kippt unentwegt, Jennifer Connelly wirkt geistig abwesend ... Dass Winter's Tale'trotzdem den Sprung in meine Flop Ten versäumt hat, liegt an den wenigen Elementen, die sich erfolgreich zusammenfügen (die Chemie zwischen Colin Farrell und Jessica Brown Findlay zum Beispiel ist recht bezirzend) sowie am Vergnügen, das manche der misslungenen Aspekte bereiten können. Von einem fehlbesetzten, unpassend gekleideten Cameo über Russell Crowes campigen Gehabe in einem Restaurant gibt es genügend helle Momente in diesem sonst vom dunklen Schleier der Langeweile bedeckten Film, um ihn von den nachfolgenden Filmen abzuheben.

Platz 10: Transcendence (Regie: Wally Pfister)

Ein Film, der viele, viele Fragen aufwirft. Nicht aber über die Natur des Menschen, die Gefahren und Möglichkeiten digitaler Technologien und die Abhängigkeit, in die wir uns im Umgang mit Computern begeben. Sondern eher Fragen wie folgende: Weshalb sieht ein Film, der vom talentierten Kameramann Wally Pfister inszeniert wurde, so flach und abstoßend aus? Wieso sind die Anti-Technologie-Terroristen, die den Dialogzeilen des Films nach zu urteilen durchaus graumoralische Sympathieträger sein sollen, genauso ineffektiv wie unerträglich? Weswegen spielt Johnny Depp seine Rolle so runter, als hätte er keine Lust gehabt? Und wenn das Drehbuch die Fähigkeit, unberechenbar zu sein und auch mal seine Meinung zu ändern, als große Stärke des Menschseins bezeichnet, wieso muss Rebecca Halls Protagonistin dann in ihrem Wankelmut so vorhersagbar sein? Geschweige denn, dass ihre unentwegt durchdrehenden Gefühle durch ihr Schauspiel und die aufzusagenden Zeilen so unplausibel wirken … Nette Idee, mies umgesetzt. Eine Verschwendung von Talenten.

Platz 9: #Zeitgeist(Regie: Jason Reitman)

Es tut mir im Herzen weh, ein Werk von Jason Reitman in meine alljährliche, cineastische Flopliste aufzunehmen. Aber hier sind wir nun. Eine Bestandsaufnahme des Zeitgeistes unserer digital geprägten Gesellschaft, hätte unter der Regie Reitmans verschiedene ansprechende Formen annehmen können. Satirisch süffisant wie Thank You For Smoking. Dramatisch-hip wie Juno, bittersüß wie Up in the Air oder so desaströs, schwarzhumorig und brillant-hinterfotzig wie Young Adult. Aber weit gefehlt. Der Jason Reitman, der #Zeitgeistverwirklichte, ist der melodramatische Jason Reitman, der die Kreuzung aus Coming-of-Age-Drama und Stockholm-Syndrom-Romanze namens Labor Day filmte. Fruchtete dieser Ansatz beim Schmachtfilm mit Kate Winslet und Josh Brolin noch, ist er hier völlig deplatziert. Die Kritik an Fehlkommunikation verfehlt ihr Ziel, da #Zeitgeist kein Gespür für den Klang realer oder digitaler Gespräche aufzeigt. Das menschliche Drama geht kaputt, da die Figuren so dimensional sind wie Sitcomfiguren der späten 80er, die auf Druck des Senders durch eine 'Very Special Episode'über dringende soziale Themen stolpern und dabei jegliche Schattierung ihres Charakters verlieren. Allein eine großteils stumme Szene, in der Mutter und Tochter im wortwörtlichen Sinne nebeneinander her kommunizieren, und ein Romantiksubplot über zwei Außenseiter, die sich durchs Netz näher kommen (aber auch in arge Probleme geraten), wollen zum Großteil gefallen. Einmal schlicht aufgrund der treffenden Grundidee und einmal dank der guten Jungdarsteller. Trotzdem: Lieber Disconnect auf DVD oder Blu-ray kaufen, denn dieser Episodenfilm behandelt das gleiche Thema um ein Vielfaches besser.

Platz 8: Hüter der Erinnerung (Regie: Phillip Noyce)

Basierend auf dem vor allem in den Vereinigten Staaten immens populären Kinderbuch aus der Feder Lois Lowrys erzählt der Australier Phillip Noyce in dieser 25-Millionen-Dollar-Produktion von einer trostlosen Zukunft, in der Lügen verboten sind und Gefühle durch Medikamente unterdrückt werden. Als Jonas (Brenton Thwaites) vom Ältestenrat in einer Zeremonie seine berufliche Zukunft erfährt, erstaunt er die Anwesenden: Ihm wird die Ehre zuteil, Lehrling des Hüters der Erinnerung (Jeff Bridges) zu werden. Dieser darf lügen, hat Emotionen und Zugriff auf zahllose Relikte aus einer früheren Zeit … Im Kern keine dumme Story (das Buch hat sich seinen Status nicht erschwindelt), jedoch wird sie durch eine stupide Figurenzeichnung und eine uninspirierte Regieführung (trotz einzelner Farbspielereien!) kaputt gemacht. Selbst bei nur 97 Minuten Laufzeit sind mehrere Längen spürbar, die Darsteller tragen entweder zu dick auf oder fahren auf Sparflamme und die innere Logik der Filmwelt ist verflucht löchrig. Dass die Moral des Films ununterbrochen mit dem Holzhammer vorgetragen wird, verdirbt dann auch beinahe den letzten Rest Sehvergnügen, den Jeff Bridges und die süßlich-netten Montagen über die Welt der Emotion diesem Film mitgeben.

Platz 7: Besser als Nix(Regie: Ute Wieland)

Frustrierend, dass diese Tragikomödie in meiner Flopliste landet. Denn sie hat gute Momente: Der melancholische Halbwaise Tom (François Goeske) fällt in seinem Heimatdorf auf wie ein bunter Hund. Sein Vater schämt sich für ihn, er schämt sich für seinen Vater. Und als ihm die Agentur für Arbeit auch noch empfiehlt, als Bestatter zu arbeiten, ist er in seinem Umfeld völlig unten durch. Die Lektion über den Umgang mit dem Tod ist bestückt mit einem guten Hauptdarsteller und einer starken Montage, welche fesselnd einen Wendepunkt zum Schlechteren markiert. Aber: Die Balance zwischen Drama, Groteske und Blödelkomödie ist ungelenk. Die Dorfjugend ist sehr inkonsistent karikiert. Figuren werden für unsinige Gags ihrer Funktion zum Denken beraubt, das Finale basiert auf einem nutzlosen Gag, es gibt mehrere tonal sehr negativ rausstechende Szenen und die Lösungen der zentralen, groß aufgebauten Probleme, kommen in den finalen Minuten schlagartig. Besser als Nix hätte nett werden können, gibt sich aber redlich Mühe, diesen Eindruck zu zerstören.

Platz 6: Grace of Monco(Regie: Olivier Dahan)

Was für eine Schlaftablette von einem Film. In feinstem Rosamunde Pilcher-Weichzeichner-Look gehalten und mit der inhaltlichen Dringlichkeit einer Kissenschlacht ausgestattet, greift Grace of Monaco nach den Sternen eines The King's Speech. Wie im Oscar-prämierten, humorvollen Adelsdrama dreht sich hier alles darum, dass eine Person des Königshauses ihren Mut finden und eine wichtige Ansprache halten muss, um ein Übel aufzuhalten. Bloß kommt Olivier Dahans Regiearbeit mit dem Bonus daher, dass im Mittelpunkt Grace Kelly steht, die obendrein eine Schauspiellegende ist. Und während The King's Speech ein gewitztes, spannendes Drehbuch aufwies, sind die Dialoge in Grace of Monaco zäh wie Zuckerrübensirup. Und genauso aggressiv süßlich. Von den fragwürdigen Geschlechterrollen (und das in einem Film über eine starke Frau!) und einigen nahezu lächerlich inkompetenten Kompositionen (einmal wandert der Fokus in einer Nahaufnahme von Nicole Kidman quer über ihre Stirn) mal ganz abgesehen. Nach allen Regeln der Kunst ein Unfall von einem Film. Nur halt ein langweiliger, statt ein erzürnender. Und manchmal, aber nur manchmal, ist er sogar unfreiwillig komisch.

Platz 5: Doktorspiele(Regie: Marco Petry)

American Pie für das Fack Ju Göhte!-Publikum. Das Dialogbuch? Nerven zerfetzend: Männliche Jugendliche schimpfen in einer Tour wie die härtesten Gangsterrapper, das weibliche Geschlecht kann nichts anderes als Rumzicken (abgesehen von Hauptfigur Lilli, gespielt von der alleinigen Sympathieträgerin dieses Trauerspiels, Lisa Vicari). Die Story? Vom Fließband, nur dass eine Durchschnittssexkomödie eine solidere Dramaturgie aufweist als Doktorspiele, da das eh von Beginn an vorhersehbare Finale mehrmals dreist hinausgezögert wird. Nebendarstellerin Ella-Maria Gollmer klingt so, als lese sie von neben der Kamera hängenden Karten ab, mehrere Szenen scheinen sehr mies nachsynchronisiert zu sein und diverse Gags sind so forciert, dass sie den gesamten Film aufhalten – ohne ihn zu bereichern. Der Soundtrack? Mit wenigen, wenigen Ausnahmen eintönig, lärmend und ideenlos. Vor vielen Jahren brachte ProSieben fast wöchentlich eigenproduzierte Jugend-Sexkomödchen auf die Bildschirme. Und die waren zwar Massenware, trotzdem waren sie im Normalfall deutlich besser als dieses qualvolle Machwerk.

Platz 4: Tarzan 3D (Regie: Reinhard Klooss)

Auch wenn mich die Filme auf dem Podest deutlich mehr gegen sich aufgebracht haben, tat mir schon Tarzan 3D beim Anschauen weh. Wenngleich aus völlig anderen Gründen. Denn dieser Computeranimationsfilm gehört nicht ins Kino! Selbst für DVD ist er zu unausgereift. Sämtliche Figuren, ob Mensch oder Affe, haben leblose Augen. Die Menschen sehen aus und bewegen sich wie Zombies, die an Fäden hängen. Die Affen haben zwar eine lebensnahe Fülle an Details, ihre Proportionen stimmen aber nicht völlig - willkommen in der Uncanny Valley. Die Hintergründe? Ebenfalls relativ aufwändig, doch die digitale Beleuchtung ist so unnatürlich gesetzt, sie verhindert jegliche Möglichkeit, den Regenwald als realen Raum wahrzunehmen. Inhaltlich ist Tarzan 3D auch überhaupt kein großer Wurf, aber nicht ganz so grausig wie auf der handwerklichen Ebene. Die Logik macht einige Sprünge (ein Tarzan im Schulalter verliert seine Eltern und hat als Jugendlicher bereits sämtliche Erinnerungen an Menschen verloren) und von Dramaturgie braucht man überhaupt nicht reden. Dass die Vorlage extrem freimütig umgemünzt wird, ist da eher zweitrangig.

Platz 3: The Philosophers (Regie: John Huddles)

20 Philosophiestudenten haben ihre letzte Stunde bei ihrem Lehrer Mr. Zimit, bevor sie ihren Abschluss erhalten. Der von James D’Arcy verkörperte, gestrenge Prof. sieht es nicht ein, am Tag vor Schulschluss einen Gang zurückzuschalten, und macht mit seinen Schülerinnen und Schüler daher ein Gedankenexperiment: Vor ihnen spielt sich eine atomare Katastrophe ab und sie müssen entscheiden, wer von ihnen in den rettenden 10-Personen-Bunker darf. Es verlangt vom Zuschauer bereits, ein Auge zuzudrücken, da kein vernünftiger Philosophielehrer solch ein Gedankenexperiment nutzen würde, um den Wert des Einzelnen für die Gesellschaft zu diskutieren. Aber gut, wir wollen Mal nicht so sein. Erstens ist dies ein Film, der uns eine Ausnahmesituation präsentiert, zweitens wurde sogar das Experiment aus Die Welle einst in Echt ausgeführt, also glauben wir einfach Mal, das Mr. Zimit einen an der Waffel hat. Somit ist das, was in The Philosophers geschieht zwar keine mustergültige Philosophiestunde, jedoch sind die in den ersten Minuten angerissenen Lektionen nicht all zu überzogen. Allerdings reißt dieser in Deutschland direkt auf DVD geparkte Film sein Konzept mit Hochgenuss ein. Die Figuren? Flach und im Fall von Mr. Zimit auch noch ein gewaltiger Bremsklotz, der sämtliche philosophischen Theorien im Keim erstickt. Spannung kann nicht aufkommen, da die Szenarien selbst innerhalb der Story fiktiv sind UND zudem rasch deutlich wird, dass die Schüler immer wieder von Mr. Zimit (farblos hassendswert!) ans Messer geliefert werden. Nur Sophie Lowe als Spitzenschülerin Petra ringt ihrer Figur mehr als eine Dimension ab, umso flacher sind aber die Settings. Der Klassenraum sieht wie digitale Rückprojektion aus, laut Produktionsnotizen wurde er aber vor Ort in Indonesien gedreht. Also stellt sich die Frage: Welcher Stümper hat den Film bitte ausgeleuchtet? (Antwort: John Radel) Es ist aber eh alles schnuppe, da es im Film eh nicht um das vermeintliche Thema "Was würdest du tun?" geht. Unterschwellig läuft es die ganze Zeit mit, in den finalen Minuten macht er endgültig klar, dass es von Beginn an um etwas Anderes ging. Dieses Etwas ist jedoch so lachhaft und so unfundiert in den Film geklatscht, dass es ebenfalls nicht zur Fruchtung kommt. Dadurch ist The Philosophers nicht nur pseudo-philosophisch und möchtegern-dramatisch, sondern zudem selbstzerstörerisch und prätentiös. Sascha hat es bei PewPewPew perfekt ausgedrückt: Eine absolute Katastrophe.

Platz 2: American Hustle (Regie: David O. Russell)

Aus der Kategorie "In meinen Augen vollkommen überbewertete Oscar-Hoffnungsträger" präsentiere ich euch dieses Jahr: Die Betrügerposse American Hustle. Uninteressante Charaktere, die sich alle für etwas anderes ausgeben, als sie wirklich sind (wobei diese Gemeinsamkeit allein schon das Thema 'Betrug' hier völlig ausschröpft, eine tiefere Betrachtungsweise ist nicht aufzufinden), stolpern durch einen unrhythmisch erzählten Plot und sagen pseudocoole Dinge. Die begnadete Jennifer Lawrence trifft nur eine Note in diesem Machwerk, nämlich "selbstgefällige, dumme Zicke" und ist einfach nur laut, ennervierend und für den zentralen Plot schockierend unbedeutend, obwohl ihre Rolle als gehörnte Ehefrau Dramatik und Verletzlichkeit bieten könnte. Christian Bale verzieht kaum eine Miene, die "lustigen" Machenschaften unserer Protagonisten sind ohne jeglichen Esprit, für eine Heist-Movie-Dekonstruktion ist der Look allerdings zu gelackt, die Inszenierung zu zelebrierend und das Skript zu arm an innovativen, hinterfragenden Argumenten. Aufgesetzt, überbewertet und aufgebläht. Will ich einen Film über Betrug und Exzess sehen, der sich gerne als Teil von Martin Scorseses Vita sehen will (denn Russell schielt überdeutlich zu diesem großen Vorbild), dann schau ich The Wolf of Wall Street. Der ist zwar 42 Minuten länger, fühlt sich aber maximal halb so lang an.

Platz 1: Maleficent (Regie: Robert Stromberg)

In Lars von Triers epochaler Sex-Tragikomödie Nymph()maniac erklärt die Erzählerin, dass sie in ihrem Leben eine Phase durchlief, in der sie so viele Liebhaber hatte, dass sie es mit einem Schlag leid war, sich zu merken, wie sie sich bei wem verhält. Also entwickelte sie ein Würfelsystem und überließ dem Glück die Entscheidung, wie sie sich im jeweils nächsten Gespräch zu benehmen habe. Weshalb ich dies hier erwähne? Nun ...

Kein einziger Film 2014 hat mich gleichzeitig dermaßen genervt, frustriert, beleidigt und angeödet wie dieser voll und ganz entgleiste Versuch Disneys, seiner diabolischen Schurkin aus Dornröschen ein Fantasydrama im Stile des Romans Wicked zu verpassen. Und selten merkte ich einem Film seine Produktionsprobleme so sehr an wie diesem 180 Millionen Dollar teurem Schundwerk. Und ich möchte mich nicht einmal zu sehr an visuellen Ärgernissen aufhalten, wie den mitunter lächerlichen Spezialeffekten (wie einem nach Greenscreen schreiendem Flug der jungen Titelfigur durch ihr Märchenland, den abscheulich gestalteten und unglaublich lieblos animierten Feen und Trollen, dem nach zehn Jahre alten Computerspielen aussehenden Drachen und den fast schon schmerzend miesen grünen Flammen Maleficents). Auch der uninspirierte Score des fähigen James Newton Howard und das rammdösige Once Upon a Dream-Cover im Abspann sind nicht die ausschlaggebenden Punkte, dass mich 2014 kein Film mehr verärgerte als Maleficent, selbst wenn all dies bereits nach einer Platzierung in dieser Flopliste ruft. Sogar die inkohärenten, unterkühlten Nebendarsteller (abgesehen von Sam Riley als Lakai Maleficents, der mit Engagement agiert und daher all seine Ensemblemitglieder überflügelt) sind es nicht. Oder die Ella Purnell, die die junge Maleficent mit einem albernen Lolita-Grinsen gibt. Nein, es ist der Inhalt dieses Films, der so unsagbar schlecht ist.

Ich will Drehbuchautorin Linda Woolverton nicht unterstellen, dass sie viel mit Nymphomanen gemeinsam hat. Trotzdem handelt so wie die junge Joe aus Nymph()maniac. Zumindest im Umgang mit ihren zahllosen Maleficent-Drehbuchentwürfen, die schlussendlich in einen Mixer gesteckt wurden, um einen 97-minütigen Tiefpunkt in der jahrzehntealten Disney-Historie zu ermöglichen. Es gibt keine zwei aufeinanderfolgende Szenen, in denen die Mythologie des Films, Maleficents Charakterzüge, ihre Motivation oder auch ihre Ziele übereinstimmen. Ist es eine Komödie über eine missverstandene gute Fee? Ein düsteres Fantasyepos? Eine semi-grimme Märchen-Uminterpretation? Ein quietschbunter Kinderbelustigungsfilm? Ein Fantasydrama, das aufklärt, dass der Schein zu trügen weiß? Unsäglicher Kitsch? Maleficent ist alles auf einmal und zugleich Nichts!



Und um auf einer minimal positiveren Note zu enden, seien hier noch einige ehrenlose Sondernennungen fallen gelassen:

Fast hätte es Brick Mansions in diese Liste geschafft, da die Action völlig zerschnitten ist und zahlreiche Figuren dem Streifen ihren Flair rauben. Letztlich hat dieses Remake des französischen Überraschungserfolgs Ghettogangz – Die Hölle vor Paris aber zu wenig Tiefpunkte, um den hier präsentierten 15. Platz zu "toppen". Auch Noah wäre fast Teil dieser Übersicht geworden, da Aronofskys Bibel-Verfilmung inkonsistent ist, träge und mitunter unfreiwillig komisch. Einige wenige Höhepunkte (darunter eine visuell umwerfende Neudeutung der Genesis-Erzählung) bewahren das Projekt aber davor, ein waschechter Flop zu sein. Die schmalzige Teenie-Romantiktragödie Wenn ich bleibe wiederum rettet sich allein durch ihre Darsteller vor einer Erwähnung in der obigen Auswahl, genauso wie Sieben verdammt lange Tage. Mit Die Abenteuer von Mr. Peabody und Sherman wäre fast noch ein Animationsfilm hier gelandet, da die zweite Hälfte kaum uninspirierter und pathetischer sein könnte. Zuvor unterhalten manch nette Einfälle aber genügend, um diese DreamWorks-Trickproduktion so geraaaaaade aus meinen Flops rauszuhalten.

Meine Hits des Jahres 2014

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Traditionen wollen gehegt sein. Selbstredend auch mein alljährlicher Blick auf neu veröffentlichte Songs, die mir zwischen Januar und Dezember ins Ohr gingen. Und die nicht für einen Film geschrieben wurden. Denn die schweben für mich aufgrund ihrer cineastischen Assoziation in einer anderen Sphäre als "normale" Musik. Und ehe ich mich aufgrund dieser Aussage selber des Schubladendenkens beschuldige, springe ich lieber mit Anlauf ins eigentliche Thema dieses Artikels. Denn die wild durcheinander gewürfelte Auswahl an Liedern, die für mich das Musikjahr 2014 repräsentieren und mir aus jedweden Gründen ein beglücktes Grinsen entlocken. Und, oh Freude! 2014 sprach mich mehr an als noch 2013 ... Also, drück auf's Knöpfchen Max und lass die Jukebox spielen!

Platz 25: My Heart is Open (Maroon 5 feat. Gwen Stefani)
I'll do anything you want me to cause / I can't breathe until I can see your face

Ach, Gwen Stefani ist noch aktiv? Lange habe ich von der Popsängerin nichts gehört, aber mit diesem Gastbeitrag auf dem Maroon-5-Album V feiert sie ein solides Comeback in meiner Playlist. Stefanis rauchige Stimme und Adam Levines höhere Töne anstimmendes Organ ergänzen sich sehr gut und dieser Ballade fehlt zwar ein wenig die Dynamik, trotzdem weiß ihre tragende Melodie Emotionen zu wecken. Kein Ohrwurm, aber ein hübscher Song.

Platz 24: Shake It Off (Taylor Swift)
It's like I got this music / In my mind / Saying, "It's gonna be alright."

Mein Guilty Pleasure des Jahres. Eine wahrhaftige Kaugummi-Pop-Melodie, die sich im Gehörgang festklebt. Lyrics, die dem Ziel, einen effektiven Anti-Dauernörgler-Song aufzubauen, nicht gerecht werden. Und Taylor Swifts Rap-Part ist grauenerregend. Dennoch macht diese Nummer mit ihrer ansteckend guten Laune und der simplen, eingängigen Melodie richtig viel Spaß.

Platz 23: Until It's Gone (Linkin Park)
And I can finally see your light / When I let go

Nachdem ich das Album A Thousand Suns nahezu grottig fand und Living Things ziemlich belanglos, ist The Hunting Party für Linkin Park wieder ein Schritt in die richtige Richtung. Die Lieder verschwimmen zwar etwas und es gibt kaum prägende Aspekte, trotzdem lässt sich die Scheibe ganz gut hören. Until It's Gone erinnert dann gar an den klassischen Sound der Band, gepaart mit einer erfrischend ungekünstelten "Garagenband"-Atmosphäre.

Platz 22: In Your Pocket (Maroon 5)
It should be really easy / If you have nothing to hide

Eine weitere Band, die ich lange Zeit sehr mochte, und die mich dann schwer enttäuschte, ist Maroon 5. Die Gruppe rund um Adam Levine hat sich mit ihrem fünften Studioalbum allerdings zurückgewonnen. In Your Pocket hat Schwung, geht ins Ohr, macht Laune und geht verspielt mit seiner Doppeldeutigkeit um, ohne dadurch lästig zu werden.

Platz 21: Monster Is My Name (Lordi)
You know me, my name is monster / Now don't you call my name in vain

Alles in allem ist Scare Force One weit davon entfernt, das beste Lordi-Album zu sein. Vereinzelte Titel der Scheibe repräsentieren aber grundsolide die Reto-Hardrock-Seite der finnischen Monster. Darunter Monster Is My Name. Originalität sucht man hier zwar vergebens, allerdings fetzt die Nummer und die Lyrics sind ganz lustig.

Platz 20: Nailed By the Hammer of Frankenstein (Lordi)
Good girls get bad, get hammered / Party like Frankenstein

Und nochmal Lordi. Nailed By the Hammer of Frankenstein ist lauter, aggressiver, spaßiger und kreativer als Monster Is My Name und verdient sich somit einen Platz in den Top 20. Mehr gibt es da eigentlich nicht zu sagen!

Platz 19: Animals (Maroon 5)
Baby I'm preying on you tonight / Hunt you down eat you alive

Das Video spaltete die Gemüter, und von allen Songs auf dem neuen Maroon-5-Album ist Animals zudem die Nummer, in der Adam Levine seinen Falsettogesang am deutlichsten zur Geltung bringt, obwohl die Komposition und auch der Inhalt eigentlich perfekt für dunklere Töne wären. Trotzdem funktioniert der Titel großartig, wobei der Refrain viel gelungener ist als die Strophen. Und somit gibt es den 19. Rang.

Platz 18: How to Slice a Whore (Lordi)
Have you ever felt like this / Pissed off at your bitch / We've got a way for you / to scratch that itch / Our step by step dissection kit / Is sure to do the trick

Mehr war dieses Jahr für Lordi einfach nicht drin: Scare Force One ist keine Platte, die bei mir Begeisterungsstürme auslöste, aber sie ist auch zu solide, um mich zu verärgern oder zu enttäuschen. Also bleibt mir kaum mehr übrig, als meinen liebsten Song der Scheibe aufzudrehen und über diese Monster-Weiberkiller-Rocknummer zu grinsen. Rockig, altmodisch, ein starker Riff, der alles zusammenhält.

Platz 17: Wastelands (Linkin Park)
Roll credits, you get it, the show's done

Und noch ein Album, von dem wir uns nun verabschieden: Meine liebste The Hunting Party-Nummer schlängelt sich in meiner Gunst vor allem durch die instrumentalen Parts und den Refrain an den bisherigen Stücken vorbei. Die Rap-Parts sind an Linkin-Park-Maßstäben gemessen eher durchschnittlich, aber wenn dieser Track klickt, dann richtig: Klassischer Linkin-Park-Sound trifft eine rauere, "authentischere" Atmosphäre. Haut rein!

Platz 16: Into the West (Tuomas Holopainen)
Far, far into the night / Your calling guided you

Toumas Holopainens Music Inspired by the Life and Times of Scrooge ist ganz klar als einzigartiges, anspruchsvolles und einnehmendes Konzeptalbum gedacht. Einzeln, aus dem Kontext gerissen und beiläufig gehört, verlieren die jeweiligen Tracks an Power. Und so prügelt sich die Verneigung vor Sein Leben, seine Milliarden zwar um meinen Preis für das beste Album 2014 (abseits der Welt der Filmsoundtracks), wenn ich allerdings Einzelstücke beäuge, fällt die Wertung etwas anders aus. Es ist so wie bei manch fantastischen Alben, die kaum Singles in den Charts platzieren konnten. Ganz zu schweigen davon, dass ich in dieser Liste keine Instrumentalstücke aufnehme. Wie dem auch sei: Into the West ist großartig und lässt sich auch ohne Kontext fantastisch hören. Die Western-Klänge fügen sich formidabel in die träumerischen Kompositionen und die kühleren Klänge dieses Fünfminüters.

Platz 15: 1741 (The Battle of Cartagena) (Alestorm)
The skies are burning with thunder / The seas are ablaze with flame / Set the course for Cartagena / The sands of time will remember our names

Unvergessliches Intro in Retro-Gaming-Gedudel-Manier, gefolgt von epochalem Seemanns-Folkmetal. Ein enorm vergnügliches Brett meiner sehr verehrten Schottlandpiraten, das sich einfach nur durch die vergleichsweise ungelenke Struktur "nur" den 15. Platz erarbeitete. Der Refrain und die Growlingpassagen hätten sich mehr verdient. Aber ein anderer Track vom Album Sunset on the Golden Age wuppt diesen Stil noch deutlich besser.

Platz 14: It Was Always You (Maroon 5)
Now I know why my heart wasn't satisfied, satisfied / It was always you, you

Man nehme die Erfolgsrezeptur von This Love, dem meiner Ansicht nach am stärksten überbewerteten aller Maroon-5-Songs, füge etwas klangliche Schwere hinzu (naja, sofern es der Stil dieser Band erlaubt) und kehre im Umkehrschluss die Stimmung der Lyrics um. Aus positiv geträllerter Verdammnis wird ein Track, der dem Hype der besagten Erfolgssingle gerecht wäre.

Platz 13: Walk the Plank (Alestorm)
Give the line a little twist / And wrap the ropes around your wrist / Eyes to fill your soul with dread / The fury of the hammerhead

So eröffnet man ein Album! Walk the Plank weckt wohlige Erinnerungen an die Openingnummer des Alestorm-Debüts Captain Morgan's Revenge, würzt diese aber mit den Klangelementen, die die aktuelle Platte prägen. Zwar ist Walk the Plank nicht ganz so kantig-furios wie sein Vorbild, trotzdem ist es ein richtig, richtig toller Track. Und mit einem etwas höheren "Oh ja, direkt nochmal hören!"-Faktor wären sicher die Top Ten drin gewesen!

Platz 12: Love Runs Out (OneRepublic)
I'll be our light, your match, your burning sun / I'll be the bright and black that's making you run

Nach einer langen Liste von Stücken, die entweder so gar nicht meinem Geschmack entsprachen oder die schlicht austauschbar und öde waren, meldet sich auch OneRepublic in meiner "Heavy Rotation" zurück. Love Runs Out ist Radiopop, wie ich ihn mir lobe. Das mittelhohe Tempo, der packende Rhythmus und die verzerrten Klavierklänge laden zum Mitwippen, Mitklatschen und unkoordinierten Zappeln ein. Klasse Song!

Platz 11: Shoot Love (Maroon 5)
I got my hands up screaming / Got my hands up screaming / Don't shoot love, baby / Don't shoot love

Und schon wieder Maroon 5. Was soll ich sagen? V gefällt mir wesentlich mehr als alles, was Maroon 5 nach It Won’t Be Soon Before Long so fabriziert haben. Und Shoot Love ist eine extrem launige Nummer, die sich bei mir so schnell nicht abnutzt.

Platz 10: U-Bahn-Ficker (Eko Fresh fet. Joko & Klaas)
Denn er muss ihn rausholen / er kann sonst nicht mehr / Ja, er macht ihn einfach krank / dieser U-Bahn-Verkehr

Eine tragische, aus den medialen Schlagzeilen gerissene Liebesgeschichte, geschmack- und klangvoll aufbereitet. Höchste Gesangskunst und melodischer Genuss der feinsten Kajüte, dargeboten von den Poeten unserer Generation.

Platz 9: Calm After the Storm (The Common Linnets)
Oooo skies are black and blue / Thinking about you / Here in the calm after the storm

Jahr für Jahr platziert sich eine Eurovision-Nummer in meinen Charts. Nahezu jährlich ist es dank einer tollen Finalperformance ein anderes Stück als das, welches mir basierend auf den Vorabmusikvideos am meisten gefiel. Und selten ist es der Gewinner. So auch 2014: Conchita Wurst war gesanglich perfekt und gewiss auch politisch-symbolisch eine verdiente Nummero uno. Aber das Lied war nicht ganz das, was ich bei kraftvollen Balladen suche. Calm After the Storm ist aber exakt das, was ich bei einer gemäßigten Country-Ballade erwarte. Klingt nach langen Nachtfahrten, kreisenden Gedanken, Sehnsucht und Lust, mal wieder einen guten Coen-Streifen zu sehen.

Platz 8: Hangover (Alestorm)
I‘m on a ship / If you don‘t know / Well now you know

Aus einem austauschbaren, schnell vergessenen, lahmen Dancepoporiginal wird feinster Partypiratenmetal mit kultigem Seeräuberrappart. Verboten gut!

Platz 7: A Lifetime of Adventure (Tuomas Holopainen)
Promises to keep / Countless gold fields to reap / To be rich is to seek / To relive the memory

Ehrwürdig, melancholisch, unbeugsam: Der heimliche Titelsong zum Album zur Comicreihe zum Leben des reichsten Erpels der Weltgeschichte. Ein Song, wie ihn sich Dagobert Duck verdient hat. In der "Single"-Alternativversion mit zugänglicherer Struktur griffiger als in der Standardfassung, so oder so aber gänsehauterregend.

Platz 6: Cold Heart of the Klondike (Tuomas Holopainen)
Into White Agony Creek / The cradle of new hope

Noch stärker, einprägsamer und epochaler, gleichzeitig komplexer, subtiler und atmosphärischer: Wenn ich nur einen einzelnen Track aus Holopainens Album hören möchte, dann fällt meine Wahl zumeist auf diesen, der im Kopf ein beeindruckendes Abenteuerdrama über Ambition, Durchhaltevermögen, Erfüllung und Kälte.

Platz 5: Blank Space (Taylor Swift)
So it's gonna be forever / Or it's gonna go down in flames / You can tell me when it's over / If the high was worth the pain

Das, was Todd sagt: Unerwartet kluge, einfallsreiche Texte und eine Aura des Authentischen heben diese Nummer aus dem üblichen Pop-Einerlei heraus. Anders als Todd verliere ich auch nicht so schnell die Faszination für die Nummer, denn die kühle Atmosphäre und der hypnotische Beat verfehlen bei mir auch nach mehrmaligem Anhören nicht ihre Wirkung.

Platz 4: Sunset on the Golden Age (Alestorm)
The sun will set forever / Never to rise again / And in the coming darkness / We‘ll fight to the bitter end

Eine mitreißend orchestrierte Piraten-Metalmär, die vom nahezu garantierten Ende der goldenen Ära handelt. Kämpferisch, nostalgisch und voller Abenteuerromantik, bewegend und kantig komponiert. Hervorragend für lange Auto- und Zugfahrten oder wann immer man sich in kämpferisch-nachdenkliche Stimmung bringen will.

Platz 3: Maps (Maroon 5)
So I’m following the map that leads to you / The map that leads to you / Ain't nothing I can do / The map that leads to you

Runde Sache. So einfach ist das.

Platz 2: Drink (Alestorm)
We are here / to drink your beer / And steal your rum / at a point of a gun / Your alcohol / to us will fall / Cause we are here / to drink your beer

Eine Kampfansage von einem Sauflied, und noch dazu pickepackevoll mit Referenzen auf die Alestorm-Diskografie. Bringt das Blut zum Kochen, die Kehle zum Dursten und die Stimmung auf Hochtouren. Und danach? Na, was wohl?! Noch 'ne Runde!

Platz 1: Magnetic North (Alestorm)
Sold a lie / condemned to die / Empty promise / encased in ice / One by one / our time has come / Death awaits / before the sun

Keinen Song habe ich 2014 häufiger und mit zufriedenerem Grinsen gehört, nirgends habe ich lauter mitgegröhlt: In mittelhohem Tempo erzeugt dieses Folk-Metal-Meisterstück eisig-kalte Freibeuter-Abenteuerlaune. Das Arrangement des Tracks ist mit das beste in der gesamten Alestorm-Historie, wie aus nodrisch-folkloristischen Klängen allmählich strikte, vorwärtstreibende Piraten-Metalhärte wird, ehe urplötzlich deftige Deathmetal-Sound hereinbrechen und es dann wieder zurückgeht, ist Bombe! Man drehe einen passenden Piratenfilm zu diesem Song. Sofort! Oder als Pirates of the Caribbean 6.

Und somit verabschiede ich mich für dieses Jahr. Euch allen ein schönes Silvester, einen guten Rutsch und ein erfolgreiches, tolles, glückliches 2015!

Meine Gedanken über das Kinojahr 2014

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2014 hat sich verabschiedet, doch 2015 hat noch gar nicht so richtig angefangen. Die perfekte Gelegenheit, sich zurückzulehnen und die Gedanken kreisen zu lassen. Nicht etwa um irgendein Thema, sondern natürlich um mein favorisiertes Thema: Film. In den vergangenen zwölf Monaten entführten uns die Lichtspielhäuser in bunte Fantasiewelten, in grimme Parabeln unserer Realität und in faszinierende Abbildungen diverser Subkulturen. Die deutsche Kinowirtschaft erlebte ein erschreckend karges Jahr, angefeuert von einer gewaltigen Besucherflaute zur WM-Zeit. Aber wie sah das Kinojahr für mich persönlich aus? Nun …

In meinen Augen war das Kinojahr 2014 sehr stark. Darüber, was verdienten oder unverdienten Erfolg hatte und mit welchem Recht in welcher Breite gestartet ist, kann man sehr hitzig debattieren. Wenn ein weltweit umjubelter Film wie Under the Skin, der in zahllosen Kritiker-Bestenlisten auftaucht und mit Scarlett Johansson einen Weltstar in der Hauptrolle aufweisen kann, nur aufgrund von Fanprotesten und passionierten Kinobetreibern den Weg in die Lichtspielhäuser findet, dann läuft etwas schief. Dessen ungeachtet war die Ausbeute an Kinofilmen 2014 beachtlich: In der Welt der Blockbuster gab es zahlreiche extrem unterhaltsame Spektakel zu bestaunen, die nicht nur lärmenden Spaß darstellen, sondern auch gute Performances und ein gutes Skript haben. Marvel haute mit The Return of the First Avenger und Guardians of the Galaxy gleich zwei Volltreffer raus , Fox forderte das Popcorn-Publikum mit den neuen Teilen der X-Men- und Planet der Affen-Reihen heraus und im Herbst liefen außerdem Interstellarder dritte Tribute von Panem-Part an, die im Multiplex für mehr als nur Krachbumm sorgten.

Doch 2014 war nicht nur ein gutes Jahr für das Popcorn-, sondern auch fürs Programmkino, wo die gesamte filmische Palette mit neuen, starken Werken bestückt wurde. Ob nun der bereits erwähnte Under the Skin, solche „Kunstblockbuster“ wie Snowpiercer, Epen über den Alltag wie Boyhood, beklemmendes Kino wie Borgman oder auch kleine, smarte Wohlfühlfilme der Marke Gemma Bovery: Keine Facette der Filmwelt kam 2014 zu kurz. So lobe ich mir das!

Nur eine filmische Sparte war 2014 arm dran. Auch wenn mir da wohl einige widersprechen werden: In Sachen (westlichem) Animationsfilm sah es zuletzt wieder recht dürftig aus. Drachenzähmen leicht gemacht 2 war zwar gut, aber nicht so schön wie das Original. Die Boxtrolls war sehr mager, Die Abenteuer von Mr. Peabody & Sherman ebenfalls, Die Pinguine aus Madagascar war extrem lustig, aber auch recht hohl, Rio 2 - Dschungelfieber war sogar richtig, richtig mies ... Eine rare Ausnahme ist The LEGO Movie. Aber auch hier muss ich etwas rummäkeln: Die Komödie ist zwar sehr toll, aber auch nicht die Offenbarung, zu der sie teils hochstilisiert wurde. 22 Jump Street hat mir da in Sachen "Selbstironische Streifen von Lord & Miller" mehr gefallen.

Die meiner Meinung nach schlechtesten Filme 2014 habe ich ja bereits vorgestellt, darüber hinaus galt es auch allerhand Enttäuschungen zu durchstehen. Also Produktionen, die nicht per se schlecht, aber meilenweit von meinen Erwartungen oder ihrem stellenweise angedeuteten Potential entfernt sind Nebraska etwa weiß mir zu gefallen, entlockte mir jedoch nicht die Reaktionen, die ich mir nach den zahlreichen Kritikerlorbeern erhofft hatte. Und der deutsche Hackerfilm Who Am I hat weder die kinetische Energie seiner Trailer, noch sind seine Twists so revolutionär, wie er wohl gern hätte.

Zu meinen Überraschungendes Jahres zählen im Gegenzug primär Actionfilme. Der Sci-Fi-Actionspaß Edge of Tomorrow (alias Live. Die. Repeat., wie Warner ihn nun gerne vermarktet) hatte auf dem Papier ein reizvolles Konzept, sah in den Trailern jedoch bescheiden aus. Doch die Mischung aus „Trial-and-Error“-Shooter und Und täglich grüßt das Murmeltier mit Tom Cruise und Emily Blunt ist extrem unterhaltsam geraten, weshalb sie sich auch ein deutlich besseres Einspielergebnis verdient hätte. Während ich The Raidfast schon verboten überbewertet finde, haute mich das Sequel während einer sehr stimmigen Mitternachtsvorstellung regelrecht aus den Socken, ähnlich, wie es mir vor der Preview zu Need for Speed graute – ich verließ sie aber als einer von gefühlt vier Filmkritikern, die diesen launigen, handgemachten Rennactionspaß toll findet. Und dann wäre da außerdem Transformers – Ära des Untergangs, der vierte Teil eines von mir verhassten Franchises. Dieses Mal aber bereitete mir Bays Explosionsoper sündiges, sündiges Vergnügen ... ... ... Ja. Ist so!

Wie schon in den vergangenen Jahren gönnte ich mir auch 2014 zudem einige besondere Kinoerlebnisse, und ich finde es sehr, sehr erbaulich, dass das Angebot an atypischen Vorführungen konsequent wächst. So konnte ich dank der Disney Days-Aktion einiger deutscher Kinos zahlreiche Disney-Klassiker zum wiederholten Male und teils auch zum ersten Mal auf der großen Leinwand erleben. Außerdem nahm eines der Kinos meines Vertrauens aufgrund des verfrühten Ablebens von Robin Williams Der Club der toten Dichter ins Programm auf, was ich selbstredend ausnutzte. Darüber hinaus unterstützte ich natürlich die Under the Skin-Protestaktion und löste ein Ticket für dieses Meisterwerk, das es hierzulande beinahe nicht in die Kinos geschafft hätte. Zudem erlebte ich eine der magischsten Retro-Aufführungen meiner Kinobiografie: The Shining im englischsprachigen Original vor ausverkauftem Haus ... als abgenutzte 35mm-Kopie mit einer atmosphärischen, beklemmenden Rottönung! Grandios! Auch den wegweisenden Disney-Abenteuerfilm 20.000 Meilen unter dem Meer durfte ich mit authentischem Filmgrieseln bewundern. Und in Düsseldorf brachte mich die Deutschlandpremiere der restaurierten Komplettfassung von Eine total, total verrückte Welt zum Lachen. Mehr davon! Auch an Filmmarathons habe ich einmal mehr teilgenommen, dieses Jahr an der May the Forth be with you-Aktion, die alle bisherigen Star Wars-Episoden umfasste, sowie an einem Die Tribute von Panem-Triple.

Meine zwei besten Kinoerfahrungen 2014 waren allerdings eine Wiederaufführung von Rob Marshalls brillantem Musical Chicago, die praktischerweise mit meinem Geburtstag zusammenfiel und somit als Geburtstagsfeier diente, sowie das von einem philharmonischem Orchester begleitete Pirates of the Caribbean – Am Ende der Welt-Event in München. Großer Film, riesige Leinwand, unvergessliche Melodien!

Umso ärgerlicher, dass im Kino weiterhin auch Störenfriede ihr Unwesen treiben. Das nervigste Kinopublikum des Jahres zu bestimmen, fällt mir jedoch schwer. Denn anders als 2013 gab es dieses Mal für mich keine Totalausfälle, dafür aber vermehrte Erlebnisse mit Deppen, die sich ganz allein gegen den restlichen Saal verschwören. Von einer dauerkommentierenden älteren Dame in Mr. May und das Flüstern der Ewigkeitund einem sich über eine andere, ruhige Person lustig machenden Paar in Her bis hin zu Mommy und zehn Leuten, die sich während der ersten 30 Minuten nicht entscheiden können, ob sie nun sitzen bleiben wollen oder in die Lobby gehen ... All diese Vorfälle ließen sich nach vermehrten Beschwerden jedoch beenden. Na bitte, geht doch! Einige weitere Ärgernisse halte ich nun für den Entengeschnatter-Podcast in der Hinterhand, so frech bin ich nun!

Als nächstes sei unsere Aufmerksamkeit endlich auf meine filmichen Höhepunkte 2014 gelenkt. Denn was bringt es, über Filme zu denken, wenn man sich jegliche Freude an dieser Passion verbietet?

Die Vermessung der Welt

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Zwei Genies der Naturwissenschaften. Das eine wurde 1777 als Sohn einer bescheidenen Steinmetzfamilie geboren und bezog in der Schule regelmäßig Prügel von seinen Lehrern. Der Grund: Seine genialen Lösungswege wurden als Form von Aufmüpfigkeit empfunden. Das andere Genie kam 1769 zur Welt und ging als Spross eines hoch angesehenen Offiziers schon früh beim Adel ein und aus. Beide sollten, auf gänzlich unterschiedliche Weise, die Forschung vorantreiben und die Sicht auf unsere Welt beeinflussen. Der aus der Arbeiterklasse stammende Carl Friedrich Gauß tat dies aus seiner Denkstube heraus; er war ein heimatverbundener Theoretiker, der sich von seiner langsamer denkenden Umwelt unverstanden fühlte. Offizierssohn Alexander von Humboldt dagegen zog es in die Welt hinaus, er bereiste Lateinamerika, die USA und Zentralasien, sammelte unter anderem Erkenntnisse in den Bereichen der Zoologie, Chemie und Geologie – all dies mit preußischer Verklemmtheit.

Dass zwei so wichtige, einflussreiche Naturwissenschaftler zur gleichen Zeit lebten, inspirierte Autor Daniel Kehlmann zu einer fiktionalisierten Doppelbiografie in Romanform, die sensationelle 37 Wochen in den Bestsellerlisten zu finden war. Laut der New York Times stand sie 2006 sogar an zweiter Stelle der am meisten verkauften Bücher des Jahres. Eine Verfilmung galt als schwer vorstellbar, da der Roman zu großen Teilen vom unterschwellig ironischen Erzählstil und der filmisch kaum umsetzbaren Verknüpfung beider Erzählstränge lebt. Dennoch nahm sich Regisseur Detlev Buck (Same Same But Different, Rubbeldiekatz) der Herausforderung an, Die Vermessung der Welt auch auf den Kinoleinwänden stattfinden zu lassen. Und dies sogar in 3D.

Weil die Welten des gedruckten Worts und des bewegten Bilds nahezu so unterschiedlich sind, wie die Methoden Humboldts und Gauß', findet während der Übersetzung des Romans zu einem Kinofilm eine gewisse Umdeutung statt: Die enge Verknüpfung beider Erzählstränge weicht einer losen Gegenüberstellung, die vom Erzähler getätigten, raschen Überleitungen weichen kreativen visuellen Übergängen. Insbesondere in diesem Bereich zeigt sich Detlev Buck in überaus guter Form. Er erweckt zum Beispiel ein Skizzenbuch zum Leben und lässt dieses Humboldts Überquerung des Atlantiks als fast schon pythoneske Odyssee schildern, ehe nach allerlei trocken vermitteltem Irrsinn wieder die reale Szenerie erscheint. In einem anderen Fall kippt in bedächtigem Tempo das Leinwandbild, um während des Übergangs in einer Hälfte Gauß' staubiges Arbeitszimmer und in der anderen Humboldt auf einem klapprigen Floß mitten im tiefsten Regenwald zu zeigen.

Generell ist Die Vermessung der Welt ein visuell interessanter Film: Kameramann Slawomir Idziak (Drei Farben: Blau, Harry Potter und der Orden des Phönix) fängt in prächtigen (3D-)Bildern gleichwohl die hässlich vernebelte, kaum erforschte Welt sowie das mit Matsch bedeckte heimische Deutschland des 18. Jahrhunderts ein. Das lädt ebenso sehr zum Staunen ein, wie dazu, sich angewidert von den filmischen Schauplätzen abzuwenden. Reiselust folgt auf Heimweh nach modernem Komfort. Mag man erst den Hut davor ziehen, was Gauß und Humboldt alles ohne moderne Hilfsmittel leisteten, verliert man wenige Minuten später, etwa wenn plastisch-schmutzige Bilder die damalige Zahnmedizin nachzeichnen, jegliche Sehnsucht danach, mehr von den vergangenen Tagen zu erfahren.

Insofern ähnelt Die Vermessung der Welt auch der Verfilmung eines weiteren zur Schullektüre erhobenen, internationalen Bestsellers aus deutschen Landen: Visuell und im Bezug auf die Weltsicht kommen allerlei Parallelen zu Tom Tykwers Adaption von Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders auf. Beide Werke zeichnen unsere Welt als einen wundersamen, jedoch mindestens genauso sehr ernüchternden Ort und stellen sie in Szenarien dar, die im Detail schrecklich-schön real sind, in der Gesamtheit aber verwunderlich bis befremdlich. Die aufwändigen Requisiten sind immer wieder auffällig akkurat ins Bild gerückt, die authentisch aussehenden Kostüme kleiden ihre Träger mit einem Hauch der Überzeichnung, und obwohl die Landschaften und Kulissen der Realität entstammen, strahlen ausgewählte Farben übertrieben stark, was den Leinwandbildern eine expressionistische Note verleiht. Der Film kommentiert auf visueller Ebene unentwegt den gebotenen ästhetischen Prunk. Das distanziert vom Geschehen, verleiht ihm jedoch auch stillschweigend Gewicht. 

Die Balance zwischen Dramatik und still-verschrobenem Humor gelingt Detlev Buck in Die Vermessung der Welt indes besser als seinem Kollegen Tykwer. Wirkten in Das Parfumdie Seitenhiebe des Erzählers und der teils morbide Humor neben der düsteren und nachdenklich-sinnlichen Handlung wie aus einem gänzlich anderen Film entliehen, platziert Buck seine Lacher im Regelfall ganz ungezwungen. Zumeist entstehen die Pointen aus dem stocksteifen Humboldt und dem aufgrund seiner Einsamkeit verzweifelnden Gauß, etwa wenn ersterer nicht die Genusssucht seines Kollegen Bonpland nachvollziehen kann oder wenn letzterer auf der Suche nach einem Gleichgesinnten mutlos bei Immanuel Kant vorspricht. Die Hauptdarsteller Florian David Fitz und Albrecht Abraham Schuch vollziehen dabei einen gelungenen Spagat zwischen Zuschauerinteresse weckender, dramatischer Porträtzeichnung der historischen Persönlichkeiten und feiner Überspitzung.

Dass Gauß und Humboldt dem Betrachter dennoch nur schwerlich ans Herz wachsen, ist erzählerisches Kalkül: Beide Forscher treten sympathisch, dennoch überaus makelbehaftet auf – Gauß überheblich, Humboldt als sturer Fachidiot. Zudem sind die jeweiligen Episoden aus ihrem Leben zu kurz gehalten, als dass man sich in diesen Momenten verlieren könnte. Über Gauß wird eine süße, fast unschuldige Liebesgeschichte erzählt, welche aber nur auf die Eckmomente reduziert ist, die Erzählungen von Humboldts Abenteuern brechen derweil stets am brenzligsten Punkt ab, weshalb unerklärt bleibt, wie er sich aus den Notsituationen befreit. So wird die ironische Distanz zu Gauß und Humboldt verstärkt, was wiederum einige Schmunzler erlaubt. Vor allem jedoch erhält das Publikum dadurch Raum, ohne von größeren emotionalen Bindungen beeinflusst, über Parallelen und Differenzen beider Protagonisten (sowie derer Methoden) zu sinnieren. Wohlgemerkt nur, sofern es sich nicht von den humoristischen Fehlgriffen Bucks ablenken lässt. Diese sind rar, dafür allerdings von ausgiebiger Länge, und umfassen nicht enden wollende Hustenanfälle sowie jegliche Szenen mit dem Switch reloaded-Parodisten Max Giermann, der als gestrenger General seine Nase in die 3D-Kamera steckt und sich ohne größere Relevanz für das restliche Geschehen seine Seele aus dem Leib keift.

Solche Momente erfordern Geduld mit Bucks Vermessung der Welt, ebenso wie die generelle Charakteristik des Films nicht nur Freunde finden wird. Denn obwohl es sich bei dieser optisch reizvollen Produktion um ein mit Humor gespicktes Wissenschaftsabenteuer handelt, hat dieses keine strikte Handlung. Stattdessen ist Die Vermessung der Weltein Charakterstück, eine auf Unterhaltung gerichtete themengebundene Erzählung. Dessen sollten sich neugierige potentielle Zuschauer gewiss sein.

Mit ausreichender Neugier bezüglich der Vermessung der Welt hat der interessierte Filmfreund immerhin eins mit Gauß und Humboldt gemein. Und wie man bereits daran erkennt, dass beide Forscher sonst nur wenig verbindet, ist solcher Wissensdurst ein rares Gut. Eines, das Stände, Methoden und selbst die Jahrhunderte überbrückt. Ganz gleich, was sonst aus Bucks Romanadaption gezogen werden kann, diese Erkenntnis stellt sie nachhaltig sowie unaufdringlich dar. Gar kein leichtes Unterfangen. Man bedenke: Was Buck in zirka zwei Filmstunden gelingt, kostete den fiktionalisierten Vordenkern Gauß und Humboldt wesentlich mehr Lebenszeit.


Die Vermessung der Welt ist als DVD, Blu-ray und 3D-Blu-ray erhältlich. Das Erste strahlt den Film zudem am 5. Januar 2015 um 20.15 Uhr aus.

James Bond 007 – Ein Quantum Trost

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Daniel Craig betrat die Bretter, die James Bonds Welt bedeuten, mit einer klaren, starken Ansage. Hier ist er, der neue 007, und er ist es wert, dass wir ihm konzentriert unsere Aufmerksamkeit schenken! Im Gegensatz zum Original-Bond Sean Connery, der mit seiner zweiten Mission erst so richtig auftrumpft, gerät Craigs Version des unverkennbaren Spitzenagenten in Runde zwei allerdings ins Trudeln: Ein Quantum Trost ist von Anfang bis Ende ein gewaltiger Schlag ins Wasser. Sämtliche Aspekte, die für Craigs Debüt sprechen, werden entweder über Bord geworfen oder nach ihrem dezenten Einsatz im Vorläufer völlig überreizt.

Bereits der Prolog setzt die Messlatte beschämend niedrig an. Üblicherweise ist es das Ziel der eröffnenden Actioneinlage, die Stimmung für das nachfolgende Abenteuer zu setzen, indem sich nach und nach eine 007-Mission enthüllt (die mal nichts, mal wenig mit dem eigentlichen Fall zu tun hat). Die ersten Minuten von Ein Quantum Trostdagegen sind hauptsächlich eins: Irritierend. Bond düst in einem kugelsicheren Auto (das rasch eine Tür und somit seine Effizienz in Sachen Kugelsicherheit verliert) vor Schurken davon, es gibt diverse Auffahrunfälle und eine Vielzahl an realer Stuntarbeit. Diese lässt sich aber nur im Heimkino bewundern, wenn man den Film Bild für Bild schaut. Denn Regisseur Marc Forster und Kameramann Roberto Schaefer machen es sich hier zum Ziel, Jason Bourne zu überbieten und noch mehr zu wackeln, noch öfter den Fokus zu ändern und so noch rauer zu sein als der 007-Konkurrent aus der Post-9/11-Ära. Die flatterige Schnittarbeit von Matt Chesse und Rick Pearson drückt die Chancen, auch nur im Ansatz die Übersicht zu behalten, im Verlauf der Szene dann endgültig gen Null. Nach der Enthüllung, dass Bond einen bösen Buben aus Casino Royale in seinem Kofferraum gefangen hält, der so austauschbar ist, dass dieser kleine Twist nur funktioniert, wenn man den Vorläufer wenige Stunden zuvor gesehen hat, folgt die Überblende zum weniger hektischen Vorspann.

Mit dem Intro beginnt zugleich eine Attacke auf die Ohren. Denn der Titelsong, der die Ehre hat, das erste Duett im Bond-Pantheon zu sein, macht selbst Madonnas Die Another Day Konkurrenz. Sängerin Alicia Keys klingt flach, kurzatmig und unterkühlt, Jack White hinterlässt als Sänger derweil überhaupt keinen Eindruck – und der Gesang ist noch das 'stärkste' Element dieser Nummer. Denn die Komposition ist mit ihren deplatzierten Dissonanzen, ihren forcierten Tempowechseln und ihrem Mangel an eigenständigem, tragendem Charakter nicht nur schlecht, sondern sogar peinlich. Sie passt überhaupt nicht zu Bond und selbst als alleinstehend betrachtete Kollaboration zwischen White und Keys ist sie nur mit Wohlwollen überhaupt als gescheitertes Experiment zu bezeichnen.

Nachdem der Song Another Way to Die ungewollt treffend den Tonfall für den restlichen Film beschrieben hat, erfährt MI6 während des Verhörs von Bonds Gefangenem, dass die gesamte Organisation durch Doppelagenten korrumpiert wurde. Wie sich bei den Ermittlungen rasch zeigt, werden diese Doppelagenten unter anderem durch den Wirtschaftsmagnaten und Umweltaktivisten Dominic Greene (farblos: Mathieu Amalric) finanziert. Dieser hat derzeit allerlei fiese Pläne am Laufen, so versucht er seine Liebhaberin Camille Montes (Olga Kurylenko) zu töten und einem ins Exil verbannten, faschistischen Militaristen dabei zu helfen, an die Macht in Bolivien zu gelangen. Im Austausch für seine tatkräftige Unterstützung verlangt Greene eine scheinbar wertlose Wüste, mit der er selbstredend noch große Pläne hat. 007, der eigentlich nur zum Ziel hatte, die Quelle der MI6-Saboteure ausfindig zu machen, befindet sich nun mitten in einem deutlich größeren Fall, in den er sich verbeißt – schließlich erhofft er sich Aufklärung darüber, ob seine geliebte Vesper ebenfalls eine Verräterin war oder zum Verrat gezwungen wurde.

Bond-Plots funktionieren nahezu ausnahmslos nach dem Zwiebelprinzip – sie entblättern sich Schicht für Schicht. Ein Quantum Trost ist da keine Ausnahme, wohl aber ist Craigs zweite Mission hinsichtlich ihrer Ausführung bemerkenswert. Bemerkenswert schlecht! Viele der alten Bond-Storylines, insbesondere der Brosnan- und Moore-Phasen, sind absurd, wie etwa Im Angesicht des Todes, wo manipulierte Pferderennen, Hochleistungscomputerchips, Erdbeben und Weltherrschaft angeblich nahtlos ineinandergreifen. Casino Royale behält die schrittweise erfolgende Annäherung zum eigentlichen Kernkonflikt klassischer Bond-Filme bei, beinhaltet allerdings plausible Beziehungen zwischen den einzelnen Plotebenen sowie glaubwürdige Detektivarbeit. Ein Quantum Trostwiederum verabschiedet sich von der schleichenden Vorgehensweise seines direkten Vorgängers, um dem Zuschauer eine konfuse Ansammlung von Plänen, Ideen und Intentionen um die Ohren zu hauen.

Wer bezweifelt, dass das im Vorspann genannte Trio Paul Haggis, Neal Purvis und Robert Wade dieses Skript verbrochen hat, ist einer heißen Fährte auf der Spur. Wie Daniel Craig Jahre nach der Veröffentlichung dieses Actionthrillers in diversen Interviews verriet, verfassten er und Regisseur Marc Forster während der Dreharbeiten weite Teile des Drehbuchs, da sich die Autoren gemeinsam mit praktisch all ihren US-Kollegen im Streik befanden. Und dies erklärt einen Großteil der inhaltlichen Probleme von Ein Quantum Trost. Gewiss: Es ist möglich, einen guten Film zu verwirklichen, wenn noch am Set das Drehbuch vollendet wird. Allerdings sind es in solchen Fällen zumeist die eigentlichen Drehbuchautoren, die während der Dreharbeiten noch den Dialog polieren (siehe etwa Fluch der Karibik). Dass ein lückenhaftes Skript eines als komplex beabsichtigten Agentenfilms durch improvisierte Schreibversuche des Hauptdarstellers und des Regisseurs vervollständigt wird, ist da schon ein ganz anderes Paar Schuhe.

Ein Quantum Trostist zwar bei weitem nicht die einzige Großproduktion, die vom Autorenstreik 2007/08 in Mitleidenschaft gezogen wurde, jedoch lässt sich das Argument anbringen, dass es keinen Film schwerer traf als diesen. Dass der zweite Transformers-Film sinnlos ist, ist unbedeutend, schließlich wäre er auch ohne Autorenstreik zu einem überlangen Effektgewitter verkommen (man ziehe zum Vergleich Transformers 1 & 3 heran). Auch der erste G.I. Joe-Film spielt inhaltlich auf einer deutlich niedrigeren Ebene als Ein Quantum Trost, der ja nicht nur qualitativ und tonal in die Fußstapfen von Casino Royale treten möchte, sondern auch den bis dahin intelligentesten aller Bond-Filme fortsetzen möchte. Mit gesteigertem Selbstanspruch kommt nun einmal eine größere Fallhöhe – und Ein Quantum Trost legt eine gewaltige Bruchlandung hin. Wie der vermeintlich weitererzählte Plot des Vorläufers mit Greenes hanebüchenen Allmachtsfantasien zusammenhängt (die inszenatorisch und skriptintern als realistisch dargestellt werden), ist albern und der Epilog, in dem Bond Vespers Ex-Lover ausfindig macht, ist forciert, hölzern und emotional wenig überzeugend.

Selbiges gilt für die Charakterisierung des Topagenten. Dass Casino Royalemit einem Knall endete und formal laut ankündigt, dass 007 ab sofort der Spion ist, den seine Fans seit Jahren lieben, bloß um Ein Quantum Trost mit einem 'Nein, doch nicht!' zu eröffnen, ist schon rein prinzipiell unglücklich. Wäre die Rachegeschichte mitreißend und Bonds emotionaler Bogen in sich schlüssig, wäre es aber möglich, den Verantwortlichen ihr Umdenken zu verzeihen. Denn per se ist es nachvollziehbar, dass 007 nach den Erlebnissen aus Casino Royale mit Tunnelblick durch die Welt rast und zu einer noch kälteren Killermaschine wird als zu Beginn des ersten Craig-Films. Dass dieser Bond, der seine große Liebe rächen will, aber mit einer unbedeutenden MI6-Angestellten (verschenkt: Gemma Arterton) schläft, die taffe und smarte Camille dagegen nicht einmal anbaggert, ergibt keinen Sinn. Wenn der Chauvi Bond aus Trauer um Vesper züchtig wird, dann bitte konsequent. Wenn er seine Wut hinweg kopulieren will, wieso dann nicht mit einer Frau, die ihm ebenbürtig ist, sondern mit der mädchenhaften MI6-Mitarbeiterin? Dies klingt vielleicht nach Haarspalterei, ist aber das griffigste Exempel dafür, wie schwammig Bonds Charakter hier skizziert wird.

An Craigs stets grimmiger Mimik und der farblosen, rauen Inszenierung wird zwar deutlich, dass sich die Filmemacher einig waren, einen unzufriedenen, wütenden, unglücklichen Bond vorzuführen; wie sich Bonds Frustration äußert, ist aber völlig inkonsistent, was das Mitfiebern weiter erschwert. Einem schwer nachvollziehbarem Plot lässt sich noch immer gebannt folgen, wenn die emotionale Reise des Protagonisten fesselt. Wenn auch diese enttäuscht, fällt der Handlungsbogen in sich zusammen.

Da hilft es auch nicht, dass Ein Quantum Trost mit 106 Minuten Laufzeit ungewöhnlich schlank ausgefallen ist. Zumal die knackige Filmlänge nicht zuletzt dadurch zustande kommt, dass Forster und das Cutter-Team Cheese & Pearson in den Actionszenen wie manisch zwischen Einstellungen wechseln und jeden Schlag, Tritt, Schuss oder Aufprall sofort von einem Schnitt folgen lassen. Die Leistung der Stuntcrews geht unter, jeglicher Orientierungssinn geht verloren, fast alle Actionpassagen werden somit unverständlich und langweilig. Nur in einer Actionsequenz setzt Forster auf Übersicht und Atmosphäre statt auf Tempo und Chaos. Und diese Szene entfaltet sich prompt zum Höhepunkt des Films: Bond beschattet die Mitglieder der Geheimorganisation QUANTUM, während sie ein Treffen in einem Opernsaal abhalten. Die aufgeführte Fassung der Tosca, inklusive Bühnenbild, das exzentrisch das Gefühl der Paranoia visualisiert, fügt sich grandios in die Thematik des Filmkapitels und die visuelle Komposition aus Bond, QUANTUM-Ganoven und Bühnengeschehen ist ebenso smart wie packend.

Etwas ähnliches versucht Forster bereits kurz nach der Vorspannsequenz umzusetzen: Die Scharmützel zwischen Bond und einigen Doppelagenten werden immer wieder von Aufnahmen des berühmt-berüchtigten Pferderennens Palio di Siena unterbrochen – womöglich, um die Brutalität und Effizienz der Fieslinge zu kommentieren. Bloß, dass der frenetische Schnitt nicht erlaubt, sein Augenmerk auf die Täter zu lenken, so dass keine fundierten Vergleiche möglich sind. Der disharmonische Rhythmus der Szene und die mangelnde Interaktion zwischen beiden Schauplätzen lässt die Szene letztlich rein prätentiös wirken – oder eher gewollt, aber nicht gekonnt. Bezeichnend, dass das Rennen das erste war, was gedreht wurde, noch bevor Forster überhaupt wusste, welche Aufgabe das gefilmte Material im Film erfüllen soll.

Diese 'Hals-über-Kopf'-Produktionsweise macht sich durch die Bank weg bemerkbar. Die MI6-Büros sind in Ein Quantum Trost vollkommen anders gestaltet als noch in Casino Royale, der aber wenige Stunden vor den ersten Ein Quantum Trost-Szenen endet. Wie das sein kann? Ein Quantum Trost war laut Craig zunächst nicht als direkte Fortführung geplant, diese Idee entstand erst im Laufe der Produktion – wohl zu spät, um das (langweilige) Setdesign zu ändern. Wenn schon solche recht prominente Dinge nicht beachtet werden, wäre es einem Wunder gleichgekommen, hätte Ein Quantum Trost so brillante Abwandlungen der Bond-Tropoi zu bieten wie Craigs Debüt. Denn dafür benötigt es Bedenkzeit und Sorgfalt. Und die ist in Ein Quantum Trostvollkommen abhanden gekommen. Stattdessen holpert und poltert sich diese filmische Katastrophe mit einer 'Wir hassen Traditionen'-Attitüde durch den 007-Mythos. Die einzige direkte, liebevolle Referenz (eine Aktualisierung des berühmten Goldfinger-Todes via Goldfarbe) wird durch Forsters Schnitt kurzgehalten, fast schon untergraben. Dafür kopiert Ein Quantum Trost den Widerwillen seines Vorgängers, die Pistolenlauf-Szene an ihrem angestammten Platz zu zeigen. Hatte der Traditionsbruch in Casino Royaleaber Hand und Fuß, klatscht Forster diese klassische Bond-Zutat an die sentimentale Schlussszene, wodurch diese ihre Stimmung verliert.

Womit Ein Quantum Trostauftrumpfen kann, ist wohlgemerkt eine engagierte Darbietung des Bondgirls Olga Kurylenko, die erste Frau in der 007-Reihe den Archetyp des Verbrechensopfers, das sich zu einer kühlen Rächerin entwickelte, gekonnt mit vollem Ernst und Dramatik anpackt. Dumm nur, dass das Skript ihr nicht gerade in die Karten spielt. Auch Komponist David Arnold macht das Beste aus seiner Lage – sein Score ist zwar alles andere als eine echte Bond-Klangtapete, aber wie sollte er auch bei dieser lieblosen, sinnbefreiten Bourne-Kopie? Was Begleitmusik für raue, schnelle, pseudo-realistische Agentenfilme angeht, ist seine Arbeit an Ein Quantum Trost jedoch eine der stärkeren.


2013 durfte Forster dann beweisen, dass Ein Quantum Trost nicht etwa gescheitert ist, weil er unfähig ist, aus der Not einen Tugend zu machen. Der Big-Budget-Action-Zombiefilm World War Z durchlitt ähnlich herbe Produktionsschwierigkeiten, nahm aber eine respektable Form an. Und bereits 2012 zeigte sich, dass Daniel Craigs erster 007-Film kein glücklicher Unfall war, sondern Ein Quantum Trost ein herber Ausrutscher nach unten. Bond mit Craig kann sehr wohl Spaß machen …  

Die 10 besten Soundtracks 2014

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Die Übersicht über meine liebsten Filmsoundtracks 2013 musste leider aus Zeitgründen (hier im Blog) beziehungsweise Platzgründen (bei Quotenmeter.de) ausfallen. Vielleicht werde ich sie eines Tages in einer nostalgischen Phase nachholen. Aber 2014 bekommt sie wieder, eine hart erkämpfte, mit viel Kopfzerbrechen erstellte Top Ten der besten Filmsoundtracks!

Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!

Oscar 2015: Die heißesten Anwärter in der Kategorie "Bester Schnitt"

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Die US-Gewerkschaft der Cutter hat die Nominierungen für ihren jährlichen Gildenawards bekannt gegeben, und somit allen Oscar-Interessierten eine grobe Blaupause überreicht. Denn in den vergangenen zwölf Jahren ging zehn Mal der Academy Award für den besten Schnitt an einen "Eddie"-Gewinner und seit 1981 gewann kein Film den Oscar in der Hauptkategorie, der nicht mindestens für den "Eddie" nominiert wurde. Wer die Schnitt-Kategorie beim Oscar vorhersagen will, sollte also genau auf diesen Gewerkschaftspreis schielen.

Und dies sind die Nominierten in den "Eddie"-Kinosparten für fiktionale Filme:

Bester Schnitt (Drama)

  • Joel Cox & Gary Roach für American Sniper
  • Sandra Adair für Boyhood
  • Kirk Baxter für Gone Girl
  • William Goldenberg für The Imitation Game
  • John Gilroy für Nightcrawler
  • Tom Cross für Whiplash 
Bester Schnitt (Komödie oder Musical)

  • Douglas Crise & Stephen Mirrione für Birdman
  • Fred Raskin, Hughes Winborne & Craig Wood für Guardians of the Galaxy
  • Wyatt Smith für Into the Woods
  • Leslie Jones für Inherent Vice
  • Barney Pilling für Grand Budapest Hotel 
Bester Schnitt (Animationsfilm)

  • Tim Mertens für Baymax
  • Edie Ichioka für Die Boxtrolls
  • David Burrows & Chris McKay für The LEGO Movie

Aus diesem Pool wird sich höchst wahrscheinlich das Oscar-Feld zusammensetzen. Wichtige "Spielverderber" gibt es noch in Form von Selma, Der großte Trip - Wild und Interstellar, die allesamt von angesehenen Kritikern und/oder Oscar-Experten für ihren Schnitt gelobt werden und daher noch immer im Rennen mitmischen könnten. Nüchtern betrachtet, ist es aber am wahrscheinlichsten, dass die Academy die "Eddie"-Filme berücksichtigt, nicht zuletzt, da beim Nominierungsprozess zu großem Teil dieselben Leute involviert sind.

Meine Oscar-Prognose lautet daher:

  • Birdman
  • Boyhood
  • Gone Girl
  • Nightcrawler
  • Whiplash
Gone Girl hat von den Eddie-Filmen den stylischsten Schnitt, Whiplash das straffste Tempo, Birdman hat die unauffälligste Schnitt-Trickserei zu bieten und Boyhood könnte von der generellen Liebe für den Film profitieren. Nightcrawler wiederum wandelt durch den pointierten Schnitt auf einer scharfen Grenze zwischen Thriller, Drama und Satire, was vielleicht entlohnt werden könnte. Jedoch halte ich Nightcrawler für den Wackelkandidaten in meiner Auswahl, es ist gut denkbar, dass er durch Imitation Game oder Into the Woods ersetzt wird, die filmisch eher Oscar-Ware sind und ebenfalls nicht gerade mies geschnitten.

Was ist eure Vorhersage?

Oscar 2015: Die möglichen Nominierungen in der Sparte "Bestes Produktionsdesign"

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Die Gewerkschaft der US-Produktionsgestalter hat sich zu Wort gemeldet und die Nominierungen zu ihrem jährlichen Gildenpreis bekannt gegeben. Somit dürfen sich Oscar-Fans wieder über einige relevante Tipps für ihre Prognose freuen. Die ADG verleiht Jahr für Jahr drei Kinopreise, und zwar in den Kategorien "Kontemporär", "Historisch" und "Fantastisch". Während sich die zwei letztgenannten Sparten wohl von selbst erklären, wurde für erstgenannte Kategorie dieses Jahr eine neue Definition eingeführt: Als kontemporär gelten alle Kinofilme, die im Jahr ihres Erscheinens, zwanzig Jahre früher oder zwanzig Jahre später spielen und dabei realistisch gestaltet sind. The Return of the First Avenger etwa spielt im Heute, hat aber so viele teils subtile, teils selbstbewusst-pompöse Elemente fiktionaler Technologie zu bieten, dass er als "Fantastisch" eingestuft wurde.

Wie dem auch sei, dies sind die 15 Nominierten:

Kontemporär:

  • "American Sniper" (James J. Murakami, Charisse Cardenas)
  • "Birdman" (Kevin Thompson)
  • "Foxcatcher" (Jess Gonchor)
  • "Gone Girl" (Donald Graham Burt)
  • "Nightcrawler" (Kevin Kavanaugh) 
Historisch:

  • "The Grand Budapest Hotel" (Adam Stockhausen)
  • "The Imitation Game" (Maria Djurkovic)
  • "Inherent Vice" (David Crank)
  • "Die Entdeckung der Unendlichkeit" (John Paul Kelly)
  • "Unbroken" (Jon Hutman)
Fantastisch:

  • "The Return of the First Avenger" (Peter Wenham)
  • "Planet der Affen - Revolution" (James Chinlund)
  • "Guardians of the Galaxy" (Charles Wood)
  • "Interstellar" (Nathan Crowley)
  • "Into the Woods" (Dennis Gassner)
So sehr ich Nightcrawler auch mag, verwundert mich seine Nominierung für den ADG-Preis durchaus, da das Produktionsdesign zwar gut ist, aber nicht zu den kreativsten, auffälligsten des Jahres zählt. Da hätte ich lieber Can a Song Save Your Life? mit seinen so stimmigen Wohnungseinrichtungen oder Only Lovers Left Alive mit seinem Goth-Look nominiert gesehen. Außerdem vermisse ich Snowpiercer, Under the Skin und Mr. Turner, wobei ich letzteren mit seinem Detailreichtum auch nicht völlig aus dem Oscar-Rennen sehe. Eine Nominierung würde mich wahrlich nicht überraschen - dennoch lassen mich diese Nennungen genügend zweifeln, um ihn nicht in meine Oscar-Prognose aufzunehmen. 

Stattdessen setze ich auf den schillerndsten der kontemporären Filme (Birdman) und den noch durchgedrehteren Grand Budapest Hotel. Sowie auf das Musical Into the Woods, da Dennis Gassner gern berücksichtigt wird und er zudem die schwierige Aufgabe hatte, einen Balanceakt zwischen theatral und filmisch, realistisch und fantasievoll zu leisten. Welche Filme die zwei restlichen Slots erhalten? Schwer zu sagen. Mein Bauchgefühl glaubt an Imitation Game (subtile Eleganz) und Interstellar (kreative, aber plausible Welten; verlebte Erde und Zukunftsvision der Raumfahrttechnologie)

Meine Oscar-Prognose lautet also:
  • Birdman
  • Grand Budapest Hotel
  • The Imitation Game
  • Interstellar
  • Into the Woods
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